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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Belle Alliance

bis zum Meere, also ein Gebiet etwa vom Umfange eines deutschen Fürstentums.
Hier genösse der Papst völlige Unabhängigkeit, auch Freiheit des Verkehrs mit
dem Auslande. Das kleine Gebiet wäre unter Gewährleistung aller Gro߬
mächte auch leichter zu halten als ein großes. Freilich eine absolute Sicherheit
gegen italienischen Vertragsbruch gibt es auch hier nicht.

Gerade die Loslösung Italiens vom Dreibunde und die dadurch herbei¬
geführte Krisis hat die Unhaltbarkeit der derzeitigen Stellung des Papstes
gezeigt. Die italienische Untreue wird sich auch in dieser Hinsicht an Italien
selbst rächen. Jedenfalls muß auf eine internationale Grundlage gestellt werden,
was man bisher vertrauensvoll der Verfügung der italienischen Staatsgewalt
überlassen hatte.




Velle Alliance Zum hundertsten Gedenktage am
Dr. lV. Laxelle von

s ist kein Zweifel: die Geschichte wird in unserem Zeitalter
wieder die vornehmste Wissenschaft. Nur sie lehrt wirklich die
großen Zusammenhänge verstehen, aus denen dieser Weltkrieg
entstanden ist. Nur sie gibt dem Staatsmann von heute wie
dem der Zukunft die dauernden Richtlinien. . . .

Zu den großen Zusammenhängen aber, ohne die der heutige Krieg nicht
voll verständlich ist, gehört nächst dem Bismarckischen vor allem das Napoleonische
Zeitalter. Schon jährt sich zum hundertsten Male der Tag, an dem dies
Zeitalter -- beinahe wie durch ein Wunder und doch durch kein Wunder, denn
das Ergebnis quillt aus dem innersten Wesen der Dinge, das heißt der Personen --
so jäh seinen Abschluß fand wie nie ein Zeitalter vormals und nachmals. Ob
freilich der hundertste Jahrestag von Belle Alliance unter den dröhnenden
Schlägen des jetzigen Kampfes, dieser "Götterdämmerung" zwischen den Mächten
des Lichts und der Finsternis auf Erden nicht klanglos verrauschen wird? Wer
weiß es? Und doch ist heute zum ersten Male wieder der Boden, aus dem jene
wunderbare Schlacht geschlagen wurde, in der Hand deutscher Heere. Und doch ist
ein tieferes Eindringen in die Zusammenhänge von damals auch für die
Gegenwart oder vielmehr für die deutsche Zukunft gerade in unseren Tagen
von erhöhter Bedeutung.




Belle Alliance

bis zum Meere, also ein Gebiet etwa vom Umfange eines deutschen Fürstentums.
Hier genösse der Papst völlige Unabhängigkeit, auch Freiheit des Verkehrs mit
dem Auslande. Das kleine Gebiet wäre unter Gewährleistung aller Gro߬
mächte auch leichter zu halten als ein großes. Freilich eine absolute Sicherheit
gegen italienischen Vertragsbruch gibt es auch hier nicht.

Gerade die Loslösung Italiens vom Dreibunde und die dadurch herbei¬
geführte Krisis hat die Unhaltbarkeit der derzeitigen Stellung des Papstes
gezeigt. Die italienische Untreue wird sich auch in dieser Hinsicht an Italien
selbst rächen. Jedenfalls muß auf eine internationale Grundlage gestellt werden,
was man bisher vertrauensvoll der Verfügung der italienischen Staatsgewalt
überlassen hatte.




Velle Alliance Zum hundertsten Gedenktage am
Dr. lV. Laxelle von

s ist kein Zweifel: die Geschichte wird in unserem Zeitalter
wieder die vornehmste Wissenschaft. Nur sie lehrt wirklich die
großen Zusammenhänge verstehen, aus denen dieser Weltkrieg
entstanden ist. Nur sie gibt dem Staatsmann von heute wie
dem der Zukunft die dauernden Richtlinien. . . .

Zu den großen Zusammenhängen aber, ohne die der heutige Krieg nicht
voll verständlich ist, gehört nächst dem Bismarckischen vor allem das Napoleonische
Zeitalter. Schon jährt sich zum hundertsten Male der Tag, an dem dies
Zeitalter — beinahe wie durch ein Wunder und doch durch kein Wunder, denn
das Ergebnis quillt aus dem innersten Wesen der Dinge, das heißt der Personen —
so jäh seinen Abschluß fand wie nie ein Zeitalter vormals und nachmals. Ob
freilich der hundertste Jahrestag von Belle Alliance unter den dröhnenden
Schlägen des jetzigen Kampfes, dieser „Götterdämmerung" zwischen den Mächten
des Lichts und der Finsternis auf Erden nicht klanglos verrauschen wird? Wer
weiß es? Und doch ist heute zum ersten Male wieder der Boden, aus dem jene
wunderbare Schlacht geschlagen wurde, in der Hand deutscher Heere. Und doch ist
ein tieferes Eindringen in die Zusammenhänge von damals auch für die
Gegenwart oder vielmehr für die deutsche Zukunft gerade in unseren Tagen
von erhöhter Bedeutung.




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[0339] Belle Alliance bis zum Meere, also ein Gebiet etwa vom Umfange eines deutschen Fürstentums. Hier genösse der Papst völlige Unabhängigkeit, auch Freiheit des Verkehrs mit dem Auslande. Das kleine Gebiet wäre unter Gewährleistung aller Gro߬ mächte auch leichter zu halten als ein großes. Freilich eine absolute Sicherheit gegen italienischen Vertragsbruch gibt es auch hier nicht. Gerade die Loslösung Italiens vom Dreibunde und die dadurch herbei¬ geführte Krisis hat die Unhaltbarkeit der derzeitigen Stellung des Papstes gezeigt. Die italienische Untreue wird sich auch in dieser Hinsicht an Italien selbst rächen. Jedenfalls muß auf eine internationale Grundlage gestellt werden, was man bisher vertrauensvoll der Verfügung der italienischen Staatsgewalt überlassen hatte. Velle Alliance Zum hundertsten Gedenktage am Dr. lV. Laxelle von s ist kein Zweifel: die Geschichte wird in unserem Zeitalter wieder die vornehmste Wissenschaft. Nur sie lehrt wirklich die großen Zusammenhänge verstehen, aus denen dieser Weltkrieg entstanden ist. Nur sie gibt dem Staatsmann von heute wie dem der Zukunft die dauernden Richtlinien. . . . Zu den großen Zusammenhängen aber, ohne die der heutige Krieg nicht voll verständlich ist, gehört nächst dem Bismarckischen vor allem das Napoleonische Zeitalter. Schon jährt sich zum hundertsten Male der Tag, an dem dies Zeitalter — beinahe wie durch ein Wunder und doch durch kein Wunder, denn das Ergebnis quillt aus dem innersten Wesen der Dinge, das heißt der Personen — so jäh seinen Abschluß fand wie nie ein Zeitalter vormals und nachmals. Ob freilich der hundertste Jahrestag von Belle Alliance unter den dröhnenden Schlägen des jetzigen Kampfes, dieser „Götterdämmerung" zwischen den Mächten des Lichts und der Finsternis auf Erden nicht klanglos verrauschen wird? Wer weiß es? Und doch ist heute zum ersten Male wieder der Boden, aus dem jene wunderbare Schlacht geschlagen wurde, in der Hand deutscher Heere. Und doch ist ein tieferes Eindringen in die Zusammenhänge von damals auch für die Gegenwart oder vielmehr für die deutsche Zukunft gerade in unseren Tagen von erhöhter Bedeutung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/339>, abgerufen am 29.03.2024.