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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Deutschland und die belgische Neutralität in ethischer
Beleuchtung
Das Buch eines Holländers

iZM
MM
cklMWn der deutschen Presse wird immer wieder die uns alle billiger¬
weise interessierende Frage aufgeworfen, und auch wir haben an
dieser Stelle*) bereits mehrfach Gelegenheit genommen, die Auf¬
merksamkeit unserer Leser darauf zu lenken, wie man in Holland,
dem Lande der nüchternen, phlegmatischen, uns in manchem so
wesensverwandten Niederländer, über die deutsche Sache in diesem Kriege, vor
allem auch über die maßlose Hetze und die verleumderischen Anwürfe gegen
unser Volk und Heer denkt und schreibt, das heißt in den Kreisen der Intelligenz;
die "freundschaftlichen" Gefühle gewisser anderer "Kreise" dürfen wir ruhig
mit Achselzucken übergehen, und die weise und korrekte Neutralität der holländischen
Regierung muß ja selbstverständlich außer Betracht bleiben.

Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß es grundverkehrt
ist, von einer durchschnittlichen oder auch nur überwiegenden "Stimmung" in
unserem Nachbarlande zu sprechen oder gewisse Anzeichen als Grundsymptome
bald nach der einen bald nach der anderen Seite zu verallgemeinern. Die
Meinungen sind eben einfach geteilt. Hier sind es politische, wirtschaftliche und
anders begründete Motive, Hoffnungen oder Befürchtungen, dort wieder einfach
Sympathien oder Antipathien, die der Hinneigung oder Entscheidung für die
eine oder die andere Partei die Richtung geben, ohne daß man indes diese
Teilung nach Klassen, Parteien, nach Beruf, Bildungsgrad oder auch nach
Landstrichen zu begrenzen vermöchte. Die Holländer selbst betonen immer
wieder gerne, daß sie in allererster Linie Holländer sind und danach sich ihre
Meinung zurechtlegen.

Dem entspricht ungefähr das Bild, das die Presse bietet, wobei allerdings
festzustellen ist, daß in ihr Objektivität und vorsichtige Zurückhaltung im Urteil
nicht überall in gleichem Maße zu ihrem Rechte kommen. Viel unfreundliches^
viel boshaftes und nach unserer Ansicht oft recht unsinniges ist denn auch in
Holland über uns geredet und geschrieben worden; aber dafür sind auch mit
die besten Aufsätze und Bücher des Auslandes über die deutsche Kriegslage und
die Zustände in Deutschland, die unvergleichlichen Leistungen unserer Truppen,



Vergleiche Ur. 7 und Ur. 9 der Grenzboten.


Deutschland und die belgische Neutralität in ethischer
Beleuchtung
Das Buch eines Holländers

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cklMWn der deutschen Presse wird immer wieder die uns alle billiger¬
weise interessierende Frage aufgeworfen, und auch wir haben an
dieser Stelle*) bereits mehrfach Gelegenheit genommen, die Auf¬
merksamkeit unserer Leser darauf zu lenken, wie man in Holland,
dem Lande der nüchternen, phlegmatischen, uns in manchem so
wesensverwandten Niederländer, über die deutsche Sache in diesem Kriege, vor
allem auch über die maßlose Hetze und die verleumderischen Anwürfe gegen
unser Volk und Heer denkt und schreibt, das heißt in den Kreisen der Intelligenz;
die „freundschaftlichen" Gefühle gewisser anderer „Kreise" dürfen wir ruhig
mit Achselzucken übergehen, und die weise und korrekte Neutralität der holländischen
Regierung muß ja selbstverständlich außer Betracht bleiben.

Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß es grundverkehrt
ist, von einer durchschnittlichen oder auch nur überwiegenden „Stimmung" in
unserem Nachbarlande zu sprechen oder gewisse Anzeichen als Grundsymptome
bald nach der einen bald nach der anderen Seite zu verallgemeinern. Die
Meinungen sind eben einfach geteilt. Hier sind es politische, wirtschaftliche und
anders begründete Motive, Hoffnungen oder Befürchtungen, dort wieder einfach
Sympathien oder Antipathien, die der Hinneigung oder Entscheidung für die
eine oder die andere Partei die Richtung geben, ohne daß man indes diese
Teilung nach Klassen, Parteien, nach Beruf, Bildungsgrad oder auch nach
Landstrichen zu begrenzen vermöchte. Die Holländer selbst betonen immer
wieder gerne, daß sie in allererster Linie Holländer sind und danach sich ihre
Meinung zurechtlegen.

Dem entspricht ungefähr das Bild, das die Presse bietet, wobei allerdings
festzustellen ist, daß in ihr Objektivität und vorsichtige Zurückhaltung im Urteil
nicht überall in gleichem Maße zu ihrem Rechte kommen. Viel unfreundliches^
viel boshaftes und nach unserer Ansicht oft recht unsinniges ist denn auch in
Holland über uns geredet und geschrieben worden; aber dafür sind auch mit
die besten Aufsätze und Bücher des Auslandes über die deutsche Kriegslage und
die Zustände in Deutschland, die unvergleichlichen Leistungen unserer Truppen,



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[0372] [Abbildung] Deutschland und die belgische Neutralität in ethischer Beleuchtung Das Buch eines Holländers iZM MM cklMWn der deutschen Presse wird immer wieder die uns alle billiger¬ weise interessierende Frage aufgeworfen, und auch wir haben an dieser Stelle*) bereits mehrfach Gelegenheit genommen, die Auf¬ merksamkeit unserer Leser darauf zu lenken, wie man in Holland, dem Lande der nüchternen, phlegmatischen, uns in manchem so wesensverwandten Niederländer, über die deutsche Sache in diesem Kriege, vor allem auch über die maßlose Hetze und die verleumderischen Anwürfe gegen unser Volk und Heer denkt und schreibt, das heißt in den Kreisen der Intelligenz; die „freundschaftlichen" Gefühle gewisser anderer „Kreise" dürfen wir ruhig mit Achselzucken übergehen, und die weise und korrekte Neutralität der holländischen Regierung muß ja selbstverständlich außer Betracht bleiben. Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß es grundverkehrt ist, von einer durchschnittlichen oder auch nur überwiegenden „Stimmung" in unserem Nachbarlande zu sprechen oder gewisse Anzeichen als Grundsymptome bald nach der einen bald nach der anderen Seite zu verallgemeinern. Die Meinungen sind eben einfach geteilt. Hier sind es politische, wirtschaftliche und anders begründete Motive, Hoffnungen oder Befürchtungen, dort wieder einfach Sympathien oder Antipathien, die der Hinneigung oder Entscheidung für die eine oder die andere Partei die Richtung geben, ohne daß man indes diese Teilung nach Klassen, Parteien, nach Beruf, Bildungsgrad oder auch nach Landstrichen zu begrenzen vermöchte. Die Holländer selbst betonen immer wieder gerne, daß sie in allererster Linie Holländer sind und danach sich ihre Meinung zurechtlegen. Dem entspricht ungefähr das Bild, das die Presse bietet, wobei allerdings festzustellen ist, daß in ihr Objektivität und vorsichtige Zurückhaltung im Urteil nicht überall in gleichem Maße zu ihrem Rechte kommen. Viel unfreundliches^ viel boshaftes und nach unserer Ansicht oft recht unsinniges ist denn auch in Holland über uns geredet und geschrieben worden; aber dafür sind auch mit die besten Aufsätze und Bücher des Auslandes über die deutsche Kriegslage und die Zustände in Deutschland, die unvergleichlichen Leistungen unserer Truppen, Vergleiche Ur. 7 und Ur. 9 der Grenzboten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/372>, abgerufen am 29.03.2024.