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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Die Hexe von Mayen
Roman
Charlotte Niese von(Achte Fortsetzung)

Also wanderte Josias zum Lothringer, der aber in Koblenz beim Kurfürsten
war und nicht gesagt hatte, wann er zurückkehrte. Er trieb immer seine eigene
Politik und erhoffte vielleicht für sich selbst einen besonderen Vorteil. Die zwei
Welfenherzöge waren allerdings zur Stelle, aller sie wollten es sich noch mit
dem Lothringer überlegen, ob sie schon jetzt die Franzen angreifen sollten.
War in Manen etwas für sie zu holen? War es eine reiche Stadt und konnte
man dort den Geldbeutel füllen? Von Laach wußten sie allerlei. Es sollten
große Schätze irgendwo verborgen sein. Die durften die Franzosen natürlich
nicht haben; beide Herren wurden erregt. Sie sollten ihre elftausend Braun¬
schweiger nähren und bezahlen. Natürlich konnte man den Feinden nicht ge¬
statten, einen fetten Bissen zu verzehren. Gerade in dies Hin und Herrief der
Diener Josias wieder zum Herzog von Holstein-Plön. Frau von Kolben hatte
ihn verlassen, aber ein hochgewachsener Mönch in der Benediktinerkutte stand
vor ihm und wendete sein kluges Gesicht dem Eintretenden zu.

Hans Adolf machte eine vorstellende Handbewegung.

"Seine Hochwürden, der Abt von Laach wünscht, daß unsere Truppen mit
einigen Fähnlein das Kloster decken. Die Franzosen sind wahrlich im Anmarsch,
aber es ist nur ein kleines Heer und wir werden bald mit ihnen fertig werden!"

Josias verbeugte sich, wie es sich gehörte.

"Würdiger Herr, wenn es erlaubt wird, komme ich gleich mit einigen guten
Leuten und will Eure Schätze wohl hüten! Aber in diesem Heer haben eigentlich
zu viele Herren zu befehlen; Seine Gnaden, unser Herzog, könnte es schon allein
machen, aber wie es ist, so ist es einmal!"

"Wollt den Herrn Abt zu den Herzögen von Braunschweig geleiten!"
sagte Hans Adolf, und bald ging der holsteinische Junker mit dem Abt durch
das Lager.

"Ihr müßt bezahlen, Hochwürdiger!" sagte er zutraulich. "Wir haben
alle nur wenig Geld, und das Leben ist verdammt teuer!"

Dann entschuldigte er sich wegen des Fluches.




Die Hexe von Mayen
Roman
Charlotte Niese von(Achte Fortsetzung)

Also wanderte Josias zum Lothringer, der aber in Koblenz beim Kurfürsten
war und nicht gesagt hatte, wann er zurückkehrte. Er trieb immer seine eigene
Politik und erhoffte vielleicht für sich selbst einen besonderen Vorteil. Die zwei
Welfenherzöge waren allerdings zur Stelle, aller sie wollten es sich noch mit
dem Lothringer überlegen, ob sie schon jetzt die Franzen angreifen sollten.
War in Manen etwas für sie zu holen? War es eine reiche Stadt und konnte
man dort den Geldbeutel füllen? Von Laach wußten sie allerlei. Es sollten
große Schätze irgendwo verborgen sein. Die durften die Franzosen natürlich
nicht haben; beide Herren wurden erregt. Sie sollten ihre elftausend Braun¬
schweiger nähren und bezahlen. Natürlich konnte man den Feinden nicht ge¬
statten, einen fetten Bissen zu verzehren. Gerade in dies Hin und Herrief der
Diener Josias wieder zum Herzog von Holstein-Plön. Frau von Kolben hatte
ihn verlassen, aber ein hochgewachsener Mönch in der Benediktinerkutte stand
vor ihm und wendete sein kluges Gesicht dem Eintretenden zu.

Hans Adolf machte eine vorstellende Handbewegung.

„Seine Hochwürden, der Abt von Laach wünscht, daß unsere Truppen mit
einigen Fähnlein das Kloster decken. Die Franzosen sind wahrlich im Anmarsch,
aber es ist nur ein kleines Heer und wir werden bald mit ihnen fertig werden!"

Josias verbeugte sich, wie es sich gehörte.

„Würdiger Herr, wenn es erlaubt wird, komme ich gleich mit einigen guten
Leuten und will Eure Schätze wohl hüten! Aber in diesem Heer haben eigentlich
zu viele Herren zu befehlen; Seine Gnaden, unser Herzog, könnte es schon allein
machen, aber wie es ist, so ist es einmal!"

„Wollt den Herrn Abt zu den Herzögen von Braunschweig geleiten!"
sagte Hans Adolf, und bald ging der holsteinische Junker mit dem Abt durch
das Lager.

„Ihr müßt bezahlen, Hochwürdiger!" sagte er zutraulich. „Wir haben
alle nur wenig Geld, und das Leben ist verdammt teuer!"

Dann entschuldigte er sich wegen des Fluches.


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[0420] [Abbildung] Die Hexe von Mayen Roman Charlotte Niese von(Achte Fortsetzung) Also wanderte Josias zum Lothringer, der aber in Koblenz beim Kurfürsten war und nicht gesagt hatte, wann er zurückkehrte. Er trieb immer seine eigene Politik und erhoffte vielleicht für sich selbst einen besonderen Vorteil. Die zwei Welfenherzöge waren allerdings zur Stelle, aller sie wollten es sich noch mit dem Lothringer überlegen, ob sie schon jetzt die Franzen angreifen sollten. War in Manen etwas für sie zu holen? War es eine reiche Stadt und konnte man dort den Geldbeutel füllen? Von Laach wußten sie allerlei. Es sollten große Schätze irgendwo verborgen sein. Die durften die Franzosen natürlich nicht haben; beide Herren wurden erregt. Sie sollten ihre elftausend Braun¬ schweiger nähren und bezahlen. Natürlich konnte man den Feinden nicht ge¬ statten, einen fetten Bissen zu verzehren. Gerade in dies Hin und Herrief der Diener Josias wieder zum Herzog von Holstein-Plön. Frau von Kolben hatte ihn verlassen, aber ein hochgewachsener Mönch in der Benediktinerkutte stand vor ihm und wendete sein kluges Gesicht dem Eintretenden zu. Hans Adolf machte eine vorstellende Handbewegung. „Seine Hochwürden, der Abt von Laach wünscht, daß unsere Truppen mit einigen Fähnlein das Kloster decken. Die Franzosen sind wahrlich im Anmarsch, aber es ist nur ein kleines Heer und wir werden bald mit ihnen fertig werden!" Josias verbeugte sich, wie es sich gehörte. „Würdiger Herr, wenn es erlaubt wird, komme ich gleich mit einigen guten Leuten und will Eure Schätze wohl hüten! Aber in diesem Heer haben eigentlich zu viele Herren zu befehlen; Seine Gnaden, unser Herzog, könnte es schon allein machen, aber wie es ist, so ist es einmal!" „Wollt den Herrn Abt zu den Herzögen von Braunschweig geleiten!" sagte Hans Adolf, und bald ging der holsteinische Junker mit dem Abt durch das Lager. „Ihr müßt bezahlen, Hochwürdiger!" sagte er zutraulich. „Wir haben alle nur wenig Geld, und das Leben ist verdammt teuer!" Dann entschuldigte er sich wegen des Fluches.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/420>, abgerufen am 08.05.2024.