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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Frankreichs Werben um Belgien

Zwiespalt der Interessen zu einem für alle Teile befriedigenden Abschluß zu
bringen. -- Im Auslande macht man sich weniger Schwierigkeiten mit der
Regelung solcher Fragen. Der aus fünf Paragraphen bestehende dänische
Gesetzentwurf über die Besteuerung der Kriegsgewinne, der am 24. Februar 1915
dem Folketing vorgelegt ist, enthält in seinen kurzen "Bemerkungen zum Entwurf"
als Begründung nur die folgenden beiden Sätze:

"Es wird beabsichtigt, zur Vermehrung der Staatseinnahmen von den¬
jenigen Bürgern eine besondere Steuer zu erheben, die infolge des Weltkrieges
erhöhte Einnahmen erlangt haben. Man wird es nicht unbillig finden, in
einer Zeit, in der so viele unter schwerem und steigendem wirtschaftlichen Druck
zu leiden haben, diejenigen, die unerwartet zu einer Erhöhung ihres Einkommens
gelangt sind, stärker zu den Steuern heranzuziehen, damit der Staat imstande
bleibt, seinen großen Verpflichtungen nachzukommen."




Frankreichs Werben um Belgien
Dr. Fritz Roepke von

le Überrennung des belgischen Spießgesellen bildete und bildet
noch den Mittelpunkt der feindlichen Hetze in neutralen Ländern.
Die Fabel von dem unschuldigen belgischen Lamm, das von dem
brutalen, beutegierigen deutschen Wolf zerrissen wird, war die
vergiftete Waffe des Dreiverbandes, mit der man uns moralisch
totmachen wollte. Daß diese heuchlerischen Verleumdungen Erfolg hatten, ver¬
danken die Verbündeten zum Teil dem besonderen Seelenzustande mancher
Neutralen; dann aber auch ihrer frechen Geschicklichkeit, mit der sie es verstehen,
die Dinge auf den Kopf zu stellen und den Leuten weiszumachen, das wäre
der richtige Standpunkt.

Die enge diplomatische und militärische Fühlung Belgiens mit England
und Frankreich ist durch die amtliche Veröffentlichung der geheimen Schriftstücke
deutscherseits einwandfrei festgestellt worden. Die beiden Mächte hatten Belgien
vollständig in ihrer Gewalt, als der Krieg ausbrach. Das französische Volk ist
auch manchmal aufrichtig genug, den belgischen Widerstand als ein Opfer zu
feinen Gunsten anzusehen. Das belgische Volk war das Bollwerk, an dem die
deutschen Angriffe gegen Frankreich und England zerbrechen sollten.

Es wird unseren Feinden Geld und Arbeit genug gekostet haben, um eine
derartig starke und einflußreiche deutschfeindliche Partei in dem neutralen Belgien
zu schaffen. Die bisher veröffentlichten Schriftstücke geben uns nicht viel mehr


8*
Frankreichs Werben um Belgien

Zwiespalt der Interessen zu einem für alle Teile befriedigenden Abschluß zu
bringen. — Im Auslande macht man sich weniger Schwierigkeiten mit der
Regelung solcher Fragen. Der aus fünf Paragraphen bestehende dänische
Gesetzentwurf über die Besteuerung der Kriegsgewinne, der am 24. Februar 1915
dem Folketing vorgelegt ist, enthält in seinen kurzen „Bemerkungen zum Entwurf"
als Begründung nur die folgenden beiden Sätze:

„Es wird beabsichtigt, zur Vermehrung der Staatseinnahmen von den¬
jenigen Bürgern eine besondere Steuer zu erheben, die infolge des Weltkrieges
erhöhte Einnahmen erlangt haben. Man wird es nicht unbillig finden, in
einer Zeit, in der so viele unter schwerem und steigendem wirtschaftlichen Druck
zu leiden haben, diejenigen, die unerwartet zu einer Erhöhung ihres Einkommens
gelangt sind, stärker zu den Steuern heranzuziehen, damit der Staat imstande
bleibt, seinen großen Verpflichtungen nachzukommen."




Frankreichs Werben um Belgien
Dr. Fritz Roepke von

le Überrennung des belgischen Spießgesellen bildete und bildet
noch den Mittelpunkt der feindlichen Hetze in neutralen Ländern.
Die Fabel von dem unschuldigen belgischen Lamm, das von dem
brutalen, beutegierigen deutschen Wolf zerrissen wird, war die
vergiftete Waffe des Dreiverbandes, mit der man uns moralisch
totmachen wollte. Daß diese heuchlerischen Verleumdungen Erfolg hatten, ver¬
danken die Verbündeten zum Teil dem besonderen Seelenzustande mancher
Neutralen; dann aber auch ihrer frechen Geschicklichkeit, mit der sie es verstehen,
die Dinge auf den Kopf zu stellen und den Leuten weiszumachen, das wäre
der richtige Standpunkt.

Die enge diplomatische und militärische Fühlung Belgiens mit England
und Frankreich ist durch die amtliche Veröffentlichung der geheimen Schriftstücke
deutscherseits einwandfrei festgestellt worden. Die beiden Mächte hatten Belgien
vollständig in ihrer Gewalt, als der Krieg ausbrach. Das französische Volk ist
auch manchmal aufrichtig genug, den belgischen Widerstand als ein Opfer zu
feinen Gunsten anzusehen. Das belgische Volk war das Bollwerk, an dem die
deutschen Angriffe gegen Frankreich und England zerbrechen sollten.

Es wird unseren Feinden Geld und Arbeit genug gekostet haben, um eine
derartig starke und einflußreiche deutschfeindliche Partei in dem neutralen Belgien
zu schaffen. Die bisher veröffentlichten Schriftstücke geben uns nicht viel mehr


8*
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[0127] Frankreichs Werben um Belgien Zwiespalt der Interessen zu einem für alle Teile befriedigenden Abschluß zu bringen. — Im Auslande macht man sich weniger Schwierigkeiten mit der Regelung solcher Fragen. Der aus fünf Paragraphen bestehende dänische Gesetzentwurf über die Besteuerung der Kriegsgewinne, der am 24. Februar 1915 dem Folketing vorgelegt ist, enthält in seinen kurzen „Bemerkungen zum Entwurf" als Begründung nur die folgenden beiden Sätze: „Es wird beabsichtigt, zur Vermehrung der Staatseinnahmen von den¬ jenigen Bürgern eine besondere Steuer zu erheben, die infolge des Weltkrieges erhöhte Einnahmen erlangt haben. Man wird es nicht unbillig finden, in einer Zeit, in der so viele unter schwerem und steigendem wirtschaftlichen Druck zu leiden haben, diejenigen, die unerwartet zu einer Erhöhung ihres Einkommens gelangt sind, stärker zu den Steuern heranzuziehen, damit der Staat imstande bleibt, seinen großen Verpflichtungen nachzukommen." Frankreichs Werben um Belgien Dr. Fritz Roepke von le Überrennung des belgischen Spießgesellen bildete und bildet noch den Mittelpunkt der feindlichen Hetze in neutralen Ländern. Die Fabel von dem unschuldigen belgischen Lamm, das von dem brutalen, beutegierigen deutschen Wolf zerrissen wird, war die vergiftete Waffe des Dreiverbandes, mit der man uns moralisch totmachen wollte. Daß diese heuchlerischen Verleumdungen Erfolg hatten, ver¬ danken die Verbündeten zum Teil dem besonderen Seelenzustande mancher Neutralen; dann aber auch ihrer frechen Geschicklichkeit, mit der sie es verstehen, die Dinge auf den Kopf zu stellen und den Leuten weiszumachen, das wäre der richtige Standpunkt. Die enge diplomatische und militärische Fühlung Belgiens mit England und Frankreich ist durch die amtliche Veröffentlichung der geheimen Schriftstücke deutscherseits einwandfrei festgestellt worden. Die beiden Mächte hatten Belgien vollständig in ihrer Gewalt, als der Krieg ausbrach. Das französische Volk ist auch manchmal aufrichtig genug, den belgischen Widerstand als ein Opfer zu feinen Gunsten anzusehen. Das belgische Volk war das Bollwerk, an dem die deutschen Angriffe gegen Frankreich und England zerbrechen sollten. Es wird unseren Feinden Geld und Arbeit genug gekostet haben, um eine derartig starke und einflußreiche deutschfeindliche Partei in dem neutralen Belgien zu schaffen. Die bisher veröffentlichten Schriftstücke geben uns nicht viel mehr 8*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/127>, abgerufen am 28.03.2024.