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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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koar die zweite englische Ariegsanlcihe ein Lrfolg?

Schließlich wollte man noch den Schluß der Zeichnungen über das erste
bestimmte Datum (10. Juli) hinausschieben; da dies aber doch wohl einen
zu schlechten Eindruck gemacht hätte, beschränkte man sich darauf, als äußerste
Frist zwölf Uhr mitternachts des letzten Tages zu bestimmen, also selbst mit
der "eins Konoui-ca traäition" des englischen "XVeeKenäs" zu brechen.

Es wird klar, warum die Regierung zu allen diesen Mitteln greifen
mußte, wenn man die Börsenberichte jener Tage liest. Da sehen wir, welchen
Eindruck die Anleihe auf die Londoner Börsenkreise machte, wie sämtliche Wert¬
papiere panikartige Kurssturze erlebten, besonders die alte Kriegsanleihe, die
einen bisher nie erreichten Tiefstand verzeichnen mußte. Und hier kommen
wir auf die Konversion der alten Staatsanleihen zu sprechen, die mit der
neuen Ausgabe der zweiten Kriegsanleihe verbunden war.


Die Konversion

Daß eine Verquickung des Anleiheplanes mit der Konversion ein großer
Fehler war, darüber wird sich die Negierung bereits bald nach der Emission
klar geworden sein. Man hatte den Konversionsplan mit der Ausgabe der
neuen Anleihe verbunden, da man hoffte, dadurch die Zeichner der früheren
Anleihen bestimmen zu können, sich an der neuen Anleihe zu beteiligen, nur um
den Gewinn mitzunehmen, der durch die Konversion erlangt werden konnte-
Es stellte sich aber heraus, daß durch die Beifügung dieses Konversionsplanes
die Aufmerksamkeit der meisten Menschen vorerst von dem Hauptpunkte, nämlich
der Zeichnung der neuen Kriegsanleihe, abgelenkt wurde, da man zuerst einmal
sehen wollte, was die alte Anleihe wert sei, respektive welche Chancen sie hätte.
Da nun die Konvertierungsbestimmungen so schlecht abgefaßt waren, daß
niemand so recht wußte, was sie bedeuteten, vergingen die ersten Tage lediglich
mit Besprechungen des Konversionsplanes; insbesondere handelte es sich um die
Frage der sogenannten Rechte (riZKts), die durch die Konversionsmöglichkeit den
alten Anleihebesitzern eingeräumt waren. Am 28. Juni mußte die Times noch
fragen, was diese Rechte eigentlich bedeuteten, und erst am 29. Juni wurde
eine abschließende Erklärung von der Bank von England gegeben, die die
Angelegenheit klarstellte; aber viel Zeit war verloren, man klagte darüber, daß
alle Unterhaltungen sich nur um die Konversionsmöglichkeit der alten Anleihe
drehten, nicht aber um Zeichnung der neuen; und die Zeitungen mußten täglich
ihre Spalten mit Diskussionen über diese Konversion anfüllen. Es ist klar,
daß hierdurch ein großes Moment der Unsicherheit in die ganze Situation
gebracht wurde.

Schlimmer noch war die Tatsache, daß die alte Anleihe auf die Ankündigung
der neuen hin erheblich im Kurse sank und nicht etwa anzog, wie man das
vorher angenommen hatte. Vor Emission der neuen Anleihe war der englische
Rentenmarkt bereits sehr gedrückt. Die Rede Asquiths (15. Juni), in der er
die Kriegskosten auf 23 Millionen pro Tag berechnete, hatte sehr verstimmt,


koar die zweite englische Ariegsanlcihe ein Lrfolg?

Schließlich wollte man noch den Schluß der Zeichnungen über das erste
bestimmte Datum (10. Juli) hinausschieben; da dies aber doch wohl einen
zu schlechten Eindruck gemacht hätte, beschränkte man sich darauf, als äußerste
Frist zwölf Uhr mitternachts des letzten Tages zu bestimmen, also selbst mit
der „eins Konoui-ca traäition" des englischen „XVeeKenäs" zu brechen.

Es wird klar, warum die Regierung zu allen diesen Mitteln greifen
mußte, wenn man die Börsenberichte jener Tage liest. Da sehen wir, welchen
Eindruck die Anleihe auf die Londoner Börsenkreise machte, wie sämtliche Wert¬
papiere panikartige Kurssturze erlebten, besonders die alte Kriegsanleihe, die
einen bisher nie erreichten Tiefstand verzeichnen mußte. Und hier kommen
wir auf die Konversion der alten Staatsanleihen zu sprechen, die mit der
neuen Ausgabe der zweiten Kriegsanleihe verbunden war.


Die Konversion

Daß eine Verquickung des Anleiheplanes mit der Konversion ein großer
Fehler war, darüber wird sich die Negierung bereits bald nach der Emission
klar geworden sein. Man hatte den Konversionsplan mit der Ausgabe der
neuen Anleihe verbunden, da man hoffte, dadurch die Zeichner der früheren
Anleihen bestimmen zu können, sich an der neuen Anleihe zu beteiligen, nur um
den Gewinn mitzunehmen, der durch die Konversion erlangt werden konnte-
Es stellte sich aber heraus, daß durch die Beifügung dieses Konversionsplanes
die Aufmerksamkeit der meisten Menschen vorerst von dem Hauptpunkte, nämlich
der Zeichnung der neuen Kriegsanleihe, abgelenkt wurde, da man zuerst einmal
sehen wollte, was die alte Anleihe wert sei, respektive welche Chancen sie hätte.
Da nun die Konvertierungsbestimmungen so schlecht abgefaßt waren, daß
niemand so recht wußte, was sie bedeuteten, vergingen die ersten Tage lediglich
mit Besprechungen des Konversionsplanes; insbesondere handelte es sich um die
Frage der sogenannten Rechte (riZKts), die durch die Konversionsmöglichkeit den
alten Anleihebesitzern eingeräumt waren. Am 28. Juni mußte die Times noch
fragen, was diese Rechte eigentlich bedeuteten, und erst am 29. Juni wurde
eine abschließende Erklärung von der Bank von England gegeben, die die
Angelegenheit klarstellte; aber viel Zeit war verloren, man klagte darüber, daß
alle Unterhaltungen sich nur um die Konversionsmöglichkeit der alten Anleihe
drehten, nicht aber um Zeichnung der neuen; und die Zeitungen mußten täglich
ihre Spalten mit Diskussionen über diese Konversion anfüllen. Es ist klar,
daß hierdurch ein großes Moment der Unsicherheit in die ganze Situation
gebracht wurde.

Schlimmer noch war die Tatsache, daß die alte Anleihe auf die Ankündigung
der neuen hin erheblich im Kurse sank und nicht etwa anzog, wie man das
vorher angenommen hatte. Vor Emission der neuen Anleihe war der englische
Rentenmarkt bereits sehr gedrückt. Die Rede Asquiths (15. Juni), in der er
die Kriegskosten auf 23 Millionen pro Tag berechnete, hatte sehr verstimmt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/178>, abgerufen am 26.05.2024.