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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Ein Drama dos Weltkrieges

Gin Drama des Weltkrieges
Professor Dr. Walther Iancll von

?D M
^iM^^ ährend Wir Deutschen den gewaltigsten Kampf der Weltgeschichte
tragieren und alle Kräfte angespannt sind, ihn zu gewinnen, finden wir
noch die Zeit, die gewaltige Tragödie dieses Krieges zu schreiben. Hatte
bisher die Kriegsdichtung in Lyrik und Epos ihren stärksten Ausdruck
gefunden, so tritt den besten Leistungen auf diesen Gebieten nun
ebenbürtig zur Seite das Kriegsdrama, das ist "Die Flotte" von Her¬
mann Reich (München 1918. Beck). Und doch ist die Flotte nicht eigentlich ein
Kriegsdrama: konzipiert, wie ich weiß, längst vorher, hat sie nur bei'ihrem all-
mühlichen Entstehen sich erfüllen müssen mit dem Geiste, der diese Zeit durchweht;
nicht in aufdringlicher Absicht, fast unbewußt, läßt Reich das gewaltige Geschehen
unserer Zeit durch seine Szenen schreiten.-

Der Stoff der Tragödie ist dem griechischen Altertum entnommen, das sich
so von neuem als lebendig erweist, ihr Held ist Themistokles, der Schöpfer der
attischen Flotte; doch zugleich meint Reich die deutsche Flotte und ihre Schöpfer.
In das schicksalsschwere Jahr 480 vor Christi Geburt werden wir geführt,
zunächst nach Athen, dessen Bevölkerung angstvoll auf Kunde von den Kämpfen an
der Landesgrenze im Norden lauscht. Die Thermopylenschlacht wird gemeldet, das
Zurückgehen auch der Flotte vor "ungeheurer Übermacht", und Verzagtheit schleicht
ins Herz der Bürger. Doch als starker Helfer erscheint Themistokles, der Admiral;
mit neuem Mut erfüllt sein hohes Wort das Volk: "Die Not ist groß,
der Feind ist übermütig, weil er die ganze Welt hat aufgeboten gegen euch und
alle Macht und alles Gold der Erde. Daß ihr so viele Feinde habt, sei eure
Ehr und höchste Zuversicht. Ihr Prahlen > ist umsonst. Nicht fürchtet sie und
ihre toten Götzen . .. Gewaltiger als die Millionen Sklaven, die er aus aller
Welt heranschleppt gegen euch, ist unseres Vaterlandes Geist und Seele." Zwar
muß Athen aufgegeben werden, aber Salamis bringt die Rettung, die Schlacht, zu
der Xerxes durch Themistokles listig getrieben wird -- damit schließt der zweite
Akt. Schon aber Schürze sich der tragische Knoten: von kurzsichtigen Parteipolitikern
und Demagogen deS Verrates bezichtigt, muß Themistokles, selbst an dem Segen
seiner Tat zweifelnd, aus Athen weichen; das Volk weiß nicht, daß dieser Mann
sein wertvollstes nationales Haben ist, um dessen Führerschaft gegen zähes Wider¬
streben die Besten Jahr und Tag gerungen. Er geht zu Xerxes. Dieser glaubt
ihm und überantwortet ihm die athenischen Gesandten Aschines und Krokodeilos,
welche die Auslieferung des Themistokles verlangen, als seine Sklaven -- das
es der dritte Akt.

Themistokles aber wird von dem Gedanken an sein Werk, das er hat un¬
vollendet lassen müssen, gequält: "Ich hätte neue Himmel, neue'Erden schaffen
können, mir glüht das Herz von Träumen, Plänen, Möglichkeiten -- umsonst.
Wo ist mein Werk? Wo meine Flotte?" Wirken muß er und kann doch das riesen¬
große Werk, das Xerxes ihm überträgt, die Bezwingung Griechenlands, nicht tun,
er kann als Grieche nicht gegen Griechen ziehen und muß sich selbst zerstören,
um das Vaterland zu retten. Das wird ihm klar und steht ihm fest in den Ge¬
sprächen mit seiner Gattin Miles und dem blindgewordenen Aschines, den er heim-
smdet: "Bring als mein Bote meine letzten Grüße nach Athen und mahne mein
Volk. Es soll bedenken, daß in dieser harten Welt nur harter Wille sich behauptet,
das Schwert des Geistes und der Macht. Sie sollen meiner Flotte nicht vergessen
und die heilige Akropolis erbauen, so hoch sie ragen mag. Ich Schafs euch Raum,
noch habt ihr Zeit für ewige Werke, die leuchten sollen durch der Zeiten Dunkel
mit des, Himmels Glanz. Und wenn dann Hellas doch dereinst vergeht an seinem
Neid und seiner zügellosen Freiheit, kommt nach Jahrtausenden ein Brudervolk
herauf und findet noch die letzten Säulen der heiligen Akropolis, Wegweiser auf dem
Pfad zur Höhe, und nach dem Gipfel weitersteigend begegnet ihm der neue Mensch,


Ein Drama dos Weltkrieges

Gin Drama des Weltkrieges
Professor Dr. Walther Iancll von

?D M
^iM^^ ährend Wir Deutschen den gewaltigsten Kampf der Weltgeschichte
tragieren und alle Kräfte angespannt sind, ihn zu gewinnen, finden wir
noch die Zeit, die gewaltige Tragödie dieses Krieges zu schreiben. Hatte
bisher die Kriegsdichtung in Lyrik und Epos ihren stärksten Ausdruck
gefunden, so tritt den besten Leistungen auf diesen Gebieten nun
ebenbürtig zur Seite das Kriegsdrama, das ist „Die Flotte" von Her¬
mann Reich (München 1918. Beck). Und doch ist die Flotte nicht eigentlich ein
Kriegsdrama: konzipiert, wie ich weiß, längst vorher, hat sie nur bei'ihrem all-
mühlichen Entstehen sich erfüllen müssen mit dem Geiste, der diese Zeit durchweht;
nicht in aufdringlicher Absicht, fast unbewußt, läßt Reich das gewaltige Geschehen
unserer Zeit durch seine Szenen schreiten.-

Der Stoff der Tragödie ist dem griechischen Altertum entnommen, das sich
so von neuem als lebendig erweist, ihr Held ist Themistokles, der Schöpfer der
attischen Flotte; doch zugleich meint Reich die deutsche Flotte und ihre Schöpfer.
In das schicksalsschwere Jahr 480 vor Christi Geburt werden wir geführt,
zunächst nach Athen, dessen Bevölkerung angstvoll auf Kunde von den Kämpfen an
der Landesgrenze im Norden lauscht. Die Thermopylenschlacht wird gemeldet, das
Zurückgehen auch der Flotte vor „ungeheurer Übermacht", und Verzagtheit schleicht
ins Herz der Bürger. Doch als starker Helfer erscheint Themistokles, der Admiral;
mit neuem Mut erfüllt sein hohes Wort das Volk: „Die Not ist groß,
der Feind ist übermütig, weil er die ganze Welt hat aufgeboten gegen euch und
alle Macht und alles Gold der Erde. Daß ihr so viele Feinde habt, sei eure
Ehr und höchste Zuversicht. Ihr Prahlen > ist umsonst. Nicht fürchtet sie und
ihre toten Götzen . .. Gewaltiger als die Millionen Sklaven, die er aus aller
Welt heranschleppt gegen euch, ist unseres Vaterlandes Geist und Seele." Zwar
muß Athen aufgegeben werden, aber Salamis bringt die Rettung, die Schlacht, zu
der Xerxes durch Themistokles listig getrieben wird — damit schließt der zweite
Akt. Schon aber Schürze sich der tragische Knoten: von kurzsichtigen Parteipolitikern
und Demagogen deS Verrates bezichtigt, muß Themistokles, selbst an dem Segen
seiner Tat zweifelnd, aus Athen weichen; das Volk weiß nicht, daß dieser Mann
sein wertvollstes nationales Haben ist, um dessen Führerschaft gegen zähes Wider¬
streben die Besten Jahr und Tag gerungen. Er geht zu Xerxes. Dieser glaubt
ihm und überantwortet ihm die athenischen Gesandten Aschines und Krokodeilos,
welche die Auslieferung des Themistokles verlangen, als seine Sklaven — das
es der dritte Akt.

Themistokles aber wird von dem Gedanken an sein Werk, das er hat un¬
vollendet lassen müssen, gequält: „Ich hätte neue Himmel, neue'Erden schaffen
können, mir glüht das Herz von Träumen, Plänen, Möglichkeiten — umsonst.
Wo ist mein Werk? Wo meine Flotte?" Wirken muß er und kann doch das riesen¬
große Werk, das Xerxes ihm überträgt, die Bezwingung Griechenlands, nicht tun,
er kann als Grieche nicht gegen Griechen ziehen und muß sich selbst zerstören,
um das Vaterland zu retten. Das wird ihm klar und steht ihm fest in den Ge¬
sprächen mit seiner Gattin Miles und dem blindgewordenen Aschines, den er heim-
smdet: „Bring als mein Bote meine letzten Grüße nach Athen und mahne mein
Volk. Es soll bedenken, daß in dieser harten Welt nur harter Wille sich behauptet,
das Schwert des Geistes und der Macht. Sie sollen meiner Flotte nicht vergessen
und die heilige Akropolis erbauen, so hoch sie ragen mag. Ich Schafs euch Raum,
noch habt ihr Zeit für ewige Werke, die leuchten sollen durch der Zeiten Dunkel
mit des, Himmels Glanz. Und wenn dann Hellas doch dereinst vergeht an seinem
Neid und seiner zügellosen Freiheit, kommt nach Jahrtausenden ein Brudervolk
herauf und findet noch die letzten Säulen der heiligen Akropolis, Wegweiser auf dem
Pfad zur Höhe, und nach dem Gipfel weitersteigend begegnet ihm der neue Mensch,


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[0179] Ein Drama dos Weltkrieges Gin Drama des Weltkrieges Professor Dr. Walther Iancll von ?D M ^iM^^ ährend Wir Deutschen den gewaltigsten Kampf der Weltgeschichte tragieren und alle Kräfte angespannt sind, ihn zu gewinnen, finden wir noch die Zeit, die gewaltige Tragödie dieses Krieges zu schreiben. Hatte bisher die Kriegsdichtung in Lyrik und Epos ihren stärksten Ausdruck gefunden, so tritt den besten Leistungen auf diesen Gebieten nun ebenbürtig zur Seite das Kriegsdrama, das ist „Die Flotte" von Her¬ mann Reich (München 1918. Beck). Und doch ist die Flotte nicht eigentlich ein Kriegsdrama: konzipiert, wie ich weiß, längst vorher, hat sie nur bei'ihrem all- mühlichen Entstehen sich erfüllen müssen mit dem Geiste, der diese Zeit durchweht; nicht in aufdringlicher Absicht, fast unbewußt, läßt Reich das gewaltige Geschehen unserer Zeit durch seine Szenen schreiten.- Der Stoff der Tragödie ist dem griechischen Altertum entnommen, das sich so von neuem als lebendig erweist, ihr Held ist Themistokles, der Schöpfer der attischen Flotte; doch zugleich meint Reich die deutsche Flotte und ihre Schöpfer. In das schicksalsschwere Jahr 480 vor Christi Geburt werden wir geführt, zunächst nach Athen, dessen Bevölkerung angstvoll auf Kunde von den Kämpfen an der Landesgrenze im Norden lauscht. Die Thermopylenschlacht wird gemeldet, das Zurückgehen auch der Flotte vor „ungeheurer Übermacht", und Verzagtheit schleicht ins Herz der Bürger. Doch als starker Helfer erscheint Themistokles, der Admiral; mit neuem Mut erfüllt sein hohes Wort das Volk: „Die Not ist groß, der Feind ist übermütig, weil er die ganze Welt hat aufgeboten gegen euch und alle Macht und alles Gold der Erde. Daß ihr so viele Feinde habt, sei eure Ehr und höchste Zuversicht. Ihr Prahlen > ist umsonst. Nicht fürchtet sie und ihre toten Götzen . .. Gewaltiger als die Millionen Sklaven, die er aus aller Welt heranschleppt gegen euch, ist unseres Vaterlandes Geist und Seele." Zwar muß Athen aufgegeben werden, aber Salamis bringt die Rettung, die Schlacht, zu der Xerxes durch Themistokles listig getrieben wird — damit schließt der zweite Akt. Schon aber Schürze sich der tragische Knoten: von kurzsichtigen Parteipolitikern und Demagogen deS Verrates bezichtigt, muß Themistokles, selbst an dem Segen seiner Tat zweifelnd, aus Athen weichen; das Volk weiß nicht, daß dieser Mann sein wertvollstes nationales Haben ist, um dessen Führerschaft gegen zähes Wider¬ streben die Besten Jahr und Tag gerungen. Er geht zu Xerxes. Dieser glaubt ihm und überantwortet ihm die athenischen Gesandten Aschines und Krokodeilos, welche die Auslieferung des Themistokles verlangen, als seine Sklaven — das es der dritte Akt. Themistokles aber wird von dem Gedanken an sein Werk, das er hat un¬ vollendet lassen müssen, gequält: „Ich hätte neue Himmel, neue'Erden schaffen können, mir glüht das Herz von Träumen, Plänen, Möglichkeiten — umsonst. Wo ist mein Werk? Wo meine Flotte?" Wirken muß er und kann doch das riesen¬ große Werk, das Xerxes ihm überträgt, die Bezwingung Griechenlands, nicht tun, er kann als Grieche nicht gegen Griechen ziehen und muß sich selbst zerstören, um das Vaterland zu retten. Das wird ihm klar und steht ihm fest in den Ge¬ sprächen mit seiner Gattin Miles und dem blindgewordenen Aschines, den er heim- smdet: „Bring als mein Bote meine letzten Grüße nach Athen und mahne mein Volk. Es soll bedenken, daß in dieser harten Welt nur harter Wille sich behauptet, das Schwert des Geistes und der Macht. Sie sollen meiner Flotte nicht vergessen und die heilige Akropolis erbauen, so hoch sie ragen mag. Ich Schafs euch Raum, noch habt ihr Zeit für ewige Werke, die leuchten sollen durch der Zeiten Dunkel mit des, Himmels Glanz. Und wenn dann Hellas doch dereinst vergeht an seinem Neid und seiner zügellosen Freiheit, kommt nach Jahrtausenden ein Brudervolk herauf und findet noch die letzten Säulen der heiligen Akropolis, Wegweiser auf dem Pfad zur Höhe, und nach dem Gipfel weitersteigend begegnet ihm der neue Mensch,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/179>, abgerufen am 05.05.2024.