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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Besitzfestigung und Nachhypotheken in den ostmärkischen Städten

die empfohlene Einsetzung von landwirtschaftlichen Verwaltungsgerichten hin¬
gewiesen und ihr Wirkungskreis näher definiert. Ihre Machtbefugnis soll ins¬
besondere dahin gehen, dem Kleinpächter eine größere Sicherheit seines Pacht¬
besitzes zu geben. Auch würden diese Gerichte aus eigenem Ermessen einen
billigen Pachtpreis festsetzen können. Ihrer Jurisdiktion sollen ferner unterliegen
alle Entschädigungsansprüche, namentlich die wegen Wildschadens, und schließlich
die Preisbestimmung, wenn die Landgemeinde zur Errichtung von Wohnungen
oder zur Bildung von Rentengütern Land aus dem Wege des Zwangskaufes
erwirbt.

Die englische Landreform steckt sich hohe Ziele. Wie weit das Programm
der englischen Landwohlfahrtspolitik in die Wirklichkeit umgesetzt wird, das
steht noch dahin. Aber daß schleunigst etwas gegen die zunehmende Verelendung
des ländlichen Englands getan werden muß, darüber sind sich die beiden großen
politischen Parteien völlig einig. Selbst im industriellen England mit seiner
nur noch anderthalb Millionen betragenden landwirtschafttreibenden Bevölkerung
kann der Staat nicht ruhig zusehen, wie der kleine Landmann und der Land¬
arbeiter an ihrem Beruf zugrunde gehen.




Vesitzfestigung und Nachhypotheken in den
ostmärkischen Städten
von Albert winkler

le Besitzfestlgung des deutschen städtischen Hausbesitzes in den
ostmärkischen Städten ist eine der wichtigsten nationalen Fragen
der Ostmarkenpolitik; der Angelpunkt dieses Problems ist jedoch
die Beschaffung und Sicherung der Nachhypothek. Hier Abhilfe
zu schaffen, ist um so dringender, als die Beschaffung der zweiten
Hypothek für den deutschen Hausbesitzer in den kleinen ostmärkischen Städten
noch schwieriger ist, als in den übrigen Städten des Reichs. Von einzelnen
Städten, wie Neukölln, Schöneberg u. a., find jetzt Hypothekeninstitute für
Nachhypotheken gegründet bzw. in Aussicht genommen, die durch Ausgabe von
mündelsicheren Pfandbriefen unter Bürgschaft der betreffenden Kommune die
notwendigen Gelder zur Hergabe zweiter Hypotheken beschaffen sollen. Dieser
Weg ist in den ostmärkischen Städten infolge der geringen wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der kleinen Städte und des nationalen Zwiespaltes nicht gang¬
bar. Die Garantie von größeren Kommunalverbänden, Provinzen und Kreisen


Besitzfestigung und Nachhypotheken in den ostmärkischen Städten

die empfohlene Einsetzung von landwirtschaftlichen Verwaltungsgerichten hin¬
gewiesen und ihr Wirkungskreis näher definiert. Ihre Machtbefugnis soll ins¬
besondere dahin gehen, dem Kleinpächter eine größere Sicherheit seines Pacht¬
besitzes zu geben. Auch würden diese Gerichte aus eigenem Ermessen einen
billigen Pachtpreis festsetzen können. Ihrer Jurisdiktion sollen ferner unterliegen
alle Entschädigungsansprüche, namentlich die wegen Wildschadens, und schließlich
die Preisbestimmung, wenn die Landgemeinde zur Errichtung von Wohnungen
oder zur Bildung von Rentengütern Land aus dem Wege des Zwangskaufes
erwirbt.

Die englische Landreform steckt sich hohe Ziele. Wie weit das Programm
der englischen Landwohlfahrtspolitik in die Wirklichkeit umgesetzt wird, das
steht noch dahin. Aber daß schleunigst etwas gegen die zunehmende Verelendung
des ländlichen Englands getan werden muß, darüber sind sich die beiden großen
politischen Parteien völlig einig. Selbst im industriellen England mit seiner
nur noch anderthalb Millionen betragenden landwirtschafttreibenden Bevölkerung
kann der Staat nicht ruhig zusehen, wie der kleine Landmann und der Land¬
arbeiter an ihrem Beruf zugrunde gehen.




Vesitzfestigung und Nachhypotheken in den
ostmärkischen Städten
von Albert winkler

le Besitzfestlgung des deutschen städtischen Hausbesitzes in den
ostmärkischen Städten ist eine der wichtigsten nationalen Fragen
der Ostmarkenpolitik; der Angelpunkt dieses Problems ist jedoch
die Beschaffung und Sicherung der Nachhypothek. Hier Abhilfe
zu schaffen, ist um so dringender, als die Beschaffung der zweiten
Hypothek für den deutschen Hausbesitzer in den kleinen ostmärkischen Städten
noch schwieriger ist, als in den übrigen Städten des Reichs. Von einzelnen
Städten, wie Neukölln, Schöneberg u. a., find jetzt Hypothekeninstitute für
Nachhypotheken gegründet bzw. in Aussicht genommen, die durch Ausgabe von
mündelsicheren Pfandbriefen unter Bürgschaft der betreffenden Kommune die
notwendigen Gelder zur Hergabe zweiter Hypotheken beschaffen sollen. Dieser
Weg ist in den ostmärkischen Städten infolge der geringen wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der kleinen Städte und des nationalen Zwiespaltes nicht gang¬
bar. Die Garantie von größeren Kommunalverbänden, Provinzen und Kreisen


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[0213] Besitzfestigung und Nachhypotheken in den ostmärkischen Städten die empfohlene Einsetzung von landwirtschaftlichen Verwaltungsgerichten hin¬ gewiesen und ihr Wirkungskreis näher definiert. Ihre Machtbefugnis soll ins¬ besondere dahin gehen, dem Kleinpächter eine größere Sicherheit seines Pacht¬ besitzes zu geben. Auch würden diese Gerichte aus eigenem Ermessen einen billigen Pachtpreis festsetzen können. Ihrer Jurisdiktion sollen ferner unterliegen alle Entschädigungsansprüche, namentlich die wegen Wildschadens, und schließlich die Preisbestimmung, wenn die Landgemeinde zur Errichtung von Wohnungen oder zur Bildung von Rentengütern Land aus dem Wege des Zwangskaufes erwirbt. Die englische Landreform steckt sich hohe Ziele. Wie weit das Programm der englischen Landwohlfahrtspolitik in die Wirklichkeit umgesetzt wird, das steht noch dahin. Aber daß schleunigst etwas gegen die zunehmende Verelendung des ländlichen Englands getan werden muß, darüber sind sich die beiden großen politischen Parteien völlig einig. Selbst im industriellen England mit seiner nur noch anderthalb Millionen betragenden landwirtschafttreibenden Bevölkerung kann der Staat nicht ruhig zusehen, wie der kleine Landmann und der Land¬ arbeiter an ihrem Beruf zugrunde gehen. Vesitzfestigung und Nachhypotheken in den ostmärkischen Städten von Albert winkler le Besitzfestlgung des deutschen städtischen Hausbesitzes in den ostmärkischen Städten ist eine der wichtigsten nationalen Fragen der Ostmarkenpolitik; der Angelpunkt dieses Problems ist jedoch die Beschaffung und Sicherung der Nachhypothek. Hier Abhilfe zu schaffen, ist um so dringender, als die Beschaffung der zweiten Hypothek für den deutschen Hausbesitzer in den kleinen ostmärkischen Städten noch schwieriger ist, als in den übrigen Städten des Reichs. Von einzelnen Städten, wie Neukölln, Schöneberg u. a., find jetzt Hypothekeninstitute für Nachhypotheken gegründet bzw. in Aussicht genommen, die durch Ausgabe von mündelsicheren Pfandbriefen unter Bürgschaft der betreffenden Kommune die notwendigen Gelder zur Hergabe zweiter Hypotheken beschaffen sollen. Dieser Weg ist in den ostmärkischen Städten infolge der geringen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der kleinen Städte und des nationalen Zwiespaltes nicht gang¬ bar. Die Garantie von größeren Kommunalverbänden, Provinzen und Kreisen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/213>, abgerufen am 27.04.2024.