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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Aräfte von innen
von Dr. Aarl Buchheim

er große Krieg geht um mehr als bloß um die politische Macht¬
stellung des deutschen Volkes. Daß die Feind- der militärisch¬
wirtschaftlichen Kraft unseres Reiches ans Leben wollen, ist selbst¬
verständlich, aber sie gebärden sich häufig genug auch, als wollten
sie unseren Namen überhaupt auslöschen und unsere nationale
Kultur von allem Einfluß auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit aus¬
schließen. Sie werden sicher in dieser Beziehung das Menschenmögliche tun.
Wir haben noch einen anderen Sieg zu erringen als den militärischen oder
wirtschaftlichen und bedürfen noch anderer Kampfmittel als Granaten und
Tauchboote. Wir brauchen innere Kräfte zur unwiderstehlichen und unwillkür¬
lichen Kultmpropaganda unter den Völkern bis in die fernsten Zeiten der
kommenden Geschichte. Nennt eine zukünftige Kulturmenschheit die Ahnen ihres
Daseins, so soll sie den deutschen Namen immer in vorderster Reihe anrennen
müssen. Es soll nicht dabei bleiben, daß andere Völker uns unsere Technik
abgeguckt haben, um sie dann feindlich gegen uns zu verwenden. Künftige
Geschlechter sollen an unserer inneren eigentlichen Kultur einmal nicht achtlos
vorbeischlüpfcn dürfen. Eine Welt von Feinden möchte es jetzt dahin bringen
und unsere Kultur in einen vergessenen Winkel sperren. Sehen wir also zu.
daß wir immer neue Kräfte von innen aufbieten, damit der deutsche Geist aller
Einkerkerung spotten kann. Uns ging es bisher ähnlich wie dem Sänger
Bertram de Born bei Uhland: wir glaubten, daß uns nie mehr als die Hülste
unseres Geistes nötig sei. Es ist nun wohl aber an der Zeit, den ganzen
herbeizurufen. Selten oder wohl fast nie bis auf diesen Krieg haben wirklich
alle Kräfte des deutschen Volkes im Dienst der nationalen Sache gestanden.
Erst jetzt brauchen wir sie alle. Unser Reich selber ist nicht das Werk des
ganzen Volkes, sondern eines großen Staatsmannes und einiger Parteien.
Andere Parteien haben abseits gestanden. Die nationalliberale Publizistik der
Reichsgründungszeit -- ich halte diesen Namen für treffend auch über den


Gronzboten III 1Se7 1


Aräfte von innen
von Dr. Aarl Buchheim

er große Krieg geht um mehr als bloß um die politische Macht¬
stellung des deutschen Volkes. Daß die Feind- der militärisch¬
wirtschaftlichen Kraft unseres Reiches ans Leben wollen, ist selbst¬
verständlich, aber sie gebärden sich häufig genug auch, als wollten
sie unseren Namen überhaupt auslöschen und unsere nationale
Kultur von allem Einfluß auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit aus¬
schließen. Sie werden sicher in dieser Beziehung das Menschenmögliche tun.
Wir haben noch einen anderen Sieg zu erringen als den militärischen oder
wirtschaftlichen und bedürfen noch anderer Kampfmittel als Granaten und
Tauchboote. Wir brauchen innere Kräfte zur unwiderstehlichen und unwillkür¬
lichen Kultmpropaganda unter den Völkern bis in die fernsten Zeiten der
kommenden Geschichte. Nennt eine zukünftige Kulturmenschheit die Ahnen ihres
Daseins, so soll sie den deutschen Namen immer in vorderster Reihe anrennen
müssen. Es soll nicht dabei bleiben, daß andere Völker uns unsere Technik
abgeguckt haben, um sie dann feindlich gegen uns zu verwenden. Künftige
Geschlechter sollen an unserer inneren eigentlichen Kultur einmal nicht achtlos
vorbeischlüpfcn dürfen. Eine Welt von Feinden möchte es jetzt dahin bringen
und unsere Kultur in einen vergessenen Winkel sperren. Sehen wir also zu.
daß wir immer neue Kräfte von innen aufbieten, damit der deutsche Geist aller
Einkerkerung spotten kann. Uns ging es bisher ähnlich wie dem Sänger
Bertram de Born bei Uhland: wir glaubten, daß uns nie mehr als die Hülste
unseres Geistes nötig sei. Es ist nun wohl aber an der Zeit, den ganzen
herbeizurufen. Selten oder wohl fast nie bis auf diesen Krieg haben wirklich
alle Kräfte des deutschen Volkes im Dienst der nationalen Sache gestanden.
Erst jetzt brauchen wir sie alle. Unser Reich selber ist nicht das Werk des
ganzen Volkes, sondern eines großen Staatsmannes und einiger Parteien.
Andere Parteien haben abseits gestanden. Die nationalliberale Publizistik der
Reichsgründungszeit — ich halte diesen Namen für treffend auch über den


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[0013] [Abbildung] Aräfte von innen von Dr. Aarl Buchheim er große Krieg geht um mehr als bloß um die politische Macht¬ stellung des deutschen Volkes. Daß die Feind- der militärisch¬ wirtschaftlichen Kraft unseres Reiches ans Leben wollen, ist selbst¬ verständlich, aber sie gebärden sich häufig genug auch, als wollten sie unseren Namen überhaupt auslöschen und unsere nationale Kultur von allem Einfluß auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit aus¬ schließen. Sie werden sicher in dieser Beziehung das Menschenmögliche tun. Wir haben noch einen anderen Sieg zu erringen als den militärischen oder wirtschaftlichen und bedürfen noch anderer Kampfmittel als Granaten und Tauchboote. Wir brauchen innere Kräfte zur unwiderstehlichen und unwillkür¬ lichen Kultmpropaganda unter den Völkern bis in die fernsten Zeiten der kommenden Geschichte. Nennt eine zukünftige Kulturmenschheit die Ahnen ihres Daseins, so soll sie den deutschen Namen immer in vorderster Reihe anrennen müssen. Es soll nicht dabei bleiben, daß andere Völker uns unsere Technik abgeguckt haben, um sie dann feindlich gegen uns zu verwenden. Künftige Geschlechter sollen an unserer inneren eigentlichen Kultur einmal nicht achtlos vorbeischlüpfcn dürfen. Eine Welt von Feinden möchte es jetzt dahin bringen und unsere Kultur in einen vergessenen Winkel sperren. Sehen wir also zu. daß wir immer neue Kräfte von innen aufbieten, damit der deutsche Geist aller Einkerkerung spotten kann. Uns ging es bisher ähnlich wie dem Sänger Bertram de Born bei Uhland: wir glaubten, daß uns nie mehr als die Hülste unseres Geistes nötig sei. Es ist nun wohl aber an der Zeit, den ganzen herbeizurufen. Selten oder wohl fast nie bis auf diesen Krieg haben wirklich alle Kräfte des deutschen Volkes im Dienst der nationalen Sache gestanden. Erst jetzt brauchen wir sie alle. Unser Reich selber ist nicht das Werk des ganzen Volkes, sondern eines großen Staatsmannes und einiger Parteien. Andere Parteien haben abseits gestanden. Die nationalliberale Publizistik der Reichsgründungszeit — ich halte diesen Namen für treffend auch über den Gronzboten III 1Se7 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/13>, abgerufen am 04.05.2024.