Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Deutschland und der neue Arieg

le Würfel sind gefallen! Die Habsburgische Monarchie hat den
Krieg gegen Serbien erklärt, hat die Feindseligkeiten gegen den
tückischen Feind begonnen. Als gestern in früher Abendstunde
die Nachricht davon in den Straßen Salzburgs bekannt wurde,
war es, als fiel ein Alp von allen Gemütern. Sowohl in Bad
Gastein wie hier waren in den letzten Tagen Zweifel aufgetaucht, ob nun die
österreichisch - ungarische Diplomatie wirklich ernst machen und dem durch den
Fürstenmord von Serajewo unerträglich gewordenen Zustande ein Ende bereiten
würde. Mau war beunruhigt, da Kaiser Wilhelm angeblich seine Nordlands¬
reise nicht abbrach, und wenn man auch nicht annehmen wollte, daß Kaiser
Franz Josef vor den drohenden russischen Rüstungen zurückweichen würde, so
fürchtete man doch das plötzliche Auftauchen "höherer Interessen", die man im
bescheidenen Untertanenverstan.de nirgends zu erkennen vermochte. Die
Meldungen von der Versicherung der deutschen und dann auch der
italienischen Bundestreue hatten zwar die Hoffnungen gestärkt, daß es kein
Zurück mehr geben könne, aber die Erfahrungen mit der österreichisch¬
ungarischen Diplomatie in den letzten Jahren waren doch zu bitter
gewesen.. . Eduard Greys Rede und die ersten Gerüchte von seinem Ver¬
mittlungsversuch zwischen Rußland und Österreich - Ungarn vertieften den
Pessimismus. Um so größer ist nun die Erleichterung. Man fühlt hier ganz


Grenzboten III 1S!4 13


Deutschland und der neue Arieg

le Würfel sind gefallen! Die Habsburgische Monarchie hat den
Krieg gegen Serbien erklärt, hat die Feindseligkeiten gegen den
tückischen Feind begonnen. Als gestern in früher Abendstunde
die Nachricht davon in den Straßen Salzburgs bekannt wurde,
war es, als fiel ein Alp von allen Gemütern. Sowohl in Bad
Gastein wie hier waren in den letzten Tagen Zweifel aufgetaucht, ob nun die
österreichisch - ungarische Diplomatie wirklich ernst machen und dem durch den
Fürstenmord von Serajewo unerträglich gewordenen Zustande ein Ende bereiten
würde. Mau war beunruhigt, da Kaiser Wilhelm angeblich seine Nordlands¬
reise nicht abbrach, und wenn man auch nicht annehmen wollte, daß Kaiser
Franz Josef vor den drohenden russischen Rüstungen zurückweichen würde, so
fürchtete man doch das plötzliche Auftauchen „höherer Interessen", die man im
bescheidenen Untertanenverstan.de nirgends zu erkennen vermochte. Die
Meldungen von der Versicherung der deutschen und dann auch der
italienischen Bundestreue hatten zwar die Hoffnungen gestärkt, daß es kein
Zurück mehr geben könne, aber die Erfahrungen mit der österreichisch¬
ungarischen Diplomatie in den letzten Jahren waren doch zu bitter
gewesen.. . Eduard Greys Rede und die ersten Gerüchte von seinem Ver¬
mittlungsversuch zwischen Rußland und Österreich - Ungarn vertieften den
Pessimismus. Um so größer ist nun die Erleichterung. Man fühlt hier ganz


Grenzboten III 1S!4 13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328939"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_328733/figures/grenzboten_341899_328733_328939_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Deutschland und der neue Arieg</head><lb/>
          <p xml:id="ID_667" next="#ID_668"> le Würfel sind gefallen! Die Habsburgische Monarchie hat den<lb/>
Krieg gegen Serbien erklärt, hat die Feindseligkeiten gegen den<lb/>
tückischen Feind begonnen. Als gestern in früher Abendstunde<lb/>
die Nachricht davon in den Straßen Salzburgs bekannt wurde,<lb/>
war es, als fiel ein Alp von allen Gemütern. Sowohl in Bad<lb/>
Gastein wie hier waren in den letzten Tagen Zweifel aufgetaucht, ob nun die<lb/>
österreichisch - ungarische Diplomatie wirklich ernst machen und dem durch den<lb/>
Fürstenmord von Serajewo unerträglich gewordenen Zustande ein Ende bereiten<lb/>
würde. Mau war beunruhigt, da Kaiser Wilhelm angeblich seine Nordlands¬<lb/>
reise nicht abbrach, und wenn man auch nicht annehmen wollte, daß Kaiser<lb/>
Franz Josef vor den drohenden russischen Rüstungen zurückweichen würde, so<lb/>
fürchtete man doch das plötzliche Auftauchen &#x201E;höherer Interessen", die man im<lb/>
bescheidenen Untertanenverstan.de nirgends zu erkennen vermochte. Die<lb/>
Meldungen von der Versicherung der deutschen und dann auch der<lb/>
italienischen Bundestreue hatten zwar die Hoffnungen gestärkt, daß es kein<lb/>
Zurück mehr geben könne, aber die Erfahrungen mit der österreichisch¬<lb/>
ungarischen Diplomatie in den letzten Jahren waren doch zu bitter<lb/>
gewesen.. . Eduard Greys Rede und die ersten Gerüchte von seinem Ver¬<lb/>
mittlungsversuch zwischen Rußland und Österreich - Ungarn vertieften den<lb/>
Pessimismus. Um so größer ist nun die Erleichterung. Man fühlt hier ganz</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1S!4 13</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0205] [Abbildung] Deutschland und der neue Arieg le Würfel sind gefallen! Die Habsburgische Monarchie hat den Krieg gegen Serbien erklärt, hat die Feindseligkeiten gegen den tückischen Feind begonnen. Als gestern in früher Abendstunde die Nachricht davon in den Straßen Salzburgs bekannt wurde, war es, als fiel ein Alp von allen Gemütern. Sowohl in Bad Gastein wie hier waren in den letzten Tagen Zweifel aufgetaucht, ob nun die österreichisch - ungarische Diplomatie wirklich ernst machen und dem durch den Fürstenmord von Serajewo unerträglich gewordenen Zustande ein Ende bereiten würde. Mau war beunruhigt, da Kaiser Wilhelm angeblich seine Nordlands¬ reise nicht abbrach, und wenn man auch nicht annehmen wollte, daß Kaiser Franz Josef vor den drohenden russischen Rüstungen zurückweichen würde, so fürchtete man doch das plötzliche Auftauchen „höherer Interessen", die man im bescheidenen Untertanenverstan.de nirgends zu erkennen vermochte. Die Meldungen von der Versicherung der deutschen und dann auch der italienischen Bundestreue hatten zwar die Hoffnungen gestärkt, daß es kein Zurück mehr geben könne, aber die Erfahrungen mit der österreichisch¬ ungarischen Diplomatie in den letzten Jahren waren doch zu bitter gewesen.. . Eduard Greys Rede und die ersten Gerüchte von seinem Ver¬ mittlungsversuch zwischen Rußland und Österreich - Ungarn vertieften den Pessimismus. Um so größer ist nun die Erleichterung. Man fühlt hier ganz Grenzboten III 1S!4 13

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/205
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/205>, abgerufen am 02.05.2024.