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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Napoleons Plan einer Invasion Englands ^803--^805
Professor Dr. rvilli Müller von

ach dem Frieden von Luneville, der den zweiten Koalitions¬
krieg 1801 beendete, stand nur noch England in "8plenäiä
Isolation" gegen die französische Republik im Felde, und als
William Pitt zugunsten Addingtons von der Leitung der Geschäfte
zurückgetreten war. einigte auch dieses sich 1802 im Vertrage
von Amiens mit dem Ersten Konsul. Der Tempel des Janus war damit
geschlossen, aber der neu begründete Zustand schuf nur eine kurze Ruhepause
in dem Kampfe der Völker.

Bei allen Schiffahrt treibenden Nationen herrschte seit langem heftiger
Groll gegen das übermütige England, das seine Überlegenheit zur See rücksichtslos
ausbeutete. Mit Admiral Howards Siege über die spanische Armada war der
Grund zu dieser Superiorität gelegt worden, und kühne Piraten wie Drake
und Frobisher, die, weitschauend, in dem Wasser das Element erkannten, auf
das ihres Vaterlandes Größe gegründet werden könnte, hatten als Pioniere
britischer Machtentfaltung gewirkt. Infolge der Navigationsakte riß England
dann den größten Teil des Welthandels an sich, es ward die Gebieterin der
Meere, legalisierte im Kriegsfalle den Seeraub und legte den Begriff der
Konterbande nach Willkür aus. Mit Recht klagte daher Schiller im "Antritt
des neuen Jahrhunderts":

Dem gegenüber ging auch Bonaparte in der Ausbreitung seiner Macht skrupellos
vor, und seine Übergriffe wurden von dem eifersüchtigen Mitbewerber um die
Weltherrschaft bald als unerträgliche Anmaßungen empfunden; immer deutlicher
stellte sich heraus, daß zwischen Frankreich und England so wenig ein gutes
Einvernehmen herrschen könne wie einst zwischen Rom und Karthago, und im
Mai 1803 erfolgte eine neue Kriegserklärung Britanniens an die Republik
jenseit des Kanals.

Sie weckte in dem unternehmungslustigen Lenker des französischen Staates
den Gedanken einer Invasion des Jnselreiches. Der Verlauf der Geschichte




Napoleons Plan einer Invasion Englands ^803—^805
Professor Dr. rvilli Müller von

ach dem Frieden von Luneville, der den zweiten Koalitions¬
krieg 1801 beendete, stand nur noch England in „8plenäiä
Isolation" gegen die französische Republik im Felde, und als
William Pitt zugunsten Addingtons von der Leitung der Geschäfte
zurückgetreten war. einigte auch dieses sich 1802 im Vertrage
von Amiens mit dem Ersten Konsul. Der Tempel des Janus war damit
geschlossen, aber der neu begründete Zustand schuf nur eine kurze Ruhepause
in dem Kampfe der Völker.

Bei allen Schiffahrt treibenden Nationen herrschte seit langem heftiger
Groll gegen das übermütige England, das seine Überlegenheit zur See rücksichtslos
ausbeutete. Mit Admiral Howards Siege über die spanische Armada war der
Grund zu dieser Superiorität gelegt worden, und kühne Piraten wie Drake
und Frobisher, die, weitschauend, in dem Wasser das Element erkannten, auf
das ihres Vaterlandes Größe gegründet werden könnte, hatten als Pioniere
britischer Machtentfaltung gewirkt. Infolge der Navigationsakte riß England
dann den größten Teil des Welthandels an sich, es ward die Gebieterin der
Meere, legalisierte im Kriegsfalle den Seeraub und legte den Begriff der
Konterbande nach Willkür aus. Mit Recht klagte daher Schiller im „Antritt
des neuen Jahrhunderts":

Dem gegenüber ging auch Bonaparte in der Ausbreitung seiner Macht skrupellos
vor, und seine Übergriffe wurden von dem eifersüchtigen Mitbewerber um die
Weltherrschaft bald als unerträgliche Anmaßungen empfunden; immer deutlicher
stellte sich heraus, daß zwischen Frankreich und England so wenig ein gutes
Einvernehmen herrschen könne wie einst zwischen Rom und Karthago, und im
Mai 1803 erfolgte eine neue Kriegserklärung Britanniens an die Republik
jenseit des Kanals.

Sie weckte in dem unternehmungslustigen Lenker des französischen Staates
den Gedanken einer Invasion des Jnselreiches. Der Verlauf der Geschichte


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[0151] [Abbildung] Napoleons Plan einer Invasion Englands ^803—^805 Professor Dr. rvilli Müller von ach dem Frieden von Luneville, der den zweiten Koalitions¬ krieg 1801 beendete, stand nur noch England in „8plenäiä Isolation" gegen die französische Republik im Felde, und als William Pitt zugunsten Addingtons von der Leitung der Geschäfte zurückgetreten war. einigte auch dieses sich 1802 im Vertrage von Amiens mit dem Ersten Konsul. Der Tempel des Janus war damit geschlossen, aber der neu begründete Zustand schuf nur eine kurze Ruhepause in dem Kampfe der Völker. Bei allen Schiffahrt treibenden Nationen herrschte seit langem heftiger Groll gegen das übermütige England, das seine Überlegenheit zur See rücksichtslos ausbeutete. Mit Admiral Howards Siege über die spanische Armada war der Grund zu dieser Superiorität gelegt worden, und kühne Piraten wie Drake und Frobisher, die, weitschauend, in dem Wasser das Element erkannten, auf das ihres Vaterlandes Größe gegründet werden könnte, hatten als Pioniere britischer Machtentfaltung gewirkt. Infolge der Navigationsakte riß England dann den größten Teil des Welthandels an sich, es ward die Gebieterin der Meere, legalisierte im Kriegsfalle den Seeraub und legte den Begriff der Konterbande nach Willkür aus. Mit Recht klagte daher Schiller im „Antritt des neuen Jahrhunderts": Dem gegenüber ging auch Bonaparte in der Ausbreitung seiner Macht skrupellos vor, und seine Übergriffe wurden von dem eifersüchtigen Mitbewerber um die Weltherrschaft bald als unerträgliche Anmaßungen empfunden; immer deutlicher stellte sich heraus, daß zwischen Frankreich und England so wenig ein gutes Einvernehmen herrschen könne wie einst zwischen Rom und Karthago, und im Mai 1803 erfolgte eine neue Kriegserklärung Britanniens an die Republik jenseit des Kanals. Sie weckte in dem unternehmungslustigen Lenker des französischen Staates den Gedanken einer Invasion des Jnselreiches. Der Verlauf der Geschichte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/151>, abgerufen am 19.04.2024.