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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die künftige Stellung des Markwechsels
auf dem Weltmärkte
Dr. Ernst Vberfohren von

is in die letzte Zeit vor dem Weltkriege galt es infolge der Vor-
Machtstellung Englands im internationalen Zahlungsverkehr als
selbstverständlich, daß außer den englischen Kaufleuten auch die
am internationalen Warenhandel teilnehmenden Interessenten aller
anderen Länder sich zum Ausgleich der gegenseitigen Forderungen
Zum größten Teil der Londoner Einrichtungen bedienten. Daß London von
allen Weltmarktsmittelpunkten zum bevorzugten Abwicklungsplatz aller Zahlungs¬
verbindlichkeiten wurde, lag zunächst darin begründet, daß England seit langer
Zeit im internationalen Warengeschäft eine Vorherrschaft inne hatte, die einen
Ausfluß der zahlreichen Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs nach
allen Ländern der Welt darstellte. Hinzu kam als Grund das absolute Ver.
trauen in die Kreditwürdigkeit der englischen Banken und Bankiers sowie der
Umstand, daß jede Forderung auf England nicht nur auf Gold lautete, sondern
auch sicher und auf alle Fälle in Gold eingelöst wurde. Jedenfalls machte die
außerordentliche, für Jahrzehnte fast monopolartige Stellung des englischen Welt¬
handels das Pfund Sterling zum verbreiterten internationalen Zahlungsmittel.
Und nicht nur das, die Firmen der Londoner Banken und Bankiers wurden
auch an allen Welthandelsplätzen so bekannt, daß Wechsel auf andere Länder
und in anderer Währung nur mit Schwierigkeit unterzubringen waren. Es
liegt auf der Hand, daß England aus diesen Vermittlerdiensten ganz enorme
Gewinne zog, und ebenso selbstverständlich ist es, daß demgegenüber der Wunsch
immer dringender wurde, solche Zahlungen, die ganz ohne Gegenwert blieben,
Zu vermeiden und die erheblichen Gebühren dem Inlande zuzuführen.

Vor dem Kriege wollte es indessen trotz lebhafter Bemühungen nicht gelingen,
" die durch jahrzehntelange Gewöhnung selbstverständlich gewordene Über¬
legenheit der englischen Währung eine Bresche zu legen. Jetzt ist aber der Zeit-
Punkt gekommen, wo man sagen darf, daß das englische Pfund Sterling in
seiner Eigenschaft als international beherrschende Valuta entthront werden wird.

Den Ausgangspunkt für diese in sicherer Aussicht stehende Entwicklung bildet
die schon bald nach Ausbruch des Krieges von der internationalen Geschäfts-




Die künftige Stellung des Markwechsels
auf dem Weltmärkte
Dr. Ernst Vberfohren von

is in die letzte Zeit vor dem Weltkriege galt es infolge der Vor-
Machtstellung Englands im internationalen Zahlungsverkehr als
selbstverständlich, daß außer den englischen Kaufleuten auch die
am internationalen Warenhandel teilnehmenden Interessenten aller
anderen Länder sich zum Ausgleich der gegenseitigen Forderungen
Zum größten Teil der Londoner Einrichtungen bedienten. Daß London von
allen Weltmarktsmittelpunkten zum bevorzugten Abwicklungsplatz aller Zahlungs¬
verbindlichkeiten wurde, lag zunächst darin begründet, daß England seit langer
Zeit im internationalen Warengeschäft eine Vorherrschaft inne hatte, die einen
Ausfluß der zahlreichen Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs nach
allen Ländern der Welt darstellte. Hinzu kam als Grund das absolute Ver.
trauen in die Kreditwürdigkeit der englischen Banken und Bankiers sowie der
Umstand, daß jede Forderung auf England nicht nur auf Gold lautete, sondern
auch sicher und auf alle Fälle in Gold eingelöst wurde. Jedenfalls machte die
außerordentliche, für Jahrzehnte fast monopolartige Stellung des englischen Welt¬
handels das Pfund Sterling zum verbreiterten internationalen Zahlungsmittel.
Und nicht nur das, die Firmen der Londoner Banken und Bankiers wurden
auch an allen Welthandelsplätzen so bekannt, daß Wechsel auf andere Länder
und in anderer Währung nur mit Schwierigkeit unterzubringen waren. Es
liegt auf der Hand, daß England aus diesen Vermittlerdiensten ganz enorme
Gewinne zog, und ebenso selbstverständlich ist es, daß demgegenüber der Wunsch
immer dringender wurde, solche Zahlungen, die ganz ohne Gegenwert blieben,
Zu vermeiden und die erheblichen Gebühren dem Inlande zuzuführen.

Vor dem Kriege wollte es indessen trotz lebhafter Bemühungen nicht gelingen,
" die durch jahrzehntelange Gewöhnung selbstverständlich gewordene Über¬
legenheit der englischen Währung eine Bresche zu legen. Jetzt ist aber der Zeit-
Punkt gekommen, wo man sagen darf, daß das englische Pfund Sterling in
seiner Eigenschaft als international beherrschende Valuta entthront werden wird.

Den Ausgangspunkt für diese in sicherer Aussicht stehende Entwicklung bildet
die schon bald nach Ausbruch des Krieges von der internationalen Geschäfts-


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[0311] [Abbildung] Die künftige Stellung des Markwechsels auf dem Weltmärkte Dr. Ernst Vberfohren von is in die letzte Zeit vor dem Weltkriege galt es infolge der Vor- Machtstellung Englands im internationalen Zahlungsverkehr als selbstverständlich, daß außer den englischen Kaufleuten auch die am internationalen Warenhandel teilnehmenden Interessenten aller anderen Länder sich zum Ausgleich der gegenseitigen Forderungen Zum größten Teil der Londoner Einrichtungen bedienten. Daß London von allen Weltmarktsmittelpunkten zum bevorzugten Abwicklungsplatz aller Zahlungs¬ verbindlichkeiten wurde, lag zunächst darin begründet, daß England seit langer Zeit im internationalen Warengeschäft eine Vorherrschaft inne hatte, die einen Ausfluß der zahlreichen Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs nach allen Ländern der Welt darstellte. Hinzu kam als Grund das absolute Ver. trauen in die Kreditwürdigkeit der englischen Banken und Bankiers sowie der Umstand, daß jede Forderung auf England nicht nur auf Gold lautete, sondern auch sicher und auf alle Fälle in Gold eingelöst wurde. Jedenfalls machte die außerordentliche, für Jahrzehnte fast monopolartige Stellung des englischen Welt¬ handels das Pfund Sterling zum verbreiterten internationalen Zahlungsmittel. Und nicht nur das, die Firmen der Londoner Banken und Bankiers wurden auch an allen Welthandelsplätzen so bekannt, daß Wechsel auf andere Länder und in anderer Währung nur mit Schwierigkeit unterzubringen waren. Es liegt auf der Hand, daß England aus diesen Vermittlerdiensten ganz enorme Gewinne zog, und ebenso selbstverständlich ist es, daß demgegenüber der Wunsch immer dringender wurde, solche Zahlungen, die ganz ohne Gegenwert blieben, Zu vermeiden und die erheblichen Gebühren dem Inlande zuzuführen. Vor dem Kriege wollte es indessen trotz lebhafter Bemühungen nicht gelingen, " die durch jahrzehntelange Gewöhnung selbstverständlich gewordene Über¬ legenheit der englischen Währung eine Bresche zu legen. Jetzt ist aber der Zeit- Punkt gekommen, wo man sagen darf, daß das englische Pfund Sterling in seiner Eigenschaft als international beherrschende Valuta entthront werden wird. Den Ausgangspunkt für diese in sicherer Aussicht stehende Entwicklung bildet die schon bald nach Ausbruch des Krieges von der internationalen Geschäfts-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/311>, abgerufen am 19.05.2024.