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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Die Zukunft der Jugendpflege
Dr. ZV. Warstat von
II. Die Einigung der erzieherischen Jugendpflege
und das "Mittelamt für Jugendpflege"

s ist im ersten Teil dieses Aufsatzes, in Heft 23 der Grenzboten,
ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß bei einer etwaigen
Verstaatlichung desjenigen Teiles der körperlichen Jugendpflege,
welcher die Erziehung zur Wehrtüchtigkeit gewährleisten will, den
vielen und verschieden gearteten freiwilligen Jugendpflegevereinen
und -Organisationen ihre Selbständigkeit gewahrt bleiben müßte. Das ist nicht
bloß deshalb nötig, weil ihre tatsächlichen Leistungen an der^ Jugend außer¬
ordentlich wertvoll sind, sondern auch weil sie zum Teil auf eine schon ziemlich
alte Geschichte zurücksehen und während dieser langen Jahre ihres Wirkens
sich eine so ausgezeichnete Organisation und eine so tiefgreifende Erfahrung
auf denk Gebiet der Jugenderziehung errungen haben, daß ihre Beseitigung
oder auch bloß die Behinderung ihrer Freiheit gleichbedeutend wäre mit der
Aufopferung gar nicht ab schätzbarer Werte.

Was von den verschiedensten Stellen aus auf dem Gebiete der Jugend¬
pflege schon seit vielen Jahren, lange vor dem preußischen Jugendpflegeerlaß
von 1911 geleistet worden ist, ist zum größten Teile heute noch weiteren Kreisen
unbekannt. Es sei daher hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Gruppen
der erzieherischen Jugendpflege vorausgeschickt*).

Am ältesten, am weitesten veizweigt und vielleicht auch mit am besten
organisiert sind unstreitig die kirchlichen Jugcndvereine. Die Geschichte der
kirchlichen Jugendpflege reicht zurück in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahr¬
hunderts. Unter den Organisationen, die von evangelischer Seite ausgehen,
heben sich als die bedeutendsten heute drei Gruppen hervor: die Evangelischen
Jünglingsbündnisse, die zur "Nationalvereinigung der evangelischen Jünglings¬
bündnisse Deutschlands (E. V.)" zusammengeschlossen sind und dem "Weltbund
evangelischer Jünglingsvereine" angehören; ferner die Christlichen Vereine
Junger Männer, die auch der "Nationalvereinigung" angehören. Beide Ver-



*) Einen vortrefflichen kurzen Überblick über die Geschichte der Jugendpflege gibt Adolf
Wendelin, Geschichte und Probleme der Jugendpflege. Dresden 1913.


Die Zukunft der Jugendpflege
Dr. ZV. Warstat von
II. Die Einigung der erzieherischen Jugendpflege
und das „Mittelamt für Jugendpflege"

s ist im ersten Teil dieses Aufsatzes, in Heft 23 der Grenzboten,
ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß bei einer etwaigen
Verstaatlichung desjenigen Teiles der körperlichen Jugendpflege,
welcher die Erziehung zur Wehrtüchtigkeit gewährleisten will, den
vielen und verschieden gearteten freiwilligen Jugendpflegevereinen
und -Organisationen ihre Selbständigkeit gewahrt bleiben müßte. Das ist nicht
bloß deshalb nötig, weil ihre tatsächlichen Leistungen an der^ Jugend außer¬
ordentlich wertvoll sind, sondern auch weil sie zum Teil auf eine schon ziemlich
alte Geschichte zurücksehen und während dieser langen Jahre ihres Wirkens
sich eine so ausgezeichnete Organisation und eine so tiefgreifende Erfahrung
auf denk Gebiet der Jugenderziehung errungen haben, daß ihre Beseitigung
oder auch bloß die Behinderung ihrer Freiheit gleichbedeutend wäre mit der
Aufopferung gar nicht ab schätzbarer Werte.

Was von den verschiedensten Stellen aus auf dem Gebiete der Jugend¬
pflege schon seit vielen Jahren, lange vor dem preußischen Jugendpflegeerlaß
von 1911 geleistet worden ist, ist zum größten Teile heute noch weiteren Kreisen
unbekannt. Es sei daher hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Gruppen
der erzieherischen Jugendpflege vorausgeschickt*).

Am ältesten, am weitesten veizweigt und vielleicht auch mit am besten
organisiert sind unstreitig die kirchlichen Jugcndvereine. Die Geschichte der
kirchlichen Jugendpflege reicht zurück in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahr¬
hunderts. Unter den Organisationen, die von evangelischer Seite ausgehen,
heben sich als die bedeutendsten heute drei Gruppen hervor: die Evangelischen
Jünglingsbündnisse, die zur „Nationalvereinigung der evangelischen Jünglings¬
bündnisse Deutschlands (E. V.)" zusammengeschlossen sind und dem „Weltbund
evangelischer Jünglingsvereine" angehören; ferner die Christlichen Vereine
Junger Männer, die auch der „Nationalvereinigung" angehören. Beide Ver-



*) Einen vortrefflichen kurzen Überblick über die Geschichte der Jugendpflege gibt Adolf
Wendelin, Geschichte und Probleme der Jugendpflege. Dresden 1913.
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[0404] [Abbildung] Die Zukunft der Jugendpflege Dr. ZV. Warstat von II. Die Einigung der erzieherischen Jugendpflege und das „Mittelamt für Jugendpflege" s ist im ersten Teil dieses Aufsatzes, in Heft 23 der Grenzboten, ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß bei einer etwaigen Verstaatlichung desjenigen Teiles der körperlichen Jugendpflege, welcher die Erziehung zur Wehrtüchtigkeit gewährleisten will, den vielen und verschieden gearteten freiwilligen Jugendpflegevereinen und -Organisationen ihre Selbständigkeit gewahrt bleiben müßte. Das ist nicht bloß deshalb nötig, weil ihre tatsächlichen Leistungen an der^ Jugend außer¬ ordentlich wertvoll sind, sondern auch weil sie zum Teil auf eine schon ziemlich alte Geschichte zurücksehen und während dieser langen Jahre ihres Wirkens sich eine so ausgezeichnete Organisation und eine so tiefgreifende Erfahrung auf denk Gebiet der Jugenderziehung errungen haben, daß ihre Beseitigung oder auch bloß die Behinderung ihrer Freiheit gleichbedeutend wäre mit der Aufopferung gar nicht ab schätzbarer Werte. Was von den verschiedensten Stellen aus auf dem Gebiete der Jugend¬ pflege schon seit vielen Jahren, lange vor dem preußischen Jugendpflegeerlaß von 1911 geleistet worden ist, ist zum größten Teile heute noch weiteren Kreisen unbekannt. Es sei daher hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Gruppen der erzieherischen Jugendpflege vorausgeschickt*). Am ältesten, am weitesten veizweigt und vielleicht auch mit am besten organisiert sind unstreitig die kirchlichen Jugcndvereine. Die Geschichte der kirchlichen Jugendpflege reicht zurück in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahr¬ hunderts. Unter den Organisationen, die von evangelischer Seite ausgehen, heben sich als die bedeutendsten heute drei Gruppen hervor: die Evangelischen Jünglingsbündnisse, die zur „Nationalvereinigung der evangelischen Jünglings¬ bündnisse Deutschlands (E. V.)" zusammengeschlossen sind und dem „Weltbund evangelischer Jünglingsvereine" angehören; ferner die Christlichen Vereine Junger Männer, die auch der „Nationalvereinigung" angehören. Beide Ver- *) Einen vortrefflichen kurzen Überblick über die Geschichte der Jugendpflege gibt Adolf Wendelin, Geschichte und Probleme der Jugendpflege. Dresden 1913.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/404>, abgerufen am 24.04.2024.