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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer

Antwerpens, liegen im sogenannten Kemperlande noch ungehobelte Kohlenschätze.
Es muß dafür gesorgt werden, daß die Industrie, die sich dort entwickeln wird,
flämisch bleibt und nicht etwa eine Domäne der wallonisch-französischen Kreise
wird, die vor dem Kriege in der belgischen Industrie den Ton angaben. Alles
ausgesprochen feindliche antiflamische und antideutsche Kapital muß in Flandern
von vornherein seiner Macht entkleidet werden, damit wir nicht ein Wieder¬
aufleben der fmnskillonischen Hydra durch die brutale Macht wirtschaftlicher Ab¬
hängigkeiten erleben.

Ohne militärische Schutzhoheit über Belgien bedarf es einer geschickten
Politik und Wirtschaftspolitik, um die Entwicklung des Landes auf neuen, ge¬
eigneten Verfassungsgrundlagen auf friedliche und wahrhaft neutrale Bahnen
zu leiten. Aber möglich ist eine solche Entwicklung. Möchten uns Diplomaten
beschicken sein, die uns am Konferenztisch mit englischen Staatsmännern die
Schöpfung eines ehrlich neutralen Belgiens zu erstreiten wissen! Dann erst wäre,
wie zu den Zeiten Bismarcks, die deutsche Diplomatenfeder dem deutschen Schwerte
ein würdiger Kampfgenosse!




Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer
Justizrat Georg Bamberger von

n den "Grenzboten" vom 6. Juli 1917 hat Professor Dr. Heinrich
Herkner in Berlin meiner Schrift: "Erbrecht des Reiches und
Erbschaftssteuer" (A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung. Leipzig 1917)
eine Besprechung gewidmet- Er kommt bei seiner freundlichen
Beurteilung der Arbeit zu dem Schluß, daß den Vorschlägen
zweifellos die Zukunft gehöre. Doch hält er es für wünschenswert, daß aus¬
führlicher dargelegt werde, wie die dem Reich anheimfallenden Vermögensmassen
verwertet und wie die erhöhten Erbschaftssteuern eingezogen werden sollen. Die
Frage ist offenbar von um so größerer Bedeutung, als die den Lesern der
"Grenzboten" bekannten Reformvorschlnge") mit Rücksicht auf die durch den Krieg
geschaffene Lage der Reichsfinanzen einer Erweiterung bedurften. Handelt es sich
doch um Einkünfte, die sich nach meiner Schätzung um rund eine Milliarde jährlich
belaufen.

Das Erbrecht des Reiches soll an die Stelle des Erbrechtes der Seiten¬
verwandten treten, falls nicht letztwillig anders verfügt ist. Unverändert bleibt
also das Erbrecht der nächsten Angehörigen, der Frau, der Kinder und der
Eltern des Verstorbenen. Darüber hinaus tritt das Reich als Erbe testaments¬
loser Nachlasse ein. Die Einziehung dieser Erbschaften muß durch den zuständigen



*) Vergl. auch die Schrift Bambergers "Für das Erbrecht des Reiches". Verlag
der Grenzboten t9t2.
Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer

Antwerpens, liegen im sogenannten Kemperlande noch ungehobelte Kohlenschätze.
Es muß dafür gesorgt werden, daß die Industrie, die sich dort entwickeln wird,
flämisch bleibt und nicht etwa eine Domäne der wallonisch-französischen Kreise
wird, die vor dem Kriege in der belgischen Industrie den Ton angaben. Alles
ausgesprochen feindliche antiflamische und antideutsche Kapital muß in Flandern
von vornherein seiner Macht entkleidet werden, damit wir nicht ein Wieder¬
aufleben der fmnskillonischen Hydra durch die brutale Macht wirtschaftlicher Ab¬
hängigkeiten erleben.

Ohne militärische Schutzhoheit über Belgien bedarf es einer geschickten
Politik und Wirtschaftspolitik, um die Entwicklung des Landes auf neuen, ge¬
eigneten Verfassungsgrundlagen auf friedliche und wahrhaft neutrale Bahnen
zu leiten. Aber möglich ist eine solche Entwicklung. Möchten uns Diplomaten
beschicken sein, die uns am Konferenztisch mit englischen Staatsmännern die
Schöpfung eines ehrlich neutralen Belgiens zu erstreiten wissen! Dann erst wäre,
wie zu den Zeiten Bismarcks, die deutsche Diplomatenfeder dem deutschen Schwerte
ein würdiger Kampfgenosse!




Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer
Justizrat Georg Bamberger von

n den „Grenzboten" vom 6. Juli 1917 hat Professor Dr. Heinrich
Herkner in Berlin meiner Schrift: „Erbrecht des Reiches und
Erbschaftssteuer" (A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung. Leipzig 1917)
eine Besprechung gewidmet- Er kommt bei seiner freundlichen
Beurteilung der Arbeit zu dem Schluß, daß den Vorschlägen
zweifellos die Zukunft gehöre. Doch hält er es für wünschenswert, daß aus¬
führlicher dargelegt werde, wie die dem Reich anheimfallenden Vermögensmassen
verwertet und wie die erhöhten Erbschaftssteuern eingezogen werden sollen. Die
Frage ist offenbar von um so größerer Bedeutung, als die den Lesern der
„Grenzboten" bekannten Reformvorschlnge") mit Rücksicht auf die durch den Krieg
geschaffene Lage der Reichsfinanzen einer Erweiterung bedurften. Handelt es sich
doch um Einkünfte, die sich nach meiner Schätzung um rund eine Milliarde jährlich
belaufen.

Das Erbrecht des Reiches soll an die Stelle des Erbrechtes der Seiten¬
verwandten treten, falls nicht letztwillig anders verfügt ist. Unverändert bleibt
also das Erbrecht der nächsten Angehörigen, der Frau, der Kinder und der
Eltern des Verstorbenen. Darüber hinaus tritt das Reich als Erbe testaments¬
loser Nachlasse ein. Die Einziehung dieser Erbschaften muß durch den zuständigen



*) Vergl. auch die Schrift Bambergers „Für das Erbrecht des Reiches". Verlag
der Grenzboten t9t2.
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[0209] Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer Antwerpens, liegen im sogenannten Kemperlande noch ungehobelte Kohlenschätze. Es muß dafür gesorgt werden, daß die Industrie, die sich dort entwickeln wird, flämisch bleibt und nicht etwa eine Domäne der wallonisch-französischen Kreise wird, die vor dem Kriege in der belgischen Industrie den Ton angaben. Alles ausgesprochen feindliche antiflamische und antideutsche Kapital muß in Flandern von vornherein seiner Macht entkleidet werden, damit wir nicht ein Wieder¬ aufleben der fmnskillonischen Hydra durch die brutale Macht wirtschaftlicher Ab¬ hängigkeiten erleben. Ohne militärische Schutzhoheit über Belgien bedarf es einer geschickten Politik und Wirtschaftspolitik, um die Entwicklung des Landes auf neuen, ge¬ eigneten Verfassungsgrundlagen auf friedliche und wahrhaft neutrale Bahnen zu leiten. Aber möglich ist eine solche Entwicklung. Möchten uns Diplomaten beschicken sein, die uns am Konferenztisch mit englischen Staatsmännern die Schöpfung eines ehrlich neutralen Belgiens zu erstreiten wissen! Dann erst wäre, wie zu den Zeiten Bismarcks, die deutsche Diplomatenfeder dem deutschen Schwerte ein würdiger Kampfgenosse! Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer Justizrat Georg Bamberger von n den „Grenzboten" vom 6. Juli 1917 hat Professor Dr. Heinrich Herkner in Berlin meiner Schrift: „Erbrecht des Reiches und Erbschaftssteuer" (A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung. Leipzig 1917) eine Besprechung gewidmet- Er kommt bei seiner freundlichen Beurteilung der Arbeit zu dem Schluß, daß den Vorschlägen zweifellos die Zukunft gehöre. Doch hält er es für wünschenswert, daß aus¬ führlicher dargelegt werde, wie die dem Reich anheimfallenden Vermögensmassen verwertet und wie die erhöhten Erbschaftssteuern eingezogen werden sollen. Die Frage ist offenbar von um so größerer Bedeutung, als die den Lesern der „Grenzboten" bekannten Reformvorschlnge") mit Rücksicht auf die durch den Krieg geschaffene Lage der Reichsfinanzen einer Erweiterung bedurften. Handelt es sich doch um Einkünfte, die sich nach meiner Schätzung um rund eine Milliarde jährlich belaufen. Das Erbrecht des Reiches soll an die Stelle des Erbrechtes der Seiten¬ verwandten treten, falls nicht letztwillig anders verfügt ist. Unverändert bleibt also das Erbrecht der nächsten Angehörigen, der Frau, der Kinder und der Eltern des Verstorbenen. Darüber hinaus tritt das Reich als Erbe testaments¬ loser Nachlasse ein. Die Einziehung dieser Erbschaften muß durch den zuständigen *) Vergl. auch die Schrift Bambergers „Für das Erbrecht des Reiches". Verlag der Grenzboten t9t2.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/209>, abgerufen am 06.05.2024.