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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Htaatenbund von Nordeuropa
Zustizrat Ba IN berger von

Man vergleiche die Aufsätze in den Heften 33, 43, 49 vom Jahre
1914 und in Heft 2 des Jahres 191S.

cum es wünschenswert ist, für den Fall der Beendigung des
Krieges eine völkerrechtliche Verbindung anzustreben, die das
Deutsche Reich mit den ihm benachbarten kleineren Staaten, --
Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland und auch Belgien nebst
^ Luxemburg -- zu einem Staatenbunde vereinigt, so liegt es nahe,
den Blick auf die bereits bestehenden Staatenbundsbildungen zu richten und zu
prüfen, ob sie sich zum Besten der Gesamtheit und ihrer Glieder bewährt
haben oder nicht. Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika
vom 17. September 1787, die Schweizerische Bundesverfassung vom 8. April
1848 und die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 bezeichnen
übereinstimmend als ihr Ziel den Schutz des Bundesgebiets, den Schutz des
darin geltenden Rechts und die Pflege der Wohlfahrt der Bundesangehörigen.
Das Deutsche Reich ist nach der herrschenden Lehre nicht als völkerrechtlicher
Bund im eigentlichen Sinne, sondern als ein Bundesstaat aufzufassen, während
die Vereinigten Staaten eine eigentliche Staatenbundsvereinigung völkerrechtlicher
Natur darstellen. Gemeinsam ist allen drei Schöpfungen, daß die Unabhängigkeit
der Gliedstaaten grundsätzlich gewährleistet wird, soweit sie nicht durch aus¬
drückliche Bestimmung zum Besten der Bundeszwecke beschränkt ist. Man wird
einräumen müssen, daß diese Staatenvereinigungen bis jetzt die Erwartungen
erfüllt haben, die ihre Teilnehmer an sie knüpften. Der amerikanische Bund,
der auf 46 Staaten angewachsen ist, besteht seit 128 Jahren, der schweizerische
seit 67 Jahren, das Deutsche Reich nunmehr 44 Jahre. Die nächste, nicht
ausdrücklich hervorgehobene, aber vielleicht wichtigste Wirkung der Vereinigungen
bestand darin, daß Kriege zwischen den einzelnen Staaten von selbst in Wegfall
kamen. Die Staatenvereinigungen verringern also die Kriegsgefahr. Sie
dienen unmittelbar und selbsttätig der Sache des Friedens. Sie dienen der
Sache des Friedens nicht nur innerhalb des Bundes, sondern auch nach außen.
Solange ein kleiner Staat alleinsteht, schwebt er vermöge seiner natürlichen
Schwäche in beständiger Gefahr. Diese Gefahr wird für ihn beseitigt oder
doch stark verringert, sobald er Mitglied einer Staatengesellschaft wird, die mit
ihrem größeren Ansehen und mit ihrer größeren Macht für ihn eintritt. Bis




Htaatenbund von Nordeuropa
Zustizrat Ba IN berger von

Man vergleiche die Aufsätze in den Heften 33, 43, 49 vom Jahre
1914 und in Heft 2 des Jahres 191S.

cum es wünschenswert ist, für den Fall der Beendigung des
Krieges eine völkerrechtliche Verbindung anzustreben, die das
Deutsche Reich mit den ihm benachbarten kleineren Staaten, —
Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland und auch Belgien nebst
^ Luxemburg — zu einem Staatenbunde vereinigt, so liegt es nahe,
den Blick auf die bereits bestehenden Staatenbundsbildungen zu richten und zu
prüfen, ob sie sich zum Besten der Gesamtheit und ihrer Glieder bewährt
haben oder nicht. Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika
vom 17. September 1787, die Schweizerische Bundesverfassung vom 8. April
1848 und die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 bezeichnen
übereinstimmend als ihr Ziel den Schutz des Bundesgebiets, den Schutz des
darin geltenden Rechts und die Pflege der Wohlfahrt der Bundesangehörigen.
Das Deutsche Reich ist nach der herrschenden Lehre nicht als völkerrechtlicher
Bund im eigentlichen Sinne, sondern als ein Bundesstaat aufzufassen, während
die Vereinigten Staaten eine eigentliche Staatenbundsvereinigung völkerrechtlicher
Natur darstellen. Gemeinsam ist allen drei Schöpfungen, daß die Unabhängigkeit
der Gliedstaaten grundsätzlich gewährleistet wird, soweit sie nicht durch aus¬
drückliche Bestimmung zum Besten der Bundeszwecke beschränkt ist. Man wird
einräumen müssen, daß diese Staatenvereinigungen bis jetzt die Erwartungen
erfüllt haben, die ihre Teilnehmer an sie knüpften. Der amerikanische Bund,
der auf 46 Staaten angewachsen ist, besteht seit 128 Jahren, der schweizerische
seit 67 Jahren, das Deutsche Reich nunmehr 44 Jahre. Die nächste, nicht
ausdrücklich hervorgehobene, aber vielleicht wichtigste Wirkung der Vereinigungen
bestand darin, daß Kriege zwischen den einzelnen Staaten von selbst in Wegfall
kamen. Die Staatenvereinigungen verringern also die Kriegsgefahr. Sie
dienen unmittelbar und selbsttätig der Sache des Friedens. Sie dienen der
Sache des Friedens nicht nur innerhalb des Bundes, sondern auch nach außen.
Solange ein kleiner Staat alleinsteht, schwebt er vermöge seiner natürlichen
Schwäche in beständiger Gefahr. Diese Gefahr wird für ihn beseitigt oder
doch stark verringert, sobald er Mitglied einer Staatengesellschaft wird, die mit
ihrem größeren Ansehen und mit ihrer größeren Macht für ihn eintritt. Bis


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/306>, abgerufen am 25.04.2024.