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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Heeresfragen

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den in den sächsischen allgemeinen öffentlichen
Krankenhäusern behandelten Typhuskranken
im Durchschnitt der Jahre 1906 bis 1910
16,02 Prozent beträgt. Ferner belief sich im
Berichtsjahre 1909/10 die Sterbeziffer an
Lungenentzündung im deutschen Heere nur
auf 0,16 Promille der Kopfstärke gegenüber
0,34 im französischen und 0,26 Promille im
österreichisch-ungarischen Heere. Auch die Be¬
kämpfung der Grippe, Ruhr und Tuberkulose
unter den deutschen Soldaten hat in den
letzten Jahren nachweislich große Erfolge
gehabt. Übrigens betrug der Zugang von
venerisch-kranken Soldaten in der deutschen
Armee 20,8 Promille der Jststärke gegenüber
54,7 in der österreichischen und 65,9 Promille
in derenglisch-indischen. Von den venerisch-er-
krankten deutschen Soldaten wurden 87 Prozent
wieder völlig hergestellt. Es erübrigt noch her¬
vorzuheben, daß der rechtzeitigen Ermittlung
verborgener Geisteskrankheiten, insbesondere
des angeborenen Schwachsinns und der er¬
erbten geistigen Minderwertigkeit die größte
Aufmerksamkeit von selten der Sanitätsoffi¬
ziere zugewandt wurde. Die Sterblichkeit
an Magengeschwür und an Unterleibsbrüchen
ging erheblich zurück. Drei Fälle von schwe¬
rem, der innerlichen Behandlung trotzen¬
den Magengeschwür wurden operativ geheilt
und die Zahl der trotz der Bruchoperation
dienstunbranchbar bleibenden Leute zeigte
eine erfreuliche Abnahme. Von 1043 we¬
gen Blinddarmentzündung beziehungsweise
beginnenden Bauchfellentzündung operierten
Soldaten konnten nicht weniger als 893, das
sind 35,6 Prozent als dienstfähig wieder zur
Truppe entlassen werden. Überhaupt war
die operative Tätigkeit der Sanitätsoffiziere
reich an Erfolgen. Narkosenunfälle sind im
Berichtsjahre überhaupt nicht vorgekommen,
in welchem 2634 größere Operationen aus¬
geführt wurden. Nach Ausschaltung von neun
von vornherein aussichtslosen chirurgischen
Hilfeleistungen bei Selbstmördern und 11 Ope¬
rationen bei zu weit verbreiteter Tuberkulose
verbleiben 2614 schwere Operationen mit
späterem tätlichen Ausgang in 85 Fällen,
d. i. mit einer Mortalität von nur 32,5 Pro-

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ÄomdeutschcuMilitärsmlitiitswcsen.


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Heeresfragen

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den in den sächsischen allgemeinen öffentlichen
Krankenhäusern behandelten Typhuskranken
im Durchschnitt der Jahre 1906 bis 1910
16,02 Prozent beträgt. Ferner belief sich im
Berichtsjahre 1909/10 die Sterbeziffer an
Lungenentzündung im deutschen Heere nur
auf 0,16 Promille der Kopfstärke gegenüber
0,34 im französischen und 0,26 Promille im
österreichisch-ungarischen Heere. Auch die Be¬
kämpfung der Grippe, Ruhr und Tuberkulose
unter den deutschen Soldaten hat in den
letzten Jahren nachweislich große Erfolge
gehabt. Übrigens betrug der Zugang von
venerisch-kranken Soldaten in der deutschen
Armee 20,8 Promille der Jststärke gegenüber
54,7 in der österreichischen und 65,9 Promille
in derenglisch-indischen. Von den venerisch-er-
krankten deutschen Soldaten wurden 87 Prozent
wieder völlig hergestellt. Es erübrigt noch her¬
vorzuheben, daß der rechtzeitigen Ermittlung
verborgener Geisteskrankheiten, insbesondere
des angeborenen Schwachsinns und der er¬
erbten geistigen Minderwertigkeit die größte
Aufmerksamkeit von selten der Sanitätsoffi¬
ziere zugewandt wurde. Die Sterblichkeit
an Magengeschwür und an Unterleibsbrüchen
ging erheblich zurück. Drei Fälle von schwe¬
rem, der innerlichen Behandlung trotzen¬
den Magengeschwür wurden operativ geheilt
und die Zahl der trotz der Bruchoperation
dienstunbranchbar bleibenden Leute zeigte
eine erfreuliche Abnahme. Von 1043 we¬
gen Blinddarmentzündung beziehungsweise
beginnenden Bauchfellentzündung operierten
Soldaten konnten nicht weniger als 893, das
sind 35,6 Prozent als dienstfähig wieder zur
Truppe entlassen werden. Überhaupt war
die operative Tätigkeit der Sanitätsoffiziere
reich an Erfolgen. Narkosenunfälle sind im
Berichtsjahre überhaupt nicht vorgekommen,
in welchem 2634 größere Operationen aus¬
geführt wurden. Nach Ausschaltung von neun
von vornherein aussichtslosen chirurgischen
Hilfeleistungen bei Selbstmördern und 11 Ope¬
rationen bei zu weit verbreiteter Tuberkulose
verbleiben 2614 schwere Operationen mit
späterem tätlichen Ausgang in 85 Fällen,
d. i. mit einer Mortalität von nur 32,5 Pro-

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[0106] maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Heeresfragen den in den sächsischen allgemeinen öffentlichen Krankenhäusern behandelten Typhuskranken im Durchschnitt der Jahre 1906 bis 1910 16,02 Prozent beträgt. Ferner belief sich im Berichtsjahre 1909/10 die Sterbeziffer an Lungenentzündung im deutschen Heere nur auf 0,16 Promille der Kopfstärke gegenüber 0,34 im französischen und 0,26 Promille im österreichisch-ungarischen Heere. Auch die Be¬ kämpfung der Grippe, Ruhr und Tuberkulose unter den deutschen Soldaten hat in den letzten Jahren nachweislich große Erfolge gehabt. Übrigens betrug der Zugang von venerisch-kranken Soldaten in der deutschen Armee 20,8 Promille der Jststärke gegenüber 54,7 in der österreichischen und 65,9 Promille in derenglisch-indischen. Von den venerisch-er- krankten deutschen Soldaten wurden 87 Prozent wieder völlig hergestellt. Es erübrigt noch her¬ vorzuheben, daß der rechtzeitigen Ermittlung verborgener Geisteskrankheiten, insbesondere des angeborenen Schwachsinns und der er¬ erbten geistigen Minderwertigkeit die größte Aufmerksamkeit von selten der Sanitätsoffi¬ ziere zugewandt wurde. Die Sterblichkeit an Magengeschwür und an Unterleibsbrüchen ging erheblich zurück. Drei Fälle von schwe¬ rem, der innerlichen Behandlung trotzen¬ den Magengeschwür wurden operativ geheilt und die Zahl der trotz der Bruchoperation dienstunbranchbar bleibenden Leute zeigte eine erfreuliche Abnahme. Von 1043 we¬ gen Blinddarmentzündung beziehungsweise beginnenden Bauchfellentzündung operierten Soldaten konnten nicht weniger als 893, das sind 35,6 Prozent als dienstfähig wieder zur Truppe entlassen werden. Überhaupt war die operative Tätigkeit der Sanitätsoffiziere reich an Erfolgen. Narkosenunfälle sind im Berichtsjahre überhaupt nicht vorgekommen, in welchem 2634 größere Operationen aus¬ geführt wurden. Nach Ausschaltung von neun von vornherein aussichtslosen chirurgischen Hilfeleistungen bei Selbstmördern und 11 Ope¬ rationen bei zu weit verbreiteter Tuberkulose verbleiben 2614 schwere Operationen mit späterem tätlichen Ausgang in 85 Fällen, d. i. mit einer Mortalität von nur 32,5 Pro- ÄomdeutschcuMilitärsmlitiitswcsen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/106>, abgerufen am 28.04.2024.