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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Herbst

hätten, diese auf ein Mitglied der schwedischen, savonischen oder belgischen Regenten¬
familie fallen lassen; von einem deutschen Fürsten würde man einen über¬
wiegenden Einfluß Österreichs befürchten. Die Wahl eines Mitgliedes eines
deutschen Fürstenhauses würde sonach im Lande selbst keine Unterstützung finden.

Ew. Königlichen Majestät habe ich geglaubt, diese Lage der Sache in tiefster
Ehrfurcht darstellen zu müssen; ich habe, und ich darf alleruntertänigst hoffen,
in richtiger Auffassung der meinem Allerhöchsten Königlichen Herrn vor allem
schuldigen Pflicht der Wahrheit, keine Täuschung darüber obwalten lassen dürfen,
daß die mir allergnädigst gestellte Aufgabe hiernach keine Hoffnungen auf eine
Realisation derselben darbietet, es sei denn, daß ganz veränderte Umstände
eintreten, welche die allgemeine Politik der Mächte und die Weltlage ändern.

Was für die Fürstentümer, aller Anstrengungen ungeachtet unsererseits
zustande gebracht werden dürste, wird im günstigsten Falle nicht über ein
Stützwerk hinausgehen, und man wird von Glück zu sagen haben, wenn man
wenigstens nicht der Aussichten für eine bessere Gestaltung der Verhältnisse unter
günstigeren Konstellationen für die Zukunft verlustig geht.

Als Brennpunkt für die allgemeine europäische Politik werden die Fürsten¬
tümer indessen stets eine Wichtigkeit einnehmen, die wie mir scheint, Preußen
ferner an diese Frage fesseln wird, wenn gleich Ew. Königlichen Majestät erhabene
Ansichten für jetzt sich nicht realisieren lassen würden. (Fortsetzung folgt)




Herbst
Rauher wehen Abendwinde
Über schwergereifte Felder.
Froher Sang verließ die Wälder,
Schon entblättert steht die Linde.

Frühlingsjubel muß verklingen,
Blatt und Blüte muß verwehen,
Wunsch und Leidenschaft vergehen --
Soll das Leben Früchte bringen.

Snhlensis


Grenzboten IV 19t217
Herbst

hätten, diese auf ein Mitglied der schwedischen, savonischen oder belgischen Regenten¬
familie fallen lassen; von einem deutschen Fürsten würde man einen über¬
wiegenden Einfluß Österreichs befürchten. Die Wahl eines Mitgliedes eines
deutschen Fürstenhauses würde sonach im Lande selbst keine Unterstützung finden.

Ew. Königlichen Majestät habe ich geglaubt, diese Lage der Sache in tiefster
Ehrfurcht darstellen zu müssen; ich habe, und ich darf alleruntertänigst hoffen,
in richtiger Auffassung der meinem Allerhöchsten Königlichen Herrn vor allem
schuldigen Pflicht der Wahrheit, keine Täuschung darüber obwalten lassen dürfen,
daß die mir allergnädigst gestellte Aufgabe hiernach keine Hoffnungen auf eine
Realisation derselben darbietet, es sei denn, daß ganz veränderte Umstände
eintreten, welche die allgemeine Politik der Mächte und die Weltlage ändern.

Was für die Fürstentümer, aller Anstrengungen ungeachtet unsererseits
zustande gebracht werden dürste, wird im günstigsten Falle nicht über ein
Stützwerk hinausgehen, und man wird von Glück zu sagen haben, wenn man
wenigstens nicht der Aussichten für eine bessere Gestaltung der Verhältnisse unter
günstigeren Konstellationen für die Zukunft verlustig geht.

Als Brennpunkt für die allgemeine europäische Politik werden die Fürsten¬
tümer indessen stets eine Wichtigkeit einnehmen, die wie mir scheint, Preußen
ferner an diese Frage fesseln wird, wenn gleich Ew. Königlichen Majestät erhabene
Ansichten für jetzt sich nicht realisieren lassen würden. (Fortsetzung folgt)




Herbst
Rauher wehen Abendwinde
Über schwergereifte Felder.
Froher Sang verließ die Wälder,
Schon entblättert steht die Linde.

Frühlingsjubel muß verklingen,
Blatt und Blüte muß verwehen,
Wunsch und Leidenschaft vergehen —
Soll das Leben Früchte bringen.

Snhlensis


Grenzboten IV 19t217
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[0136] Herbst hätten, diese auf ein Mitglied der schwedischen, savonischen oder belgischen Regenten¬ familie fallen lassen; von einem deutschen Fürsten würde man einen über¬ wiegenden Einfluß Österreichs befürchten. Die Wahl eines Mitgliedes eines deutschen Fürstenhauses würde sonach im Lande selbst keine Unterstützung finden. Ew. Königlichen Majestät habe ich geglaubt, diese Lage der Sache in tiefster Ehrfurcht darstellen zu müssen; ich habe, und ich darf alleruntertänigst hoffen, in richtiger Auffassung der meinem Allerhöchsten Königlichen Herrn vor allem schuldigen Pflicht der Wahrheit, keine Täuschung darüber obwalten lassen dürfen, daß die mir allergnädigst gestellte Aufgabe hiernach keine Hoffnungen auf eine Realisation derselben darbietet, es sei denn, daß ganz veränderte Umstände eintreten, welche die allgemeine Politik der Mächte und die Weltlage ändern. Was für die Fürstentümer, aller Anstrengungen ungeachtet unsererseits zustande gebracht werden dürste, wird im günstigsten Falle nicht über ein Stützwerk hinausgehen, und man wird von Glück zu sagen haben, wenn man wenigstens nicht der Aussichten für eine bessere Gestaltung der Verhältnisse unter günstigeren Konstellationen für die Zukunft verlustig geht. Als Brennpunkt für die allgemeine europäische Politik werden die Fürsten¬ tümer indessen stets eine Wichtigkeit einnehmen, die wie mir scheint, Preußen ferner an diese Frage fesseln wird, wenn gleich Ew. Königlichen Majestät erhabene Ansichten für jetzt sich nicht realisieren lassen würden. (Fortsetzung folgt) Herbst Rauher wehen Abendwinde Über schwergereifte Felder. Froher Sang verließ die Wälder, Schon entblättert steht die Linde. Frühlingsjubel muß verklingen, Blatt und Blüte muß verwehen, Wunsch und Leidenschaft vergehen — Soll das Leben Früchte bringen. Snhlensis Grenzboten IV 19t217

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/136>, abgerufen am 08.05.2024.