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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reichsspiegel
Totenopfer -- Jubelfeiern

"Des Flammenstoßes Geleucht facht an. . .!" schallte es durch die deutschen
Lande zum Jubelfest der Leipziger Schlacht, als plötzlich hoch oben über der Erde
ein Feuermeer achtundzwanzig kühne Eroberer erfaßte, bis auf das Gerippe ver¬
zehrte und die Reste mit unbarmherziger Wut i.i den Leib der Mutter Erde zurück¬
warf. Ein Tod auf dem Scheiterhaufen, der wenige Minuten am Himmel hing,
so erhaben in seiner erschütternden Tragik, wie der Gedanke, für den jene Tapfern
ihr Leben einsetzten. Die Eroberung der Luft ist noch nicht zur Tatsache geworden.
Zwar haben wir dem Reich Avis manches Geheimnis abgetrotzt, manche Tücken
des Luftmeeres überwinden gelernt, Sonnenstrahl und Wind uns dienstbar gemacht.
Aber wir schufen auch neue Feinde in denselben Werkzeugen, mit denen wir die
Luft uns unterjochen wollen. Noch ist jeder Luftschiffer so vielen Gefahren aus¬
gesetzt, wie der Soldat in der feuerspeienden Feldschlacht, noch muß jeder, der
sich in die Lüfte erhebt, im Stillen Abschied nehmen von, allem, was ihm auf der
Erde teuer ist, -- er weiß nicht, ob er es je wiedersehen kann. Stets umweht
den Luftschiffer der Nimbus des Kriegers, der keinen Augenblick zögert für seine
Ideale das Leben einzusetzen. Ehre darum auch jenen Angehörigen unserer Marine
und der Zeppelinwerft, die am 17. Oktober Opfer ihres Berufes wurden. Ehre
auch dem Andenken aller jener anderen Opfer, die die Erforschung der Luft
gefordert hat. Bedauern mag ich die Helden nicht, -- eher schon beneiden, da sie
so herrlichen Tod fanden im Augenblick höchster Pflichterfüllung! Zu klagen
haben nur wir Zurückgebliebenen, weil es viele der Besten sind, die den Zoll für
unser Wollen mit dem Leben bezahlen müssen.

Doch unsere Zeit ist schnellebig! Während uns gestern noch der Himmel ver¬
dunkelt schien, jubeln wir heute dem morgigen Festtage entgegen: auf allen
Höhen in preußischen Landen brennen mächtige Feuer einander grüßend, durch
die Straßen der Städte ziehen die glühenden Leiber langer Fackelzüge und
gewaltig donnern die Domglocken Melodien ins Land, die heute jedem Deutschen
zu Geibels ewig schönem Gesang die Brust heben.


Der Herr hat großes an uns getan!

Ehre sei Gott in der Höhe!


Der jDreußenbund

Im Anzeigenteil dieses Heftes findet der Leser den Aufruf zum Beitritt zu
einem Preußenbunde. Dieser Preußenbund, eine konservative Gründung, wird
am besten gekennzeichnet als der zur politischen Organisation gewordene preußische




Reichsspiegel
Totenopfer — Jubelfeiern

„Des Flammenstoßes Geleucht facht an. . .!" schallte es durch die deutschen
Lande zum Jubelfest der Leipziger Schlacht, als plötzlich hoch oben über der Erde
ein Feuermeer achtundzwanzig kühne Eroberer erfaßte, bis auf das Gerippe ver¬
zehrte und die Reste mit unbarmherziger Wut i.i den Leib der Mutter Erde zurück¬
warf. Ein Tod auf dem Scheiterhaufen, der wenige Minuten am Himmel hing,
so erhaben in seiner erschütternden Tragik, wie der Gedanke, für den jene Tapfern
ihr Leben einsetzten. Die Eroberung der Luft ist noch nicht zur Tatsache geworden.
Zwar haben wir dem Reich Avis manches Geheimnis abgetrotzt, manche Tücken
des Luftmeeres überwinden gelernt, Sonnenstrahl und Wind uns dienstbar gemacht.
Aber wir schufen auch neue Feinde in denselben Werkzeugen, mit denen wir die
Luft uns unterjochen wollen. Noch ist jeder Luftschiffer so vielen Gefahren aus¬
gesetzt, wie der Soldat in der feuerspeienden Feldschlacht, noch muß jeder, der
sich in die Lüfte erhebt, im Stillen Abschied nehmen von, allem, was ihm auf der
Erde teuer ist, — er weiß nicht, ob er es je wiedersehen kann. Stets umweht
den Luftschiffer der Nimbus des Kriegers, der keinen Augenblick zögert für seine
Ideale das Leben einzusetzen. Ehre darum auch jenen Angehörigen unserer Marine
und der Zeppelinwerft, die am 17. Oktober Opfer ihres Berufes wurden. Ehre
auch dem Andenken aller jener anderen Opfer, die die Erforschung der Luft
gefordert hat. Bedauern mag ich die Helden nicht, — eher schon beneiden, da sie
so herrlichen Tod fanden im Augenblick höchster Pflichterfüllung! Zu klagen
haben nur wir Zurückgebliebenen, weil es viele der Besten sind, die den Zoll für
unser Wollen mit dem Leben bezahlen müssen.

Doch unsere Zeit ist schnellebig! Während uns gestern noch der Himmel ver¬
dunkelt schien, jubeln wir heute dem morgigen Festtage entgegen: auf allen
Höhen in preußischen Landen brennen mächtige Feuer einander grüßend, durch
die Straßen der Städte ziehen die glühenden Leiber langer Fackelzüge und
gewaltig donnern die Domglocken Melodien ins Land, die heute jedem Deutschen
zu Geibels ewig schönem Gesang die Brust heben.


Der Herr hat großes an uns getan!

Ehre sei Gott in der Höhe!


Der jDreußenbund

Im Anzeigenteil dieses Heftes findet der Leser den Aufruf zum Beitritt zu
einem Preußenbunde. Dieser Preußenbund, eine konservative Gründung, wird
am besten gekennzeichnet als der zur politischen Organisation gewordene preußische


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[0195] [Abbildung] Reichsspiegel Totenopfer — Jubelfeiern „Des Flammenstoßes Geleucht facht an. . .!" schallte es durch die deutschen Lande zum Jubelfest der Leipziger Schlacht, als plötzlich hoch oben über der Erde ein Feuermeer achtundzwanzig kühne Eroberer erfaßte, bis auf das Gerippe ver¬ zehrte und die Reste mit unbarmherziger Wut i.i den Leib der Mutter Erde zurück¬ warf. Ein Tod auf dem Scheiterhaufen, der wenige Minuten am Himmel hing, so erhaben in seiner erschütternden Tragik, wie der Gedanke, für den jene Tapfern ihr Leben einsetzten. Die Eroberung der Luft ist noch nicht zur Tatsache geworden. Zwar haben wir dem Reich Avis manches Geheimnis abgetrotzt, manche Tücken des Luftmeeres überwinden gelernt, Sonnenstrahl und Wind uns dienstbar gemacht. Aber wir schufen auch neue Feinde in denselben Werkzeugen, mit denen wir die Luft uns unterjochen wollen. Noch ist jeder Luftschiffer so vielen Gefahren aus¬ gesetzt, wie der Soldat in der feuerspeienden Feldschlacht, noch muß jeder, der sich in die Lüfte erhebt, im Stillen Abschied nehmen von, allem, was ihm auf der Erde teuer ist, — er weiß nicht, ob er es je wiedersehen kann. Stets umweht den Luftschiffer der Nimbus des Kriegers, der keinen Augenblick zögert für seine Ideale das Leben einzusetzen. Ehre darum auch jenen Angehörigen unserer Marine und der Zeppelinwerft, die am 17. Oktober Opfer ihres Berufes wurden. Ehre auch dem Andenken aller jener anderen Opfer, die die Erforschung der Luft gefordert hat. Bedauern mag ich die Helden nicht, — eher schon beneiden, da sie so herrlichen Tod fanden im Augenblick höchster Pflichterfüllung! Zu klagen haben nur wir Zurückgebliebenen, weil es viele der Besten sind, die den Zoll für unser Wollen mit dem Leben bezahlen müssen. Doch unsere Zeit ist schnellebig! Während uns gestern noch der Himmel ver¬ dunkelt schien, jubeln wir heute dem morgigen Festtage entgegen: auf allen Höhen in preußischen Landen brennen mächtige Feuer einander grüßend, durch die Straßen der Städte ziehen die glühenden Leiber langer Fackelzüge und gewaltig donnern die Domglocken Melodien ins Land, die heute jedem Deutschen zu Geibels ewig schönem Gesang die Brust heben. Der Herr hat großes an uns getan! Ehre sei Gott in der Höhe! Der jDreußenbund Im Anzeigenteil dieses Heftes findet der Leser den Aufruf zum Beitritt zu einem Preußenbunde. Dieser Preußenbund, eine konservative Gründung, wird am besten gekennzeichnet als der zur politischen Organisation gewordene preußische

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/195>, abgerufen am 28.04.2024.