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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Literatur

Sie wird eröffnet durch eine überaus
bittere und charakteristische Briefstelle; leider
"ber erfahren wir weder an wen der Brief
gerichtet, noch wann er geschrieben ist. Der
Lebenslauf Almquists ist übrigens derart, dasz,
wenn ein anderer Dichter ihn uns als Roman
^'zählte, wir an der UnWahrscheinlichkeit
Anstoß nehmen würden. Geboren 1793 in
Stockholm, wendet er sich, wie die meisten seiner
Vorfahren, der Theologie zu, wird dann
Hauslehrer, später Bibliothekar, begiebt sich
°ber, dreißigjährig, aufs Land, um ein hübsches
Bauernmädchen zu heiraten und selbst richtiger
Bauer zu werden. Das ging nun so, so lang
^ ging. Im Jahre 182S kehrt er nach Stock¬
holm zurück und lebt von Abschreiben, Noten¬
schreiben (nicht der einzige Berührungspunkt

[Spaltenumbruch]

mit I. I. Rousseau), Privatunterricht, bis er
1829 Rektor einer "neuen Elementarschule"
wird, die auf das ganze Unterrichtswesen
Schwedens reformierend einwirken sollte. An¬
fangs ein vortrefflicher Lehrer, vernachlässigte
er dann unter einer ungeheuren Arbeitslast
-- er mußte Lehrbücher für alle Fächer
schreibenI -- den eigentlichen Unterricht, er¬
hielt einen langen Urlaub und reiste "ins
Ausland", nämlich nach Frankreich (1340 bis
1341). In Upsala hatte er inzwischen 1837
die Päpstlichen Weihen empfangen. Nach seiner
Rückkehr in die Heimat aber finden wir ihn
wegen seiner freisinnigen Ansichten in einem
mehrjährigen Konflikt mit den geistlichen Ober¬
behörden, bei dem beide Parteien eine äußerst
trübe Rolle spielen; doch setzt er es durch,
als Pastor angestellt zu werden. Und noch
unerquicklicher war ein Konflikt, in den er als
Mitarbeiter der liberalenZcitung"Aftonblerdet"
geriet und wobei er von dem Beleidigten
öffentlich, wie es scheint nicht ohne Grund,
jedenfalls ohne weitere Folgen, geohrfeigt
wurde. Die Chronologie der vorliegenden
Ausgabe ist übrigens, vielleicht auch durch
Druckfehler, S. 12 ff. der Einleitung, völlig
im argen. S. 12 heißt es, daß Almqnist
im Jahre 1846 zum Regimentspastor er¬
nannt worden sei, und S> 13: "Seit 1846
wurden die ökonomischen Verhältnisse immer
zerfahrener. Für den Gesellschaftsumstürzler
hatte die Gesellschaft kein Brot mehr." Jeden¬
falls kam es in den folgenden Jahren vom
Schlimmen zum Schlimmsten: Schulden,
Wechselfälschung, Anklage wegen versuchten
Giftmordes (an einem Wucherer). Es gelingt
Almquist im Juni 1861 nach Amerika zu
entfliehen. Von seinem späteren Leben aber
wird uns nur noch mitgeteilt, daß er (wann?)
nach Europa zurückgekehrt sei, als "Professor
Westermann" nach Bremen gezogen, hier
1866 im Allgemeinen Krankenhaus gestorben
und auf dem Armenfriedhof beerdigt worden
sei. "Er war Teufel und Heiliger, Held und
Feigling, Sophist und Fanatiker, Schwärmer
und kalter Rechner". (S. 39.)

Bei einem so unstäten Leben hat Almquist
eine wahre Unzahl von Büchern und AbHand-

[Ende Spaltensatz]

Almquists Werke. Auswahl in zwei Bänden,
übertragen von A.Mens. Leipzig, Inselverlag.
1912. Geh. 8 M.. geb. 12 M.

Dies ist ein sehr merkwürdiges Buch, und
wenn das deutsche Publikum seit uralten
Zeiten ein Gewohnheitsrecht darauf hat, das;
ihm alles Merkwürdige, das irgendwo auf
Erden erscheint, vorgelegt wird, so durste ihm
eine Auswahl aus Almquists Werken gewiß
nicht vorenthalten werden. Doch machen wir
Zunächst dem kritischen Herzen durch einige
Ausstellungen an der Ausgabe Luft. Wozu
das Geheimnisvolle? Der Name Mens findet
sich nicht bei Kürschner und nicht bei Degener,
bei letzterem auch nicht unter den Pseudo¬
nymen, und ein solches liegt doch Wohl vor.
Die poetischen Stücke aber wurden "von
W. in die metrische Form übertragen".
Anonymität scheint uns bei Übersetzungen noch
weniger angebracht als bei Originalwerken.
Und die Übersetzer brauchten sich doch wahr¬
lich ihrer Arbeit nicht zu schämen. Auch die
biographische Einleitung läßt doch zu vieles
im Dunkeln und uns fiel dabei der einem
allzuviel räsonnierenden Literarhistoriker zu¬
gerufene Vers ein:


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Literatur

Sie wird eröffnet durch eine überaus
bittere und charakteristische Briefstelle; leider
"ber erfahren wir weder an wen der Brief
gerichtet, noch wann er geschrieben ist. Der
Lebenslauf Almquists ist übrigens derart, dasz,
wenn ein anderer Dichter ihn uns als Roman
^'zählte, wir an der UnWahrscheinlichkeit
Anstoß nehmen würden. Geboren 1793 in
Stockholm, wendet er sich, wie die meisten seiner
Vorfahren, der Theologie zu, wird dann
Hauslehrer, später Bibliothekar, begiebt sich
°ber, dreißigjährig, aufs Land, um ein hübsches
Bauernmädchen zu heiraten und selbst richtiger
Bauer zu werden. Das ging nun so, so lang
^ ging. Im Jahre 182S kehrt er nach Stock¬
holm zurück und lebt von Abschreiben, Noten¬
schreiben (nicht der einzige Berührungspunkt

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mit I. I. Rousseau), Privatunterricht, bis er
1829 Rektor einer „neuen Elementarschule"
wird, die auf das ganze Unterrichtswesen
Schwedens reformierend einwirken sollte. An¬
fangs ein vortrefflicher Lehrer, vernachlässigte
er dann unter einer ungeheuren Arbeitslast
— er mußte Lehrbücher für alle Fächer
schreibenI — den eigentlichen Unterricht, er¬
hielt einen langen Urlaub und reiste „ins
Ausland", nämlich nach Frankreich (1340 bis
1341). In Upsala hatte er inzwischen 1837
die Päpstlichen Weihen empfangen. Nach seiner
Rückkehr in die Heimat aber finden wir ihn
wegen seiner freisinnigen Ansichten in einem
mehrjährigen Konflikt mit den geistlichen Ober¬
behörden, bei dem beide Parteien eine äußerst
trübe Rolle spielen; doch setzt er es durch,
als Pastor angestellt zu werden. Und noch
unerquicklicher war ein Konflikt, in den er als
Mitarbeiter der liberalenZcitung„Aftonblerdet"
geriet und wobei er von dem Beleidigten
öffentlich, wie es scheint nicht ohne Grund,
jedenfalls ohne weitere Folgen, geohrfeigt
wurde. Die Chronologie der vorliegenden
Ausgabe ist übrigens, vielleicht auch durch
Druckfehler, S. 12 ff. der Einleitung, völlig
im argen. S. 12 heißt es, daß Almqnist
im Jahre 1846 zum Regimentspastor er¬
nannt worden sei, und S> 13: „Seit 1846
wurden die ökonomischen Verhältnisse immer
zerfahrener. Für den Gesellschaftsumstürzler
hatte die Gesellschaft kein Brot mehr." Jeden¬
falls kam es in den folgenden Jahren vom
Schlimmen zum Schlimmsten: Schulden,
Wechselfälschung, Anklage wegen versuchten
Giftmordes (an einem Wucherer). Es gelingt
Almquist im Juni 1861 nach Amerika zu
entfliehen. Von seinem späteren Leben aber
wird uns nur noch mitgeteilt, daß er (wann?)
nach Europa zurückgekehrt sei, als „Professor
Westermann" nach Bremen gezogen, hier
1866 im Allgemeinen Krankenhaus gestorben
und auf dem Armenfriedhof beerdigt worden
sei. „Er war Teufel und Heiliger, Held und
Feigling, Sophist und Fanatiker, Schwärmer
und kalter Rechner". (S. 39.)

Bei einem so unstäten Leben hat Almquist
eine wahre Unzahl von Büchern und AbHand-

[Ende Spaltensatz]

Almquists Werke. Auswahl in zwei Bänden,
übertragen von A.Mens. Leipzig, Inselverlag.
1912. Geh. 8 M.. geb. 12 M.

Dies ist ein sehr merkwürdiges Buch, und
wenn das deutsche Publikum seit uralten
Zeiten ein Gewohnheitsrecht darauf hat, das;
ihm alles Merkwürdige, das irgendwo auf
Erden erscheint, vorgelegt wird, so durste ihm
eine Auswahl aus Almquists Werken gewiß
nicht vorenthalten werden. Doch machen wir
Zunächst dem kritischen Herzen durch einige
Ausstellungen an der Ausgabe Luft. Wozu
das Geheimnisvolle? Der Name Mens findet
sich nicht bei Kürschner und nicht bei Degener,
bei letzterem auch nicht unter den Pseudo¬
nymen, und ein solches liegt doch Wohl vor.
Die poetischen Stücke aber wurden „von
W. in die metrische Form übertragen".
Anonymität scheint uns bei Übersetzungen noch
weniger angebracht als bei Originalwerken.
Und die Übersetzer brauchten sich doch wahr¬
lich ihrer Arbeit nicht zu schämen. Auch die
biographische Einleitung läßt doch zu vieles
im Dunkeln und uns fiel dabei der einem
allzuviel räsonnierenden Literarhistoriker zu¬
gerufene Vers ein:


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[0501] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Literatur Sie wird eröffnet durch eine überaus bittere und charakteristische Briefstelle; leider "ber erfahren wir weder an wen der Brief gerichtet, noch wann er geschrieben ist. Der Lebenslauf Almquists ist übrigens derart, dasz, wenn ein anderer Dichter ihn uns als Roman ^'zählte, wir an der UnWahrscheinlichkeit Anstoß nehmen würden. Geboren 1793 in Stockholm, wendet er sich, wie die meisten seiner Vorfahren, der Theologie zu, wird dann Hauslehrer, später Bibliothekar, begiebt sich °ber, dreißigjährig, aufs Land, um ein hübsches Bauernmädchen zu heiraten und selbst richtiger Bauer zu werden. Das ging nun so, so lang ^ ging. Im Jahre 182S kehrt er nach Stock¬ holm zurück und lebt von Abschreiben, Noten¬ schreiben (nicht der einzige Berührungspunkt mit I. I. Rousseau), Privatunterricht, bis er 1829 Rektor einer „neuen Elementarschule" wird, die auf das ganze Unterrichtswesen Schwedens reformierend einwirken sollte. An¬ fangs ein vortrefflicher Lehrer, vernachlässigte er dann unter einer ungeheuren Arbeitslast — er mußte Lehrbücher für alle Fächer schreibenI — den eigentlichen Unterricht, er¬ hielt einen langen Urlaub und reiste „ins Ausland", nämlich nach Frankreich (1340 bis 1341). In Upsala hatte er inzwischen 1837 die Päpstlichen Weihen empfangen. Nach seiner Rückkehr in die Heimat aber finden wir ihn wegen seiner freisinnigen Ansichten in einem mehrjährigen Konflikt mit den geistlichen Ober¬ behörden, bei dem beide Parteien eine äußerst trübe Rolle spielen; doch setzt er es durch, als Pastor angestellt zu werden. Und noch unerquicklicher war ein Konflikt, in den er als Mitarbeiter der liberalenZcitung„Aftonblerdet" geriet und wobei er von dem Beleidigten öffentlich, wie es scheint nicht ohne Grund, jedenfalls ohne weitere Folgen, geohrfeigt wurde. Die Chronologie der vorliegenden Ausgabe ist übrigens, vielleicht auch durch Druckfehler, S. 12 ff. der Einleitung, völlig im argen. S. 12 heißt es, daß Almqnist im Jahre 1846 zum Regimentspastor er¬ nannt worden sei, und S> 13: „Seit 1846 wurden die ökonomischen Verhältnisse immer zerfahrener. Für den Gesellschaftsumstürzler hatte die Gesellschaft kein Brot mehr." Jeden¬ falls kam es in den folgenden Jahren vom Schlimmen zum Schlimmsten: Schulden, Wechselfälschung, Anklage wegen versuchten Giftmordes (an einem Wucherer). Es gelingt Almquist im Juni 1861 nach Amerika zu entfliehen. Von seinem späteren Leben aber wird uns nur noch mitgeteilt, daß er (wann?) nach Europa zurückgekehrt sei, als „Professor Westermann" nach Bremen gezogen, hier 1866 im Allgemeinen Krankenhaus gestorben und auf dem Armenfriedhof beerdigt worden sei. „Er war Teufel und Heiliger, Held und Feigling, Sophist und Fanatiker, Schwärmer und kalter Rechner". (S. 39.) Bei einem so unstäten Leben hat Almquist eine wahre Unzahl von Büchern und AbHand- Almquists Werke. Auswahl in zwei Bänden, übertragen von A.Mens. Leipzig, Inselverlag. 1912. Geh. 8 M.. geb. 12 M. Dies ist ein sehr merkwürdiges Buch, und wenn das deutsche Publikum seit uralten Zeiten ein Gewohnheitsrecht darauf hat, das; ihm alles Merkwürdige, das irgendwo auf Erden erscheint, vorgelegt wird, so durste ihm eine Auswahl aus Almquists Werken gewiß nicht vorenthalten werden. Doch machen wir Zunächst dem kritischen Herzen durch einige Ausstellungen an der Ausgabe Luft. Wozu das Geheimnisvolle? Der Name Mens findet sich nicht bei Kürschner und nicht bei Degener, bei letzterem auch nicht unter den Pseudo¬ nymen, und ein solches liegt doch Wohl vor. Die poetischen Stücke aber wurden „von W. in die metrische Form übertragen". Anonymität scheint uns bei Übersetzungen noch weniger angebracht als bei Originalwerken. Und die Übersetzer brauchten sich doch wahr¬ lich ihrer Arbeit nicht zu schämen. Auch die biographische Einleitung läßt doch zu vieles im Dunkeln und uns fiel dabei der einem allzuviel räsonnierenden Literarhistoriker zu¬ gerufene Vers ein:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/501>, abgerufen am 26.05.2024.