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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

die Helden des Schaffens in kühnem Wurf
gestalten, führen die Helden der Arbeit in die
verzweigten Gebiete des Lebens über. Jene
sind die Propheten des neuen Gesetzes, diese
die Priester, die über seiner Durchführung und
Ausgestaltung wachen.

Die Wahrheit darf, das ist Euckens Grund¬
these, nicht vom Leben getrennt werden. Denn
was ist Wahrheit, die nicht Offenbarung
geistigen Lebens ist, was ist Leben, das nicht
von ewiger Wahrheit getragen ist! Hüten wir
uns vor den grauen Theorien!

l)r. Kurt Nesseler

Wer sich durch das vorstehende Referat
angeregt fühlt, Euckens Anschauungen auch
aus seinen anderen Schriften kennen zu lernen,
sei darauf aufmerksam gemacht, daß ein älteres
Werk Euckens, die "Grundlinien einer neuen
Lebensanschauung" vor kurzem in zweiter
Auflage erschienen ist. (Verlag von Veit
u. Comp. in Leipzig, Preis geh. 4 M., geb.
6 M.) Der Verfasser hat den Text der ersten
Auflage einer bessernden Umarbeitung unter¬
zogen.

Über den Rahmen philosophischer Be¬
trachtungen greift ein neues Werk Euckens
hinaus: "Zur Sammlung der Geister". (Ver¬
lag von Quelle und Meyer in Leipzig, geb.
3,60 M.) ES will den Deutschen sich selbst
kennen lehren und ihm damit einen Ausweg
zeigen aus der inneren Zerklüftung, an der
* das deutsche Leben heute krankt.

Bildungsfragen

Unter dem Titel: "Geographische Bildung
und unsere Zeit" hat der bekannte Vorkämpfer
der deutschen Schulgeographen, Prof. Heinrich
Fischer, Direktor der Schillerschule in Berlin,
in der 62. Versammlung deutscher Philologen
und Schulmänner in Marburg im Oktober
vorigen Jahres einen Vortrag gehalten, dem
er selbst eine programmatische Bedeutung zu¬
weist (Geographische Bausteine, Schriften des
Verbandes deutscher Schulgsographen, heraus¬
gegeben von Dr. H. Haack. Erstes Heft.
Gotha 1913, Justus Perthes). Die geo¬
graphische Abteilung der historisch-geogra¬
phischen Sektion jener Versammlung hat im
Anschluß an den Vortrag Fischers und noch
eines Fachgenossen einstimmig die Forderung

[Spaltenumbruch]

erhoben, daß der Politischen und weltwirt¬
schaftlichen Mackitstellung Deutschlands ent¬
sprechend, an allen deutschen höheren Lehr¬
anstalten der geographische Unterricht aus¬
schließlich von Fachlehrern erteilt und mit zwei
Lehrstunden bis 'zum Abschluß durchgeführt
werden muß. Für Leute, welche mit den
Lehrplänen unserer Schulen nicht vertraut
sind, könnte diese Entschließung überraschend
sein, weil sie gar nicht auf den Gedanken
kommen, daß die Erdkunde auf unseren höheren
Lehranstalten bisher fast überall ein Aschen¬
brödel gewesen ist; für Kenner freilich ist sie
nichts Neues, denn sie legt den Finger auf
eine Wunde, die schon lange am Körper
unserer höheren Schulen schwärt. Auf den
Gymnasien, welche ja noch immer den Haupt¬
bestandteil unserer höheren Schulen ausmachen,
hört, wenigstens in Preußen -- in anderen
Bundesstaaten ist es ja zum Teil noch schlimmer
-- der Unterricht in der Erdkunde mit IIb
auf, nachdem er auch in den Tertien nur
mit einer Wochenstunde bedacht wird. Auf
den Realgymnasien ist es nicht besser und
nur auf den Oberrealschulen wird der
geographische Unterricht mit einer, in
einigen Bundesstaaten mit zwei Wochen¬
stunden, bis zur Oberprima durchgeführt.
Selbst die eine Wochenstunde in II b wird oft
genug gestrichen und einfach zur Geschichte
geschlagen. Die wenigen Unterrichtsstunden,
welche der Lehrplan der Erdkunde noch übrig
läßt, werden nicht einmal überall von geo¬
graphisch durchgebildeten Lehrern erteilt,
sondern häufig genug von einem jüngeren
Kollegen, dem gerade noch die eine oder die
andere Stunde in seinem Stundendeputat
fehlt, gleichgültig, ob derselbe eine geograpische
Fakultät besitzt oder nicht. Nun muß aber
auch die Schule eine der Stellung der Erd¬
kunde im Leben der Gegenwart entsprechende
Wandlung durchmachen, wenn sie ihren Zweck
erfüllen und auf der Höhe der Zeit bleiben
will. Durch die alle Beziehungen der Natur
zum Menschen umfassenden Forschungsreisen
und Forschungsinstitute der Gegenwart ist
die ganze Erde sozusagen unsere Heimat ge¬
worden, alle ihre Teile sind uns räumlich sehr
viel näher gerückt als noch vor zwanzig und
dreißig Jahren und die Züge in dem Bilde
der Fremde ini Gegensatz zu denjenigen der

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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die Helden des Schaffens in kühnem Wurf
gestalten, führen die Helden der Arbeit in die
verzweigten Gebiete des Lebens über. Jene
sind die Propheten des neuen Gesetzes, diese
die Priester, die über seiner Durchführung und
Ausgestaltung wachen.

Die Wahrheit darf, das ist Euckens Grund¬
these, nicht vom Leben getrennt werden. Denn
was ist Wahrheit, die nicht Offenbarung
geistigen Lebens ist, was ist Leben, das nicht
von ewiger Wahrheit getragen ist! Hüten wir
uns vor den grauen Theorien!

l)r. Kurt Nesseler

Wer sich durch das vorstehende Referat
angeregt fühlt, Euckens Anschauungen auch
aus seinen anderen Schriften kennen zu lernen,
sei darauf aufmerksam gemacht, daß ein älteres
Werk Euckens, die „Grundlinien einer neuen
Lebensanschauung" vor kurzem in zweiter
Auflage erschienen ist. (Verlag von Veit
u. Comp. in Leipzig, Preis geh. 4 M., geb.
6 M.) Der Verfasser hat den Text der ersten
Auflage einer bessernden Umarbeitung unter¬
zogen.

Über den Rahmen philosophischer Be¬
trachtungen greift ein neues Werk Euckens
hinaus: „Zur Sammlung der Geister". (Ver¬
lag von Quelle und Meyer in Leipzig, geb.
3,60 M.) ES will den Deutschen sich selbst
kennen lehren und ihm damit einen Ausweg
zeigen aus der inneren Zerklüftung, an der
* das deutsche Leben heute krankt.

Bildungsfragen

Unter dem Titel: „Geographische Bildung
und unsere Zeit" hat der bekannte Vorkämpfer
der deutschen Schulgeographen, Prof. Heinrich
Fischer, Direktor der Schillerschule in Berlin,
in der 62. Versammlung deutscher Philologen
und Schulmänner in Marburg im Oktober
vorigen Jahres einen Vortrag gehalten, dem
er selbst eine programmatische Bedeutung zu¬
weist (Geographische Bausteine, Schriften des
Verbandes deutscher Schulgsographen, heraus¬
gegeben von Dr. H. Haack. Erstes Heft.
Gotha 1913, Justus Perthes). Die geo¬
graphische Abteilung der historisch-geogra¬
phischen Sektion jener Versammlung hat im
Anschluß an den Vortrag Fischers und noch
eines Fachgenossen einstimmig die Forderung

[Spaltenumbruch]

erhoben, daß der Politischen und weltwirt¬
schaftlichen Mackitstellung Deutschlands ent¬
sprechend, an allen deutschen höheren Lehr¬
anstalten der geographische Unterricht aus¬
schließlich von Fachlehrern erteilt und mit zwei
Lehrstunden bis 'zum Abschluß durchgeführt
werden muß. Für Leute, welche mit den
Lehrplänen unserer Schulen nicht vertraut
sind, könnte diese Entschließung überraschend
sein, weil sie gar nicht auf den Gedanken
kommen, daß die Erdkunde auf unseren höheren
Lehranstalten bisher fast überall ein Aschen¬
brödel gewesen ist; für Kenner freilich ist sie
nichts Neues, denn sie legt den Finger auf
eine Wunde, die schon lange am Körper
unserer höheren Schulen schwärt. Auf den
Gymnasien, welche ja noch immer den Haupt¬
bestandteil unserer höheren Schulen ausmachen,
hört, wenigstens in Preußen — in anderen
Bundesstaaten ist es ja zum Teil noch schlimmer
— der Unterricht in der Erdkunde mit IIb
auf, nachdem er auch in den Tertien nur
mit einer Wochenstunde bedacht wird. Auf
den Realgymnasien ist es nicht besser und
nur auf den Oberrealschulen wird der
geographische Unterricht mit einer, in
einigen Bundesstaaten mit zwei Wochen¬
stunden, bis zur Oberprima durchgeführt.
Selbst die eine Wochenstunde in II b wird oft
genug gestrichen und einfach zur Geschichte
geschlagen. Die wenigen Unterrichtsstunden,
welche der Lehrplan der Erdkunde noch übrig
läßt, werden nicht einmal überall von geo¬
graphisch durchgebildeten Lehrern erteilt,
sondern häufig genug von einem jüngeren
Kollegen, dem gerade noch die eine oder die
andere Stunde in seinem Stundendeputat
fehlt, gleichgültig, ob derselbe eine geograpische
Fakultät besitzt oder nicht. Nun muß aber
auch die Schule eine der Stellung der Erd¬
kunde im Leben der Gegenwart entsprechende
Wandlung durchmachen, wenn sie ihren Zweck
erfüllen und auf der Höhe der Zeit bleiben
will. Durch die alle Beziehungen der Natur
zum Menschen umfassenden Forschungsreisen
und Forschungsinstitute der Gegenwart ist
die ganze Erde sozusagen unsere Heimat ge¬
worden, alle ihre Teile sind uns räumlich sehr
viel näher gerückt als noch vor zwanzig und
dreißig Jahren und die Züge in dem Bilde
der Fremde ini Gegensatz zu denjenigen der

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[0102] Maßgebliches und Unmaßgebliches die Helden des Schaffens in kühnem Wurf gestalten, führen die Helden der Arbeit in die verzweigten Gebiete des Lebens über. Jene sind die Propheten des neuen Gesetzes, diese die Priester, die über seiner Durchführung und Ausgestaltung wachen. Die Wahrheit darf, das ist Euckens Grund¬ these, nicht vom Leben getrennt werden. Denn was ist Wahrheit, die nicht Offenbarung geistigen Lebens ist, was ist Leben, das nicht von ewiger Wahrheit getragen ist! Hüten wir uns vor den grauen Theorien! l)r. Kurt Nesseler Wer sich durch das vorstehende Referat angeregt fühlt, Euckens Anschauungen auch aus seinen anderen Schriften kennen zu lernen, sei darauf aufmerksam gemacht, daß ein älteres Werk Euckens, die „Grundlinien einer neuen Lebensanschauung" vor kurzem in zweiter Auflage erschienen ist. (Verlag von Veit u. Comp. in Leipzig, Preis geh. 4 M., geb. 6 M.) Der Verfasser hat den Text der ersten Auflage einer bessernden Umarbeitung unter¬ zogen. Über den Rahmen philosophischer Be¬ trachtungen greift ein neues Werk Euckens hinaus: „Zur Sammlung der Geister". (Ver¬ lag von Quelle und Meyer in Leipzig, geb. 3,60 M.) ES will den Deutschen sich selbst kennen lehren und ihm damit einen Ausweg zeigen aus der inneren Zerklüftung, an der * das deutsche Leben heute krankt. Bildungsfragen Unter dem Titel: „Geographische Bildung und unsere Zeit" hat der bekannte Vorkämpfer der deutschen Schulgeographen, Prof. Heinrich Fischer, Direktor der Schillerschule in Berlin, in der 62. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Marburg im Oktober vorigen Jahres einen Vortrag gehalten, dem er selbst eine programmatische Bedeutung zu¬ weist (Geographische Bausteine, Schriften des Verbandes deutscher Schulgsographen, heraus¬ gegeben von Dr. H. Haack. Erstes Heft. Gotha 1913, Justus Perthes). Die geo¬ graphische Abteilung der historisch-geogra¬ phischen Sektion jener Versammlung hat im Anschluß an den Vortrag Fischers und noch eines Fachgenossen einstimmig die Forderung erhoben, daß der Politischen und weltwirt¬ schaftlichen Mackitstellung Deutschlands ent¬ sprechend, an allen deutschen höheren Lehr¬ anstalten der geographische Unterricht aus¬ schließlich von Fachlehrern erteilt und mit zwei Lehrstunden bis 'zum Abschluß durchgeführt werden muß. Für Leute, welche mit den Lehrplänen unserer Schulen nicht vertraut sind, könnte diese Entschließung überraschend sein, weil sie gar nicht auf den Gedanken kommen, daß die Erdkunde auf unseren höheren Lehranstalten bisher fast überall ein Aschen¬ brödel gewesen ist; für Kenner freilich ist sie nichts Neues, denn sie legt den Finger auf eine Wunde, die schon lange am Körper unserer höheren Schulen schwärt. Auf den Gymnasien, welche ja noch immer den Haupt¬ bestandteil unserer höheren Schulen ausmachen, hört, wenigstens in Preußen — in anderen Bundesstaaten ist es ja zum Teil noch schlimmer — der Unterricht in der Erdkunde mit IIb auf, nachdem er auch in den Tertien nur mit einer Wochenstunde bedacht wird. Auf den Realgymnasien ist es nicht besser und nur auf den Oberrealschulen wird der geographische Unterricht mit einer, in einigen Bundesstaaten mit zwei Wochen¬ stunden, bis zur Oberprima durchgeführt. Selbst die eine Wochenstunde in II b wird oft genug gestrichen und einfach zur Geschichte geschlagen. Die wenigen Unterrichtsstunden, welche der Lehrplan der Erdkunde noch übrig läßt, werden nicht einmal überall von geo¬ graphisch durchgebildeten Lehrern erteilt, sondern häufig genug von einem jüngeren Kollegen, dem gerade noch die eine oder die andere Stunde in seinem Stundendeputat fehlt, gleichgültig, ob derselbe eine geograpische Fakultät besitzt oder nicht. Nun muß aber auch die Schule eine der Stellung der Erd¬ kunde im Leben der Gegenwart entsprechende Wandlung durchmachen, wenn sie ihren Zweck erfüllen und auf der Höhe der Zeit bleiben will. Durch die alle Beziehungen der Natur zum Menschen umfassenden Forschungsreisen und Forschungsinstitute der Gegenwart ist die ganze Erde sozusagen unsere Heimat ge¬ worden, alle ihre Teile sind uns räumlich sehr viel näher gerückt als noch vor zwanzig und dreißig Jahren und die Züge in dem Bilde der Fremde ini Gegensatz zu denjenigen der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/102>, abgerufen am 03.05.2024.