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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

während die Urteilsfähigkeit, durch Lebens¬
erfahrung gefördert, in Vollreife steht, so soll
die Stimmenzahl, die ein Wähler mit Voll¬
endung seines funfzigsten Lebensjahres erreicht
hat, ihm nicht gekürzt werden, wenn sein
Berufseinkommen später sinkt oder aufhört.

Jedoch, wir stehen an einem Punkte welt¬
geschichtlicher Entwicklung, wo Neueinrich¬
tungen für unser Staatswesen eine seelische
Notwendigkeit geworden sind. Der Feldruf
schallt: Preußen voran. Und das Leidwort
laute: Nicht den Demagogen -- den Tüchtigen
E. Prücker freie Bahn.

Damit dürften die Hauptgesichtspunkte, die
sich aus dem Grundgedanken eines Tüchtig-
keitswahlrechts, nach Maßgabe des Berufs¬
einkommens, ergeben, erschöpft sein.


Literciturges chichte

Eine andere Erwägung führt zum Vor¬
schlag nner Zusatzstimme für diejenigen unserer
Mitbürger in Stadt und Land, die im eigenen
Hause ihren Wohnsitz haben. Den Eigen¬
heimern, ihnen, die fest auf festem Boden stehen,
Erben und Vererbern, ist, gegenüber hin-
undherflutenden, in Tagesströmungen be¬
fangenen unseßhaften Schichten, die Tendenz
zur Wahrung der Kontinuität unserer Poli¬
tischen Entwickelung vornehmlich zuzutrauen.
Der Hauptsatz des Programms preußischer
Zukunftspolitik aber muß lauten: Jeder ar¬
beitsamen Familie ihr Eigenheim.

Vreslaucr Beiträge zur Literaturgeschichte,
Neuere Folge. Herausgegeben von Max Koch
und Gregor Sarrazin; Heft 42: Julius
Leopold Klein als Dramatiker von Max
Glatzel; Heft 43: Herwegh als Übersetzer von
Werner Kilian; Heft 44: Goethes Propyläen
von Ernst Boehlich; Heft 45: Herders drama¬
tische Dichtungen von Amand Treutler;
Heft 47: Das Don Juan-Problem in der
neueren Dichtung von Hans Heckel; Heft 48.
Karl Gustow als Dramatiker von Eduard
Metis. Stuttgart 19 t4 und 1916 im Verlage
der Metzlerschen Buchhandlung G. in. b. H.

Bei den jetzigen Wahlrechtserörterungen
kommt immer wieder das Verhältniswahl¬
system zur Sprache. Da dabei allgemein die
Ansicht zutage tritt, das dieses System an die
Listenwahlform gebunden sei, die ihrerseits
schwere Bedenken erregt und große Schwierig¬
keiten bietet, so möge hier noch die Bemerkung
Platz finden, daß diese Verbindung keine not¬
wendige ist. Über alle Schwierigkeiten und
Bedenken kommt man hinweg, ja sie existieren
gar nicht, wenn man zum Verhältniswahl¬
system, gegründet auf Parteiwahl, greift. Das
heißt: jeder Wähler stimmt, ganz so wie jetzt,
für einen einzelnen Kandidaten seines Wahl¬
kreises, er erklärt sich aber außerdem auf demi
Wahlzettel für eine bestimmte Partei. Hieraus
ewibt sich für jede Partei im gesamten Staats¬
gebiet eine bestimmte Stimmensumme und
aus dieser die der Partei verhältnismäßig
Zukommende Abgeordnetenzahl. Zur Aus¬
übung der Mandate wären diejenigen unter
der Parteisirma gewählten Kandidaten be¬
rufen, die nach ihrer in einem einzelnen Wahl¬
kreise erlangten Stimmenzahl unter ihres¬
gleichen den Vorrang haben. Gegen dieses
System dürsten zutreffende Einwendungen
heoretisch-technischer Art nicht beizubringen

Wohl in keiner Zeit spürte man die
merkwürdige Lebensfremdheit, die unserer
litemrgeschichtlichen Forschung zumeist eigen
ist, so deutlich, wie in der Gegenwart.
Während draußen an der Front das mensch¬
liche Erlebnisvermögen auf das Höchste an¬
gespannt wird, durchackern daheim junge
Geister verstaubte, vergessene Bücher nach allen
Methoden philologisch-historischer Wissenschaft
und bieten die Frucht ihrer peinlichen Be¬
mühung als eine mehr oder weniger leidige
Dissertation dar, deren allgemeiner wie be¬
sonderer Lebenswert nur selten im Verhältnis
zur verbrauchten Zeit und Geisteskraft steht.
Mehr denn je wird jetzt offenbar, daß diese
vom engsten wissenschaftlichen Zwang ge¬
tragenen Arbeiten nicht vom Gesichtspunkte
der Gegenwart zu beurteilen sind, sondern
nur vom rein fachwissenschaftlichen Interesse
aus, für das sie allein auch Bedeutung haben
können, während man doch einst gehofft hatte,
mit ihrer öffentlichen Darbietung in Samm¬
lungen, Beiträgen, Folgen usw. eine Wirkung
auf das literarisch intereisierte öffentliche Leben
ausüben zu können. Dies braucht aber andere
Vermittler, als schulmäßig ausgebildete junge


Maßgebliches und Unmaßgebliches

während die Urteilsfähigkeit, durch Lebens¬
erfahrung gefördert, in Vollreife steht, so soll
die Stimmenzahl, die ein Wähler mit Voll¬
endung seines funfzigsten Lebensjahres erreicht
hat, ihm nicht gekürzt werden, wenn sein
Berufseinkommen später sinkt oder aufhört.

Jedoch, wir stehen an einem Punkte welt¬
geschichtlicher Entwicklung, wo Neueinrich¬
tungen für unser Staatswesen eine seelische
Notwendigkeit geworden sind. Der Feldruf
schallt: Preußen voran. Und das Leidwort
laute: Nicht den Demagogen — den Tüchtigen
E. Prücker freie Bahn.

Damit dürften die Hauptgesichtspunkte, die
sich aus dem Grundgedanken eines Tüchtig-
keitswahlrechts, nach Maßgabe des Berufs¬
einkommens, ergeben, erschöpft sein.


Literciturges chichte

Eine andere Erwägung führt zum Vor¬
schlag nner Zusatzstimme für diejenigen unserer
Mitbürger in Stadt und Land, die im eigenen
Hause ihren Wohnsitz haben. Den Eigen¬
heimern, ihnen, die fest auf festem Boden stehen,
Erben und Vererbern, ist, gegenüber hin-
undherflutenden, in Tagesströmungen be¬
fangenen unseßhaften Schichten, die Tendenz
zur Wahrung der Kontinuität unserer Poli¬
tischen Entwickelung vornehmlich zuzutrauen.
Der Hauptsatz des Programms preußischer
Zukunftspolitik aber muß lauten: Jeder ar¬
beitsamen Familie ihr Eigenheim.

Vreslaucr Beiträge zur Literaturgeschichte,
Neuere Folge. Herausgegeben von Max Koch
und Gregor Sarrazin; Heft 42: Julius
Leopold Klein als Dramatiker von Max
Glatzel; Heft 43: Herwegh als Übersetzer von
Werner Kilian; Heft 44: Goethes Propyläen
von Ernst Boehlich; Heft 45: Herders drama¬
tische Dichtungen von Amand Treutler;
Heft 47: Das Don Juan-Problem in der
neueren Dichtung von Hans Heckel; Heft 48.
Karl Gustow als Dramatiker von Eduard
Metis. Stuttgart 19 t4 und 1916 im Verlage
der Metzlerschen Buchhandlung G. in. b. H.

Bei den jetzigen Wahlrechtserörterungen
kommt immer wieder das Verhältniswahl¬
system zur Sprache. Da dabei allgemein die
Ansicht zutage tritt, das dieses System an die
Listenwahlform gebunden sei, die ihrerseits
schwere Bedenken erregt und große Schwierig¬
keiten bietet, so möge hier noch die Bemerkung
Platz finden, daß diese Verbindung keine not¬
wendige ist. Über alle Schwierigkeiten und
Bedenken kommt man hinweg, ja sie existieren
gar nicht, wenn man zum Verhältniswahl¬
system, gegründet auf Parteiwahl, greift. Das
heißt: jeder Wähler stimmt, ganz so wie jetzt,
für einen einzelnen Kandidaten seines Wahl¬
kreises, er erklärt sich aber außerdem auf demi
Wahlzettel für eine bestimmte Partei. Hieraus
ewibt sich für jede Partei im gesamten Staats¬
gebiet eine bestimmte Stimmensumme und
aus dieser die der Partei verhältnismäßig
Zukommende Abgeordnetenzahl. Zur Aus¬
übung der Mandate wären diejenigen unter
der Parteisirma gewählten Kandidaten be¬
rufen, die nach ihrer in einem einzelnen Wahl¬
kreise erlangten Stimmenzahl unter ihres¬
gleichen den Vorrang haben. Gegen dieses
System dürsten zutreffende Einwendungen
heoretisch-technischer Art nicht beizubringen

Wohl in keiner Zeit spürte man die
merkwürdige Lebensfremdheit, die unserer
litemrgeschichtlichen Forschung zumeist eigen
ist, so deutlich, wie in der Gegenwart.
Während draußen an der Front das mensch¬
liche Erlebnisvermögen auf das Höchste an¬
gespannt wird, durchackern daheim junge
Geister verstaubte, vergessene Bücher nach allen
Methoden philologisch-historischer Wissenschaft
und bieten die Frucht ihrer peinlichen Be¬
mühung als eine mehr oder weniger leidige
Dissertation dar, deren allgemeiner wie be¬
sonderer Lebenswert nur selten im Verhältnis
zur verbrauchten Zeit und Geisteskraft steht.
Mehr denn je wird jetzt offenbar, daß diese
vom engsten wissenschaftlichen Zwang ge¬
tragenen Arbeiten nicht vom Gesichtspunkte
der Gegenwart zu beurteilen sind, sondern
nur vom rein fachwissenschaftlichen Interesse
aus, für das sie allein auch Bedeutung haben
können, während man doch einst gehofft hatte,
mit ihrer öffentlichen Darbietung in Samm¬
lungen, Beiträgen, Folgen usw. eine Wirkung
auf das literarisch intereisierte öffentliche Leben
ausüben zu können. Dies braucht aber andere
Vermittler, als schulmäßig ausgebildete junge


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[0198] Maßgebliches und Unmaßgebliches während die Urteilsfähigkeit, durch Lebens¬ erfahrung gefördert, in Vollreife steht, so soll die Stimmenzahl, die ein Wähler mit Voll¬ endung seines funfzigsten Lebensjahres erreicht hat, ihm nicht gekürzt werden, wenn sein Berufseinkommen später sinkt oder aufhört. Jedoch, wir stehen an einem Punkte welt¬ geschichtlicher Entwicklung, wo Neueinrich¬ tungen für unser Staatswesen eine seelische Notwendigkeit geworden sind. Der Feldruf schallt: Preußen voran. Und das Leidwort laute: Nicht den Demagogen — den Tüchtigen E. Prücker freie Bahn. Damit dürften die Hauptgesichtspunkte, die sich aus dem Grundgedanken eines Tüchtig- keitswahlrechts, nach Maßgabe des Berufs¬ einkommens, ergeben, erschöpft sein. Literciturges chichte Eine andere Erwägung führt zum Vor¬ schlag nner Zusatzstimme für diejenigen unserer Mitbürger in Stadt und Land, die im eigenen Hause ihren Wohnsitz haben. Den Eigen¬ heimern, ihnen, die fest auf festem Boden stehen, Erben und Vererbern, ist, gegenüber hin- undherflutenden, in Tagesströmungen be¬ fangenen unseßhaften Schichten, die Tendenz zur Wahrung der Kontinuität unserer Poli¬ tischen Entwickelung vornehmlich zuzutrauen. Der Hauptsatz des Programms preußischer Zukunftspolitik aber muß lauten: Jeder ar¬ beitsamen Familie ihr Eigenheim. Vreslaucr Beiträge zur Literaturgeschichte, Neuere Folge. Herausgegeben von Max Koch und Gregor Sarrazin; Heft 42: Julius Leopold Klein als Dramatiker von Max Glatzel; Heft 43: Herwegh als Übersetzer von Werner Kilian; Heft 44: Goethes Propyläen von Ernst Boehlich; Heft 45: Herders drama¬ tische Dichtungen von Amand Treutler; Heft 47: Das Don Juan-Problem in der neueren Dichtung von Hans Heckel; Heft 48. Karl Gustow als Dramatiker von Eduard Metis. Stuttgart 19 t4 und 1916 im Verlage der Metzlerschen Buchhandlung G. in. b. H. Bei den jetzigen Wahlrechtserörterungen kommt immer wieder das Verhältniswahl¬ system zur Sprache. Da dabei allgemein die Ansicht zutage tritt, das dieses System an die Listenwahlform gebunden sei, die ihrerseits schwere Bedenken erregt und große Schwierig¬ keiten bietet, so möge hier noch die Bemerkung Platz finden, daß diese Verbindung keine not¬ wendige ist. Über alle Schwierigkeiten und Bedenken kommt man hinweg, ja sie existieren gar nicht, wenn man zum Verhältniswahl¬ system, gegründet auf Parteiwahl, greift. Das heißt: jeder Wähler stimmt, ganz so wie jetzt, für einen einzelnen Kandidaten seines Wahl¬ kreises, er erklärt sich aber außerdem auf demi Wahlzettel für eine bestimmte Partei. Hieraus ewibt sich für jede Partei im gesamten Staats¬ gebiet eine bestimmte Stimmensumme und aus dieser die der Partei verhältnismäßig Zukommende Abgeordnetenzahl. Zur Aus¬ übung der Mandate wären diejenigen unter der Parteisirma gewählten Kandidaten be¬ rufen, die nach ihrer in einem einzelnen Wahl¬ kreise erlangten Stimmenzahl unter ihres¬ gleichen den Vorrang haben. Gegen dieses System dürsten zutreffende Einwendungen heoretisch-technischer Art nicht beizubringen Wohl in keiner Zeit spürte man die merkwürdige Lebensfremdheit, die unserer litemrgeschichtlichen Forschung zumeist eigen ist, so deutlich, wie in der Gegenwart. Während draußen an der Front das mensch¬ liche Erlebnisvermögen auf das Höchste an¬ gespannt wird, durchackern daheim junge Geister verstaubte, vergessene Bücher nach allen Methoden philologisch-historischer Wissenschaft und bieten die Frucht ihrer peinlichen Be¬ mühung als eine mehr oder weniger leidige Dissertation dar, deren allgemeiner wie be¬ sonderer Lebenswert nur selten im Verhältnis zur verbrauchten Zeit und Geisteskraft steht. Mehr denn je wird jetzt offenbar, daß diese vom engsten wissenschaftlichen Zwang ge¬ tragenen Arbeiten nicht vom Gesichtspunkte der Gegenwart zu beurteilen sind, sondern nur vom rein fachwissenschaftlichen Interesse aus, für das sie allein auch Bedeutung haben können, während man doch einst gehofft hatte, mit ihrer öffentlichen Darbietung in Samm¬ lungen, Beiträgen, Folgen usw. eine Wirkung auf das literarisch intereisierte öffentliche Leben ausüben zu können. Dies braucht aber andere Vermittler, als schulmäßig ausgebildete junge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/198>, abgerufen am 08.05.2024.