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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Diese Ausgabe zeichnet sich dadurch aus,
daß auch die in Deutschland bisher unbekannte
Erzählung "Kormak und Stengerde" Auf¬
nahme gefunden hat. Sie ist dem Zyklus
"Ein Kaktus blüht" entnommen, welcher auch
die berühmten Gurre-Lieder birgt; und viel¬
leicht wäre es noch verdienstlicher gewesen,
diese Dichtung vollständig zu veröffentlichen.
Wie dem auch sei: das Buch verdient Lob.
Über die Novellen selbst braucht heute nichts
mehr gesagt zu werden. Die Übersetzung von
Toni Schwabe, die sich früher als zarte
Dichterin und Nachfolgerin Jacobsens erwiesen
hat, scheint nur gut und sorgfältig zu sein,
und auch die Ausstattung ist würdig. So
möge das Buch, ein neues schönes Zeugnis
für die Schätzung deS dänischen Poeten, warm
empfohlen sein.

Ernst Ludwig Schellenberg
Volkswirtschaft
Staatliche Geldthevrie*)

. Gegenüber den
bisher bestehenden Anschauungen über das
Geldwesen ist neuerdings von Georg Knapp
in Straßburg eine staatliche Theorie deS
Geldes aufgestellt worden, die wegen ihrer
Originalität Beachtung verdient und sie auch
gefunden hat. Sie bedient sich zur schärferen
Fassung einer eigenen Terminologie, an die
man sich erst gewöhnen muß. Diese Theorie
geht von der Tatsache aus, daß das Zahlungs-
Wesen überall durch Sätze des Verwaltungs¬
rechts geregelt ist. Geld ist die wichtigste Art
der noch jetzt gebräuchlichen Zahlungsmittel.
Sie geschieht durch Hingabe von gezeichneten
Stücken (chartale Zahlung). Nicht mehr der
metallische Gehalt jedes Stückes ist für die
Werteinheit bestimmend, sondern die Rechts¬
ordnung, die durch den Staat geschaffen ist,
bestimmt, wieviel Werteinheiten die gezeich¬
neten Stücke gelten sollen, und der Staat
nimmt selbst die so gezeichneten Stücke nach
ihrer Geltung an. Die Stücke können Münzen
aus edlem oder unedlem Metall, es können
aber auch Scheine sein. Ob die Münzen aus

[Spaltenumbruch]

Metall bestehen, ist nur etwas Technisches.
Das Geldwesen aber als ein Zweig des
Zahlungswesens sei seiner Natur juristisch.
Das Gemeinsame des Geldes sei die autori-
tative Geltung der Stücke, die vom Staat
ausgeht. Der Staat hat nicht nur die Her¬
stellung des bloßen Stoffes, sondern auch die
Sorge um die Aufrechterhaltung des Wechsel¬
kurses (Knapp nennt dies die lytrische Ver¬
waltung; lytrisch: Zahlungsmittel betreffend,
vom griechischen I^trou, Lösegeld). Diese
Auffassung habe nichts mit der sogenannten
Papierwirtschaft zu tun. Denn diese ent¬
springt vielmehr dem Umstände, daß der
Staat sich in einer Notlage befindet und zur
Deckung des budgetmäßigen Defizits unein-
lösbares Papiergeld geschaffen wird. Der
Übelstand liegt dann an dem Verfall der
finanziellen Ordnung. Es gibt bei der
Chartalverfassung, also beim Geld, keinen
Stoff von festem Preis; vielmehr wird in
Silberländern der Silberpreis, in Goldländern
der Goldpreis künstlich befestigt. In allen
Staaten kommen aber Geldarten vor, die
nicht bares Geld sind (notale Münzarten).
Es kommt sodnnn darauf an, in welchen
Geldarten der Staat seinerseits bezahlt. Man
nennt die endgültigen Zahlungsmittel eines
Staates valutarisch. In Deutschland sind
die Goldstücke, in Osterreich aber die Bank¬
noten valutarisch, da kein Zwang für den
Staat besteht, diese einzulösen, wenn er es
vielleicht auch oft tut. Der Begriff des valu¬
tarischen Geldes ist mithin gänzlich vom
Staat abhängig, wenn er Zahlung zu leisten
hat, und dieses Verhalten ist durch Rechts¬
gesetz bestimmt.

Der Staat schafft nun neben dem baren
Gelde fortschreitend immer mehr notale Geld¬
arten, die also ihren Wert nicht im Münz<-
gehalt, sondern in den Verfügungen deS
Staates haben. Ihre Vermehrbarkeit wird
jedoch beschränkt und sür die Einlösbarkeit in
barem Gelde wird Sorge getragen. Da¬
neben erstreckt sich seine Sorge noch dahin,
daß jedermann, statt des notalen Geldes auch
stets bares Geld erhalten kann. Im allge¬
meinen nehmen in allen Ländern (England,
Frankreich, Deutschland, Osterreich, Italien,
Vereinigte Staaten von Nordamerika) die
unterwertigen Geldarten so stark zu, daß sie

[Ende Spaltensatz]
*) Wir entnehmen den obigen Artikel dem
Jahres - Supplement 1911/12 ^Band XXIV)
von "Meyers Großem KonversationS-Lexikon".
Sechste Auflage. (Verlag des Bibliographischen
Instituts in Leipzig.).
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Diese Ausgabe zeichnet sich dadurch aus,
daß auch die in Deutschland bisher unbekannte
Erzählung „Kormak und Stengerde" Auf¬
nahme gefunden hat. Sie ist dem Zyklus
„Ein Kaktus blüht" entnommen, welcher auch
die berühmten Gurre-Lieder birgt; und viel¬
leicht wäre es noch verdienstlicher gewesen,
diese Dichtung vollständig zu veröffentlichen.
Wie dem auch sei: das Buch verdient Lob.
Über die Novellen selbst braucht heute nichts
mehr gesagt zu werden. Die Übersetzung von
Toni Schwabe, die sich früher als zarte
Dichterin und Nachfolgerin Jacobsens erwiesen
hat, scheint nur gut und sorgfältig zu sein,
und auch die Ausstattung ist würdig. So
möge das Buch, ein neues schönes Zeugnis
für die Schätzung deS dänischen Poeten, warm
empfohlen sein.

Ernst Ludwig Schellenberg
Volkswirtschaft
Staatliche Geldthevrie*)

. Gegenüber den
bisher bestehenden Anschauungen über das
Geldwesen ist neuerdings von Georg Knapp
in Straßburg eine staatliche Theorie deS
Geldes aufgestellt worden, die wegen ihrer
Originalität Beachtung verdient und sie auch
gefunden hat. Sie bedient sich zur schärferen
Fassung einer eigenen Terminologie, an die
man sich erst gewöhnen muß. Diese Theorie
geht von der Tatsache aus, daß das Zahlungs-
Wesen überall durch Sätze des Verwaltungs¬
rechts geregelt ist. Geld ist die wichtigste Art
der noch jetzt gebräuchlichen Zahlungsmittel.
Sie geschieht durch Hingabe von gezeichneten
Stücken (chartale Zahlung). Nicht mehr der
metallische Gehalt jedes Stückes ist für die
Werteinheit bestimmend, sondern die Rechts¬
ordnung, die durch den Staat geschaffen ist,
bestimmt, wieviel Werteinheiten die gezeich¬
neten Stücke gelten sollen, und der Staat
nimmt selbst die so gezeichneten Stücke nach
ihrer Geltung an. Die Stücke können Münzen
aus edlem oder unedlem Metall, es können
aber auch Scheine sein. Ob die Münzen aus

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Metall bestehen, ist nur etwas Technisches.
Das Geldwesen aber als ein Zweig des
Zahlungswesens sei seiner Natur juristisch.
Das Gemeinsame des Geldes sei die autori-
tative Geltung der Stücke, die vom Staat
ausgeht. Der Staat hat nicht nur die Her¬
stellung des bloßen Stoffes, sondern auch die
Sorge um die Aufrechterhaltung des Wechsel¬
kurses (Knapp nennt dies die lytrische Ver¬
waltung; lytrisch: Zahlungsmittel betreffend,
vom griechischen I^trou, Lösegeld). Diese
Auffassung habe nichts mit der sogenannten
Papierwirtschaft zu tun. Denn diese ent¬
springt vielmehr dem Umstände, daß der
Staat sich in einer Notlage befindet und zur
Deckung des budgetmäßigen Defizits unein-
lösbares Papiergeld geschaffen wird. Der
Übelstand liegt dann an dem Verfall der
finanziellen Ordnung. Es gibt bei der
Chartalverfassung, also beim Geld, keinen
Stoff von festem Preis; vielmehr wird in
Silberländern der Silberpreis, in Goldländern
der Goldpreis künstlich befestigt. In allen
Staaten kommen aber Geldarten vor, die
nicht bares Geld sind (notale Münzarten).
Es kommt sodnnn darauf an, in welchen
Geldarten der Staat seinerseits bezahlt. Man
nennt die endgültigen Zahlungsmittel eines
Staates valutarisch. In Deutschland sind
die Goldstücke, in Osterreich aber die Bank¬
noten valutarisch, da kein Zwang für den
Staat besteht, diese einzulösen, wenn er es
vielleicht auch oft tut. Der Begriff des valu¬
tarischen Geldes ist mithin gänzlich vom
Staat abhängig, wenn er Zahlung zu leisten
hat, und dieses Verhalten ist durch Rechts¬
gesetz bestimmt.

Der Staat schafft nun neben dem baren
Gelde fortschreitend immer mehr notale Geld¬
arten, die also ihren Wert nicht im Münz<-
gehalt, sondern in den Verfügungen deS
Staates haben. Ihre Vermehrbarkeit wird
jedoch beschränkt und sür die Einlösbarkeit in
barem Gelde wird Sorge getragen. Da¬
neben erstreckt sich seine Sorge noch dahin,
daß jedermann, statt des notalen Geldes auch
stets bares Geld erhalten kann. Im allge¬
meinen nehmen in allen Ländern (England,
Frankreich, Deutschland, Osterreich, Italien,
Vereinigte Staaten von Nordamerika) die
unterwertigen Geldarten so stark zu, daß sie

[Ende Spaltensatz]
*) Wir entnehmen den obigen Artikel dem
Jahres - Supplement 1911/12 ^Band XXIV)
von „Meyers Großem KonversationS-Lexikon".
Sechste Auflage. (Verlag des Bibliographischen
Instituts in Leipzig.).
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[0449] Maßgebliches und Unmaßgebliches Diese Ausgabe zeichnet sich dadurch aus, daß auch die in Deutschland bisher unbekannte Erzählung „Kormak und Stengerde" Auf¬ nahme gefunden hat. Sie ist dem Zyklus „Ein Kaktus blüht" entnommen, welcher auch die berühmten Gurre-Lieder birgt; und viel¬ leicht wäre es noch verdienstlicher gewesen, diese Dichtung vollständig zu veröffentlichen. Wie dem auch sei: das Buch verdient Lob. Über die Novellen selbst braucht heute nichts mehr gesagt zu werden. Die Übersetzung von Toni Schwabe, die sich früher als zarte Dichterin und Nachfolgerin Jacobsens erwiesen hat, scheint nur gut und sorgfältig zu sein, und auch die Ausstattung ist würdig. So möge das Buch, ein neues schönes Zeugnis für die Schätzung deS dänischen Poeten, warm empfohlen sein. Ernst Ludwig Schellenberg Volkswirtschaft Staatliche Geldthevrie*) . Gegenüber den bisher bestehenden Anschauungen über das Geldwesen ist neuerdings von Georg Knapp in Straßburg eine staatliche Theorie deS Geldes aufgestellt worden, die wegen ihrer Originalität Beachtung verdient und sie auch gefunden hat. Sie bedient sich zur schärferen Fassung einer eigenen Terminologie, an die man sich erst gewöhnen muß. Diese Theorie geht von der Tatsache aus, daß das Zahlungs- Wesen überall durch Sätze des Verwaltungs¬ rechts geregelt ist. Geld ist die wichtigste Art der noch jetzt gebräuchlichen Zahlungsmittel. Sie geschieht durch Hingabe von gezeichneten Stücken (chartale Zahlung). Nicht mehr der metallische Gehalt jedes Stückes ist für die Werteinheit bestimmend, sondern die Rechts¬ ordnung, die durch den Staat geschaffen ist, bestimmt, wieviel Werteinheiten die gezeich¬ neten Stücke gelten sollen, und der Staat nimmt selbst die so gezeichneten Stücke nach ihrer Geltung an. Die Stücke können Münzen aus edlem oder unedlem Metall, es können aber auch Scheine sein. Ob die Münzen aus Metall bestehen, ist nur etwas Technisches. Das Geldwesen aber als ein Zweig des Zahlungswesens sei seiner Natur juristisch. Das Gemeinsame des Geldes sei die autori- tative Geltung der Stücke, die vom Staat ausgeht. Der Staat hat nicht nur die Her¬ stellung des bloßen Stoffes, sondern auch die Sorge um die Aufrechterhaltung des Wechsel¬ kurses (Knapp nennt dies die lytrische Ver¬ waltung; lytrisch: Zahlungsmittel betreffend, vom griechischen I^trou, Lösegeld). Diese Auffassung habe nichts mit der sogenannten Papierwirtschaft zu tun. Denn diese ent¬ springt vielmehr dem Umstände, daß der Staat sich in einer Notlage befindet und zur Deckung des budgetmäßigen Defizits unein- lösbares Papiergeld geschaffen wird. Der Übelstand liegt dann an dem Verfall der finanziellen Ordnung. Es gibt bei der Chartalverfassung, also beim Geld, keinen Stoff von festem Preis; vielmehr wird in Silberländern der Silberpreis, in Goldländern der Goldpreis künstlich befestigt. In allen Staaten kommen aber Geldarten vor, die nicht bares Geld sind (notale Münzarten). Es kommt sodnnn darauf an, in welchen Geldarten der Staat seinerseits bezahlt. Man nennt die endgültigen Zahlungsmittel eines Staates valutarisch. In Deutschland sind die Goldstücke, in Osterreich aber die Bank¬ noten valutarisch, da kein Zwang für den Staat besteht, diese einzulösen, wenn er es vielleicht auch oft tut. Der Begriff des valu¬ tarischen Geldes ist mithin gänzlich vom Staat abhängig, wenn er Zahlung zu leisten hat, und dieses Verhalten ist durch Rechts¬ gesetz bestimmt. Der Staat schafft nun neben dem baren Gelde fortschreitend immer mehr notale Geld¬ arten, die also ihren Wert nicht im Münz<- gehalt, sondern in den Verfügungen deS Staates haben. Ihre Vermehrbarkeit wird jedoch beschränkt und sür die Einlösbarkeit in barem Gelde wird Sorge getragen. Da¬ neben erstreckt sich seine Sorge noch dahin, daß jedermann, statt des notalen Geldes auch stets bares Geld erhalten kann. Im allge¬ meinen nehmen in allen Ländern (England, Frankreich, Deutschland, Osterreich, Italien, Vereinigte Staaten von Nordamerika) die unterwertigen Geldarten so stark zu, daß sie *) Wir entnehmen den obigen Artikel dem Jahres - Supplement 1911/12 ^Band XXIV) von „Meyers Großem KonversationS-Lexikon". Sechste Auflage. (Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig.).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/449>, abgerufen am 04.05.2024.