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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

800 Millionen Minuten 13,3 Millionen
Arbeitsstunden in diesem Jahre durch das
schnellere Fahren gewonnen werden, die bei
dem durchschnittlichen Lohnsatz von 50 Pfennig
einem Gewinn von Millionen Mark an
Arbeitsmöglichkeit entsprechen würden. Es
steht also der geforderten Fahrgelderhöhung
auch eine größere Verdienstmöglichkeit gegen¬
über.

Überweisung dieses Teiles des Eisenbahn¬
betriebes an Private Wohl kaum bestehen
dürften. Einen gewissen Vorteil wird der
Staat zweifellos daraus ziehen, daß den
großen Privatwerkon für diese Zwecke bereits
vorzüglich ausgebildetes Personal zur Ver¬
fügung steht, während der Staat doch im¬
merhin seine Beamten auf diese neuen Be¬
triebsbedingungen erst einarbeiten müßte.
Die vorübergehende Überlassung des Be¬
triebes an Private scheint ihm dazu die beste
l?. Gelegenheit zu bieten.

Der elektrische Strom soll aus Privat¬
werken zu einem bereits vereinbarten Preise
gekauft werden. Auf diese Weise will sich
der Staat Wohl dagegen sichern, daß in seinen
Berechnungen keinerlei Ungewißheit mehr ent¬
halten ist. Ferner ist in dein Lieferungsver¬
trag vorgesehen, daß im Kriegsfalle oder im
Falle von Arbeiterstreiks die Betriebsführung
ber Stromerzeugungsanlagen sofort voll¬
ständig in die Hände des Staates übergeht,
so daß also Unterbrechungen aus diesen
Gründen nicht zu befürchten sind. Im übrigen
soll sich der Staat auch das Recht vorbehalten
haben, die Werke nach einigen Jahren schon
zu erwerben, so daß also Bedenken gegen die


Achöne Literatur

Die sechzehnbändige deutsche Ausgabe von
Balzacs "Menschlicher Komödie" (Insel-
Verlag zu Leipzig) ist kürzlich zum Abschluß
gelangt: als eine sehr beachtenS- und dankens¬
werte Leistung, deren Verdienst es ist, die
Architektur, die Balzac selbst in die große
Menge seiner Bücher zu bringen wünschte,
den großen Zug, in dem hier die Synthese
einer vielfältigen LebenSwelt vollzogen ist,
erstmalig zu betonen. Nicht bloß durch die Ver-




Maßgebliches und Unmaßgebliches

800 Millionen Minuten 13,3 Millionen
Arbeitsstunden in diesem Jahre durch das
schnellere Fahren gewonnen werden, die bei
dem durchschnittlichen Lohnsatz von 50 Pfennig
einem Gewinn von Millionen Mark an
Arbeitsmöglichkeit entsprechen würden. Es
steht also der geforderten Fahrgelderhöhung
auch eine größere Verdienstmöglichkeit gegen¬
über.

Überweisung dieses Teiles des Eisenbahn¬
betriebes an Private Wohl kaum bestehen
dürften. Einen gewissen Vorteil wird der
Staat zweifellos daraus ziehen, daß den
großen Privatwerkon für diese Zwecke bereits
vorzüglich ausgebildetes Personal zur Ver¬
fügung steht, während der Staat doch im¬
merhin seine Beamten auf diese neuen Be¬
triebsbedingungen erst einarbeiten müßte.
Die vorübergehende Überlassung des Be¬
triebes an Private scheint ihm dazu die beste
l?. Gelegenheit zu bieten.

Der elektrische Strom soll aus Privat¬
werken zu einem bereits vereinbarten Preise
gekauft werden. Auf diese Weise will sich
der Staat Wohl dagegen sichern, daß in seinen
Berechnungen keinerlei Ungewißheit mehr ent¬
halten ist. Ferner ist in dein Lieferungsver¬
trag vorgesehen, daß im Kriegsfalle oder im
Falle von Arbeiterstreiks die Betriebsführung
ber Stromerzeugungsanlagen sofort voll¬
ständig in die Hände des Staates übergeht,
so daß also Unterbrechungen aus diesen
Gründen nicht zu befürchten sind. Im übrigen
soll sich der Staat auch das Recht vorbehalten
haben, die Werke nach einigen Jahren schon
zu erwerben, so daß also Bedenken gegen die


Achöne Literatur

Die sechzehnbändige deutsche Ausgabe von
Balzacs „Menschlicher Komödie" (Insel-
Verlag zu Leipzig) ist kürzlich zum Abschluß
gelangt: als eine sehr beachtenS- und dankens¬
werte Leistung, deren Verdienst es ist, die
Architektur, die Balzac selbst in die große
Menge seiner Bücher zu bringen wünschte,
den großen Zug, in dem hier die Synthese
einer vielfältigen LebenSwelt vollzogen ist,
erstmalig zu betonen. Nicht bloß durch die Ver-




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[0158] Maßgebliches und Unmaßgebliches 800 Millionen Minuten 13,3 Millionen Arbeitsstunden in diesem Jahre durch das schnellere Fahren gewonnen werden, die bei dem durchschnittlichen Lohnsatz von 50 Pfennig einem Gewinn von Millionen Mark an Arbeitsmöglichkeit entsprechen würden. Es steht also der geforderten Fahrgelderhöhung auch eine größere Verdienstmöglichkeit gegen¬ über. Überweisung dieses Teiles des Eisenbahn¬ betriebes an Private Wohl kaum bestehen dürften. Einen gewissen Vorteil wird der Staat zweifellos daraus ziehen, daß den großen Privatwerkon für diese Zwecke bereits vorzüglich ausgebildetes Personal zur Ver¬ fügung steht, während der Staat doch im¬ merhin seine Beamten auf diese neuen Be¬ triebsbedingungen erst einarbeiten müßte. Die vorübergehende Überlassung des Be¬ triebes an Private scheint ihm dazu die beste l?. Gelegenheit zu bieten. Der elektrische Strom soll aus Privat¬ werken zu einem bereits vereinbarten Preise gekauft werden. Auf diese Weise will sich der Staat Wohl dagegen sichern, daß in seinen Berechnungen keinerlei Ungewißheit mehr ent¬ halten ist. Ferner ist in dein Lieferungsver¬ trag vorgesehen, daß im Kriegsfalle oder im Falle von Arbeiterstreiks die Betriebsführung ber Stromerzeugungsanlagen sofort voll¬ ständig in die Hände des Staates übergeht, so daß also Unterbrechungen aus diesen Gründen nicht zu befürchten sind. Im übrigen soll sich der Staat auch das Recht vorbehalten haben, die Werke nach einigen Jahren schon zu erwerben, so daß also Bedenken gegen die Achöne Literatur Die sechzehnbändige deutsche Ausgabe von Balzacs „Menschlicher Komödie" (Insel- Verlag zu Leipzig) ist kürzlich zum Abschluß gelangt: als eine sehr beachtenS- und dankens¬ werte Leistung, deren Verdienst es ist, die Architektur, die Balzac selbst in die große Menge seiner Bücher zu bringen wünschte, den großen Zug, in dem hier die Synthese einer vielfältigen LebenSwelt vollzogen ist, erstmalig zu betonen. Nicht bloß durch die Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/158>, abgerufen am 08.05.2024.