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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Weltbürgertum und Htaatsbürgertum
von Dr. !V. Dop Heide

or hundert Jahren gab es in Europa zwei mächtige universalistische
Ideen: die französische Nevolutionsidee und ihre romantisch an¬
gehauchte Gegnerin. Der dritte Stand in Frankreich erklärte
die Rechte der Freiheit und Gleichheit für allgemeine Menschen¬
rechte und den Kampf um sie für eine Sache der Menschheit.
Und als diese Bewegung international zu werden begann, erhob sich gegen sie
eine andere, die auch eine überstaatliche Verknüpfung der Völker anstrebte mit
der Absicht, die alte Ordnung der Staaten im christlichen Sinne gemeinsam zu
verteidigen. Novalis wollte 1799 einen Staat der Staaten, einen Weltbürger¬
staat, "den die völkerversöhnende Kirche stiften und einrichten sollte." Fr. Schlegel
schrieb noch 1796: "Die Idee einer Weltrepublik hat praktische Gültigkeit und
charakteristische Wichtigkeit." Aber 1810 will er dem falschen Kaisertum Napo¬
leons das wahre Kaisertum entgegensetzen, "ein auf sittlichen Ideen beruhendes
allumfassendes Staatensystem mit einem König der Könige an der Spitze."
Eine breite Schicht unter den besten deutschen Männern der Zeit glaubte damals
an die Möglichkeit einer dauernden allgemeinen Staatenverbrüderung, auch
praktische Politiker wie W. von Humboldt und Stein sind von solchen welt¬
bürgerlichen Gedanken nicht frei gewesen. Und die Allianz, die 1815 zur
Förderung einer allgemeinen Friedenspolitik gebildet wurde, nannte man die
Heilige. König Friedrich Wilhelm der Vierte hat an das Ideal eines Bünd¬
nisses aller europäischen Staaten zur Abwehr jedes ungerechten Friedensbruches
geglaubt, ihm schwebte noch die Erneuerung des römisch-deutschen Reiches (durch
Österreich!) vor. "Er nannte es wohl ein Nebelgebilde, erklärte es aber dennoch
für eine große Realität" (Meinecke, "Weltbürgertum und Nationalstaat",
2. Aufl.. München 1911, bei R. Oldenbourg, S. 263).


Grenzboten IV 1913 7


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Weltbürgertum und Htaatsbürgertum
von Dr. !V. Dop Heide

or hundert Jahren gab es in Europa zwei mächtige universalistische
Ideen: die französische Nevolutionsidee und ihre romantisch an¬
gehauchte Gegnerin. Der dritte Stand in Frankreich erklärte
die Rechte der Freiheit und Gleichheit für allgemeine Menschen¬
rechte und den Kampf um sie für eine Sache der Menschheit.
Und als diese Bewegung international zu werden begann, erhob sich gegen sie
eine andere, die auch eine überstaatliche Verknüpfung der Völker anstrebte mit
der Absicht, die alte Ordnung der Staaten im christlichen Sinne gemeinsam zu
verteidigen. Novalis wollte 1799 einen Staat der Staaten, einen Weltbürger¬
staat, „den die völkerversöhnende Kirche stiften und einrichten sollte." Fr. Schlegel
schrieb noch 1796: „Die Idee einer Weltrepublik hat praktische Gültigkeit und
charakteristische Wichtigkeit." Aber 1810 will er dem falschen Kaisertum Napo¬
leons das wahre Kaisertum entgegensetzen, „ein auf sittlichen Ideen beruhendes
allumfassendes Staatensystem mit einem König der Könige an der Spitze."
Eine breite Schicht unter den besten deutschen Männern der Zeit glaubte damals
an die Möglichkeit einer dauernden allgemeinen Staatenverbrüderung, auch
praktische Politiker wie W. von Humboldt und Stein sind von solchen welt¬
bürgerlichen Gedanken nicht frei gewesen. Und die Allianz, die 1815 zur
Förderung einer allgemeinen Friedenspolitik gebildet wurde, nannte man die
Heilige. König Friedrich Wilhelm der Vierte hat an das Ideal eines Bünd¬
nisses aller europäischen Staaten zur Abwehr jedes ungerechten Friedensbruches
geglaubt, ihm schwebte noch die Erneuerung des römisch-deutschen Reiches (durch
Österreich!) vor. „Er nannte es wohl ein Nebelgebilde, erklärte es aber dennoch
für eine große Realität" (Meinecke, „Weltbürgertum und Nationalstaat",
2. Aufl.. München 1911, bei R. Oldenbourg, S. 263).


Grenzboten IV 1913 7
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/109>, abgerufen am 27.04.2024.