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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Türkenspiegel

so tritt ein Zuschlag hinzu, so daß jedes von drei Kindern fünf Zehntel, jedes
von zwei Kindern zehn Zehntel, ein einziges Kind fünfzehn Zehntel mehr ent¬
richtet. Teilen sich also vier Kinder in ein Vermögen von 200000 Mark, so
zahlt jedes nur die Grundabgabe von 3 Prozent mit 1500 Mark. Sind nur
drei vorhanden, so beträgt die Abgabe 4Vz Prozent, bei zwei Kindern 6 Prozent,
bei einem 7"/z Prozent. Handelt es sich um ein Vermögen von 500 000 Mark
oder mehr, so beträgt die Grundabgabe 10 Prozent. Sie erhöht sich auf 15, 20
bis 25 Prozent, falls die Zahl der Kinder entsprechend kleiner ist. Auf diese
Weise werden die Interessen der Reichssinanzen, wie die der Sozial- und Bevöl¬
kerungspolitik gleichmäßig gewahrt.

Richtig ist es, daß hiernach der Reichskasse ganz bedeutende Werte zufallen,
die nicht in barem Gelde bestehen, so daß die Entrichtung der Steuer in manchen
Fällen auf Schwierigkeiten stoßen wird. Mit bureaukratischer Rücksichtslosigkeit
darf dabei nicht verfahren werden. Man wird vielmehr den Erben Zeit lassen
müssen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, wie dies umsichtige Kaufleute in ähn¬
lichen Fällen auch tun. Vielfach wird es sich empfehlen, Ratenzahlungen zu be¬
willigen. Dabei sollte in der Regel Sicherheit durch Hypothekbestellung oder
Bürgschaft gefordert werden. Denkbar sind aber auch Fülle, in denen mit einer
Sicherheit für einen Teil der Steuerforderung vorlieb zu nehmen oder von einer
Sicherheit ganz abzusehen ist. Dem vernünftigen billigen Ermessen der zustän¬
digen Behörde ist weiter Spielraum zu lassen. Sollten sich bei dem Verfahren
Ausfälle nicht vermeiden lassen, so sind sie in Kauf zu nehmen, wie ja auch
gegenwärtig unter weit einfacheren Verhältnissen Steuerausfälle vorkommen. Im
allgemeinen werden sich jedenfalls an der Hand praktischer Erfahrungen im Laufe
der Zeit die Schwierigkeiten überwinden lassen, wie andere auch.




Türkenspiegel
Streiflichter aus einer Lern- und Lehrzeit
Bombatoppo von

er bei türkischen Sendtruppen in Galizien, Mazedonien oder Rumänien
gestanden und seine Zeit recht genutzt hat, dem ist dort mehr Einblick
in türkisches Militärwesen, türkische Organisation, türkisches Denken
und Trachten -- mit einem Wort in die türkische Seele -- geworden,
als den vielen, dieinKonstantinopel nach der Erkenntnis des Türkeniums
streben. Die Hauptstadt ist ein europäischer, durchaus internationaler Annex des
osmanischen Reiches, ein Außenposten, fern von den Wurzeln der türkischen Kraft
und ganz und gar von westeuropäischen Einflüssen beherrscht, die hoffentlich mehr
und mehr von mitteleuropäischen verdrängt werden. In Galizien, Mazedonien,
Rumänien waren die Türken durchaus unter sich, wenn auch unter deutschen!
Oberbefehl (was ihnen zugute kam), jedenfalls mehr unter sich, als in der Haupt-


Türkenspiegel

so tritt ein Zuschlag hinzu, so daß jedes von drei Kindern fünf Zehntel, jedes
von zwei Kindern zehn Zehntel, ein einziges Kind fünfzehn Zehntel mehr ent¬
richtet. Teilen sich also vier Kinder in ein Vermögen von 200000 Mark, so
zahlt jedes nur die Grundabgabe von 3 Prozent mit 1500 Mark. Sind nur
drei vorhanden, so beträgt die Abgabe 4Vz Prozent, bei zwei Kindern 6 Prozent,
bei einem 7»/z Prozent. Handelt es sich um ein Vermögen von 500 000 Mark
oder mehr, so beträgt die Grundabgabe 10 Prozent. Sie erhöht sich auf 15, 20
bis 25 Prozent, falls die Zahl der Kinder entsprechend kleiner ist. Auf diese
Weise werden die Interessen der Reichssinanzen, wie die der Sozial- und Bevöl¬
kerungspolitik gleichmäßig gewahrt.

Richtig ist es, daß hiernach der Reichskasse ganz bedeutende Werte zufallen,
die nicht in barem Gelde bestehen, so daß die Entrichtung der Steuer in manchen
Fällen auf Schwierigkeiten stoßen wird. Mit bureaukratischer Rücksichtslosigkeit
darf dabei nicht verfahren werden. Man wird vielmehr den Erben Zeit lassen
müssen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, wie dies umsichtige Kaufleute in ähn¬
lichen Fällen auch tun. Vielfach wird es sich empfehlen, Ratenzahlungen zu be¬
willigen. Dabei sollte in der Regel Sicherheit durch Hypothekbestellung oder
Bürgschaft gefordert werden. Denkbar sind aber auch Fülle, in denen mit einer
Sicherheit für einen Teil der Steuerforderung vorlieb zu nehmen oder von einer
Sicherheit ganz abzusehen ist. Dem vernünftigen billigen Ermessen der zustän¬
digen Behörde ist weiter Spielraum zu lassen. Sollten sich bei dem Verfahren
Ausfälle nicht vermeiden lassen, so sind sie in Kauf zu nehmen, wie ja auch
gegenwärtig unter weit einfacheren Verhältnissen Steuerausfälle vorkommen. Im
allgemeinen werden sich jedenfalls an der Hand praktischer Erfahrungen im Laufe
der Zeit die Schwierigkeiten überwinden lassen, wie andere auch.




Türkenspiegel
Streiflichter aus einer Lern- und Lehrzeit
Bombatoppo von

er bei türkischen Sendtruppen in Galizien, Mazedonien oder Rumänien
gestanden und seine Zeit recht genutzt hat, dem ist dort mehr Einblick
in türkisches Militärwesen, türkische Organisation, türkisches Denken
und Trachten -- mit einem Wort in die türkische Seele — geworden,
als den vielen, dieinKonstantinopel nach der Erkenntnis des Türkeniums
streben. Die Hauptstadt ist ein europäischer, durchaus internationaler Annex des
osmanischen Reiches, ein Außenposten, fern von den Wurzeln der türkischen Kraft
und ganz und gar von westeuropäischen Einflüssen beherrscht, die hoffentlich mehr
und mehr von mitteleuropäischen verdrängt werden. In Galizien, Mazedonien,
Rumänien waren die Türken durchaus unter sich, wenn auch unter deutschen!
Oberbefehl (was ihnen zugute kam), jedenfalls mehr unter sich, als in der Haupt-


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[0211] Türkenspiegel so tritt ein Zuschlag hinzu, so daß jedes von drei Kindern fünf Zehntel, jedes von zwei Kindern zehn Zehntel, ein einziges Kind fünfzehn Zehntel mehr ent¬ richtet. Teilen sich also vier Kinder in ein Vermögen von 200000 Mark, so zahlt jedes nur die Grundabgabe von 3 Prozent mit 1500 Mark. Sind nur drei vorhanden, so beträgt die Abgabe 4Vz Prozent, bei zwei Kindern 6 Prozent, bei einem 7»/z Prozent. Handelt es sich um ein Vermögen von 500 000 Mark oder mehr, so beträgt die Grundabgabe 10 Prozent. Sie erhöht sich auf 15, 20 bis 25 Prozent, falls die Zahl der Kinder entsprechend kleiner ist. Auf diese Weise werden die Interessen der Reichssinanzen, wie die der Sozial- und Bevöl¬ kerungspolitik gleichmäßig gewahrt. Richtig ist es, daß hiernach der Reichskasse ganz bedeutende Werte zufallen, die nicht in barem Gelde bestehen, so daß die Entrichtung der Steuer in manchen Fällen auf Schwierigkeiten stoßen wird. Mit bureaukratischer Rücksichtslosigkeit darf dabei nicht verfahren werden. Man wird vielmehr den Erben Zeit lassen müssen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, wie dies umsichtige Kaufleute in ähn¬ lichen Fällen auch tun. Vielfach wird es sich empfehlen, Ratenzahlungen zu be¬ willigen. Dabei sollte in der Regel Sicherheit durch Hypothekbestellung oder Bürgschaft gefordert werden. Denkbar sind aber auch Fülle, in denen mit einer Sicherheit für einen Teil der Steuerforderung vorlieb zu nehmen oder von einer Sicherheit ganz abzusehen ist. Dem vernünftigen billigen Ermessen der zustän¬ digen Behörde ist weiter Spielraum zu lassen. Sollten sich bei dem Verfahren Ausfälle nicht vermeiden lassen, so sind sie in Kauf zu nehmen, wie ja auch gegenwärtig unter weit einfacheren Verhältnissen Steuerausfälle vorkommen. Im allgemeinen werden sich jedenfalls an der Hand praktischer Erfahrungen im Laufe der Zeit die Schwierigkeiten überwinden lassen, wie andere auch. Türkenspiegel Streiflichter aus einer Lern- und Lehrzeit Bombatoppo von er bei türkischen Sendtruppen in Galizien, Mazedonien oder Rumänien gestanden und seine Zeit recht genutzt hat, dem ist dort mehr Einblick in türkisches Militärwesen, türkische Organisation, türkisches Denken und Trachten -- mit einem Wort in die türkische Seele — geworden, als den vielen, dieinKonstantinopel nach der Erkenntnis des Türkeniums streben. Die Hauptstadt ist ein europäischer, durchaus internationaler Annex des osmanischen Reiches, ein Außenposten, fern von den Wurzeln der türkischen Kraft und ganz und gar von westeuropäischen Einflüssen beherrscht, die hoffentlich mehr und mehr von mitteleuropäischen verdrängt werden. In Galizien, Mazedonien, Rumänien waren die Türken durchaus unter sich, wenn auch unter deutschen! Oberbefehl (was ihnen zugute kam), jedenfalls mehr unter sich, als in der Haupt-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/211>, abgerufen am 06.05.2024.