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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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politische Literatur

das gewaltige Gebiet der plötzlich im Flammenschein vor uns ausgebreiteten
Probleme der auswärtigen Politik gezwungen. Nicht die geringste der dringender
Lösung harrenden Fragen ist die: mit welchen Mitteln müssen wir diese Ver¬
zerrung deutschen Wesens berichtigen? In welche Bahnen muß unsere Propaganda
im Ausland geleitet werden, um der deutschen Arbeit und Politik dort den
Boden zu bereiten und fruchtbar zu erhalten?

Die besprochene Schrift weist hier die Richtung. Ich entnehme ihr nur
einige Hauptpunkte.

Die Grundforderung für eine wirkungsvolle Propaganda sieht Haas in ihrem
mnemotechnisch richtigen organisierten Aufbau, d. h. sie darf sich nie widersprechen
und muß in faßlicher einleuchtender Weise -- wenn auch der Form nach tausendfach
variiert -- die gleichen Grundsätze dem Gedächtnis einhämmern. Sie muß Lang¬
weiligkeit und Belehrung meiden. Der Verfasser drückt sich treffend aus: "Sie
muß die fremden Völker davon unterrichten, waS in Deutschland vor sich geht:
aber sie darf sie nicht darin unterrichten." Sie muß die vom Ausland bereits
verwendeten Mittel der Unterhaltung und Belehrung, wie etwa Kino, Theater usw.,
sich zunutze machen und so in direkter Weise und unaufdringlich ihre Ziele zu
erreichen suchen. Alles zu dem Endzweck aller Propaganda: "Das Ausland unter
Umgehung des fremden, deutschfeindlichen Nachrichten- und sonstigen Dienstes
über deutsche Dinge zu unterrichten."

Für diese formale Seite unserer Werbearbeit können wir von den Gegnern
viel lernen, wenn uns auch unsere Eigenart auf eigene Wege zwingt. Inhaltlich
aber bietet der gewaltige Komplex, deutscher Kultur und deutschen Wirtschafts-
lebens eine Fülle immer neuen Stoffes, den wir unverfälscht und mit Selbst¬
bewußtsein zu verwalten haben.

In einem letzten Kapitel macht Haas einige höchst lesenswerte Mitteilungen
über die Organisation unseres täglichen Nachrichtendienstes, der uns heute mit dem
nahen und fernen Ausland, trotz der fast lückenlosen Absperrung unserer Verkehrs¬
wege, verbindet.

Wir ersehen daraus, daß mit frischen Kräften auch auf diesem Gebiete der
Gegner niedergerungen wird und daß schon eifrig die Wege geebnet werden, auf
denen in künftigen Friedenszeiten das deutsche Volk zu neuer Arbeit an die alten
Plätze in der Welt schreiten soll.


Dr. Ronrad votiere
Bovenschen, Frankreichs Schande. Verlag von Gerhard Stalling, Oldenburg i. Gr.

Ein nützliches und leider notwendiges Buch, das aufklärend zu wirken und
den Willen zu energischer Kriegsführung gegen Frankreich zu stärken geeignet ist.

Über die Umgestaltung der Landkarte Osteuropas darf, nach dem Vorgange
unseres Reichskanzlers, heute so ziemlich alles gesagt und geschrieben werden.
Über positive Kriegsziele im Westen schweigen dagegen unsere Diplomaten und
hält die nationale Presse, Ballinisch ausgedrückt, das Maul; nur selten spricht ein
Parteiführer ein offenes Wort.

Der Quitte-Verein "Völkerrecht" z. B. predigt dem deutschen Michel den
Verzicht Deutschlands auf jede Gebietserweiterung, ausgerechnet Deutschlands, das
um sein Dasein kämpft, das, wenn niedergezwungen, erbarmungslos aufgeteilt


politische Literatur

das gewaltige Gebiet der plötzlich im Flammenschein vor uns ausgebreiteten
Probleme der auswärtigen Politik gezwungen. Nicht die geringste der dringender
Lösung harrenden Fragen ist die: mit welchen Mitteln müssen wir diese Ver¬
zerrung deutschen Wesens berichtigen? In welche Bahnen muß unsere Propaganda
im Ausland geleitet werden, um der deutschen Arbeit und Politik dort den
Boden zu bereiten und fruchtbar zu erhalten?

Die besprochene Schrift weist hier die Richtung. Ich entnehme ihr nur
einige Hauptpunkte.

Die Grundforderung für eine wirkungsvolle Propaganda sieht Haas in ihrem
mnemotechnisch richtigen organisierten Aufbau, d. h. sie darf sich nie widersprechen
und muß in faßlicher einleuchtender Weise — wenn auch der Form nach tausendfach
variiert — die gleichen Grundsätze dem Gedächtnis einhämmern. Sie muß Lang¬
weiligkeit und Belehrung meiden. Der Verfasser drückt sich treffend aus: „Sie
muß die fremden Völker davon unterrichten, waS in Deutschland vor sich geht:
aber sie darf sie nicht darin unterrichten." Sie muß die vom Ausland bereits
verwendeten Mittel der Unterhaltung und Belehrung, wie etwa Kino, Theater usw.,
sich zunutze machen und so in direkter Weise und unaufdringlich ihre Ziele zu
erreichen suchen. Alles zu dem Endzweck aller Propaganda: „Das Ausland unter
Umgehung des fremden, deutschfeindlichen Nachrichten- und sonstigen Dienstes
über deutsche Dinge zu unterrichten."

Für diese formale Seite unserer Werbearbeit können wir von den Gegnern
viel lernen, wenn uns auch unsere Eigenart auf eigene Wege zwingt. Inhaltlich
aber bietet der gewaltige Komplex, deutscher Kultur und deutschen Wirtschafts-
lebens eine Fülle immer neuen Stoffes, den wir unverfälscht und mit Selbst¬
bewußtsein zu verwalten haben.

In einem letzten Kapitel macht Haas einige höchst lesenswerte Mitteilungen
über die Organisation unseres täglichen Nachrichtendienstes, der uns heute mit dem
nahen und fernen Ausland, trotz der fast lückenlosen Absperrung unserer Verkehrs¬
wege, verbindet.

Wir ersehen daraus, daß mit frischen Kräften auch auf diesem Gebiete der
Gegner niedergerungen wird und daß schon eifrig die Wege geebnet werden, auf
denen in künftigen Friedenszeiten das deutsche Volk zu neuer Arbeit an die alten
Plätze in der Welt schreiten soll.


Dr. Ronrad votiere
Bovenschen, Frankreichs Schande. Verlag von Gerhard Stalling, Oldenburg i. Gr.

Ein nützliches und leider notwendiges Buch, das aufklärend zu wirken und
den Willen zu energischer Kriegsführung gegen Frankreich zu stärken geeignet ist.

Über die Umgestaltung der Landkarte Osteuropas darf, nach dem Vorgange
unseres Reichskanzlers, heute so ziemlich alles gesagt und geschrieben werden.
Über positive Kriegsziele im Westen schweigen dagegen unsere Diplomaten und
hält die nationale Presse, Ballinisch ausgedrückt, das Maul; nur selten spricht ein
Parteiführer ein offenes Wort.

Der Quitte-Verein „Völkerrecht" z. B. predigt dem deutschen Michel den
Verzicht Deutschlands auf jede Gebietserweiterung, ausgerechnet Deutschlands, das
um sein Dasein kämpft, das, wenn niedergezwungen, erbarmungslos aufgeteilt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/170>, abgerufen am 27.04.2024.