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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Parabeln
Die Kröte und die Natter

me Kröte saß traurig neben einem Stein am Wege. Da kroch
eine giftige Natter heran und sagte: "Warum sitzest du so trüb
da. liebe Freundin?" "Ich bin traurig," erwiderte die Kröte,
"weil ich den Menschen so verhaßt bin, obwohl ich ihnen nie
etwas Böses zugefügt habe." "Tröste dich mit mir." sprach die
Natter, "auch ich bin den Menschen verhaßt." In demselben Augenblicke kam
ein Knabe daher und schleuderte die Kröte verächtlich mit dem Fuß zur Seite.
Da richtete sich die Natter, die sich hinter dem Stein versteckt hatte, zischend
und züngelnd auf, mit einem Angstschrei lief der Knabe von bannen. "Siehst
du." sagte sie zur Kröte, die langsam wieder herankroch, "auch mich hassen die
Menschen, aber weil sie mich zugleich fürchten, bin ich vor solchen Mißhandlungen,
wie du sie erfährst, sicher."


Die Bauerfrau und die Fliegen

Eine Bauerfrau schöpfte Milch aus einer irdenen Schüssel. Einige Fliegen
an der Wand sahen gierig zu. ob sie wohl etwas Milch für sie darin lassen
würde. Aber die Frau schöpfte und schöpfte, bis sie mit der Kelle zu hart
gegen den Boden stieß und die Schüssel zerbrach. "Ihr geschieht recht," sagte
eine Fliege, "hätte sie uns nicht das bißchen Milch mißgönnt, so wäre ihre
or. Otto Buchwald Schüssel noch ganz."






Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




chruck sämtlicher Aufsätze nur uiid ausdrücklicher Erlaubnis des VcrlaaS gestattet.
Lerantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Tchönebcrg, -- Ma""Ilriptse"d"nge" und Brie",
werden erbeten unter der Adresse-
>" deu Herausgeber der Grenzboten in Brrlin-Friedenau, Hedwigftr. 1".
S"r-syr-es-r der Schristleitung: Amt Uhland MM, des Verlags: Amt Lützow "510,
Verlag: Verlag "er Grenzb-ten G. in b, H in Berlin L>V it.
"ruck: ."er lneichiibite" ". in, b. H. in Berlin SV 11, Desiauer Stroh" M/37.


Parabeln
Die Kröte und die Natter

me Kröte saß traurig neben einem Stein am Wege. Da kroch
eine giftige Natter heran und sagte: „Warum sitzest du so trüb
da. liebe Freundin?" „Ich bin traurig," erwiderte die Kröte,
„weil ich den Menschen so verhaßt bin, obwohl ich ihnen nie
etwas Böses zugefügt habe." „Tröste dich mit mir." sprach die
Natter, „auch ich bin den Menschen verhaßt." In demselben Augenblicke kam
ein Knabe daher und schleuderte die Kröte verächtlich mit dem Fuß zur Seite.
Da richtete sich die Natter, die sich hinter dem Stein versteckt hatte, zischend
und züngelnd auf, mit einem Angstschrei lief der Knabe von bannen. „Siehst
du." sagte sie zur Kröte, die langsam wieder herankroch, „auch mich hassen die
Menschen, aber weil sie mich zugleich fürchten, bin ich vor solchen Mißhandlungen,
wie du sie erfährst, sicher."


Die Bauerfrau und die Fliegen

Eine Bauerfrau schöpfte Milch aus einer irdenen Schüssel. Einige Fliegen
an der Wand sahen gierig zu. ob sie wohl etwas Milch für sie darin lassen
würde. Aber die Frau schöpfte und schöpfte, bis sie mit der Kelle zu hart
gegen den Boden stieß und die Schüssel zerbrach. „Ihr geschieht recht," sagte
eine Fliege, „hätte sie uns nicht das bißchen Milch mißgönnt, so wäre ihre
or. Otto Buchwald Schüssel noch ganz."






Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




chruck sämtlicher Aufsätze nur uiid ausdrücklicher Erlaubnis des VcrlaaS gestattet.
Lerantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Tchönebcrg, — Ma»»Ilriptse»d»nge» und Brie»,
werden erbeten unter der Adresse-
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[0204] [Abbildung] Parabeln Die Kröte und die Natter me Kröte saß traurig neben einem Stein am Wege. Da kroch eine giftige Natter heran und sagte: „Warum sitzest du so trüb da. liebe Freundin?" „Ich bin traurig," erwiderte die Kröte, „weil ich den Menschen so verhaßt bin, obwohl ich ihnen nie etwas Böses zugefügt habe." „Tröste dich mit mir." sprach die Natter, „auch ich bin den Menschen verhaßt." In demselben Augenblicke kam ein Knabe daher und schleuderte die Kröte verächtlich mit dem Fuß zur Seite. Da richtete sich die Natter, die sich hinter dem Stein versteckt hatte, zischend und züngelnd auf, mit einem Angstschrei lief der Knabe von bannen. „Siehst du." sagte sie zur Kröte, die langsam wieder herankroch, „auch mich hassen die Menschen, aber weil sie mich zugleich fürchten, bin ich vor solchen Mißhandlungen, wie du sie erfährst, sicher." Die Bauerfrau und die Fliegen Eine Bauerfrau schöpfte Milch aus einer irdenen Schüssel. Einige Fliegen an der Wand sahen gierig zu. ob sie wohl etwas Milch für sie darin lassen würde. Aber die Frau schöpfte und schöpfte, bis sie mit der Kelle zu hart gegen den Boden stieß und die Schüssel zerbrach. „Ihr geschieht recht," sagte eine Fliege, „hätte sie uns nicht das bißchen Milch mißgönnt, so wäre ihre or. Otto Buchwald Schüssel noch ganz." Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. chruck sämtlicher Aufsätze nur uiid ausdrücklicher Erlaubnis des VcrlaaS gestattet. Lerantwortlich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Tchönebcrg, — Ma»»Ilriptse»d»nge» und Brie», werden erbeten unter der Adresse- >« deu Herausgeber der Grenzboten in Brrlin-Friedenau, Hedwigftr. 1». S»r-syr-es-r der Schristleitung: Amt Uhland MM, des Verlags: Amt Lützow «510, Verlag: Verlag »er Grenzb-ten G. in b, H in Berlin L>V it. »ruck: .»er lneichiibite" «. in, b. H. in Berlin SV 11, Desiauer Stroh« M/37.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/204>, abgerufen am 28.04.2024.