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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Die konterrevolutionäre Bewegung in Rußland
(Nach der russischen Presse bearbeitet)

le Petersburger Ereignisse vom 16. bis 18. Juli d. I. haben
gezeigt, daß die Gefahr der "Konter-Revolution", wovon in letzter
Zeit ständig die Rede ist. diesmal nähergerückt war als je zuvor.
Die revolutionäre Demokratie hat gigantische Anstrengungen machen
müssen, die entfesselten Leidenschaften noch einmal einzudämmen
und den der Revolution hinterrücks versetzten Schlag zu parieren. Noch jetzt
Zittert in jenen Kreisen die Erregung nach, daß um Haaresbreite die blinden,
aufgeregten Massen den geschickten Provokatoren und "Schwarzen Hundert" ins
^arn gegangen wären und damit das Schicksal der russischen Revolution be¬
segelt hätten.

Es wäre wohl verfrüht, schon jetzt ein abschließendes Urteil zu fällen, ob
die konterrevolutionäre Bewegung bereits ihre Schärfe verlor und sich allmählich
ansieht, zu welcher Ansicht Dan zu neigen scheint, der sich letzthin über die
Petersburger Unruhen im Sowjet ausließ, oder ob man nicht besser tut, sich
°u Zeretelli zu halten, der sich bei der gleichen Gelegenheit pessimistischer äußerte
und das Ende der neuen Revolutionsperiode noch nicht vorhersagen mag.

Das eine läßt sich aber, rückblickend auf die Petersburger Unruhen, sagen,
nämlich: daß die Macht der im Arbeiter- und Soldatenrat und Bauernbund
organisierten revolutionären Demokratie noch nicht gebrochen ist und sie die
lassen noch in der Hand hat, andererseits aber, daß die Anstrengungen der
konterrevolutionären Elemente, die Petersburger Ereignisse für die Errichtung
ewer Militärdiktatur auszunützen, nicht den angestrebten Erfolg gehabt haben;
freilich muß zugegeben werden, daß die Konter-Revolution selbst ein gutes Stück
vorwärts gekommen ist.

"Die Konter-Revolution ist in Petersburg fix und fertig. Sie hat bereits
?dren Diktator, eine sehr hohe Persönlichkeit (lies: Nikolai Nikolaijewisch), und
ihren Protektor, eine hochstehende diplomatische Person (lies: Sir Buchanan),
einer ihrer Führer aber ist niemand anders als Miljukow."


Grenzten til 19t7 , 17


Die konterrevolutionäre Bewegung in Rußland
(Nach der russischen Presse bearbeitet)

le Petersburger Ereignisse vom 16. bis 18. Juli d. I. haben
gezeigt, daß die Gefahr der „Konter-Revolution", wovon in letzter
Zeit ständig die Rede ist. diesmal nähergerückt war als je zuvor.
Die revolutionäre Demokratie hat gigantische Anstrengungen machen
müssen, die entfesselten Leidenschaften noch einmal einzudämmen
und den der Revolution hinterrücks versetzten Schlag zu parieren. Noch jetzt
Zittert in jenen Kreisen die Erregung nach, daß um Haaresbreite die blinden,
aufgeregten Massen den geschickten Provokatoren und „Schwarzen Hundert" ins
^arn gegangen wären und damit das Schicksal der russischen Revolution be¬
segelt hätten.

Es wäre wohl verfrüht, schon jetzt ein abschließendes Urteil zu fällen, ob
die konterrevolutionäre Bewegung bereits ihre Schärfe verlor und sich allmählich
ansieht, zu welcher Ansicht Dan zu neigen scheint, der sich letzthin über die
Petersburger Unruhen im Sowjet ausließ, oder ob man nicht besser tut, sich
°u Zeretelli zu halten, der sich bei der gleichen Gelegenheit pessimistischer äußerte
und das Ende der neuen Revolutionsperiode noch nicht vorhersagen mag.

Das eine läßt sich aber, rückblickend auf die Petersburger Unruhen, sagen,
nämlich: daß die Macht der im Arbeiter- und Soldatenrat und Bauernbund
organisierten revolutionären Demokratie noch nicht gebrochen ist und sie die
lassen noch in der Hand hat, andererseits aber, daß die Anstrengungen der
konterrevolutionären Elemente, die Petersburger Ereignisse für die Errichtung
ewer Militärdiktatur auszunützen, nicht den angestrebten Erfolg gehabt haben;
freilich muß zugegeben werden, daß die Konter-Revolution selbst ein gutes Stück
vorwärts gekommen ist.

„Die Konter-Revolution ist in Petersburg fix und fertig. Sie hat bereits
?dren Diktator, eine sehr hohe Persönlichkeit (lies: Nikolai Nikolaijewisch), und
ihren Protektor, eine hochstehende diplomatische Person (lies: Sir Buchanan),
einer ihrer Führer aber ist niemand anders als Miljukow."


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[0269] [Abbildung] Die konterrevolutionäre Bewegung in Rußland (Nach der russischen Presse bearbeitet) le Petersburger Ereignisse vom 16. bis 18. Juli d. I. haben gezeigt, daß die Gefahr der „Konter-Revolution", wovon in letzter Zeit ständig die Rede ist. diesmal nähergerückt war als je zuvor. Die revolutionäre Demokratie hat gigantische Anstrengungen machen müssen, die entfesselten Leidenschaften noch einmal einzudämmen und den der Revolution hinterrücks versetzten Schlag zu parieren. Noch jetzt Zittert in jenen Kreisen die Erregung nach, daß um Haaresbreite die blinden, aufgeregten Massen den geschickten Provokatoren und „Schwarzen Hundert" ins ^arn gegangen wären und damit das Schicksal der russischen Revolution be¬ segelt hätten. Es wäre wohl verfrüht, schon jetzt ein abschließendes Urteil zu fällen, ob die konterrevolutionäre Bewegung bereits ihre Schärfe verlor und sich allmählich ansieht, zu welcher Ansicht Dan zu neigen scheint, der sich letzthin über die Petersburger Unruhen im Sowjet ausließ, oder ob man nicht besser tut, sich °u Zeretelli zu halten, der sich bei der gleichen Gelegenheit pessimistischer äußerte und das Ende der neuen Revolutionsperiode noch nicht vorhersagen mag. Das eine läßt sich aber, rückblickend auf die Petersburger Unruhen, sagen, nämlich: daß die Macht der im Arbeiter- und Soldatenrat und Bauernbund organisierten revolutionären Demokratie noch nicht gebrochen ist und sie die lassen noch in der Hand hat, andererseits aber, daß die Anstrengungen der konterrevolutionären Elemente, die Petersburger Ereignisse für die Errichtung ewer Militärdiktatur auszunützen, nicht den angestrebten Erfolg gehabt haben; freilich muß zugegeben werden, daß die Konter-Revolution selbst ein gutes Stück vorwärts gekommen ist. „Die Konter-Revolution ist in Petersburg fix und fertig. Sie hat bereits ?dren Diktator, eine sehr hohe Persönlichkeit (lies: Nikolai Nikolaijewisch), und ihren Protektor, eine hochstehende diplomatische Person (lies: Sir Buchanan), einer ihrer Führer aber ist niemand anders als Miljukow." Grenzten til 19t7 , 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/269>, abgerufen am 04.05.2024.