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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Die Würde des Reichstages
<Lin Mahnwort zur kommenden Tagung
Pastor ille. to. Thinae von

ir möchten gern stolz sein auf unseren Reichstag, Wie wir auf
unseren Kaiser stolz sind und auf die deutschen Volkshelden der
Vergangenheit und Gegenwart, wie wir stolz sind auf unser großes,
treues Heer. Wir möchten gern einer zum andern sagen: "Diese
Männer sind von den Edelsten in Deutschland. Sie sind ernst und
wahr, weise und entschlossen. Sie lieben das Vaterland über alles. Sie stammen
aus unserer Mitte, wir haben sie selbst gewählt. Sie sind gute Wächter der Ehre
Deutschlands. Wir schauen zu ihnen auf und sind stolz auf sie." Wir wünschten,
daß ihr mannhaftes Auftreten, ihr weithin hallendes, kraftvolles Wort uns und
unsere Volksgenossen ermunterte und stärkte -- wir haben es bisweilen nötig --,
daß wir uns, wenn wir sinken oder wanken, an ihrem Vorbild aufrichten und
halten könnten. Uns ist auch nicht gleichgültig, welchen Eindruck der Reichstag
und sein Verhalten auf unsere Feinde macht. Uns liegt nicht daran, daß sie ihn
rühmen. Im Gegenteil! Mögen sie lästern, so viel sie wollen. Wenn wir nur
aus ihren groben Scheltreden heraushören könnten, daß sie die Erwählten des
deutschen Volkes insgeheim bewundern, daß sie uns um ihretwillen beneiden! Wir
können es nicht ertragen, daß sie deutsche Abgeordnete gönnerhaft loben, indem
das hämische Lächeln der Schadenfreude ihre Lippen kräuselt. Heiß wallt unser
Zorn auf, wenn wir uns vorstellen, daß die Feinde, die unser Volk erdrosseln
'"oller, von den Männern, die unsere berufenen Wortführer sind, mit einer wohl¬
wollenden Mischung von Kritik und Anerkennung sprechen, hinter der sich die
Verachtung notdürftig verbirgt. Wir möchten ja so gern stolz sein auf unseren
Reichstag.

Wir waren stolz auf den Reichstag am 4. August 1914. Wir wissen es und
>'ud stolz darauf, daß er noch stets ohne Zaudern die zur Fortführung des Krieges
notwendigen Machtmittel bewilligte. Wir erkennen es dankbar an, daß er mit
unverdrossenem Fleiße die ungeheuer schwierigen Fragen der Kriegswirtschaft durch-
gearbeitet, manche heilsame Korrektur angebracht, manche nützliche Anregung ge¬
geben hat. Häufig genug haben wir tapferen und klugen Reden Beifall ge°


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Die Würde des Reichstages
<Lin Mahnwort zur kommenden Tagung
Pastor ille. to. Thinae von

ir möchten gern stolz sein auf unseren Reichstag, Wie wir auf
unseren Kaiser stolz sind und auf die deutschen Volkshelden der
Vergangenheit und Gegenwart, wie wir stolz sind auf unser großes,
treues Heer. Wir möchten gern einer zum andern sagen: „Diese
Männer sind von den Edelsten in Deutschland. Sie sind ernst und
wahr, weise und entschlossen. Sie lieben das Vaterland über alles. Sie stammen
aus unserer Mitte, wir haben sie selbst gewählt. Sie sind gute Wächter der Ehre
Deutschlands. Wir schauen zu ihnen auf und sind stolz auf sie." Wir wünschten,
daß ihr mannhaftes Auftreten, ihr weithin hallendes, kraftvolles Wort uns und
unsere Volksgenossen ermunterte und stärkte — wir haben es bisweilen nötig —,
daß wir uns, wenn wir sinken oder wanken, an ihrem Vorbild aufrichten und
halten könnten. Uns ist auch nicht gleichgültig, welchen Eindruck der Reichstag
und sein Verhalten auf unsere Feinde macht. Uns liegt nicht daran, daß sie ihn
rühmen. Im Gegenteil! Mögen sie lästern, so viel sie wollen. Wenn wir nur
aus ihren groben Scheltreden heraushören könnten, daß sie die Erwählten des
deutschen Volkes insgeheim bewundern, daß sie uns um ihretwillen beneiden! Wir
können es nicht ertragen, daß sie deutsche Abgeordnete gönnerhaft loben, indem
das hämische Lächeln der Schadenfreude ihre Lippen kräuselt. Heiß wallt unser
Zorn auf, wenn wir uns vorstellen, daß die Feinde, die unser Volk erdrosseln
'»oller, von den Männern, die unsere berufenen Wortführer sind, mit einer wohl¬
wollenden Mischung von Kritik und Anerkennung sprechen, hinter der sich die
Verachtung notdürftig verbirgt. Wir möchten ja so gern stolz sein auf unseren
Reichstag.

Wir waren stolz auf den Reichstag am 4. August 1914. Wir wissen es und
>'ud stolz darauf, daß er noch stets ohne Zaudern die zur Fortführung des Krieges
notwendigen Machtmittel bewilligte. Wir erkennen es dankbar an, daß er mit
unverdrossenem Fleiße die ungeheuer schwierigen Fragen der Kriegswirtschaft durch-
gearbeitet, manche heilsame Korrektur angebracht, manche nützliche Anregung ge¬
geben hat. Häufig genug haben wir tapferen und klugen Reden Beifall ge°


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[0197] [Abbildung] Die Würde des Reichstages <Lin Mahnwort zur kommenden Tagung Pastor ille. to. Thinae von ir möchten gern stolz sein auf unseren Reichstag, Wie wir auf unseren Kaiser stolz sind und auf die deutschen Volkshelden der Vergangenheit und Gegenwart, wie wir stolz sind auf unser großes, treues Heer. Wir möchten gern einer zum andern sagen: „Diese Männer sind von den Edelsten in Deutschland. Sie sind ernst und wahr, weise und entschlossen. Sie lieben das Vaterland über alles. Sie stammen aus unserer Mitte, wir haben sie selbst gewählt. Sie sind gute Wächter der Ehre Deutschlands. Wir schauen zu ihnen auf und sind stolz auf sie." Wir wünschten, daß ihr mannhaftes Auftreten, ihr weithin hallendes, kraftvolles Wort uns und unsere Volksgenossen ermunterte und stärkte — wir haben es bisweilen nötig —, daß wir uns, wenn wir sinken oder wanken, an ihrem Vorbild aufrichten und halten könnten. Uns ist auch nicht gleichgültig, welchen Eindruck der Reichstag und sein Verhalten auf unsere Feinde macht. Uns liegt nicht daran, daß sie ihn rühmen. Im Gegenteil! Mögen sie lästern, so viel sie wollen. Wenn wir nur aus ihren groben Scheltreden heraushören könnten, daß sie die Erwählten des deutschen Volkes insgeheim bewundern, daß sie uns um ihretwillen beneiden! Wir können es nicht ertragen, daß sie deutsche Abgeordnete gönnerhaft loben, indem das hämische Lächeln der Schadenfreude ihre Lippen kräuselt. Heiß wallt unser Zorn auf, wenn wir uns vorstellen, daß die Feinde, die unser Volk erdrosseln '»oller, von den Männern, die unsere berufenen Wortführer sind, mit einer wohl¬ wollenden Mischung von Kritik und Anerkennung sprechen, hinter der sich die Verachtung notdürftig verbirgt. Wir möchten ja so gern stolz sein auf unseren Reichstag. Wir waren stolz auf den Reichstag am 4. August 1914. Wir wissen es und >'ud stolz darauf, daß er noch stets ohne Zaudern die zur Fortführung des Krieges notwendigen Machtmittel bewilligte. Wir erkennen es dankbar an, daß er mit unverdrossenem Fleiße die ungeheuer schwierigen Fragen der Kriegswirtschaft durch- gearbeitet, manche heilsame Korrektur angebracht, manche nützliche Anregung ge¬ geben hat. Häufig genug haben wir tapferen und klugen Reden Beifall ge° Trenzbnten IV 1S17 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/197>, abgerufen am 06.05.2024.