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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Aarl August von Sachsen-Weimar in Belgien
Die Anfänge der provisorischen Regierung im Jahre l8^")
Professor Dr. Gelo Lartellieri von

ewahrt wohl das Wort Ordnung, Einwohner von Belgien! Möge
das einst so blühende Belgien wieder erstehen, unter dem Schutze
des Friedens und der Ruhe!"

So ermahnte Herzog Karl August von Sachsen-Weimar die
Belgier in der Proklamation, die er mit dem General von Bülow,
dem Führer des preußischen dritten Korps, vor ihrem Einzug in Brüssel erließ.
Als allerwärts die Freiheitsfeuer loderten, da hatte auch der hochgesinnte
deutschfühlende Fürst zu dem Schwert gegriffen. "I^e purae le piu8 remuant
as I'Lurope", wie ihn Napoleon ärgerlich genannt hatte, war "stolz des hohen
Berufes, einen so edlen und mannhaften Teil der deutschen Waffenbrüder ip
den heiligen Kampf führen zu können". Er übernahm das deutsche dritte Armee¬
korps, das sich aus königlich sächsischen, herzoglich sächsischen, schwarzburgischen
und anhaltischen Truppen zusammensetzte und erhielt gleichzeitig das Ober¬
kommando über alle in Holland und Belgien stehenden Truppen.

Seine Aufgabe war, Belgien vom Feinde zu säubern und gesicherte Zu¬
stände zu schaffen, um die Hilfsquellen des reichen Landes für das Hauptheer
nutzbar zu machen. "Ich führe den Krieg mit viel Weisheit", schrieb Karl
August seiner Gemahlin, "und ich hoffe, die Verbündeten werden mit mir zu¬
frieden sein".

Das Unternehmen war nicht leicht. Napoleon war noch nicht besiegt.
Karl August verfügte nur über wenig Truppen, und allerwärts hielten sich die
Franzosen noch in den festen Plätzen, sowohl in Ostende, Upern, Lille als in
Valenciennes, Maestricht und Maubeuge. In Antwerpen leitete in trefflichster
Weise der berühmte General Carnot die Verteidigung und sann mit seiner
starken Besatzung stets auf Ausfälle. Als der Herzog im März auf Blüchers
Forderung hin die preußischen Truppen abrücken lassen mußte, geriet er in die
größte Verlegenheit: General Maison versuchte sofort von Lille aus Gent
wiederzugewinnen und bemächtigte sich der Stadt durch einen Handstreich (am
26. März 1814). In Brüssel rechnete man mit der Ankunft der Franzosen.
Doch Karl August zwang durch geschickte Gegenmaßregeln den Gegner bereits



*) Vgl. im "Belgischen Kurier" vom 30. Oktober 1916 meinen Aufsatz: "Der Einzug
des Herzogs Karl August in Belgien".


Aarl August von Sachsen-Weimar in Belgien
Die Anfänge der provisorischen Regierung im Jahre l8^")
Professor Dr. Gelo Lartellieri von

ewahrt wohl das Wort Ordnung, Einwohner von Belgien! Möge
das einst so blühende Belgien wieder erstehen, unter dem Schutze
des Friedens und der Ruhe!"

So ermahnte Herzog Karl August von Sachsen-Weimar die
Belgier in der Proklamation, die er mit dem General von Bülow,
dem Führer des preußischen dritten Korps, vor ihrem Einzug in Brüssel erließ.
Als allerwärts die Freiheitsfeuer loderten, da hatte auch der hochgesinnte
deutschfühlende Fürst zu dem Schwert gegriffen. „I^e purae le piu8 remuant
as I'Lurope", wie ihn Napoleon ärgerlich genannt hatte, war „stolz des hohen
Berufes, einen so edlen und mannhaften Teil der deutschen Waffenbrüder ip
den heiligen Kampf führen zu können". Er übernahm das deutsche dritte Armee¬
korps, das sich aus königlich sächsischen, herzoglich sächsischen, schwarzburgischen
und anhaltischen Truppen zusammensetzte und erhielt gleichzeitig das Ober¬
kommando über alle in Holland und Belgien stehenden Truppen.

Seine Aufgabe war, Belgien vom Feinde zu säubern und gesicherte Zu¬
stände zu schaffen, um die Hilfsquellen des reichen Landes für das Hauptheer
nutzbar zu machen. „Ich führe den Krieg mit viel Weisheit", schrieb Karl
August seiner Gemahlin, „und ich hoffe, die Verbündeten werden mit mir zu¬
frieden sein".

Das Unternehmen war nicht leicht. Napoleon war noch nicht besiegt.
Karl August verfügte nur über wenig Truppen, und allerwärts hielten sich die
Franzosen noch in den festen Plätzen, sowohl in Ostende, Upern, Lille als in
Valenciennes, Maestricht und Maubeuge. In Antwerpen leitete in trefflichster
Weise der berühmte General Carnot die Verteidigung und sann mit seiner
starken Besatzung stets auf Ausfälle. Als der Herzog im März auf Blüchers
Forderung hin die preußischen Truppen abrücken lassen mußte, geriet er in die
größte Verlegenheit: General Maison versuchte sofort von Lille aus Gent
wiederzugewinnen und bemächtigte sich der Stadt durch einen Handstreich (am
26. März 1814). In Brüssel rechnete man mit der Ankunft der Franzosen.
Doch Karl August zwang durch geschickte Gegenmaßregeln den Gegner bereits



*) Vgl. im „Belgischen Kurier" vom 30. Oktober 1916 meinen Aufsatz: „Der Einzug
des Herzogs Karl August in Belgien".
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/104>, abgerufen am 02.05.2024.