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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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ländischen Deutschtums versäumt worden ist.
Glücklicherweise sind heute die Gelegenheiten
wiedererstanden, Versäumtes nachzuholen. Ein
Aufblühen des Deutschtums ist bei nötigem
Takt gegen die lettische Bevölkerung, gegen
die Besonderheiten der eingesessener Deutschen,
des Adels und der Gebildeten, zu erwarten.
Partenius' Buch kann zur Erfüllung dieser
uns Reichsdeutschen gewordenen Aufgabe nur
beitragen, da eS wie selten den kulturellen
Wert und die geistige Atmosphäre Kurlands
gestaltet.

Allerdings nur aus der ersten Hälfte des
neunzehnten Jahrhunderts. In Verbindung
mit der Geschichte seiner 17S7 aus Pommern
eingewanderten Familie zeichnet Pcmtenius
die Schicksale des Landes unter den beiden
letzten Herzögen von Kurland. Die Lebens-
und Kulturverhältnisse werden erst eingehen¬
der und anschaulicher geschildert mit der Ge¬
staltung der Großeltern des Verfassers, seines
väterlichen Großvaters, eines Pastors in Grün¬
hof, vier Meilen von Mitau, und seines
mütterlichen Großvaters AdamConradi, Pastors
in Sallgallen. Die Verbindung zum russischen
Reiche stellt ein Großonkel dar, der es im
russischen Heere bis zum General brachte.
Partenius' Vater war wieder Pastor: ein
überaus tätiger Mann, dessen nur kurzes
Leben nicht nur den Amtspflichten gehörte,
sondern sich vor allem der Hebung des letti¬
schen Volkes zuwandte; als Gründer und
Leiter einer lettischen Zeitung, als Förderer
und Verfasser keltischer Literatur, als Gönner
der lettischen Volksschulen hat er sich die
reichsten Verdienste um das Land erworben.
Von ihnen erbte Theodor Hermann auch sein
schriftstellerisches Talent. Der Sohn wäre
Wohl im Lande geblieben und hätte seines
Vaters Arbeit im Lettenvolke fortgesetzt,
wenn der Vater nicht so früh gestorben wäre.
Er wuchs in Sallgallen und in Mitau bei
Verwandten auf und ging später -- 18S2
-- nach Deutschland, um wie seine Vorfahren
Theologe zu werden. Dadurch entging ihm
das eigenartige Dorpater Studentenleben,
von dem er nur nach Hörensagen Reizvolles
berichtet. Er gehörte seiner Geburt nach also
der Schicht der "Literaten" an; diesem streng
zusammenhaltenden Stande entsprachen die

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besitzenden Klassen, der Landadel; das Volk
wieder schied sich in Handwerker und Bauern.
Partenius, der das Land wie die kleinen
Städte genau kennen lernte, war dadurch
auch in allen Schichten, unter den Deutschen
wie unter den Letten, heimisch. Sein Urteil
in kurländischen Dingen und über Kurländer,
unter denen eS damals sehr viele "Originale"
gab, ist getragen von einer tiefen Heimat¬
liebe, zugleich aber stets sachlich-kritisch,
realistisch-wahrheitsgetreu. Das Vertrauen
zu den Erinnerungen wächst, je mehr man
sich darein vertieft. Nachdem Partenius als
neunzehnjähriger Student nach Berlin ge¬
kommen war und Erlangen zum Abschluß
seines Studiums ausgesucht hatte, ist er nur
noch besuchsweise nach Kurland gekommen.
Der alten Heimat hohe Kultur kam aber
der neuen Heimat, ganz Deutschland, frucht¬
bar zugute im "Daheim", in dem manches
vom Geiste der Kurländer "Literaten" lebendig
blieb. --

Hanns Martin Elster
Ariegsberichts

Bernhard Kellermann. Der Krieg im
Weste". Berlin, 1916. S. Fischer Verlag.

Bisher hat noch jeder Krieg denen, die
den Krieg, seine Taten, Geschehnisse und
Ereignisse, sein Erleben und seine Form aus
der Ferne durch Lesen von Berichten und
Schilderungen kennen lernen, nacherleben
mußten, die große Enttäuschung gebracht,
daß die Kunst der Berichterstattung durch
Wort und Druck bei weitem nicht ausreicht,
um auch nur eine ahnungsvoll zutreffende
Vorstellung vom Kampf und von der Front
zu geben. Wenn wir ehrlich sind, müssen
wir, ohne die Arbeit unserer Kriegsbericht¬
erstatter und den Wert ihrer Arbeit herab¬
setzen zu wollen, auch heute offen gestehen,
daß nur in den seltensten Fällen befriedi¬
gende, der Größe des Geschehens entsprechende
Berichte zu uns in die Heimat gelangen.

Zu diesen seltensten Fällen trugen Bern¬
hard Kellermanns Berichte, die er im Ber¬
liner Tageblatt veröffentlichte und jetzt ge¬
sammelt in Buchform vorlegt, gewiß den

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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ländischen Deutschtums versäumt worden ist.
Glücklicherweise sind heute die Gelegenheiten
wiedererstanden, Versäumtes nachzuholen. Ein
Aufblühen des Deutschtums ist bei nötigem
Takt gegen die lettische Bevölkerung, gegen
die Besonderheiten der eingesessener Deutschen,
des Adels und der Gebildeten, zu erwarten.
Partenius' Buch kann zur Erfüllung dieser
uns Reichsdeutschen gewordenen Aufgabe nur
beitragen, da eS wie selten den kulturellen
Wert und die geistige Atmosphäre Kurlands
gestaltet.

Allerdings nur aus der ersten Hälfte des
neunzehnten Jahrhunderts. In Verbindung
mit der Geschichte seiner 17S7 aus Pommern
eingewanderten Familie zeichnet Pcmtenius
die Schicksale des Landes unter den beiden
letzten Herzögen von Kurland. Die Lebens-
und Kulturverhältnisse werden erst eingehen¬
der und anschaulicher geschildert mit der Ge¬
staltung der Großeltern des Verfassers, seines
väterlichen Großvaters, eines Pastors in Grün¬
hof, vier Meilen von Mitau, und seines
mütterlichen Großvaters AdamConradi, Pastors
in Sallgallen. Die Verbindung zum russischen
Reiche stellt ein Großonkel dar, der es im
russischen Heere bis zum General brachte.
Partenius' Vater war wieder Pastor: ein
überaus tätiger Mann, dessen nur kurzes
Leben nicht nur den Amtspflichten gehörte,
sondern sich vor allem der Hebung des letti¬
schen Volkes zuwandte; als Gründer und
Leiter einer lettischen Zeitung, als Förderer
und Verfasser keltischer Literatur, als Gönner
der lettischen Volksschulen hat er sich die
reichsten Verdienste um das Land erworben.
Von ihnen erbte Theodor Hermann auch sein
schriftstellerisches Talent. Der Sohn wäre
Wohl im Lande geblieben und hätte seines
Vaters Arbeit im Lettenvolke fortgesetzt,
wenn der Vater nicht so früh gestorben wäre.
Er wuchs in Sallgallen und in Mitau bei
Verwandten auf und ging später — 18S2
— nach Deutschland, um wie seine Vorfahren
Theologe zu werden. Dadurch entging ihm
das eigenartige Dorpater Studentenleben,
von dem er nur nach Hörensagen Reizvolles
berichtet. Er gehörte seiner Geburt nach also
der Schicht der „Literaten" an; diesem streng
zusammenhaltenden Stande entsprachen die

[Spaltenumbruch]

besitzenden Klassen, der Landadel; das Volk
wieder schied sich in Handwerker und Bauern.
Partenius, der das Land wie die kleinen
Städte genau kennen lernte, war dadurch
auch in allen Schichten, unter den Deutschen
wie unter den Letten, heimisch. Sein Urteil
in kurländischen Dingen und über Kurländer,
unter denen eS damals sehr viele „Originale"
gab, ist getragen von einer tiefen Heimat¬
liebe, zugleich aber stets sachlich-kritisch,
realistisch-wahrheitsgetreu. Das Vertrauen
zu den Erinnerungen wächst, je mehr man
sich darein vertieft. Nachdem Partenius als
neunzehnjähriger Student nach Berlin ge¬
kommen war und Erlangen zum Abschluß
seines Studiums ausgesucht hatte, ist er nur
noch besuchsweise nach Kurland gekommen.
Der alten Heimat hohe Kultur kam aber
der neuen Heimat, ganz Deutschland, frucht¬
bar zugute im „Daheim", in dem manches
vom Geiste der Kurländer „Literaten" lebendig
blieb. —

Hanns Martin Elster
Ariegsberichts

Bernhard Kellermann. Der Krieg im
Weste». Berlin, 1916. S. Fischer Verlag.

Bisher hat noch jeder Krieg denen, die
den Krieg, seine Taten, Geschehnisse und
Ereignisse, sein Erleben und seine Form aus
der Ferne durch Lesen von Berichten und
Schilderungen kennen lernen, nacherleben
mußten, die große Enttäuschung gebracht,
daß die Kunst der Berichterstattung durch
Wort und Druck bei weitem nicht ausreicht,
um auch nur eine ahnungsvoll zutreffende
Vorstellung vom Kampf und von der Front
zu geben. Wenn wir ehrlich sind, müssen
wir, ohne die Arbeit unserer Kriegsbericht¬
erstatter und den Wert ihrer Arbeit herab¬
setzen zu wollen, auch heute offen gestehen,
daß nur in den seltensten Fällen befriedi¬
gende, der Größe des Geschehens entsprechende
Berichte zu uns in die Heimat gelangen.

Zu diesen seltensten Fällen trugen Bern¬
hard Kellermanns Berichte, die er im Ber¬
liner Tageblatt veröffentlichte und jetzt ge¬
sammelt in Buchform vorlegt, gewiß den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/74>, abgerufen am 30.04.2024.