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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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schied me anerkannte Leitpflanzen für Blei¬
glanzadern (Gummibäume, Sumach - Arten
und ^morpba cansscens). Bei Siegen ini
Rheinland zeigt ein sonst isolierter Birken¬
bestand in langer Strecke den Lauf eines
EisenerzgangeS an, und IZriZonum ovsli-
tolium soll sich als Silberanzeiger bewährt
haben. In einer Zeit aber, die sich gern
dauernd an äußere Begleitumstände hielt,
wäre es ganz natürlich gewesen,, daß die
Leitpflanze gleichsam als Legitimation beim
Eindringen in das dunkle Erdreich aufgesteckt
wurde. Und es ist doch sehr zu beachten,
daß im Märchen wie in der Sage eine seltene,
dicht am Geschehnisort wachsende Blume
immerdar nötig ist, um Schatzhöhlen zu er¬
schließen/

Dafür, daß der Berggeist und sein Pflanzen¬
symbol weithin gemeinsam gefaßt worden
sind, zeugt der Geist "Riede" im Taurus, der
auch anderwärts spuken soll. Man hat ferner
schon auf Orte wie Rübenach (unweit Koblenz),
Rühmen (Erzgebirge) in: Zusammenhange
mit Rübezahl hingewiesen, und schon näher
ans Harzgebiet brächte- uns der Neustädter
Rübenberg im Hannöverschen, namentlich
wenn dort etwa Spuren alter Bergbaubersuche
b Lari Niebuhr eobachtet wären.

Das große Werk der brandenburgischen
Landeskunde ist schon zweimal in den Grenz¬
boten -- Heft 62, 1909, und Heft 29,1911 --
besprochen worden; ich kann mich deshalb bei
dem dritten Bande, der "Volkskunde", um so
kürzer fassen, als gerade dieses Gebiet der
Volkskunde, der Volksdichtung und der Vor¬
geschichte aus einer Reihe von Einzelheiten
besteht, die nur dem Inhalte nach angedeutet
werden können. Zunächst behandelt der Mit¬
herausgeber Robert Mielke das Gebiet der
äußeren Volkskunde, auf dem er wie Wohl
niemand sonst gerade für die Mark zu Hause
ist- Seit Jahrzehnten hat er die Lande durch¬
wandert und alles gesammelt, was sich auf

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die Flur, die Dorflage, auf Haus und Hof,
auf die Hausinschriften, die Trachten, auf die
landwirtschaftliche Arbeit, aber auch auf die
Verhältnisse der Städte in der Mark bezieht.
Alles das ist hier geordnet zusammengefaßt,
durch Abbildungen erläutert und in außer¬
gewöhnlicher Sachkunde verarbeitet worden.
Es ist erstaunlich, wie viel volkskundliches auf
den Dörfern noch erhalten ist, wenn man es,
wie Mielke, zu finden und wissenschaftlich zu
gestalten versteht. Um nur eins herauszuheben,
so sind auf S. 66 allein zweiundsiebzig ver¬
schiedene hölzerne Stuhllehnen und S. 73 nicht
weniger als einhundertelf Giebelzeichen ab¬
gebildet. Dieser erste Abschnitt nimmt ein¬
hundertsechzig Seiten mit einhundertzweinnd-
zwanzig Abbildungen ein.

Im engsten Zusammenhange mit der
äußeren Volkskunde steht die innere, die in
dem bekannten Sagen- und Märchensammler
der Mark, Wilibald von Schulenburg, einen
tüchtigen Bearbeiter gefunden hat. Was an
Sagen, Märchen, Sitten und Gebräuchen noch
erhalten geblieben ist oder bis vor Jahrzehnten
im Volke umlief, hat der Verfasser auf nahezu
einhundert Seiten zusammengestellt und durch
Zeichnungen nach dem Leben erläutert. Da
ist die Rede von den Göttern, Nixen, Wasser¬
jungfrauen, den Kobolden, Hausdrachen, von
Hexen, Tod und Teufel, kurz von allen jenen
über- und unterirdischen Wesen, die je im
Leben unseres Volkes, insbesondere des mär¬
kischen eine Rolle gespielt haben.

Im Anschluß hieran wieder hat der Ober¬
lehrer Dr. Heinrich Lohre die Volksdichtung
in der Mark geschildert und den Bestand an
Volksliedern dargestellt. Er unterscheidet das
größere weltliche Lied in der Gestaltung der
Ballade, in der Schilderung der Natur und
des Menschenlebens (Liebeslieder) und im
Standesliede, zu dem die Soldaten-, Jäger-,
Handwerksburschenlieder gehören. Eine be¬
sondere Gruppe bilden die geistlichen Volks¬
lieder, ebenso die Kinderlieder, die zumeist
mit Kinderspielen verbunden sind. Am Schlüsse
gedenkt der Verfasser der Volksrätsel, Sprüch-
wörter und Zaubersprücke, die noch im Volke
umlaufen, aber doch im Verschwinden begriffen
sind und sich wenigstens der Beobachtung der
Gebildeten fast immer entziehen. Vielen
Liedern ist die Sangesweise in Noten bei-

[Ende Spaltensatz]
Landcslunde der Provinz Brandenburg.

Herausgegeben von Ernst Frirdel und Robert
Miclle, unter Mitwirkung von hervorragenden
Fachleuten. 3. Band. "Die Volkskunde." Mit
272 Abbildungen, 19 Tafeln, 1 Karte. Berlin
1912, Dietrich Reimer (Ernst Vohsen). 516
Seiten; brosch. 4 M.


Grenzboten II 191209
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

schied me anerkannte Leitpflanzen für Blei¬
glanzadern (Gummibäume, Sumach - Arten
und ^morpba cansscens). Bei Siegen ini
Rheinland zeigt ein sonst isolierter Birken¬
bestand in langer Strecke den Lauf eines
EisenerzgangeS an, und IZriZonum ovsli-
tolium soll sich als Silberanzeiger bewährt
haben. In einer Zeit aber, die sich gern
dauernd an äußere Begleitumstände hielt,
wäre es ganz natürlich gewesen,, daß die
Leitpflanze gleichsam als Legitimation beim
Eindringen in das dunkle Erdreich aufgesteckt
wurde. Und es ist doch sehr zu beachten,
daß im Märchen wie in der Sage eine seltene,
dicht am Geschehnisort wachsende Blume
immerdar nötig ist, um Schatzhöhlen zu er¬
schließen/

Dafür, daß der Berggeist und sein Pflanzen¬
symbol weithin gemeinsam gefaßt worden
sind, zeugt der Geist „Riede" im Taurus, der
auch anderwärts spuken soll. Man hat ferner
schon auf Orte wie Rübenach (unweit Koblenz),
Rühmen (Erzgebirge) in: Zusammenhange
mit Rübezahl hingewiesen, und schon näher
ans Harzgebiet brächte- uns der Neustädter
Rübenberg im Hannöverschen, namentlich
wenn dort etwa Spuren alter Bergbaubersuche
b Lari Niebuhr eobachtet wären.

Das große Werk der brandenburgischen
Landeskunde ist schon zweimal in den Grenz¬
boten — Heft 62, 1909, und Heft 29,1911 —
besprochen worden; ich kann mich deshalb bei
dem dritten Bande, der „Volkskunde", um so
kürzer fassen, als gerade dieses Gebiet der
Volkskunde, der Volksdichtung und der Vor¬
geschichte aus einer Reihe von Einzelheiten
besteht, die nur dem Inhalte nach angedeutet
werden können. Zunächst behandelt der Mit¬
herausgeber Robert Mielke das Gebiet der
äußeren Volkskunde, auf dem er wie Wohl
niemand sonst gerade für die Mark zu Hause
ist- Seit Jahrzehnten hat er die Lande durch¬
wandert und alles gesammelt, was sich auf

[Spaltenumbruch]

die Flur, die Dorflage, auf Haus und Hof,
auf die Hausinschriften, die Trachten, auf die
landwirtschaftliche Arbeit, aber auch auf die
Verhältnisse der Städte in der Mark bezieht.
Alles das ist hier geordnet zusammengefaßt,
durch Abbildungen erläutert und in außer¬
gewöhnlicher Sachkunde verarbeitet worden.
Es ist erstaunlich, wie viel volkskundliches auf
den Dörfern noch erhalten ist, wenn man es,
wie Mielke, zu finden und wissenschaftlich zu
gestalten versteht. Um nur eins herauszuheben,
so sind auf S. 66 allein zweiundsiebzig ver¬
schiedene hölzerne Stuhllehnen und S. 73 nicht
weniger als einhundertelf Giebelzeichen ab¬
gebildet. Dieser erste Abschnitt nimmt ein¬
hundertsechzig Seiten mit einhundertzweinnd-
zwanzig Abbildungen ein.

Im engsten Zusammenhange mit der
äußeren Volkskunde steht die innere, die in
dem bekannten Sagen- und Märchensammler
der Mark, Wilibald von Schulenburg, einen
tüchtigen Bearbeiter gefunden hat. Was an
Sagen, Märchen, Sitten und Gebräuchen noch
erhalten geblieben ist oder bis vor Jahrzehnten
im Volke umlief, hat der Verfasser auf nahezu
einhundert Seiten zusammengestellt und durch
Zeichnungen nach dem Leben erläutert. Da
ist die Rede von den Göttern, Nixen, Wasser¬
jungfrauen, den Kobolden, Hausdrachen, von
Hexen, Tod und Teufel, kurz von allen jenen
über- und unterirdischen Wesen, die je im
Leben unseres Volkes, insbesondere des mär¬
kischen eine Rolle gespielt haben.

Im Anschluß hieran wieder hat der Ober¬
lehrer Dr. Heinrich Lohre die Volksdichtung
in der Mark geschildert und den Bestand an
Volksliedern dargestellt. Er unterscheidet das
größere weltliche Lied in der Gestaltung der
Ballade, in der Schilderung der Natur und
des Menschenlebens (Liebeslieder) und im
Standesliede, zu dem die Soldaten-, Jäger-,
Handwerksburschenlieder gehören. Eine be¬
sondere Gruppe bilden die geistlichen Volks¬
lieder, ebenso die Kinderlieder, die zumeist
mit Kinderspielen verbunden sind. Am Schlüsse
gedenkt der Verfasser der Volksrätsel, Sprüch-
wörter und Zaubersprücke, die noch im Volke
umlaufen, aber doch im Verschwinden begriffen
sind und sich wenigstens der Beobachtung der
Gebildeten fast immer entziehen. Vielen
Liedern ist die Sangesweise in Noten bei-

[Ende Spaltensatz]
Landcslunde der Provinz Brandenburg.

Herausgegeben von Ernst Frirdel und Robert
Miclle, unter Mitwirkung von hervorragenden
Fachleuten. 3. Band. „Die Volkskunde." Mit
272 Abbildungen, 19 Tafeln, 1 Karte. Berlin
1912, Dietrich Reimer (Ernst Vohsen). 516
Seiten; brosch. 4 M.


Grenzboten II 191209
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[0553] Maßgebliches und Unmaßgebliches schied me anerkannte Leitpflanzen für Blei¬ glanzadern (Gummibäume, Sumach - Arten und ^morpba cansscens). Bei Siegen ini Rheinland zeigt ein sonst isolierter Birken¬ bestand in langer Strecke den Lauf eines EisenerzgangeS an, und IZriZonum ovsli- tolium soll sich als Silberanzeiger bewährt haben. In einer Zeit aber, die sich gern dauernd an äußere Begleitumstände hielt, wäre es ganz natürlich gewesen,, daß die Leitpflanze gleichsam als Legitimation beim Eindringen in das dunkle Erdreich aufgesteckt wurde. Und es ist doch sehr zu beachten, daß im Märchen wie in der Sage eine seltene, dicht am Geschehnisort wachsende Blume immerdar nötig ist, um Schatzhöhlen zu er¬ schließen/ Dafür, daß der Berggeist und sein Pflanzen¬ symbol weithin gemeinsam gefaßt worden sind, zeugt der Geist „Riede" im Taurus, der auch anderwärts spuken soll. Man hat ferner schon auf Orte wie Rübenach (unweit Koblenz), Rühmen (Erzgebirge) in: Zusammenhange mit Rübezahl hingewiesen, und schon näher ans Harzgebiet brächte- uns der Neustädter Rübenberg im Hannöverschen, namentlich wenn dort etwa Spuren alter Bergbaubersuche b Lari Niebuhr eobachtet wären. Das große Werk der brandenburgischen Landeskunde ist schon zweimal in den Grenz¬ boten — Heft 62, 1909, und Heft 29,1911 — besprochen worden; ich kann mich deshalb bei dem dritten Bande, der „Volkskunde", um so kürzer fassen, als gerade dieses Gebiet der Volkskunde, der Volksdichtung und der Vor¬ geschichte aus einer Reihe von Einzelheiten besteht, die nur dem Inhalte nach angedeutet werden können. Zunächst behandelt der Mit¬ herausgeber Robert Mielke das Gebiet der äußeren Volkskunde, auf dem er wie Wohl niemand sonst gerade für die Mark zu Hause ist- Seit Jahrzehnten hat er die Lande durch¬ wandert und alles gesammelt, was sich auf die Flur, die Dorflage, auf Haus und Hof, auf die Hausinschriften, die Trachten, auf die landwirtschaftliche Arbeit, aber auch auf die Verhältnisse der Städte in der Mark bezieht. Alles das ist hier geordnet zusammengefaßt, durch Abbildungen erläutert und in außer¬ gewöhnlicher Sachkunde verarbeitet worden. Es ist erstaunlich, wie viel volkskundliches auf den Dörfern noch erhalten ist, wenn man es, wie Mielke, zu finden und wissenschaftlich zu gestalten versteht. Um nur eins herauszuheben, so sind auf S. 66 allein zweiundsiebzig ver¬ schiedene hölzerne Stuhllehnen und S. 73 nicht weniger als einhundertelf Giebelzeichen ab¬ gebildet. Dieser erste Abschnitt nimmt ein¬ hundertsechzig Seiten mit einhundertzweinnd- zwanzig Abbildungen ein. Im engsten Zusammenhange mit der äußeren Volkskunde steht die innere, die in dem bekannten Sagen- und Märchensammler der Mark, Wilibald von Schulenburg, einen tüchtigen Bearbeiter gefunden hat. Was an Sagen, Märchen, Sitten und Gebräuchen noch erhalten geblieben ist oder bis vor Jahrzehnten im Volke umlief, hat der Verfasser auf nahezu einhundert Seiten zusammengestellt und durch Zeichnungen nach dem Leben erläutert. Da ist die Rede von den Göttern, Nixen, Wasser¬ jungfrauen, den Kobolden, Hausdrachen, von Hexen, Tod und Teufel, kurz von allen jenen über- und unterirdischen Wesen, die je im Leben unseres Volkes, insbesondere des mär¬ kischen eine Rolle gespielt haben. Im Anschluß hieran wieder hat der Ober¬ lehrer Dr. Heinrich Lohre die Volksdichtung in der Mark geschildert und den Bestand an Volksliedern dargestellt. Er unterscheidet das größere weltliche Lied in der Gestaltung der Ballade, in der Schilderung der Natur und des Menschenlebens (Liebeslieder) und im Standesliede, zu dem die Soldaten-, Jäger-, Handwerksburschenlieder gehören. Eine be¬ sondere Gruppe bilden die geistlichen Volks¬ lieder, ebenso die Kinderlieder, die zumeist mit Kinderspielen verbunden sind. Am Schlüsse gedenkt der Verfasser der Volksrätsel, Sprüch- wörter und Zaubersprücke, die noch im Volke umlaufen, aber doch im Verschwinden begriffen sind und sich wenigstens der Beobachtung der Gebildeten fast immer entziehen. Vielen Liedern ist die Sangesweise in Noten bei- Landcslunde der Provinz Brandenburg. Herausgegeben von Ernst Frirdel und Robert Miclle, unter Mitwirkung von hervorragenden Fachleuten. 3. Band. „Die Volkskunde." Mit 272 Abbildungen, 19 Tafeln, 1 Karte. Berlin 1912, Dietrich Reimer (Ernst Vohsen). 516 Seiten; brosch. 4 M. Grenzboten II 191209

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/553>, abgerufen am 18.05.2024.