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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Erfordernisse der Gesetzcssprache

Sols reiste nicht mit großem Gefolge und kam mit der ausgesprochenen
Absicht nach Afrika, wieder gute Beziehungen zwischen Kolonialverwaltung und
der deutschen Ansiedlerschaft in Südwest- und Ostafrika anzuknüpfen. Das ist
ihm in vollem Maße gelungen. Dernburg hat den Kolonien durch seine Be¬
ziehungen zum Großkapital den für die Anlage eines großzügigen Verkehrs¬
netzes so notwendigen Kredit verschafft, und das wird ihm unvergessen bleiben.
Die Frucht der Solfschen Reisen und Maßnahmen aber wird, wenn nicht alles
trügt, die gesunde Entwicklung deutschen Volkstums in den Kolonien sein, und
das ist ebensoviel oder letzten Endes vielleicht noch mehr wert.




Erfordernisse der Gesetzessprache
Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, T>.

cum wir von der Sprache eines bestimmten Berufes sprechen, etwa
von der Jägersprache, Seemannssprache, Bergmannssprache usw.,
so verstehen wir darunter die Gesamtheit von Wörtern oder
Redewendungen, die jenen Berufsarten eigentümlich sind. Wir
verstehen aber nicht darunter eine bestimmte Sprachfärbung oder
Sprachprägung, also nicht einen bestimmten Stil, und wir sprechen daher auch
nicht von einen: Jügerstil, einem Seemannsstil,, einem Bergmannsstil usw. Mit
dem Ausdruck Gesetzessprache dagegen bezeichnen wir nicht nur die Gesamtheit
von Fachausdrücken und Redewendungen, die in den Gesetzen vorkommen,
sondern auch die Sprachgestaltung, die geistige Prägung der Ausdrucksweise,
die wir Stil nennen. Wir können also bei der Untersuchung der Gesetzessprache
eine objektive Seite unterscheiden, die wir als Gesetzessprache im engeren Sinne
zu bezeichnen hätten, und eine subjektive, die wir dann Gesetzesstil benennen
müßten. Wenn trotzdem die letztere Bezeichnung wenig üblich ist -- sie soll
auch im folgenden nicht verwendet werden -- so liegt das daran, daß die
Gesetzessprache gewissermaßen etwas Unpersönliches hat. Vor der Wucht, der
Erhabenheit, der Feierlichkeit, mit der sie wirkt oder doch wirken soll, tritt die
Persönlichkeit des Gesetzgebers oder des Verfassers des Gesetzentwurfes zurück.
Man kann die Gesetzessprache vielleicht bildlich vergleichen mit jenen gewaltigen
Domen des Mittelalters, deren Erbauer ebenfalls hinter ihre Schöpfung zurück¬
getreten sind, so daß wir vielfach nicht einmal ihren Namen kennen. Wie der
Dom in seinem ganzen Aufbau, seinen Umrissen, seiner Einzelausschmückung
einen großzügigen monumentalen Ausdruck tragen soll, wie er hoch über dem
Hä'usergewimmel und dem Straßenlärm des Alltagslebens aufsteigt, weltflüchtig


Erfordernisse der Gesetzcssprache

Sols reiste nicht mit großem Gefolge und kam mit der ausgesprochenen
Absicht nach Afrika, wieder gute Beziehungen zwischen Kolonialverwaltung und
der deutschen Ansiedlerschaft in Südwest- und Ostafrika anzuknüpfen. Das ist
ihm in vollem Maße gelungen. Dernburg hat den Kolonien durch seine Be¬
ziehungen zum Großkapital den für die Anlage eines großzügigen Verkehrs¬
netzes so notwendigen Kredit verschafft, und das wird ihm unvergessen bleiben.
Die Frucht der Solfschen Reisen und Maßnahmen aber wird, wenn nicht alles
trügt, die gesunde Entwicklung deutschen Volkstums in den Kolonien sein, und
das ist ebensoviel oder letzten Endes vielleicht noch mehr wert.




Erfordernisse der Gesetzessprache
Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, T>.

cum wir von der Sprache eines bestimmten Berufes sprechen, etwa
von der Jägersprache, Seemannssprache, Bergmannssprache usw.,
so verstehen wir darunter die Gesamtheit von Wörtern oder
Redewendungen, die jenen Berufsarten eigentümlich sind. Wir
verstehen aber nicht darunter eine bestimmte Sprachfärbung oder
Sprachprägung, also nicht einen bestimmten Stil, und wir sprechen daher auch
nicht von einen: Jügerstil, einem Seemannsstil,, einem Bergmannsstil usw. Mit
dem Ausdruck Gesetzessprache dagegen bezeichnen wir nicht nur die Gesamtheit
von Fachausdrücken und Redewendungen, die in den Gesetzen vorkommen,
sondern auch die Sprachgestaltung, die geistige Prägung der Ausdrucksweise,
die wir Stil nennen. Wir können also bei der Untersuchung der Gesetzessprache
eine objektive Seite unterscheiden, die wir als Gesetzessprache im engeren Sinne
zu bezeichnen hätten, und eine subjektive, die wir dann Gesetzesstil benennen
müßten. Wenn trotzdem die letztere Bezeichnung wenig üblich ist — sie soll
auch im folgenden nicht verwendet werden — so liegt das daran, daß die
Gesetzessprache gewissermaßen etwas Unpersönliches hat. Vor der Wucht, der
Erhabenheit, der Feierlichkeit, mit der sie wirkt oder doch wirken soll, tritt die
Persönlichkeit des Gesetzgebers oder des Verfassers des Gesetzentwurfes zurück.
Man kann die Gesetzessprache vielleicht bildlich vergleichen mit jenen gewaltigen
Domen des Mittelalters, deren Erbauer ebenfalls hinter ihre Schöpfung zurück¬
getreten sind, so daß wir vielfach nicht einmal ihren Namen kennen. Wie der
Dom in seinem ganzen Aufbau, seinen Umrissen, seiner Einzelausschmückung
einen großzügigen monumentalen Ausdruck tragen soll, wie er hoch über dem
Hä'usergewimmel und dem Straßenlärm des Alltagslebens aufsteigt, weltflüchtig


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[0262] Erfordernisse der Gesetzcssprache Sols reiste nicht mit großem Gefolge und kam mit der ausgesprochenen Absicht nach Afrika, wieder gute Beziehungen zwischen Kolonialverwaltung und der deutschen Ansiedlerschaft in Südwest- und Ostafrika anzuknüpfen. Das ist ihm in vollem Maße gelungen. Dernburg hat den Kolonien durch seine Be¬ ziehungen zum Großkapital den für die Anlage eines großzügigen Verkehrs¬ netzes so notwendigen Kredit verschafft, und das wird ihm unvergessen bleiben. Die Frucht der Solfschen Reisen und Maßnahmen aber wird, wenn nicht alles trügt, die gesunde Entwicklung deutschen Volkstums in den Kolonien sein, und das ist ebensoviel oder letzten Endes vielleicht noch mehr wert. Erfordernisse der Gesetzessprache Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, T>. cum wir von der Sprache eines bestimmten Berufes sprechen, etwa von der Jägersprache, Seemannssprache, Bergmannssprache usw., so verstehen wir darunter die Gesamtheit von Wörtern oder Redewendungen, die jenen Berufsarten eigentümlich sind. Wir verstehen aber nicht darunter eine bestimmte Sprachfärbung oder Sprachprägung, also nicht einen bestimmten Stil, und wir sprechen daher auch nicht von einen: Jügerstil, einem Seemannsstil,, einem Bergmannsstil usw. Mit dem Ausdruck Gesetzessprache dagegen bezeichnen wir nicht nur die Gesamtheit von Fachausdrücken und Redewendungen, die in den Gesetzen vorkommen, sondern auch die Sprachgestaltung, die geistige Prägung der Ausdrucksweise, die wir Stil nennen. Wir können also bei der Untersuchung der Gesetzessprache eine objektive Seite unterscheiden, die wir als Gesetzessprache im engeren Sinne zu bezeichnen hätten, und eine subjektive, die wir dann Gesetzesstil benennen müßten. Wenn trotzdem die letztere Bezeichnung wenig üblich ist — sie soll auch im folgenden nicht verwendet werden — so liegt das daran, daß die Gesetzessprache gewissermaßen etwas Unpersönliches hat. Vor der Wucht, der Erhabenheit, der Feierlichkeit, mit der sie wirkt oder doch wirken soll, tritt die Persönlichkeit des Gesetzgebers oder des Verfassers des Gesetzentwurfes zurück. Man kann die Gesetzessprache vielleicht bildlich vergleichen mit jenen gewaltigen Domen des Mittelalters, deren Erbauer ebenfalls hinter ihre Schöpfung zurück¬ getreten sind, so daß wir vielfach nicht einmal ihren Namen kennen. Wie der Dom in seinem ganzen Aufbau, seinen Umrissen, seiner Einzelausschmückung einen großzügigen monumentalen Ausdruck tragen soll, wie er hoch über dem Hä'usergewimmel und dem Straßenlärm des Alltagslebens aufsteigt, weltflüchtig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/262>, abgerufen am 08.05.2024.