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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Kämpfe unserer Lehrerschaft

Verwaltung recht getan, jene andere Einrichtung zu schaffen, die zwar kost¬
spieliger ist als die der übrigen Staaten, weil sie selbständig neben die schon
vorhandenen Hochschulen tritt, aber gerade durch diese Selbständigkeit einen
doppelten Vorteil gewährt. Einmal entlastet sie die Universität für jetzt und
für die Zukunft und bewahrt sie vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe,
die ihren inneren Betrieb stören müßte; sie selbst aber vermag sich der be¬
sonderen Forderung, die hier erfüllt werden soll, vollständig anzupassen in dem,
was vorausgesetzt, wie in dem Ziel, auf das hingearbeitet wird. Die Dozenten,
seien es nun Universitätsprofessoren oder Oberlehrer, werden auch hier manches
anders finden, als sie gewohnt sind; aber hier haben sie inneren Antrieb und
äußeren Spielraum, darauf einzugehen. Denn hier liegt jedem von ihnen
nichts anderes ob, als dafür zu sorgen, daß seine in diesem besonderen Kursus
versammelten Zuhörer, bisherige Volksschullehrer und künftige Seminarlehrer,
eben das finden und gewinnen, was sie gebrauchen können.

Eins mag man bedauern: daß unsere Unterrichtsverwaltung erst so spät
das vorhandene Bedürfnis anerkannt und nur zögernd begonnen hat, ihm
Befriedigung zu schaffen. Manche übertriebene und ungestüme Forderung wäre
nicht erst laut geworden oder von selbst wieder verstummt, wenn das wirklich
Notwendige und Zweckmäßige früher und aus freierem Entschluß gewährt
worden wäre. Doch das gehört nun der Vergangenheit an. Eben jetzt soll,
so scheint es, ein lebhafterer Gang in die Angelegenheit kommen, da aus
dem Kreise der Abgeordneten auf Vermehrung und weiteren Ausbau der be¬
stehenden Kurse gedrängt wird und die Regierung ihre Geneigtheit bekennt,
dem nachzugeben. Hoffen wir. daß es noch nicht zu spät ist, durch Erfüllung
sachlich berechtigter Wünsche die Beunruhigung zu bannen und den Überschuß
der Kräfte, an dem wir uns doch gern freuen möchten, in: Dienste positiver
Aufgaben sich auswirken zu lassen.


Geheimer Regierimgsrcrt Prof. Dr. Paul Lauer
Anmerkung

Im Anschluß an die Ausführungen des Geh. Rat Prof. Cauer möchten
wir auf eine Tatsache hinweisen, die bei der Erörterung, ob begabten und
bewährten Volksschullehrern neben einer Fortbildung in speziellen Kursen der
Besuch der Universität freigestellt werden sollte, Berücksichtigung zu verdienen
scheint.

Die Volksschullehrer haben nämlich in nicht geringer Zahl ihre Befähigung
zur wissenschaftlichen pädagogischen Forschung dargetan. Die neuere päda¬
gogische Literatur weist namentlich auf Gebieten, die der experimentellen und
statistischen Behandlung zugänglich sind und durch systematische Sammlung etwa
von kindlichen Erzeugnissen gefördert werden können, zahlreiche wertvolle
Arbeiten von Männern auf, die aus dem Volksschullehrerstande hervorgegangen
sind, aber sich die nötige wissenschaftliche Bildung auf der Universität angeeignet
haben. Die moderne pädagogische Forschung kann derartige Untersuchungen


Kämpfe unserer Lehrerschaft

Verwaltung recht getan, jene andere Einrichtung zu schaffen, die zwar kost¬
spieliger ist als die der übrigen Staaten, weil sie selbständig neben die schon
vorhandenen Hochschulen tritt, aber gerade durch diese Selbständigkeit einen
doppelten Vorteil gewährt. Einmal entlastet sie die Universität für jetzt und
für die Zukunft und bewahrt sie vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe,
die ihren inneren Betrieb stören müßte; sie selbst aber vermag sich der be¬
sonderen Forderung, die hier erfüllt werden soll, vollständig anzupassen in dem,
was vorausgesetzt, wie in dem Ziel, auf das hingearbeitet wird. Die Dozenten,
seien es nun Universitätsprofessoren oder Oberlehrer, werden auch hier manches
anders finden, als sie gewohnt sind; aber hier haben sie inneren Antrieb und
äußeren Spielraum, darauf einzugehen. Denn hier liegt jedem von ihnen
nichts anderes ob, als dafür zu sorgen, daß seine in diesem besonderen Kursus
versammelten Zuhörer, bisherige Volksschullehrer und künftige Seminarlehrer,
eben das finden und gewinnen, was sie gebrauchen können.

Eins mag man bedauern: daß unsere Unterrichtsverwaltung erst so spät
das vorhandene Bedürfnis anerkannt und nur zögernd begonnen hat, ihm
Befriedigung zu schaffen. Manche übertriebene und ungestüme Forderung wäre
nicht erst laut geworden oder von selbst wieder verstummt, wenn das wirklich
Notwendige und Zweckmäßige früher und aus freierem Entschluß gewährt
worden wäre. Doch das gehört nun der Vergangenheit an. Eben jetzt soll,
so scheint es, ein lebhafterer Gang in die Angelegenheit kommen, da aus
dem Kreise der Abgeordneten auf Vermehrung und weiteren Ausbau der be¬
stehenden Kurse gedrängt wird und die Regierung ihre Geneigtheit bekennt,
dem nachzugeben. Hoffen wir. daß es noch nicht zu spät ist, durch Erfüllung
sachlich berechtigter Wünsche die Beunruhigung zu bannen und den Überschuß
der Kräfte, an dem wir uns doch gern freuen möchten, in: Dienste positiver
Aufgaben sich auswirken zu lassen.


Geheimer Regierimgsrcrt Prof. Dr. Paul Lauer
Anmerkung

Im Anschluß an die Ausführungen des Geh. Rat Prof. Cauer möchten
wir auf eine Tatsache hinweisen, die bei der Erörterung, ob begabten und
bewährten Volksschullehrern neben einer Fortbildung in speziellen Kursen der
Besuch der Universität freigestellt werden sollte, Berücksichtigung zu verdienen
scheint.

Die Volksschullehrer haben nämlich in nicht geringer Zahl ihre Befähigung
zur wissenschaftlichen pädagogischen Forschung dargetan. Die neuere päda¬
gogische Literatur weist namentlich auf Gebieten, die der experimentellen und
statistischen Behandlung zugänglich sind und durch systematische Sammlung etwa
von kindlichen Erzeugnissen gefördert werden können, zahlreiche wertvolle
Arbeiten von Männern auf, die aus dem Volksschullehrerstande hervorgegangen
sind, aber sich die nötige wissenschaftliche Bildung auf der Universität angeeignet
haben. Die moderne pädagogische Forschung kann derartige Untersuchungen


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[0625] Kämpfe unserer Lehrerschaft Verwaltung recht getan, jene andere Einrichtung zu schaffen, die zwar kost¬ spieliger ist als die der übrigen Staaten, weil sie selbständig neben die schon vorhandenen Hochschulen tritt, aber gerade durch diese Selbständigkeit einen doppelten Vorteil gewährt. Einmal entlastet sie die Universität für jetzt und für die Zukunft und bewahrt sie vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe, die ihren inneren Betrieb stören müßte; sie selbst aber vermag sich der be¬ sonderen Forderung, die hier erfüllt werden soll, vollständig anzupassen in dem, was vorausgesetzt, wie in dem Ziel, auf das hingearbeitet wird. Die Dozenten, seien es nun Universitätsprofessoren oder Oberlehrer, werden auch hier manches anders finden, als sie gewohnt sind; aber hier haben sie inneren Antrieb und äußeren Spielraum, darauf einzugehen. Denn hier liegt jedem von ihnen nichts anderes ob, als dafür zu sorgen, daß seine in diesem besonderen Kursus versammelten Zuhörer, bisherige Volksschullehrer und künftige Seminarlehrer, eben das finden und gewinnen, was sie gebrauchen können. Eins mag man bedauern: daß unsere Unterrichtsverwaltung erst so spät das vorhandene Bedürfnis anerkannt und nur zögernd begonnen hat, ihm Befriedigung zu schaffen. Manche übertriebene und ungestüme Forderung wäre nicht erst laut geworden oder von selbst wieder verstummt, wenn das wirklich Notwendige und Zweckmäßige früher und aus freierem Entschluß gewährt worden wäre. Doch das gehört nun der Vergangenheit an. Eben jetzt soll, so scheint es, ein lebhafterer Gang in die Angelegenheit kommen, da aus dem Kreise der Abgeordneten auf Vermehrung und weiteren Ausbau der be¬ stehenden Kurse gedrängt wird und die Regierung ihre Geneigtheit bekennt, dem nachzugeben. Hoffen wir. daß es noch nicht zu spät ist, durch Erfüllung sachlich berechtigter Wünsche die Beunruhigung zu bannen und den Überschuß der Kräfte, an dem wir uns doch gern freuen möchten, in: Dienste positiver Aufgaben sich auswirken zu lassen. Geheimer Regierimgsrcrt Prof. Dr. Paul Lauer Anmerkung Im Anschluß an die Ausführungen des Geh. Rat Prof. Cauer möchten wir auf eine Tatsache hinweisen, die bei der Erörterung, ob begabten und bewährten Volksschullehrern neben einer Fortbildung in speziellen Kursen der Besuch der Universität freigestellt werden sollte, Berücksichtigung zu verdienen scheint. Die Volksschullehrer haben nämlich in nicht geringer Zahl ihre Befähigung zur wissenschaftlichen pädagogischen Forschung dargetan. Die neuere päda¬ gogische Literatur weist namentlich auf Gebieten, die der experimentellen und statistischen Behandlung zugänglich sind und durch systematische Sammlung etwa von kindlichen Erzeugnissen gefördert werden können, zahlreiche wertvolle Arbeiten von Männern auf, die aus dem Volksschullehrerstande hervorgegangen sind, aber sich die nötige wissenschaftliche Bildung auf der Universität angeeignet haben. Die moderne pädagogische Forschung kann derartige Untersuchungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/625>, abgerufen am 04.05.2024.