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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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erneuern zu wollen. -- Bestellungen
nimmt jede Buchhandlung und jede
Poftanstalt entgegen. Preis 6 M.
^Verlag der
Gren2boten
G. in. b. S.
Berlin 3>V n.

Palästina und unsere Feinde
v Fritz Hoxpe on Superintendent

ir haben einen kranken Mann auf dem Halse, einen sehr kranken
Mann", diese von Zar Nikolaus dem Ersten am 9. Januar 1853
an den englischen Gesandten Seymour gerichteten Worte haben
das klassische Wort von dem kranken Mann am Bosporus ge¬
prägt, und nicht nur Rußland, sondern auch seine heutigen Ver¬
bündeten haben alles getan, um diesen Kranken allmählich sterben zu lassen,
ja seinen Tod zu beschleunigen. Der letzte Balkankrieg sollte ihm den Gnadenstoß
versetzen, und als dieser mißlang, sollten die Gallipolikämpse von 1915 mit
ihrem beabsichtigten Durchbruch der Dardanellenstraße dem Patienten, der eben
erst seiner Genesung entgegenging, den tödlichen Rückfall bringen.

Rußland, England und Frankreich hatten in Friedenszeiten ja bereits gute
Vorarbeit getan. Ägypten, ein türkischer Vasallenstaat, war zum Genick des
englischen Koloß geworden, Frankreich legte immer mehr seine Hand auf das
Palästina vorgelagerte fruchtbare Libanongebiet, und der türkische Osten wurde
immer mehr durch die Aufteilung Persiens zwischen Rußland und England,
aber auch durch das russische Armenien bedroht.

Keinem der türkischen Landesteile aber brachten die europäischen Gro߬
mächte solch allgemeines Interesse entgegen wie dem nur 28 000 Quadratkilo-
Meter großen und von nur einundhalb Millionen bewohnten rauhen Küstenlande
Palästina. Während jedoch Deutschland auch hier sich als der uneigennützige
Freund der Türkei erzeigte, ließen unsere Feinde sich mehr oder weniger von
Eroberungsgelüsten leiten, um dieses Glied am Körper des kranken Mannes
für sich abzutrennen. Ist doch Palästina für das christliche Europa das Heilige
Tand, dessen Besitz für jedes christliche Volk in höchstem Maße erstrebenswert
ist, und noch immer ist dies Land die Völkerbrücke zwischen Afrika und Asien wie
das Einfallstor nach Ägypten, Grund genug für den Wunsch, es sein Eigen nennen


Grenzboten IV 191S Is .


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v Fritz Hoxpe on Superintendent

ir haben einen kranken Mann auf dem Halse, einen sehr kranken
Mann", diese von Zar Nikolaus dem Ersten am 9. Januar 1853
an den englischen Gesandten Seymour gerichteten Worte haben
das klassische Wort von dem kranken Mann am Bosporus ge¬
prägt, und nicht nur Rußland, sondern auch seine heutigen Ver¬
bündeten haben alles getan, um diesen Kranken allmählich sterben zu lassen,
ja seinen Tod zu beschleunigen. Der letzte Balkankrieg sollte ihm den Gnadenstoß
versetzen, und als dieser mißlang, sollten die Gallipolikämpse von 1915 mit
ihrem beabsichtigten Durchbruch der Dardanellenstraße dem Patienten, der eben
erst seiner Genesung entgegenging, den tödlichen Rückfall bringen.

Rußland, England und Frankreich hatten in Friedenszeiten ja bereits gute
Vorarbeit getan. Ägypten, ein türkischer Vasallenstaat, war zum Genick des
englischen Koloß geworden, Frankreich legte immer mehr seine Hand auf das
Palästina vorgelagerte fruchtbare Libanongebiet, und der türkische Osten wurde
immer mehr durch die Aufteilung Persiens zwischen Rußland und England,
aber auch durch das russische Armenien bedroht.

Keinem der türkischen Landesteile aber brachten die europäischen Gro߬
mächte solch allgemeines Interesse entgegen wie dem nur 28 000 Quadratkilo-
Meter großen und von nur einundhalb Millionen bewohnten rauhen Küstenlande
Palästina. Während jedoch Deutschland auch hier sich als der uneigennützige
Freund der Türkei erzeigte, ließen unsere Feinde sich mehr oder weniger von
Eroberungsgelüsten leiten, um dieses Glied am Körper des kranken Mannes
für sich abzutrennen. Ist doch Palästina für das christliche Europa das Heilige
Tand, dessen Besitz für jedes christliche Volk in höchstem Maße erstrebenswert
ist, und noch immer ist dies Land die Völkerbrücke zwischen Afrika und Asien wie
das Einfallstor nach Ägypten, Grund genug für den Wunsch, es sein Eigen nennen


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[0237] [Abbildung] Wir bitten die Freunde der :: :: :: das Abonnement zum I. Quartal 1917 erneuern zu wollen. — Bestellungen nimmt jede Buchhandlung und jede Poftanstalt entgegen. Preis 6 M. ^Verlag der Gren2boten G. in. b. S. Berlin 3>V n. Palästina und unsere Feinde v Fritz Hoxpe on Superintendent ir haben einen kranken Mann auf dem Halse, einen sehr kranken Mann", diese von Zar Nikolaus dem Ersten am 9. Januar 1853 an den englischen Gesandten Seymour gerichteten Worte haben das klassische Wort von dem kranken Mann am Bosporus ge¬ prägt, und nicht nur Rußland, sondern auch seine heutigen Ver¬ bündeten haben alles getan, um diesen Kranken allmählich sterben zu lassen, ja seinen Tod zu beschleunigen. Der letzte Balkankrieg sollte ihm den Gnadenstoß versetzen, und als dieser mißlang, sollten die Gallipolikämpse von 1915 mit ihrem beabsichtigten Durchbruch der Dardanellenstraße dem Patienten, der eben erst seiner Genesung entgegenging, den tödlichen Rückfall bringen. Rußland, England und Frankreich hatten in Friedenszeiten ja bereits gute Vorarbeit getan. Ägypten, ein türkischer Vasallenstaat, war zum Genick des englischen Koloß geworden, Frankreich legte immer mehr seine Hand auf das Palästina vorgelagerte fruchtbare Libanongebiet, und der türkische Osten wurde immer mehr durch die Aufteilung Persiens zwischen Rußland und England, aber auch durch das russische Armenien bedroht. Keinem der türkischen Landesteile aber brachten die europäischen Gro߬ mächte solch allgemeines Interesse entgegen wie dem nur 28 000 Quadratkilo- Meter großen und von nur einundhalb Millionen bewohnten rauhen Küstenlande Palästina. Während jedoch Deutschland auch hier sich als der uneigennützige Freund der Türkei erzeigte, ließen unsere Feinde sich mehr oder weniger von Eroberungsgelüsten leiten, um dieses Glied am Körper des kranken Mannes für sich abzutrennen. Ist doch Palästina für das christliche Europa das Heilige Tand, dessen Besitz für jedes christliche Volk in höchstem Maße erstrebenswert ist, und noch immer ist dies Land die Völkerbrücke zwischen Afrika und Asien wie das Einfallstor nach Ägypten, Grund genug für den Wunsch, es sein Eigen nennen Grenzboten IV 191S Is .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/237>, abgerufen am 28.04.2024.