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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Krieg und Schule

fleißige Hand der selbständigen Familie geben. England ist uns an geistigen
und sittlichen Kräften unterlegen, weil es den Urquell germanischer Volkskraft
zerstört hat: das Dorf, so gründlich, daß es im Englischen für Dorf gar kein
richtiges Wort mehr gibt.

Aus dem Dorf ist die Urform unserer Familie erwachsen, die Familie
muß wieder breitern Raum haben, dann werden uns auch wieder rechte Mütter
erzogen. Jeder aus dem Felde heimkehrende Mann soll ein heiliges Gelübde
tun, für des deutschen Volkes Zukunft zu kämpfen, indem er hilft, den deutschen
Familien den Boden wieder zu erobern.




Arieg und schule
Dr. R. Schacht von

er Krieg hat auf allen Gebieten des öffentlichen wie privaten
Lebens so mannigfache Umwälzungen gebracht, daß es wunder¬
nehmen müßte, wenn er nicht auch in den großen Bereich der
Pädagogik nachhaltig eingegriffen hätte. Es war also ein nicht
freudig genug zu begrüßender Gedanke, das neu geschaffene und
provisorisch an der Potsdamer Straße eingerichtete Zentralinstitut für Erziehung
und Unterricht, dessen Zwecke und Ziele die Tagespresse hinreichend auseinander¬
gesetzt hat, außer mit einer ausgezeichneten und sehr sehenswerten Ausstellung
"Biologische Schularbeit" mit einer Sonderausstellung "Schule und Krieg"
zu eröffnen. Diese Ausstellung will nach den Worten des Führers "an
ausgewählten anschaulichen Beispielen zeigen, welche Wirkung der Krieg auf
die Arbeit der Schule und darüber hinaus auf die Erziehung, Bildung und
Betäügung der Jugend überhaupt ausgeübt hat und voraussichtlich weiter ausüben
wird." Sie gibt also im wesentlichen auf folgende Fragen Antwort: Welches Bild
machen sich die Kinder vom Krieg? Wie kann ihre Teilnahme erhalten und
vertieft werden? Inwiefern kann die Schule Kriegsarbeit leisten? und endlich:
wie kann der Krieg erzieherischen Zwecken dienstbar gemacht werden?

Für den auf Psychologie gerichteten Sinn ist namentlich das die erste
Frage beantwortende Material von allergrößten Interesse. Alle Alter und
Klassen sind vertreten: von den Kleinsten, die nur erst mit ängstlichen Augen
zu stammeln wissen: "Der Krieg ist sehr groß", "wir beten, daß der Krieg
nicht zu uns kommt", oder am Schlüsse ihres kleinen, wenige Zeilen langen
Geschreibsels noch in schönster Ehrlichkeit versichern: "Ich mag nicht in den
Krieg"; den etwas größeren, die sich an stark hervortretende zugleich


Krieg und Schule

fleißige Hand der selbständigen Familie geben. England ist uns an geistigen
und sittlichen Kräften unterlegen, weil es den Urquell germanischer Volkskraft
zerstört hat: das Dorf, so gründlich, daß es im Englischen für Dorf gar kein
richtiges Wort mehr gibt.

Aus dem Dorf ist die Urform unserer Familie erwachsen, die Familie
muß wieder breitern Raum haben, dann werden uns auch wieder rechte Mütter
erzogen. Jeder aus dem Felde heimkehrende Mann soll ein heiliges Gelübde
tun, für des deutschen Volkes Zukunft zu kämpfen, indem er hilft, den deutschen
Familien den Boden wieder zu erobern.




Arieg und schule
Dr. R. Schacht von

er Krieg hat auf allen Gebieten des öffentlichen wie privaten
Lebens so mannigfache Umwälzungen gebracht, daß es wunder¬
nehmen müßte, wenn er nicht auch in den großen Bereich der
Pädagogik nachhaltig eingegriffen hätte. Es war also ein nicht
freudig genug zu begrüßender Gedanke, das neu geschaffene und
provisorisch an der Potsdamer Straße eingerichtete Zentralinstitut für Erziehung
und Unterricht, dessen Zwecke und Ziele die Tagespresse hinreichend auseinander¬
gesetzt hat, außer mit einer ausgezeichneten und sehr sehenswerten Ausstellung
„Biologische Schularbeit" mit einer Sonderausstellung „Schule und Krieg"
zu eröffnen. Diese Ausstellung will nach den Worten des Führers „an
ausgewählten anschaulichen Beispielen zeigen, welche Wirkung der Krieg auf
die Arbeit der Schule und darüber hinaus auf die Erziehung, Bildung und
Betäügung der Jugend überhaupt ausgeübt hat und voraussichtlich weiter ausüben
wird." Sie gibt also im wesentlichen auf folgende Fragen Antwort: Welches Bild
machen sich die Kinder vom Krieg? Wie kann ihre Teilnahme erhalten und
vertieft werden? Inwiefern kann die Schule Kriegsarbeit leisten? und endlich:
wie kann der Krieg erzieherischen Zwecken dienstbar gemacht werden?

Für den auf Psychologie gerichteten Sinn ist namentlich das die erste
Frage beantwortende Material von allergrößten Interesse. Alle Alter und
Klassen sind vertreten: von den Kleinsten, die nur erst mit ängstlichen Augen
zu stammeln wissen: „Der Krieg ist sehr groß", „wir beten, daß der Krieg
nicht zu uns kommt", oder am Schlüsse ihres kleinen, wenige Zeilen langen
Geschreibsels noch in schönster Ehrlichkeit versichern: „Ich mag nicht in den
Krieg"; den etwas größeren, die sich an stark hervortretende zugleich


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[0164] Krieg und Schule fleißige Hand der selbständigen Familie geben. England ist uns an geistigen und sittlichen Kräften unterlegen, weil es den Urquell germanischer Volkskraft zerstört hat: das Dorf, so gründlich, daß es im Englischen für Dorf gar kein richtiges Wort mehr gibt. Aus dem Dorf ist die Urform unserer Familie erwachsen, die Familie muß wieder breitern Raum haben, dann werden uns auch wieder rechte Mütter erzogen. Jeder aus dem Felde heimkehrende Mann soll ein heiliges Gelübde tun, für des deutschen Volkes Zukunft zu kämpfen, indem er hilft, den deutschen Familien den Boden wieder zu erobern. Arieg und schule Dr. R. Schacht von er Krieg hat auf allen Gebieten des öffentlichen wie privaten Lebens so mannigfache Umwälzungen gebracht, daß es wunder¬ nehmen müßte, wenn er nicht auch in den großen Bereich der Pädagogik nachhaltig eingegriffen hätte. Es war also ein nicht freudig genug zu begrüßender Gedanke, das neu geschaffene und provisorisch an der Potsdamer Straße eingerichtete Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, dessen Zwecke und Ziele die Tagespresse hinreichend auseinander¬ gesetzt hat, außer mit einer ausgezeichneten und sehr sehenswerten Ausstellung „Biologische Schularbeit" mit einer Sonderausstellung „Schule und Krieg" zu eröffnen. Diese Ausstellung will nach den Worten des Führers „an ausgewählten anschaulichen Beispielen zeigen, welche Wirkung der Krieg auf die Arbeit der Schule und darüber hinaus auf die Erziehung, Bildung und Betäügung der Jugend überhaupt ausgeübt hat und voraussichtlich weiter ausüben wird." Sie gibt also im wesentlichen auf folgende Fragen Antwort: Welches Bild machen sich die Kinder vom Krieg? Wie kann ihre Teilnahme erhalten und vertieft werden? Inwiefern kann die Schule Kriegsarbeit leisten? und endlich: wie kann der Krieg erzieherischen Zwecken dienstbar gemacht werden? Für den auf Psychologie gerichteten Sinn ist namentlich das die erste Frage beantwortende Material von allergrößten Interesse. Alle Alter und Klassen sind vertreten: von den Kleinsten, die nur erst mit ängstlichen Augen zu stammeln wissen: „Der Krieg ist sehr groß", „wir beten, daß der Krieg nicht zu uns kommt", oder am Schlüsse ihres kleinen, wenige Zeilen langen Geschreibsels noch in schönster Ehrlichkeit versichern: „Ich mag nicht in den Krieg"; den etwas größeren, die sich an stark hervortretende zugleich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/164>, abgerufen am 28.03.2024.