Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Aarl Salzer städtische Bühne. Es ist aber hohe Zeit, daß das anders wild. Denn die Wir müssen also zum Schluß noch einmal einen Mahnruf an die Rats¬ Aarl Salzer Lin Roman Richard Knies von (Vierte Fortsetzung) Als der Jude Einlaß erhält, schreien die anderen vor dem Tore: "Wir denn das gleiche Recht wie der JudI Emus mit unserm GeldI" "Halt euer SchlappmäulerI" gibt ihnen Rüppel zur Antwort, schmettert das Der Jude stürmt an dem Polizeidiener und an dem Bürgermeister vorbei "Mein Name ist Abraham Katzengold aus Pfeddersheim, der Herr Oberamts¬ Der Gerichtsschreiber deutet auf den Amtsrichter und sagt: "Dieser Herr da! An den müssen Sie sich wenden I" Der Jude holt eine Brieftasche hervor, fuchtelt dem Amtsrichter damit unter "Nu, der Herr Oberamtsgerichtsrat .. ." "Ich bin nur Amtsrichter, mein lieber MannI" unterbricht ihn der Angeredete. "Nu, Herr Amtsrichter, en Bißje Freundlichkeit kost nix und hilft dem Aarl Salzer städtische Bühne. Es ist aber hohe Zeit, daß das anders wild. Denn die Wir müssen also zum Schluß noch einmal einen Mahnruf an die Rats¬ Aarl Salzer Lin Roman Richard Knies von (Vierte Fortsetzung) Als der Jude Einlaß erhält, schreien die anderen vor dem Tore: „Wir denn das gleiche Recht wie der JudI Emus mit unserm GeldI" „Halt euer SchlappmäulerI" gibt ihnen Rüppel zur Antwort, schmettert das Der Jude stürmt an dem Polizeidiener und an dem Bürgermeister vorbei „Mein Name ist Abraham Katzengold aus Pfeddersheim, der Herr Oberamts¬ Der Gerichtsschreiber deutet auf den Amtsrichter und sagt: „Dieser Herr da! An den müssen Sie sich wenden I" Der Jude holt eine Brieftasche hervor, fuchtelt dem Amtsrichter damit unter „Nu, der Herr Oberamtsgerichtsrat .. ." „Ich bin nur Amtsrichter, mein lieber MannI" unterbricht ihn der Angeredete. „Nu, Herr Amtsrichter, en Bißje Freundlichkeit kost nix und hilft dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0628" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322375"/> <fw type="header" place="top"> Aarl Salzer</fw><lb/> <p xml:id="ID_2804" prev="#ID_2803"> städtische Bühne. Es ist aber hohe Zeit, daß das anders wild. Denn die<lb/> Zustände im heutigen Filmwesen sind geradezu abscheulich, und jeder neue Tag,<lb/> das kann man ruhig behaupten, fügt dem sittlichen und ästhetischen Empfinden<lb/> unseres Volkes, seiner gesamten Kultur, neuen Schaden zu.</p><lb/> <p xml:id="ID_2805"> Wir müssen also zum Schluß noch einmal einen Mahnruf an die Rats¬<lb/> herren aller deutschen Städte richten, denen man sich ja nicht zum ersten Male<lb/> naht, wenn es sich darum handelt, eine Kulturtat zu vollbringen: Richtet<lb/> städtische Lichtbildbühnen ein. dem Schlechten zum Trutz, dem Guten zu Nutz!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aarl Salzer<lb/> Lin Roman<lb/><note type="byline"> Richard Knies</note> von<lb/> (Vierte Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_2806"> Als der Jude Einlaß erhält, schreien die anderen vor dem Tore:</p><lb/> <p xml:id="ID_2807"> „Wir denn das gleiche Recht wie der JudI Emus mit unserm GeldI"</p><lb/> <p xml:id="ID_2808"> „Halt euer SchlappmäulerI" gibt ihnen Rüppel zur Antwort, schmettert das<lb/> Tor wieder zu und dreht den Schlüssel herum.</p><lb/> <p xml:id="ID_2809"> Der Jude stürmt an dem Polizeidiener und an dem Bürgermeister vorbei<lb/> auf den Gerichtsschreiber zu, den er wegen seiner größeren Beleibtheit für den<lb/> Amtsrichter hält, und stellt sich vor:</p><lb/> <p xml:id="ID_2810"> „Mein Name ist Abraham Katzengold aus Pfeddersheim, der Herr Oberamts¬<lb/> gerichtsrat werd entschuldige, wann ein geschlagener Mann ihm klagt..."</p><lb/> <p xml:id="ID_2811"> Der Gerichtsschreiber deutet auf den Amtsrichter und sagt:</p><lb/> <p xml:id="ID_2812"> „Dieser Herr da! An den müssen Sie sich wenden I"</p><lb/> <p xml:id="ID_2813"> Der Jude holt eine Brieftasche hervor, fuchtelt dem Amtsrichter damit unter<lb/> der Nase herum, so daß dieser einen Schritt zurückweicht, und beginnt seine Klage<lb/> von vorne:</p><lb/> <p xml:id="ID_2814"> „Nu, der Herr Oberamtsgerichtsrat .. ."</p><lb/> <p xml:id="ID_2815"> „Ich bin nur Amtsrichter, mein lieber MannI" unterbricht ihn der Angeredete.</p><lb/> <p xml:id="ID_2816" next="#ID_2817"> „Nu, Herr Amtsrichter, en Bißje Freundlichkeit kost nix und hilft dem<lb/> Menschen weiter. Mein Name ist Abraham Katzengold, ich bin aus Pfeddersheim<lb/> en ehrlicher Handelsmann. Gott der Gerechte, was hört man net für Sachen,<lb/> wenn man mal wieder kommt nach Spelzheim. Ich hab wollen gehen zum<lb/> Schmied Salzer und wollen sagen in aller Güt: Salzer, bezahlt mir doch wieder<lb/> eine Rat auf den schöne Rapp aus em Stall vom Abraham Katzengold aus<lb/> Pedderschem. Nu, bei alle große und kleine Prophete, was geschieht net all für</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0628]
Aarl Salzer
städtische Bühne. Es ist aber hohe Zeit, daß das anders wild. Denn die
Zustände im heutigen Filmwesen sind geradezu abscheulich, und jeder neue Tag,
das kann man ruhig behaupten, fügt dem sittlichen und ästhetischen Empfinden
unseres Volkes, seiner gesamten Kultur, neuen Schaden zu.
Wir müssen also zum Schluß noch einmal einen Mahnruf an die Rats¬
herren aller deutschen Städte richten, denen man sich ja nicht zum ersten Male
naht, wenn es sich darum handelt, eine Kulturtat zu vollbringen: Richtet
städtische Lichtbildbühnen ein. dem Schlechten zum Trutz, dem Guten zu Nutz!
Aarl Salzer
Lin Roman
Richard Knies von
(Vierte Fortsetzung)
Als der Jude Einlaß erhält, schreien die anderen vor dem Tore:
„Wir denn das gleiche Recht wie der JudI Emus mit unserm GeldI"
„Halt euer SchlappmäulerI" gibt ihnen Rüppel zur Antwort, schmettert das
Tor wieder zu und dreht den Schlüssel herum.
Der Jude stürmt an dem Polizeidiener und an dem Bürgermeister vorbei
auf den Gerichtsschreiber zu, den er wegen seiner größeren Beleibtheit für den
Amtsrichter hält, und stellt sich vor:
„Mein Name ist Abraham Katzengold aus Pfeddersheim, der Herr Oberamts¬
gerichtsrat werd entschuldige, wann ein geschlagener Mann ihm klagt..."
Der Gerichtsschreiber deutet auf den Amtsrichter und sagt:
„Dieser Herr da! An den müssen Sie sich wenden I"
Der Jude holt eine Brieftasche hervor, fuchtelt dem Amtsrichter damit unter
der Nase herum, so daß dieser einen Schritt zurückweicht, und beginnt seine Klage
von vorne:
„Nu, der Herr Oberamtsgerichtsrat .. ."
„Ich bin nur Amtsrichter, mein lieber MannI" unterbricht ihn der Angeredete.
„Nu, Herr Amtsrichter, en Bißje Freundlichkeit kost nix und hilft dem
Menschen weiter. Mein Name ist Abraham Katzengold, ich bin aus Pfeddersheim
en ehrlicher Handelsmann. Gott der Gerechte, was hört man net für Sachen,
wenn man mal wieder kommt nach Spelzheim. Ich hab wollen gehen zum
Schmied Salzer und wollen sagen in aller Güt: Salzer, bezahlt mir doch wieder
eine Rat auf den schöne Rapp aus em Stall vom Abraham Katzengold aus
Pedderschem. Nu, bei alle große und kleine Prophete, was geschieht net all für
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