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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Guatemala

und Einzelstaat "lex Imperfecta" zu bleiben brauchte. Ohne Vertrauen und
Nachgeben, wie in einer guten Ehe, wird auch im konstitutionell-monarchischen
Staate das Ziel innerer Harmonie und daraus entspringender äußerer Kraft
nicht erreicht und, wenn das Nachgeben dem historisch-politischen Verlauf ent¬
sprechend mehr auf Seiten der Monarchie liegt -- nun, so lehren die jüngsten
offiziellen Kundgebungen, daß hier der gute Wille dazu vorhanden ist. Sie
braucht als Zeichen der Zeit nicht jene extreme Forderung zu betrachten, an
die jüngst der "Vorwärts" die Unerschütterlichkeit des Hohenzollernthrones band.
Das Ideal des "patriotischen Königs" über den Parteien, wie es einst Lord
Bolingbroke für England verkündete, hat bei uns aus der Vergangenheit seinen
tiefen Sinn und wird ihn auch in Zukunft behalten.




Guatemala
Professor Dr. U. Sapper von

HU!is vor wenigen Wochen die Nachricht durch die Blätter ging, daß
die Republik Guatemala die diplomatischen Beziehungen zu uns
abgebrochen hätte, da durchzuckte es mich wie ein körperlicher
Schmerz, denn ich liebe dieses wunderschöne Land, in dem ich
l zwölf Jahre meines Lebens verbracht, in dem ich so vielfache
Förderung seitens der Regierung wie Privater erfahren hatte I Meine Freunde,
die solcher persönlicher Beziehungen zu dem kleinen Lande entbehren, zuckten Nur
verächtlich mit der Achsel und fanden den diplomatischen Schritt operettenhaft,
mit einem Stich ins Lächerliche. Nun ist freilich zuzugeben, daß die Tatsache
des Abbruches militärisch belanglos ist; aber wirtschaftlich ist sie für uns doch
keineswegs gleichgültig, denn das deutsche Kapital und das deutsche Volk sind
in dem kleinen Lande weit mehr interessiert, als in manchen anderen von
wesentlich größerer Ausdehnung und stärkerer Einwohnerzahl. Darum lohnt es
sich auch wohl, kurz das Land, seine Bewohner und seine wirtschaftliche Be¬
deutung zu charakterisieren.

1. Das Land

Guatemala ist eines der Länder Mittelamerikas und nimmt daher Teil
an der Gunst der Lage dieses schmalen Zwischenlandes, das in einer Längs-


Guatemala

und Einzelstaat „lex Imperfecta" zu bleiben brauchte. Ohne Vertrauen und
Nachgeben, wie in einer guten Ehe, wird auch im konstitutionell-monarchischen
Staate das Ziel innerer Harmonie und daraus entspringender äußerer Kraft
nicht erreicht und, wenn das Nachgeben dem historisch-politischen Verlauf ent¬
sprechend mehr auf Seiten der Monarchie liegt — nun, so lehren die jüngsten
offiziellen Kundgebungen, daß hier der gute Wille dazu vorhanden ist. Sie
braucht als Zeichen der Zeit nicht jene extreme Forderung zu betrachten, an
die jüngst der „Vorwärts" die Unerschütterlichkeit des Hohenzollernthrones band.
Das Ideal des „patriotischen Königs" über den Parteien, wie es einst Lord
Bolingbroke für England verkündete, hat bei uns aus der Vergangenheit seinen
tiefen Sinn und wird ihn auch in Zukunft behalten.




Guatemala
Professor Dr. U. Sapper von

HU!is vor wenigen Wochen die Nachricht durch die Blätter ging, daß
die Republik Guatemala die diplomatischen Beziehungen zu uns
abgebrochen hätte, da durchzuckte es mich wie ein körperlicher
Schmerz, denn ich liebe dieses wunderschöne Land, in dem ich
l zwölf Jahre meines Lebens verbracht, in dem ich so vielfache
Förderung seitens der Regierung wie Privater erfahren hatte I Meine Freunde,
die solcher persönlicher Beziehungen zu dem kleinen Lande entbehren, zuckten Nur
verächtlich mit der Achsel und fanden den diplomatischen Schritt operettenhaft,
mit einem Stich ins Lächerliche. Nun ist freilich zuzugeben, daß die Tatsache
des Abbruches militärisch belanglos ist; aber wirtschaftlich ist sie für uns doch
keineswegs gleichgültig, denn das deutsche Kapital und das deutsche Volk sind
in dem kleinen Lande weit mehr interessiert, als in manchen anderen von
wesentlich größerer Ausdehnung und stärkerer Einwohnerzahl. Darum lohnt es
sich auch wohl, kurz das Land, seine Bewohner und seine wirtschaftliche Be¬
deutung zu charakterisieren.

1. Das Land

Guatemala ist eines der Länder Mittelamerikas und nimmt daher Teil
an der Gunst der Lage dieses schmalen Zwischenlandes, das in einer Längs-


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[0387] Guatemala und Einzelstaat „lex Imperfecta" zu bleiben brauchte. Ohne Vertrauen und Nachgeben, wie in einer guten Ehe, wird auch im konstitutionell-monarchischen Staate das Ziel innerer Harmonie und daraus entspringender äußerer Kraft nicht erreicht und, wenn das Nachgeben dem historisch-politischen Verlauf ent¬ sprechend mehr auf Seiten der Monarchie liegt — nun, so lehren die jüngsten offiziellen Kundgebungen, daß hier der gute Wille dazu vorhanden ist. Sie braucht als Zeichen der Zeit nicht jene extreme Forderung zu betrachten, an die jüngst der „Vorwärts" die Unerschütterlichkeit des Hohenzollernthrones band. Das Ideal des „patriotischen Königs" über den Parteien, wie es einst Lord Bolingbroke für England verkündete, hat bei uns aus der Vergangenheit seinen tiefen Sinn und wird ihn auch in Zukunft behalten. Guatemala Professor Dr. U. Sapper von HU!is vor wenigen Wochen die Nachricht durch die Blätter ging, daß die Republik Guatemala die diplomatischen Beziehungen zu uns abgebrochen hätte, da durchzuckte es mich wie ein körperlicher Schmerz, denn ich liebe dieses wunderschöne Land, in dem ich l zwölf Jahre meines Lebens verbracht, in dem ich so vielfache Förderung seitens der Regierung wie Privater erfahren hatte I Meine Freunde, die solcher persönlicher Beziehungen zu dem kleinen Lande entbehren, zuckten Nur verächtlich mit der Achsel und fanden den diplomatischen Schritt operettenhaft, mit einem Stich ins Lächerliche. Nun ist freilich zuzugeben, daß die Tatsache des Abbruches militärisch belanglos ist; aber wirtschaftlich ist sie für uns doch keineswegs gleichgültig, denn das deutsche Kapital und das deutsche Volk sind in dem kleinen Lande weit mehr interessiert, als in manchen anderen von wesentlich größerer Ausdehnung und stärkerer Einwohnerzahl. Darum lohnt es sich auch wohl, kurz das Land, seine Bewohner und seine wirtschaftliche Be¬ deutung zu charakterisieren. 1. Das Land Guatemala ist eines der Länder Mittelamerikas und nimmt daher Teil an der Gunst der Lage dieses schmalen Zwischenlandes, das in einer Längs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/387>, abgerufen am 08.05.2024.