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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Fast drei Monate haben unsere Di¬
plomaten dazu gebraucht, den Frieden mit
den Maximalsten zustande zu bringen. Daß
dahinter ein Friede mit ganz Rußland steht,
kann mit gutem Gewissen nicht behauptet
werden. Rußland, das will sagen jenes ge¬
waltige Volkswirtschaftsgebiet, das von der
Weichsel nach Osten bis an die Gestade des
Stillen Ozeans reichte und zu einem Staate
zusammengefügt war, besteht nicht mehr.
Was an seiner Stelle entstanden ist, ist noch
nicht definierbar; es ist drüben alles im Fluß.
Die Wraina ist noch kein fertiger Begriff,
sondern eher ein Wort, in das sich der Poli¬
tische Begriff erst hineinbauen soll. Ober
schließlich einen selbständigen Staat, einen
russischen oder mitteleuropäischen Bundesstaat
"der eine russische Provinz darstellen wird,
vermögen wir noch nicht zu erkennen und,
wenn wir ehrlich gegen uns selbst sind, so
gestehen wir uns auch, daß Wir noch gar nicht
klar darüber sind, was wir uns wünschen
sollen. In der Politik soll man zweckmäßig
das wünschen, was unabänderlicherweise
kommen muß.

Der Friedensschluß mit den Maxime
iisdem.

Ohne Frage wird zunächst die innerpoli-
kische Auseinandersetzung weitergehen. Die
Maximalisten können unmöglich Herren der
Regierungsgewalt bleiben, wenn sie auch dem
russischen Volk die Beendigung des Krieges
Yachten. Den Frieden bringen sie ihm
NichtI Dadurch verliert der Friedensschluß
Naturgemäß sehr an politischer Bedeutung.
^ ist eigentlich vorerst ein militärisches Er¬
eignis, das uns sehr erheblich entlastet, nicht
vollkommen freimacht im Osten. Denn wollen
du'r die wirtschaftlichen Vorteile, die der
Friedensschluß nach sich ziehen soll, nutzen,
so bedürfen wir des sozialen Friedens auch
^ Rußland, muß die Auseinandersetzung
zwischen der Ukraina und den Maximalisten
beendet werden, muß die friedliche Entwick¬
lung wenigstens der Ukraina sichergestellt sein.
Daneben hat eine intensive Arbeit an den
von der Armee noch besetzten Gebieten zu
^folgen. ES wird noch ein hartes Stück
^den zu leisten sein, ehe sie zu dem Wunsche

[Spaltenumbruch]

gelangen, für "ewig" mit Deutschland ver¬
eint zu bleiben. Da aber hüte man sich,
der nationalen Zugehörigkeit eine größere^
Bedeutung beizulegen, als es die Unistände
erfordern. Die Liebe der Völker geht doch
im wesentlichen dnrch den Magen, wird be¬
stimmt durch die wirtschaftlichen Belange.
Man zeige darum den Bewohnern der bal¬
tischen Provinzen, Weißrußlands und Litauens,
daß sie größeren Bcrdienstmöglichkeiten ent¬
gegengehen, leichteren Arbeitsbedingungen,
besseren Rechtsverhältnissen als bei Rußland
oder in Selbständigkeit. Man vermeide Ma߬
nahmen, die in erster Linie den Anschein des
Opfers für die deutsche Sache haben!

Der beste Weg dazu wird sein die För¬
derung großer wirtschaftlicher Aufgaben, an
denen das ganze Land beteiligt ist, Aufgaben,
die zu Keimen und Trägern eines Staats-
gedankens werden können. In solchem Staate
wird die politisch und wirtschaftlich befähigste
Nationalität die Führung übernehmen mit
und gegen die Einflüsse Deutschlands oder
Moskowiens. Wir sind überzeugt, daß das
baltische Deutschtum in dieser Hinsicht eine
bedeutende Rolle spielen muß. Wirtschaftlich
tüchtig, von hoher politischer Moral, in einem
jahrzehntelangen Kampf gegen die Nnssifizie-
rung politisch herangebildet, erscheinen die
Völker als die natürlichen Führer des Landes.
Sollte es gelingen, sie auch mit einem Tropfen
sozialen Oich zu salben, so werden sie die
ihnen noch einmal von der Geschichte über¬
tragene Ausgabe ruhmvoll durchführen.

Der Friede mit den Maximalisten bedeutet
wie gesagt noch nicht den Frieden mit Nußland.
Aber er gibt uns Zeit und Raum zur Er¬
richtung neuer Grundmauern für spätere
friedliche und vertrauensvolle Beziehungen
zu den Völkern des ehemaligen Nußland.
Wie diese Grundlagen beschaffen sein werden,
das aber wird in hohem Maße auch davon
abhängen, wie unsre Armee im Westen die
ihr bevorstehenden gewaltigen Aufgaben zu
lösen imstande ist. Dort muß die weitere
Vorentscheidung über deu Inhalt des künftigen
Friedens auch mit den Russen fallen.

G. Lleinow [Ende Spaltensatz]
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Fast drei Monate haben unsere Di¬
plomaten dazu gebraucht, den Frieden mit
den Maximalsten zustande zu bringen. Daß
dahinter ein Friede mit ganz Rußland steht,
kann mit gutem Gewissen nicht behauptet
werden. Rußland, das will sagen jenes ge¬
waltige Volkswirtschaftsgebiet, das von der
Weichsel nach Osten bis an die Gestade des
Stillen Ozeans reichte und zu einem Staate
zusammengefügt war, besteht nicht mehr.
Was an seiner Stelle entstanden ist, ist noch
nicht definierbar; es ist drüben alles im Fluß.
Die Wraina ist noch kein fertiger Begriff,
sondern eher ein Wort, in das sich der Poli¬
tische Begriff erst hineinbauen soll. Ober
schließlich einen selbständigen Staat, einen
russischen oder mitteleuropäischen Bundesstaat
"der eine russische Provinz darstellen wird,
vermögen wir noch nicht zu erkennen und,
wenn wir ehrlich gegen uns selbst sind, so
gestehen wir uns auch, daß Wir noch gar nicht
klar darüber sind, was wir uns wünschen
sollen. In der Politik soll man zweckmäßig
das wünschen, was unabänderlicherweise
kommen muß.

Der Friedensschluß mit den Maxime
iisdem.

Ohne Frage wird zunächst die innerpoli-
kische Auseinandersetzung weitergehen. Die
Maximalisten können unmöglich Herren der
Regierungsgewalt bleiben, wenn sie auch dem
russischen Volk die Beendigung des Krieges
Yachten. Den Frieden bringen sie ihm
NichtI Dadurch verliert der Friedensschluß
Naturgemäß sehr an politischer Bedeutung.
^ ist eigentlich vorerst ein militärisches Er¬
eignis, das uns sehr erheblich entlastet, nicht
vollkommen freimacht im Osten. Denn wollen
du'r die wirtschaftlichen Vorteile, die der
Friedensschluß nach sich ziehen soll, nutzen,
so bedürfen wir des sozialen Friedens auch
^ Rußland, muß die Auseinandersetzung
zwischen der Ukraina und den Maximalisten
beendet werden, muß die friedliche Entwick¬
lung wenigstens der Ukraina sichergestellt sein.
Daneben hat eine intensive Arbeit an den
von der Armee noch besetzten Gebieten zu
^folgen. ES wird noch ein hartes Stück
^den zu leisten sein, ehe sie zu dem Wunsche

[Spaltenumbruch]

gelangen, für „ewig" mit Deutschland ver¬
eint zu bleiben. Da aber hüte man sich,
der nationalen Zugehörigkeit eine größere^
Bedeutung beizulegen, als es die Unistände
erfordern. Die Liebe der Völker geht doch
im wesentlichen dnrch den Magen, wird be¬
stimmt durch die wirtschaftlichen Belange.
Man zeige darum den Bewohnern der bal¬
tischen Provinzen, Weißrußlands und Litauens,
daß sie größeren Bcrdienstmöglichkeiten ent¬
gegengehen, leichteren Arbeitsbedingungen,
besseren Rechtsverhältnissen als bei Rußland
oder in Selbständigkeit. Man vermeide Ma߬
nahmen, die in erster Linie den Anschein des
Opfers für die deutsche Sache haben!

Der beste Weg dazu wird sein die För¬
derung großer wirtschaftlicher Aufgaben, an
denen das ganze Land beteiligt ist, Aufgaben,
die zu Keimen und Trägern eines Staats-
gedankens werden können. In solchem Staate
wird die politisch und wirtschaftlich befähigste
Nationalität die Führung übernehmen mit
und gegen die Einflüsse Deutschlands oder
Moskowiens. Wir sind überzeugt, daß das
baltische Deutschtum in dieser Hinsicht eine
bedeutende Rolle spielen muß. Wirtschaftlich
tüchtig, von hoher politischer Moral, in einem
jahrzehntelangen Kampf gegen die Nnssifizie-
rung politisch herangebildet, erscheinen die
Völker als die natürlichen Führer des Landes.
Sollte es gelingen, sie auch mit einem Tropfen
sozialen Oich zu salben, so werden sie die
ihnen noch einmal von der Geschichte über¬
tragene Ausgabe ruhmvoll durchführen.

Der Friede mit den Maximalisten bedeutet
wie gesagt noch nicht den Frieden mit Nußland.
Aber er gibt uns Zeit und Raum zur Er¬
richtung neuer Grundmauern für spätere
friedliche und vertrauensvolle Beziehungen
zu den Völkern des ehemaligen Nußland.
Wie diese Grundlagen beschaffen sein werden,
das aber wird in hohem Maße auch davon
abhängen, wie unsre Armee im Westen die
ihr bevorstehenden gewaltigen Aufgaben zu
lösen imstande ist. Dort muß die weitere
Vorentscheidung über deu Inhalt des künftigen
Friedens auch mit den Russen fallen.

G. Lleinow [Ende Spaltensatz]
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[0299] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Fast drei Monate haben unsere Di¬ plomaten dazu gebraucht, den Frieden mit den Maximalsten zustande zu bringen. Daß dahinter ein Friede mit ganz Rußland steht, kann mit gutem Gewissen nicht behauptet werden. Rußland, das will sagen jenes ge¬ waltige Volkswirtschaftsgebiet, das von der Weichsel nach Osten bis an die Gestade des Stillen Ozeans reichte und zu einem Staate zusammengefügt war, besteht nicht mehr. Was an seiner Stelle entstanden ist, ist noch nicht definierbar; es ist drüben alles im Fluß. Die Wraina ist noch kein fertiger Begriff, sondern eher ein Wort, in das sich der Poli¬ tische Begriff erst hineinbauen soll. Ober schließlich einen selbständigen Staat, einen russischen oder mitteleuropäischen Bundesstaat "der eine russische Provinz darstellen wird, vermögen wir noch nicht zu erkennen und, wenn wir ehrlich gegen uns selbst sind, so gestehen wir uns auch, daß Wir noch gar nicht klar darüber sind, was wir uns wünschen sollen. In der Politik soll man zweckmäßig das wünschen, was unabänderlicherweise kommen muß. Der Friedensschluß mit den Maxime iisdem. Ohne Frage wird zunächst die innerpoli- kische Auseinandersetzung weitergehen. Die Maximalisten können unmöglich Herren der Regierungsgewalt bleiben, wenn sie auch dem russischen Volk die Beendigung des Krieges Yachten. Den Frieden bringen sie ihm NichtI Dadurch verliert der Friedensschluß Naturgemäß sehr an politischer Bedeutung. ^ ist eigentlich vorerst ein militärisches Er¬ eignis, das uns sehr erheblich entlastet, nicht vollkommen freimacht im Osten. Denn wollen du'r die wirtschaftlichen Vorteile, die der Friedensschluß nach sich ziehen soll, nutzen, so bedürfen wir des sozialen Friedens auch ^ Rußland, muß die Auseinandersetzung zwischen der Ukraina und den Maximalisten beendet werden, muß die friedliche Entwick¬ lung wenigstens der Ukraina sichergestellt sein. Daneben hat eine intensive Arbeit an den von der Armee noch besetzten Gebieten zu ^folgen. ES wird noch ein hartes Stück ^den zu leisten sein, ehe sie zu dem Wunsche gelangen, für „ewig" mit Deutschland ver¬ eint zu bleiben. Da aber hüte man sich, der nationalen Zugehörigkeit eine größere^ Bedeutung beizulegen, als es die Unistände erfordern. Die Liebe der Völker geht doch im wesentlichen dnrch den Magen, wird be¬ stimmt durch die wirtschaftlichen Belange. Man zeige darum den Bewohnern der bal¬ tischen Provinzen, Weißrußlands und Litauens, daß sie größeren Bcrdienstmöglichkeiten ent¬ gegengehen, leichteren Arbeitsbedingungen, besseren Rechtsverhältnissen als bei Rußland oder in Selbständigkeit. Man vermeide Ma߬ nahmen, die in erster Linie den Anschein des Opfers für die deutsche Sache haben! Der beste Weg dazu wird sein die För¬ derung großer wirtschaftlicher Aufgaben, an denen das ganze Land beteiligt ist, Aufgaben, die zu Keimen und Trägern eines Staats- gedankens werden können. In solchem Staate wird die politisch und wirtschaftlich befähigste Nationalität die Führung übernehmen mit und gegen die Einflüsse Deutschlands oder Moskowiens. Wir sind überzeugt, daß das baltische Deutschtum in dieser Hinsicht eine bedeutende Rolle spielen muß. Wirtschaftlich tüchtig, von hoher politischer Moral, in einem jahrzehntelangen Kampf gegen die Nnssifizie- rung politisch herangebildet, erscheinen die Völker als die natürlichen Führer des Landes. Sollte es gelingen, sie auch mit einem Tropfen sozialen Oich zu salben, so werden sie die ihnen noch einmal von der Geschichte über¬ tragene Ausgabe ruhmvoll durchführen. Der Friede mit den Maximalisten bedeutet wie gesagt noch nicht den Frieden mit Nußland. Aber er gibt uns Zeit und Raum zur Er¬ richtung neuer Grundmauern für spätere friedliche und vertrauensvolle Beziehungen zu den Völkern des ehemaligen Nußland. Wie diese Grundlagen beschaffen sein werden, das aber wird in hohem Maße auch davon abhängen, wie unsre Armee im Westen die ihr bevorstehenden gewaltigen Aufgaben zu lösen imstande ist. Dort muß die weitere Vorentscheidung über deu Inhalt des künftigen Friedens auch mit den Russen fallen. G. Lleinow

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/299>, abgerufen am 05.05.2024.