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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Lin Blick in die N?oövre, das Vorland von Toul und verbum

die Spaltung Belgiens und die friedliche Occupierung des französisch sprechenden
Teils durch die Republik. Die Durchdringung mit französischem Geiste wurde
um so energischer und eindringlicher ins Werk gesetzt, je deutlicher es in den
letzten Jahren wurde, daß Deutschland eine wirtschaftliche Notwendigkeit für
Belgien war. Man wollte, daß die Wallonen den Blick starr auf Frankreich
hefteten und in ihm den unentbehrlichen, starken Freund sahen. Die gemeinsame
Sprache bildete dabei, wie gesagt, ein wichtiges Mittel zur Schaffung des
nötigen Gemeinsamkeitsgefühls,- sie erleichterte und verdeckte auch die starke
Mitwirkung der französischen Regierung. Und wie der^ Sprachenstreit
schließlich in einen politischen Kampf ausartete, so war die ganze Vereinstätigkeit
nur die Vorbereitung und Verschleierung des politischen Einverständnisses, das
ur die Franzosen besonders wichtig war, weil Belgien nach der vollständigen
Durchführung der Heeresreform eine Militärmacht von nicht zu unterschätzender
Bedeutung hätte werden können.

Daß dieses Bündnis uns nicht zu gefährlich wurde, dafür haben Heer
und Führer gesorgt. Aber wir werden genug zu tun haben, um all das
wieder zu vernichten, was die Franzosen unter Mißbrauch der Neutralität an
Deutschenhaß und Verblendung in Belgien gesät haben, und um die germanisch¬
romanische Kulturgrenze aus der gefährlichen Nähe wieder nach Westen
hin zu rücken.




Gin Blick in die lvoevre, das Vorland von
Toul und Verdun
Prof. Dr. Reisten von

^!cum heutzutage von Toul und Verdun die Rede ist, so sind
untrennbar damit verbunden die Namen Argonnen und Woevre.
So geläufig bei uns seit jeher der Name des Argonnerwaldes
ist -- vielfach allerdings nur der Name --, so fremd war wohl
^ bisher für die meisten Deutschen nach Name wie Lage die
Woevre, das Vorland von Toul und Verdun, oder genauer das Vorland der
Code Lorraine, hinter deren Abdachungen die großen Maassestungen liegen.
Und doch haben viele deutsche Touristen die Woevre gesehen, all die zahl¬
reichen Besucher der "Schlachtfelder" bei Metz haben ihren Rand betreten. Wer
bei sichtigem Wetter von dem kleinen Hügel bei Mars-la-tour, der das
bekannte französische Schlachtendenkmal trägt, hinausgeschaut hat, der hat den
größten Teil der Korn- und Schlachtenebene der Woevre überblickt. Schaut
man von jenem Denkmal nach Norden, so schließt die breite Ebene erst mit


Lin Blick in die N?oövre, das Vorland von Toul und verbum

die Spaltung Belgiens und die friedliche Occupierung des französisch sprechenden
Teils durch die Republik. Die Durchdringung mit französischem Geiste wurde
um so energischer und eindringlicher ins Werk gesetzt, je deutlicher es in den
letzten Jahren wurde, daß Deutschland eine wirtschaftliche Notwendigkeit für
Belgien war. Man wollte, daß die Wallonen den Blick starr auf Frankreich
hefteten und in ihm den unentbehrlichen, starken Freund sahen. Die gemeinsame
Sprache bildete dabei, wie gesagt, ein wichtiges Mittel zur Schaffung des
nötigen Gemeinsamkeitsgefühls,- sie erleichterte und verdeckte auch die starke
Mitwirkung der französischen Regierung. Und wie der^ Sprachenstreit
schließlich in einen politischen Kampf ausartete, so war die ganze Vereinstätigkeit
nur die Vorbereitung und Verschleierung des politischen Einverständnisses, das
ur die Franzosen besonders wichtig war, weil Belgien nach der vollständigen
Durchführung der Heeresreform eine Militärmacht von nicht zu unterschätzender
Bedeutung hätte werden können.

Daß dieses Bündnis uns nicht zu gefährlich wurde, dafür haben Heer
und Führer gesorgt. Aber wir werden genug zu tun haben, um all das
wieder zu vernichten, was die Franzosen unter Mißbrauch der Neutralität an
Deutschenhaß und Verblendung in Belgien gesät haben, und um die germanisch¬
romanische Kulturgrenze aus der gefährlichen Nähe wieder nach Westen
hin zu rücken.




Gin Blick in die lvoevre, das Vorland von
Toul und Verdun
Prof. Dr. Reisten von

^!cum heutzutage von Toul und Verdun die Rede ist, so sind
untrennbar damit verbunden die Namen Argonnen und Woevre.
So geläufig bei uns seit jeher der Name des Argonnerwaldes
ist — vielfach allerdings nur der Name —, so fremd war wohl
^ bisher für die meisten Deutschen nach Name wie Lage die
Woevre, das Vorland von Toul und Verdun, oder genauer das Vorland der
Code Lorraine, hinter deren Abdachungen die großen Maassestungen liegen.
Und doch haben viele deutsche Touristen die Woevre gesehen, all die zahl¬
reichen Besucher der „Schlachtfelder" bei Metz haben ihren Rand betreten. Wer
bei sichtigem Wetter von dem kleinen Hügel bei Mars-la-tour, der das
bekannte französische Schlachtendenkmal trägt, hinausgeschaut hat, der hat den
größten Teil der Korn- und Schlachtenebene der Woevre überblickt. Schaut
man von jenem Denkmal nach Norden, so schließt die breite Ebene erst mit


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[0132] Lin Blick in die N?oövre, das Vorland von Toul und verbum die Spaltung Belgiens und die friedliche Occupierung des französisch sprechenden Teils durch die Republik. Die Durchdringung mit französischem Geiste wurde um so energischer und eindringlicher ins Werk gesetzt, je deutlicher es in den letzten Jahren wurde, daß Deutschland eine wirtschaftliche Notwendigkeit für Belgien war. Man wollte, daß die Wallonen den Blick starr auf Frankreich hefteten und in ihm den unentbehrlichen, starken Freund sahen. Die gemeinsame Sprache bildete dabei, wie gesagt, ein wichtiges Mittel zur Schaffung des nötigen Gemeinsamkeitsgefühls,- sie erleichterte und verdeckte auch die starke Mitwirkung der französischen Regierung. Und wie der^ Sprachenstreit schließlich in einen politischen Kampf ausartete, so war die ganze Vereinstätigkeit nur die Vorbereitung und Verschleierung des politischen Einverständnisses, das ur die Franzosen besonders wichtig war, weil Belgien nach der vollständigen Durchführung der Heeresreform eine Militärmacht von nicht zu unterschätzender Bedeutung hätte werden können. Daß dieses Bündnis uns nicht zu gefährlich wurde, dafür haben Heer und Führer gesorgt. Aber wir werden genug zu tun haben, um all das wieder zu vernichten, was die Franzosen unter Mißbrauch der Neutralität an Deutschenhaß und Verblendung in Belgien gesät haben, und um die germanisch¬ romanische Kulturgrenze aus der gefährlichen Nähe wieder nach Westen hin zu rücken. Gin Blick in die lvoevre, das Vorland von Toul und Verdun Prof. Dr. Reisten von ^!cum heutzutage von Toul und Verdun die Rede ist, so sind untrennbar damit verbunden die Namen Argonnen und Woevre. So geläufig bei uns seit jeher der Name des Argonnerwaldes ist — vielfach allerdings nur der Name —, so fremd war wohl ^ bisher für die meisten Deutschen nach Name wie Lage die Woevre, das Vorland von Toul und Verdun, oder genauer das Vorland der Code Lorraine, hinter deren Abdachungen die großen Maassestungen liegen. Und doch haben viele deutsche Touristen die Woevre gesehen, all die zahl¬ reichen Besucher der „Schlachtfelder" bei Metz haben ihren Rand betreten. Wer bei sichtigem Wetter von dem kleinen Hügel bei Mars-la-tour, der das bekannte französische Schlachtendenkmal trägt, hinausgeschaut hat, der hat den größten Teil der Korn- und Schlachtenebene der Woevre überblickt. Schaut man von jenem Denkmal nach Norden, so schließt die breite Ebene erst mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/132>, abgerufen am 29.03.2024.