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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reichsspiegel
(Der statu8 nach den politischen Sommerferien)

Politik und Wirtschaft -- Das Preußische Wahlrecht -- Der neue Kurs in der Polen¬
frage -- Die Welfensrage

Der Sommer ist wieder einmal gewesen! Vorüber sind die Tage, in denen
auch der Politiker ganz sich selbst leben könnte und mit dem Herbst stellen sich
auch die politischen Aufgaben ein, in deren Dienst Winter und Frühling hin¬
gehn. Aus allen Weltgegenden strömen Minister, Abgeordnete und Journalisten
wieder der Reichshauptstadt zu oder treffen sich zu Konferenzen auf deutschem
Boden; auch der Reichskanzler zeigt sich für einige Tage in der Reichshaupt¬
stadt, freilich, um schnell wieder Bayerns Ministerpräsidenten in München zu
besuchen. Mit einem Wort: die Instrumente werden gestimmt; das inner¬
politische Konzert kann jeden Augenblick beginnen.

Für uns selbst bedeutet der Schluß der Ferien die intensivere Wiederaufnahme
der Versuche, einem gebildeten, selbständig denkenden Leserkreise die politischen, wirt¬
schaftlichen und sozialen Zustände und Kämpfe in unserem großen Vaterlande
und seine Beziehungen zur Außenwelt im Spiegelbilde zu zeigen. Den Nahmen
für die Arbeiten bilden unsere weitgehenden Ansprüche an Freiheit der Per¬
sönlichkeit, an Herrschaft des deutschen Gedankens und an Einheit und Macht
des Deutschen Reiches. Alle Arbeiten, Bestrebungen und Tendenzen, die solchen
Idealen dienen, werden liebevoll unterstützt werden; wo aber unsere Ansprüche
in Widerstreit geraten mit Parteiforderungen oder bureankratischer Engherzigkeit,
wo wir Regierung, Parteien oder Wirtschaftsverbände im obigen Sinne schädlich
wirken sehen, werden unsere Spiegelbilder solches klar zum Ausdruck bringen.

Irgendeiner der bestehenden politischen Parteien können und wollen wir
uns unter diesen Gesichtspunkten nicht verschreiben. Dies um so weniger, als
es nach unserer Beobachtung, abgesehen vom Zentrum und von der Sozial¬
demokratie mit ihrer die Persönlichkeit knebelnden Weltanschauung, gegenwärtig




Reichsspiegel
(Der statu8 nach den politischen Sommerferien)

Politik und Wirtschaft — Das Preußische Wahlrecht — Der neue Kurs in der Polen¬
frage — Die Welfensrage

Der Sommer ist wieder einmal gewesen! Vorüber sind die Tage, in denen
auch der Politiker ganz sich selbst leben könnte und mit dem Herbst stellen sich
auch die politischen Aufgaben ein, in deren Dienst Winter und Frühling hin¬
gehn. Aus allen Weltgegenden strömen Minister, Abgeordnete und Journalisten
wieder der Reichshauptstadt zu oder treffen sich zu Konferenzen auf deutschem
Boden; auch der Reichskanzler zeigt sich für einige Tage in der Reichshaupt¬
stadt, freilich, um schnell wieder Bayerns Ministerpräsidenten in München zu
besuchen. Mit einem Wort: die Instrumente werden gestimmt; das inner¬
politische Konzert kann jeden Augenblick beginnen.

Für uns selbst bedeutet der Schluß der Ferien die intensivere Wiederaufnahme
der Versuche, einem gebildeten, selbständig denkenden Leserkreise die politischen, wirt¬
schaftlichen und sozialen Zustände und Kämpfe in unserem großen Vaterlande
und seine Beziehungen zur Außenwelt im Spiegelbilde zu zeigen. Den Nahmen
für die Arbeiten bilden unsere weitgehenden Ansprüche an Freiheit der Per¬
sönlichkeit, an Herrschaft des deutschen Gedankens und an Einheit und Macht
des Deutschen Reiches. Alle Arbeiten, Bestrebungen und Tendenzen, die solchen
Idealen dienen, werden liebevoll unterstützt werden; wo aber unsere Ansprüche
in Widerstreit geraten mit Parteiforderungen oder bureankratischer Engherzigkeit,
wo wir Regierung, Parteien oder Wirtschaftsverbände im obigen Sinne schädlich
wirken sehen, werden unsere Spiegelbilder solches klar zum Ausdruck bringen.

Irgendeiner der bestehenden politischen Parteien können und wollen wir
uns unter diesen Gesichtspunkten nicht verschreiben. Dies um so weniger, als
es nach unserer Beobachtung, abgesehen vom Zentrum und von der Sozial¬
demokratie mit ihrer die Persönlichkeit knebelnden Weltanschauung, gegenwärtig


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[0099] [Abbildung] Reichsspiegel (Der statu8 nach den politischen Sommerferien) Politik und Wirtschaft — Das Preußische Wahlrecht — Der neue Kurs in der Polen¬ frage — Die Welfensrage Der Sommer ist wieder einmal gewesen! Vorüber sind die Tage, in denen auch der Politiker ganz sich selbst leben könnte und mit dem Herbst stellen sich auch die politischen Aufgaben ein, in deren Dienst Winter und Frühling hin¬ gehn. Aus allen Weltgegenden strömen Minister, Abgeordnete und Journalisten wieder der Reichshauptstadt zu oder treffen sich zu Konferenzen auf deutschem Boden; auch der Reichskanzler zeigt sich für einige Tage in der Reichshaupt¬ stadt, freilich, um schnell wieder Bayerns Ministerpräsidenten in München zu besuchen. Mit einem Wort: die Instrumente werden gestimmt; das inner¬ politische Konzert kann jeden Augenblick beginnen. Für uns selbst bedeutet der Schluß der Ferien die intensivere Wiederaufnahme der Versuche, einem gebildeten, selbständig denkenden Leserkreise die politischen, wirt¬ schaftlichen und sozialen Zustände und Kämpfe in unserem großen Vaterlande und seine Beziehungen zur Außenwelt im Spiegelbilde zu zeigen. Den Nahmen für die Arbeiten bilden unsere weitgehenden Ansprüche an Freiheit der Per¬ sönlichkeit, an Herrschaft des deutschen Gedankens und an Einheit und Macht des Deutschen Reiches. Alle Arbeiten, Bestrebungen und Tendenzen, die solchen Idealen dienen, werden liebevoll unterstützt werden; wo aber unsere Ansprüche in Widerstreit geraten mit Parteiforderungen oder bureankratischer Engherzigkeit, wo wir Regierung, Parteien oder Wirtschaftsverbände im obigen Sinne schädlich wirken sehen, werden unsere Spiegelbilder solches klar zum Ausdruck bringen. Irgendeiner der bestehenden politischen Parteien können und wollen wir uns unter diesen Gesichtspunkten nicht verschreiben. Dies um so weniger, als es nach unserer Beobachtung, abgesehen vom Zentrum und von der Sozial¬ demokratie mit ihrer die Persönlichkeit knebelnden Weltanschauung, gegenwärtig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/99>, abgerufen am 28.04.2024.