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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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vom Lieut deutscher Theaterkritik

zum Schoß der aufhorchenden Erde klingen lassen -- wenn ich dir zum Tanze
singe, mein Kind.

Wenn ich Süßes in deine leeren Hände lege, weiß ich, warum das Schüsselchen
der Blumen voll Honig ist, und sich die Früchte mit köstlichen Säften heimlich
füllen -- wenn ich Süßes in deine leeren Hände lege.

Wenn ich dein Antlitz küsse, damit du lächelst, mein geliebtes Kind,
begreife ich den Jubel, den der Morgenhimmel ausstrahlt, und das Entzücken,
das die Sommerbrise meinem Körper bringt -- wenn meine Lippen dich be¬
rühren, damit du lächelst.

. . . Weiß man. woher der Schlummer kommt, der über den Augen eines
Kindes schwebt? Ja. Man erzählt, daß er sein Heim im Femdorfe zwischen
den Schatten des Waldes habe. Es wird nur matt von Glühwürmern er¬
leuchtet, wo zwei schüchterne Zauberblumen blühen. Von dort kommt das
Lächeln, das die Augen des Kindes küßt.

Weiß man. wo das Lächeln geboren ist, das über den Lippen des
schlummernden Kindes schwebt? Ja. Man erzählt, daß ein bleicher Strahl des
zunehmenden Neumondes den Saum einer fliehenden Herbstwolke berührt hat.
und daß in dem Traum eines taufrischen Morgens das Lächeln geboren wurde,
das auf den Lippen des schlafenden Kindes zittert.

Weiß man. wo die süße zärtliche Frische, die die Glieder des Kindes webt,
so lange verborgen blieb? Ja. Als die Mutter noch eine zarte Jungfrau war,
umschloß sie ihr Herz mit einem schweigenden Liebesgeheimnis -- die köstliche,
süße Frische, die die Glieder des Kindes gewebt hat.




Vom Glend deutscher Theaterkritik
of. Fritz Reck-Mcilleczewen von

s gibt ein schönes Lied, in dem ein Sänger nicht nur im Feld die
Fahnenwacht. sondern auch mit dem einen Arm das Schwert das
icharfe, des Reimes wegen mit dem anderen die Harfe hält, mit
einer nicht näher bezeichneten Extremität dieses Instrument spielt
und außerdem mit seinem Lied die stille Nacht grüßt. Als Seiten¬
stück dieser beneidenswerten Vielseitigkeit gibt es in den Fachzeitschriften des
Journalismus Inserate wie dieses hier:

"Redakteur, soundso alt usw., bewährter Politiker, hervorragender Kommunal¬
politiker, Redner, Leitartikler, unparteiisch und liberal, beliebter Lokalplauderer,
Theater-, Musik- und Kunstkritiker sucht Stellung zum usw."


vom Lieut deutscher Theaterkritik

zum Schoß der aufhorchenden Erde klingen lassen — wenn ich dir zum Tanze
singe, mein Kind.

Wenn ich Süßes in deine leeren Hände lege, weiß ich, warum das Schüsselchen
der Blumen voll Honig ist, und sich die Früchte mit köstlichen Säften heimlich
füllen — wenn ich Süßes in deine leeren Hände lege.

Wenn ich dein Antlitz küsse, damit du lächelst, mein geliebtes Kind,
begreife ich den Jubel, den der Morgenhimmel ausstrahlt, und das Entzücken,
das die Sommerbrise meinem Körper bringt — wenn meine Lippen dich be¬
rühren, damit du lächelst.

. . . Weiß man. woher der Schlummer kommt, der über den Augen eines
Kindes schwebt? Ja. Man erzählt, daß er sein Heim im Femdorfe zwischen
den Schatten des Waldes habe. Es wird nur matt von Glühwürmern er¬
leuchtet, wo zwei schüchterne Zauberblumen blühen. Von dort kommt das
Lächeln, das die Augen des Kindes küßt.

Weiß man. wo das Lächeln geboren ist, das über den Lippen des
schlummernden Kindes schwebt? Ja. Man erzählt, daß ein bleicher Strahl des
zunehmenden Neumondes den Saum einer fliehenden Herbstwolke berührt hat.
und daß in dem Traum eines taufrischen Morgens das Lächeln geboren wurde,
das auf den Lippen des schlafenden Kindes zittert.

Weiß man. wo die süße zärtliche Frische, die die Glieder des Kindes webt,
so lange verborgen blieb? Ja. Als die Mutter noch eine zarte Jungfrau war,
umschloß sie ihr Herz mit einem schweigenden Liebesgeheimnis — die köstliche,
süße Frische, die die Glieder des Kindes gewebt hat.




Vom Glend deutscher Theaterkritik
of. Fritz Reck-Mcilleczewen von

s gibt ein schönes Lied, in dem ein Sänger nicht nur im Feld die
Fahnenwacht. sondern auch mit dem einen Arm das Schwert das
icharfe, des Reimes wegen mit dem anderen die Harfe hält, mit
einer nicht näher bezeichneten Extremität dieses Instrument spielt
und außerdem mit seinem Lied die stille Nacht grüßt. Als Seiten¬
stück dieser beneidenswerten Vielseitigkeit gibt es in den Fachzeitschriften des
Journalismus Inserate wie dieses hier:

„Redakteur, soundso alt usw., bewährter Politiker, hervorragender Kommunal¬
politiker, Redner, Leitartikler, unparteiisch und liberal, beliebter Lokalplauderer,
Theater-, Musik- und Kunstkritiker sucht Stellung zum usw."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/92>, abgerufen am 08.05.2024.