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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Spinozas Leben und Briefe

Achtung, die man jetzt an den Tag legt, muß auch in friedlichen Zeiten
beobachtet werden.

Als Quellen zu dieser Arbeit dienten: Reichs-Arbeitsblatt (Herausgegeben vom
Kaiserlichen Statistischen Amte), Correspondenzblatt der Generalkommission der
Gewerkschaften Deutschlands, Zentralblatt der christlichen Gewerkschaften Deutsch¬
lands, Der Gewerkverein (Zentralorgan und Korrespondenzblatt des Verbandes der
Deutschen Gewerkvereine), Der Arbeitgeber (Organ der Vereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände), Die Deutsche Arbeitgeber-Zeitung, Der Grundstein (Organ
des Deutschen Bauarbeiterverbandes), Der Bund, Berlin, Der Seefahrer, Altona,
Breslauer Zeitung, Das Volk, Siegen. Hamburger Echo, Arbeiter-Zeitung, Wien,
Telegraaf, Amsterdam, Daily Cilicien und verschiedene andere mehr.




Spinozas Leben und Briefe
jZrivatdozent Dr. Heinrich Scholz von

le edle Einfalt und stille Größe, die man an den Alten be-
wundert, ist von keinem der Neueren so vollkommen erreicht
worden, wie von dem Manne, den der Argwohn seiner Zeit und
die späte Bewunderung nachgeborener Geschlechter zu einer Art
von modernem Sokrates gemacht haben. Als Lebensverderber
erschien er den Zeitgenossen; als Lebensführer ist er Herder und Goethe und
seitdem Unzähligen nach ihnen erschienen. Die kirchentreuen Zeitgenossen haben
ihn, wie einst die konservmiven Kreise Athens den Sokrates, als Chorführer
des schlimmsten Atheismus verschrien und das Kainszeichen der göttlichen Ver¬
werfung auf seiner Stirn zu erblicken geglaubt. Herder und Goethe haben ihn
umgekehrt als großen Gottgesandten gepriesen und in der Ehrfurcht, Reinheit,
Ruhe und Weltversöhntheit, die sein großes Leben durchwaltet, das Vorbild
des eigenen Lebens erblickt. Dabei durften sie sich, wie das Herder getan hat,
ohne Umschweife und Umdeutungen auf die ältesten Lebensbeschreibungen be¬
rufen, auf das Vermächtnis derselben Männer, die die philosophische Gesinnung
Spinozas als Sturz in den Abgrund des Wahnsinns verurteilten.

Diese ältesten Lebensbeschreibungen gesammelt und zum erstenmal in
einer handlichen Ausgabe dem deutschen Publikum zugänglich gemacht zu haben,
ist das Verdienst des Verlages der Philosophischen Bibliothek in Leipzig und
des um den neuesten deutschen Spinoza hochverdienten Gelehrten Karl Gebhardt.
(Spinoza, Lebensbeschreibungen und Gespräche, übertragen und
herausgegeben von Karl Gebhardt. Leipzig 1914, Verlag von Felix


Spinozas Leben und Briefe

Achtung, die man jetzt an den Tag legt, muß auch in friedlichen Zeiten
beobachtet werden.

Als Quellen zu dieser Arbeit dienten: Reichs-Arbeitsblatt (Herausgegeben vom
Kaiserlichen Statistischen Amte), Correspondenzblatt der Generalkommission der
Gewerkschaften Deutschlands, Zentralblatt der christlichen Gewerkschaften Deutsch¬
lands, Der Gewerkverein (Zentralorgan und Korrespondenzblatt des Verbandes der
Deutschen Gewerkvereine), Der Arbeitgeber (Organ der Vereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände), Die Deutsche Arbeitgeber-Zeitung, Der Grundstein (Organ
des Deutschen Bauarbeiterverbandes), Der Bund, Berlin, Der Seefahrer, Altona,
Breslauer Zeitung, Das Volk, Siegen. Hamburger Echo, Arbeiter-Zeitung, Wien,
Telegraaf, Amsterdam, Daily Cilicien und verschiedene andere mehr.




Spinozas Leben und Briefe
jZrivatdozent Dr. Heinrich Scholz von

le edle Einfalt und stille Größe, die man an den Alten be-
wundert, ist von keinem der Neueren so vollkommen erreicht
worden, wie von dem Manne, den der Argwohn seiner Zeit und
die späte Bewunderung nachgeborener Geschlechter zu einer Art
von modernem Sokrates gemacht haben. Als Lebensverderber
erschien er den Zeitgenossen; als Lebensführer ist er Herder und Goethe und
seitdem Unzähligen nach ihnen erschienen. Die kirchentreuen Zeitgenossen haben
ihn, wie einst die konservmiven Kreise Athens den Sokrates, als Chorführer
des schlimmsten Atheismus verschrien und das Kainszeichen der göttlichen Ver¬
werfung auf seiner Stirn zu erblicken geglaubt. Herder und Goethe haben ihn
umgekehrt als großen Gottgesandten gepriesen und in der Ehrfurcht, Reinheit,
Ruhe und Weltversöhntheit, die sein großes Leben durchwaltet, das Vorbild
des eigenen Lebens erblickt. Dabei durften sie sich, wie das Herder getan hat,
ohne Umschweife und Umdeutungen auf die ältesten Lebensbeschreibungen be¬
rufen, auf das Vermächtnis derselben Männer, die die philosophische Gesinnung
Spinozas als Sturz in den Abgrund des Wahnsinns verurteilten.

Diese ältesten Lebensbeschreibungen gesammelt und zum erstenmal in
einer handlichen Ausgabe dem deutschen Publikum zugänglich gemacht zu haben,
ist das Verdienst des Verlages der Philosophischen Bibliothek in Leipzig und
des um den neuesten deutschen Spinoza hochverdienten Gelehrten Karl Gebhardt.
(Spinoza, Lebensbeschreibungen und Gespräche, übertragen und
herausgegeben von Karl Gebhardt. Leipzig 1914, Verlag von Felix


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[0391] Spinozas Leben und Briefe Achtung, die man jetzt an den Tag legt, muß auch in friedlichen Zeiten beobachtet werden. Als Quellen zu dieser Arbeit dienten: Reichs-Arbeitsblatt (Herausgegeben vom Kaiserlichen Statistischen Amte), Correspondenzblatt der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, Zentralblatt der christlichen Gewerkschaften Deutsch¬ lands, Der Gewerkverein (Zentralorgan und Korrespondenzblatt des Verbandes der Deutschen Gewerkvereine), Der Arbeitgeber (Organ der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), Die Deutsche Arbeitgeber-Zeitung, Der Grundstein (Organ des Deutschen Bauarbeiterverbandes), Der Bund, Berlin, Der Seefahrer, Altona, Breslauer Zeitung, Das Volk, Siegen. Hamburger Echo, Arbeiter-Zeitung, Wien, Telegraaf, Amsterdam, Daily Cilicien und verschiedene andere mehr. Spinozas Leben und Briefe jZrivatdozent Dr. Heinrich Scholz von le edle Einfalt und stille Größe, die man an den Alten be- wundert, ist von keinem der Neueren so vollkommen erreicht worden, wie von dem Manne, den der Argwohn seiner Zeit und die späte Bewunderung nachgeborener Geschlechter zu einer Art von modernem Sokrates gemacht haben. Als Lebensverderber erschien er den Zeitgenossen; als Lebensführer ist er Herder und Goethe und seitdem Unzähligen nach ihnen erschienen. Die kirchentreuen Zeitgenossen haben ihn, wie einst die konservmiven Kreise Athens den Sokrates, als Chorführer des schlimmsten Atheismus verschrien und das Kainszeichen der göttlichen Ver¬ werfung auf seiner Stirn zu erblicken geglaubt. Herder und Goethe haben ihn umgekehrt als großen Gottgesandten gepriesen und in der Ehrfurcht, Reinheit, Ruhe und Weltversöhntheit, die sein großes Leben durchwaltet, das Vorbild des eigenen Lebens erblickt. Dabei durften sie sich, wie das Herder getan hat, ohne Umschweife und Umdeutungen auf die ältesten Lebensbeschreibungen be¬ rufen, auf das Vermächtnis derselben Männer, die die philosophische Gesinnung Spinozas als Sturz in den Abgrund des Wahnsinns verurteilten. Diese ältesten Lebensbeschreibungen gesammelt und zum erstenmal in einer handlichen Ausgabe dem deutschen Publikum zugänglich gemacht zu haben, ist das Verdienst des Verlages der Philosophischen Bibliothek in Leipzig und des um den neuesten deutschen Spinoza hochverdienten Gelehrten Karl Gebhardt. (Spinoza, Lebensbeschreibungen und Gespräche, übertragen und herausgegeben von Karl Gebhardt. Leipzig 1914, Verlag von Felix

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/391>, abgerufen am 02.05.2024.