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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Ein ständiger Finanzausschuß
Justizrat Bamberger von

egationsrat Freiherr von Richthofen, hat in einem beachtenswerten
Aufsatz*) die Bildung einer Kommission für auswärtige Angelegen¬
heiten empfohlen. Er weist ebenso maßvoll, wie unzweideutig
darauf hin, daß die Wünsche des Reichstages nach einem be-
scheidenen Anteil an den Entschließungen der Negierung in den
wichtigsten Angelegenheiten weder bei der Entstehung des Weltkrieges, noch bei
den seitdem aufgetretenen politischen Fragen Berücksichtigung gefunden hätten.
Während der langwierigen Verhandlungen, welche der italienischen Kriegs¬
erklärung vorausgingen, habe der Reichstag die Rolle eines stummen Zu¬
schauers spielen müssen. Auch bei dem Abschluß des Bündnisses mit der
Türkei und mit Bulgarien sei dem Reichstag nicht der geringste Einfluß ein¬
geräumt. Ebenso finde bei den jetzt im Vordergrunde stehenden Fragen des
Unterseebootskrieges und der Kriegsziele keinerlei Mitwirkung der Volksvertretung
statt, obwohl die Lösung dieser Fragen die Lebensinteressen der Nation be¬
rühre. Daher insbesondere schreibe sich das Mißtrauen der Bevölkerung, das
die Regierung so oft beklagt habe. Nach von Richthofen entspricht es nur
der außerordentlichen Lage und wird auch zur Beruhigung der Bevölkerung
beitragen, wenn für die Dauer des Krieges auch auf dem Gebiete der aus¬
wärtigen Angelegenheiten ein Zusammenarbeiten der Regierung mit der Volks¬
vertretung ermöglicht werde. Zu dem Zweck empfiehlt er die Einsetzung einer
ständigen Kommission mit der Aufgabe, nicht nur Vorträge entgegenzunehmen,
sondern auch auf Grund der Einsichtnahme in das Material sich ein Urteil
über die politische und militärische Lage zu bilden und dann mit zu beraten.
Die Berechtigung zu einer solchen Mahnung wird man dem Verfasser, der dem
Reichstag, wie dem Auswärtigen Amt lange genug angehört hat, um die
Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme beurteilen zu können, kaum be¬
streikn. Der sehr bemerkenswerte Gedanke soll hier nicht weiter verfolgt
werden. Doch ist es wohl kein Zufall, wenn von Richthofen für die aus¬
wärtigen Angelegenheiten eine Maßregel empfiehlt, wie ich sie in den "Grenz¬
boten" vom 31. Mai 1916 für die Finanzen glaubte, vorschlagen zu sollen.
Es wurde dort befürwortet, behufs Deckung der durch den Krieg verursachten



*) In Ur. 623 der "Magdeburgischen Zeitung" vom 16. Juli 191ö.


Ein ständiger Finanzausschuß
Justizrat Bamberger von

egationsrat Freiherr von Richthofen, hat in einem beachtenswerten
Aufsatz*) die Bildung einer Kommission für auswärtige Angelegen¬
heiten empfohlen. Er weist ebenso maßvoll, wie unzweideutig
darauf hin, daß die Wünsche des Reichstages nach einem be-
scheidenen Anteil an den Entschließungen der Negierung in den
wichtigsten Angelegenheiten weder bei der Entstehung des Weltkrieges, noch bei
den seitdem aufgetretenen politischen Fragen Berücksichtigung gefunden hätten.
Während der langwierigen Verhandlungen, welche der italienischen Kriegs¬
erklärung vorausgingen, habe der Reichstag die Rolle eines stummen Zu¬
schauers spielen müssen. Auch bei dem Abschluß des Bündnisses mit der
Türkei und mit Bulgarien sei dem Reichstag nicht der geringste Einfluß ein¬
geräumt. Ebenso finde bei den jetzt im Vordergrunde stehenden Fragen des
Unterseebootskrieges und der Kriegsziele keinerlei Mitwirkung der Volksvertretung
statt, obwohl die Lösung dieser Fragen die Lebensinteressen der Nation be¬
rühre. Daher insbesondere schreibe sich das Mißtrauen der Bevölkerung, das
die Regierung so oft beklagt habe. Nach von Richthofen entspricht es nur
der außerordentlichen Lage und wird auch zur Beruhigung der Bevölkerung
beitragen, wenn für die Dauer des Krieges auch auf dem Gebiete der aus¬
wärtigen Angelegenheiten ein Zusammenarbeiten der Regierung mit der Volks¬
vertretung ermöglicht werde. Zu dem Zweck empfiehlt er die Einsetzung einer
ständigen Kommission mit der Aufgabe, nicht nur Vorträge entgegenzunehmen,
sondern auch auf Grund der Einsichtnahme in das Material sich ein Urteil
über die politische und militärische Lage zu bilden und dann mit zu beraten.
Die Berechtigung zu einer solchen Mahnung wird man dem Verfasser, der dem
Reichstag, wie dem Auswärtigen Amt lange genug angehört hat, um die
Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme beurteilen zu können, kaum be¬
streikn. Der sehr bemerkenswerte Gedanke soll hier nicht weiter verfolgt
werden. Doch ist es wohl kein Zufall, wenn von Richthofen für die aus¬
wärtigen Angelegenheiten eine Maßregel empfiehlt, wie ich sie in den „Grenz¬
boten" vom 31. Mai 1916 für die Finanzen glaubte, vorschlagen zu sollen.
Es wurde dort befürwortet, behufs Deckung der durch den Krieg verursachten



*) In Ur. 623 der „Magdeburgischen Zeitung" vom 16. Juli 191ö.
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[0289] [Abbildung] Ein ständiger Finanzausschuß Justizrat Bamberger von egationsrat Freiherr von Richthofen, hat in einem beachtenswerten Aufsatz*) die Bildung einer Kommission für auswärtige Angelegen¬ heiten empfohlen. Er weist ebenso maßvoll, wie unzweideutig darauf hin, daß die Wünsche des Reichstages nach einem be- scheidenen Anteil an den Entschließungen der Negierung in den wichtigsten Angelegenheiten weder bei der Entstehung des Weltkrieges, noch bei den seitdem aufgetretenen politischen Fragen Berücksichtigung gefunden hätten. Während der langwierigen Verhandlungen, welche der italienischen Kriegs¬ erklärung vorausgingen, habe der Reichstag die Rolle eines stummen Zu¬ schauers spielen müssen. Auch bei dem Abschluß des Bündnisses mit der Türkei und mit Bulgarien sei dem Reichstag nicht der geringste Einfluß ein¬ geräumt. Ebenso finde bei den jetzt im Vordergrunde stehenden Fragen des Unterseebootskrieges und der Kriegsziele keinerlei Mitwirkung der Volksvertretung statt, obwohl die Lösung dieser Fragen die Lebensinteressen der Nation be¬ rühre. Daher insbesondere schreibe sich das Mißtrauen der Bevölkerung, das die Regierung so oft beklagt habe. Nach von Richthofen entspricht es nur der außerordentlichen Lage und wird auch zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen, wenn für die Dauer des Krieges auch auf dem Gebiete der aus¬ wärtigen Angelegenheiten ein Zusammenarbeiten der Regierung mit der Volks¬ vertretung ermöglicht werde. Zu dem Zweck empfiehlt er die Einsetzung einer ständigen Kommission mit der Aufgabe, nicht nur Vorträge entgegenzunehmen, sondern auch auf Grund der Einsichtnahme in das Material sich ein Urteil über die politische und militärische Lage zu bilden und dann mit zu beraten. Die Berechtigung zu einer solchen Mahnung wird man dem Verfasser, der dem Reichstag, wie dem Auswärtigen Amt lange genug angehört hat, um die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme beurteilen zu können, kaum be¬ streikn. Der sehr bemerkenswerte Gedanke soll hier nicht weiter verfolgt werden. Doch ist es wohl kein Zufall, wenn von Richthofen für die aus¬ wärtigen Angelegenheiten eine Maßregel empfiehlt, wie ich sie in den „Grenz¬ boten" vom 31. Mai 1916 für die Finanzen glaubte, vorschlagen zu sollen. Es wurde dort befürwortet, behufs Deckung der durch den Krieg verursachten *) In Ur. 623 der „Magdeburgischen Zeitung" vom 16. Juli 191ö.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/289>, abgerufen am 06.05.2024.