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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Deutschlands Telegraphenisolierung während des Krieges

gigantischen Kampfes ohnehin völlig, und die Telegraphenisolierung, so peinlich
sie von geschäftlichen wie privaten Interessen vielfach empfunden wird, erscheint
uns zur Stunde gar nicht so ungeheuerlich, wie uns die bloße Möglichkeit noch
vor acht Wochen erschienen wäre. Dazu kommt, daß sich über die neutral
gebliebenen skandinavischen Reiche, wie auch über Holland, die Schweiz und Italien
gar manche überseeische Verbindung aufrecht erhalten läßt, die uns für den un¬
mittelbaren Verkehr abgeschnitten ist. Schließlich ist zu beachten, daß auch unsere
Großstationen für Funkentelegraphie in der Lage sind, für besondere Fälle ein¬
zutreten und unter günstigen Umständen direkte Depeschen nach den entsprechenden
Stationen im Ausland, vielleicht auch hier und da zu einem unserer von der
Heimat sonst großenteils ganz abgeschnittenen Auslands -- Kriegsschiffe zu
befördern.

Ganz so schlimm sind wir also nicht daran wie vor sechzehn Jahren
Spanien, das den Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht zum wenigsten
deshalb verlor, weil ihm jede Möglichkeit einer telegraphischen Verständigung
mit Kuba und den Philippinen sowie mit seiner dort stationierten Flotte
benommen war. Wir werden die gegenwärtige Telegraphentsolierung, die ja
nicht nur in Deutschlands wirtschaftlicher Entwicklung der letzten Jahrzehnte,
sondern allgemein im modernen Leben der Kulturnationen ein Unikum ist, über¬
stehen und aushalten, wie wir so manches andere und Schwerere in dieser
großen Zeit geduldig ertragen. Je mehr Deutschland von der Außenwelt ab¬
geschnitten ist, um so mehr wird es seinen Blick nach innen richten und seine
ungeheure Kraft in sich selbst konzentrieren, um rasch mit wuchtigen Schlägen
die Feinde zu zerschmettern und das tückische Netz zu zerreißen, das der blasse
Neid uns übers Haupt zu werfen vergebens bemüht ist.




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Deutschlands Telegraphenisolierung während des Krieges

gigantischen Kampfes ohnehin völlig, und die Telegraphenisolierung, so peinlich
sie von geschäftlichen wie privaten Interessen vielfach empfunden wird, erscheint
uns zur Stunde gar nicht so ungeheuerlich, wie uns die bloße Möglichkeit noch
vor acht Wochen erschienen wäre. Dazu kommt, daß sich über die neutral
gebliebenen skandinavischen Reiche, wie auch über Holland, die Schweiz und Italien
gar manche überseeische Verbindung aufrecht erhalten läßt, die uns für den un¬
mittelbaren Verkehr abgeschnitten ist. Schließlich ist zu beachten, daß auch unsere
Großstationen für Funkentelegraphie in der Lage sind, für besondere Fälle ein¬
zutreten und unter günstigen Umständen direkte Depeschen nach den entsprechenden
Stationen im Ausland, vielleicht auch hier und da zu einem unserer von der
Heimat sonst großenteils ganz abgeschnittenen Auslands -- Kriegsschiffe zu
befördern.

Ganz so schlimm sind wir also nicht daran wie vor sechzehn Jahren
Spanien, das den Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht zum wenigsten
deshalb verlor, weil ihm jede Möglichkeit einer telegraphischen Verständigung
mit Kuba und den Philippinen sowie mit seiner dort stationierten Flotte
benommen war. Wir werden die gegenwärtige Telegraphentsolierung, die ja
nicht nur in Deutschlands wirtschaftlicher Entwicklung der letzten Jahrzehnte,
sondern allgemein im modernen Leben der Kulturnationen ein Unikum ist, über¬
stehen und aushalten, wie wir so manches andere und Schwerere in dieser
großen Zeit geduldig ertragen. Je mehr Deutschland von der Außenwelt ab¬
geschnitten ist, um so mehr wird es seinen Blick nach innen richten und seine
ungeheure Kraft in sich selbst konzentrieren, um rasch mit wuchtigen Schlägen
die Feinde zu zerschmettern und das tückische Netz zu zerreißen, das der blasse
Neid uns übers Haupt zu werfen vergebens bemüht ist.




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[0374] Deutschlands Telegraphenisolierung während des Krieges gigantischen Kampfes ohnehin völlig, und die Telegraphenisolierung, so peinlich sie von geschäftlichen wie privaten Interessen vielfach empfunden wird, erscheint uns zur Stunde gar nicht so ungeheuerlich, wie uns die bloße Möglichkeit noch vor acht Wochen erschienen wäre. Dazu kommt, daß sich über die neutral gebliebenen skandinavischen Reiche, wie auch über Holland, die Schweiz und Italien gar manche überseeische Verbindung aufrecht erhalten läßt, die uns für den un¬ mittelbaren Verkehr abgeschnitten ist. Schließlich ist zu beachten, daß auch unsere Großstationen für Funkentelegraphie in der Lage sind, für besondere Fälle ein¬ zutreten und unter günstigen Umständen direkte Depeschen nach den entsprechenden Stationen im Ausland, vielleicht auch hier und da zu einem unserer von der Heimat sonst großenteils ganz abgeschnittenen Auslands -- Kriegsschiffe zu befördern. Ganz so schlimm sind wir also nicht daran wie vor sechzehn Jahren Spanien, das den Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht zum wenigsten deshalb verlor, weil ihm jede Möglichkeit einer telegraphischen Verständigung mit Kuba und den Philippinen sowie mit seiner dort stationierten Flotte benommen war. Wir werden die gegenwärtige Telegraphentsolierung, die ja nicht nur in Deutschlands wirtschaftlicher Entwicklung der letzten Jahrzehnte, sondern allgemein im modernen Leben der Kulturnationen ein Unikum ist, über¬ stehen und aushalten, wie wir so manches andere und Schwerere in dieser großen Zeit geduldig ertragen. Je mehr Deutschland von der Außenwelt ab¬ geschnitten ist, um so mehr wird es seinen Blick nach innen richten und seine ungeheure Kraft in sich selbst konzentrieren, um rasch mit wuchtigen Schlägen die Feinde zu zerschmettern und das tückische Netz zu zerreißen, das der blasse Neid uns übers Haupt zu werfen vergebens bemüht ist. M

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/374>, abgerufen am 02.05.2024.