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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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war die zweite englische Rriegscmleihe ein Erfolg?

geordneten Mason ganz offen an: wenn man einen festen Betrag einsetze
(und dieser feste Betrag war die Milliarde Pfund Sterling, die im Budget
vorgesehen war) und diese Summe werde nicht ?rreicht, so würde die Anleihe
allgemein als ein Fehlschlag bezeichnet werden. Mit anderen Worten: man
hatte 1000 Millionen Pfund Sterling zur Fortsetzung des Krieges nötig, wagte
es aber nicht, diese Summe in den öffentlichen Bekanntmachungen zu nennen,
da man mit Recht annahm, sie werde nicht gezeichnet werden können. In der
Tat sind nur annähernd 600 Millionen Pfund Sterling gezeichnet worden,
also nicht einmal 60 Prozent des eigentlich gewünschten Betrages.


Art der Zeichnungen

Aus der Ankündigung der Rede Me Kennas sowie aus zahlreichen Aus¬
lassungen der Regierung geht deutlich hervor, daß man für die neue Anleihe
eine Form gewählt hatte, die hauptsächlich die kleineren und mittleren Kapitalisten
zur Zeichnung heranziehen sollte. Vielfach wurde die Anleihe als "ete people's
Ivan" bezeichnet. Zeichnungen der Banken wollte man möglichst vermeiden,
um die Flüssigkeit der Banken nicht zu beeinträchtigen und ihnen die Möglichkeit
zu erhalten, in weitem Maße die Industrie und den Handel unterstützen und
nötigenfalls auf die ausländischen Wechselkurse regulierend eingreifen zu können.
Ja, man wollte sogar die Finanzkraft der Londoner City vermittels dieser
Anleihe verstärken, wie dies Me Kenna in oben angeführter Rede des näheren
erläutert. Er sagte unter anderem, daß ein Teil des durch die Anleihe auf¬
gebrachten Geldes benutzt werden solle, um den Status der Bank von England
zu kräftigen; nicht die Banken, sondern das Publikum solle das Geld geben,
darum habe man die Form einer Anleihe gewählt, statt Schatzwechsel aus¬
zugeben.

Wie ist es nun mit der Beteiligung an der Anleihe gewesen? Die kleinen
Sparer, die vermittels der Post Offices ihre Zeichnungen bewerkstelligen sollten,
haben ganze 24 Millionen Pfund Sterling aufgebracht gegenüber einem Betrage
von 570 Millionen Pfund Sterling, die bei der Bank von England gezeichnet
wurden. Es ist also nicht gelungen, die kleinen und kleinsten Kapitalisten in
gewünschten Maße heranzuziehen, -- und "eilf pLvpIs's wem" blieb ein
Schlagwort.

Wie war nun die Lage des Mittelstandes, und wie beteiligte er sich an
der neuen Anleihe? Da die Höhe der einzelnen Zeichnungen nicht veröffentlicht
ist, kann man nur auf indirekten Wege zu einer Beurteilung der Beteiligung
des englischen Mittelstandes an der Anleihe gelangen. Da gibt manches "Ein¬
gesandt" in den Tageszeitungen wertvolle Anhaltspunkte, wie der in der
Financial News vom 24. Juni veröffentlichte Brief, in dem ausgeführt wird,
daß die Bedingungen der neuen Anleihe auf die sogenannten miäälE-Lwsses
nur entmutigend wirken müßten, denn ihre Wertpapiere seien bereits durch den
Krieg enorm im Werte gesunken und könnten infolge der an der Börse ein-


war die zweite englische Rriegscmleihe ein Erfolg?

geordneten Mason ganz offen an: wenn man einen festen Betrag einsetze
(und dieser feste Betrag war die Milliarde Pfund Sterling, die im Budget
vorgesehen war) und diese Summe werde nicht ?rreicht, so würde die Anleihe
allgemein als ein Fehlschlag bezeichnet werden. Mit anderen Worten: man
hatte 1000 Millionen Pfund Sterling zur Fortsetzung des Krieges nötig, wagte
es aber nicht, diese Summe in den öffentlichen Bekanntmachungen zu nennen,
da man mit Recht annahm, sie werde nicht gezeichnet werden können. In der
Tat sind nur annähernd 600 Millionen Pfund Sterling gezeichnet worden,
also nicht einmal 60 Prozent des eigentlich gewünschten Betrages.


Art der Zeichnungen

Aus der Ankündigung der Rede Me Kennas sowie aus zahlreichen Aus¬
lassungen der Regierung geht deutlich hervor, daß man für die neue Anleihe
eine Form gewählt hatte, die hauptsächlich die kleineren und mittleren Kapitalisten
zur Zeichnung heranziehen sollte. Vielfach wurde die Anleihe als „ete people's
Ivan" bezeichnet. Zeichnungen der Banken wollte man möglichst vermeiden,
um die Flüssigkeit der Banken nicht zu beeinträchtigen und ihnen die Möglichkeit
zu erhalten, in weitem Maße die Industrie und den Handel unterstützen und
nötigenfalls auf die ausländischen Wechselkurse regulierend eingreifen zu können.
Ja, man wollte sogar die Finanzkraft der Londoner City vermittels dieser
Anleihe verstärken, wie dies Me Kenna in oben angeführter Rede des näheren
erläutert. Er sagte unter anderem, daß ein Teil des durch die Anleihe auf¬
gebrachten Geldes benutzt werden solle, um den Status der Bank von England
zu kräftigen; nicht die Banken, sondern das Publikum solle das Geld geben,
darum habe man die Form einer Anleihe gewählt, statt Schatzwechsel aus¬
zugeben.

Wie ist es nun mit der Beteiligung an der Anleihe gewesen? Die kleinen
Sparer, die vermittels der Post Offices ihre Zeichnungen bewerkstelligen sollten,
haben ganze 24 Millionen Pfund Sterling aufgebracht gegenüber einem Betrage
von 570 Millionen Pfund Sterling, die bei der Bank von England gezeichnet
wurden. Es ist also nicht gelungen, die kleinen und kleinsten Kapitalisten in
gewünschten Maße heranzuziehen, — und „eilf pLvpIs's wem" blieb ein
Schlagwort.

Wie war nun die Lage des Mittelstandes, und wie beteiligte er sich an
der neuen Anleihe? Da die Höhe der einzelnen Zeichnungen nicht veröffentlicht
ist, kann man nur auf indirekten Wege zu einer Beurteilung der Beteiligung
des englischen Mittelstandes an der Anleihe gelangen. Da gibt manches „Ein¬
gesandt" in den Tageszeitungen wertvolle Anhaltspunkte, wie der in der
Financial News vom 24. Juni veröffentlichte Brief, in dem ausgeführt wird,
daß die Bedingungen der neuen Anleihe auf die sogenannten miäälE-Lwsses
nur entmutigend wirken müßten, denn ihre Wertpapiere seien bereits durch den
Krieg enorm im Werte gesunken und könnten infolge der an der Börse ein-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/174>, abgerufen am 26.05.2024.