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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Joachim Kühn,

"Aus französischen Kriegstagebüchern". I. Stimmen
aus der deutschen Gefangenschaft. II. Der "Polin" im eigenen Urteil. Mit
je Ill Faksimilebeilagen. Berlin 1918. Ernst S. Mittler u. Sohn.

Wenn es gestattet ist Kleines mit Großem zu vergleichen, so möchte man
an die ingrimmige Wut erinnern, mit der der Frontsoldat feindliches Artillerie¬
feuer aushält, das die eigenen Batterien aus irgend welchen Gründen nicht
wirksam bekämpfen. Eine ähnliche Empfindung hatte wenigstens, wer die glänzend
inszenierte Propaganda der Franzosen mit Hilfe der von ihnen erbeuteten Kriegs¬
tagebücher deutscher Offiziere und Mannschaften kannte und die rechte Antwort
von unserer Seite vermissen mußte, obwohl uns gegen die Verleumdung die
besten Waffen zur Verfügung standen. Zwar die Schmähschrift des Professors
am LollöM cis Kranes, Joseph Bsdier, der aus handschriftlichen Zeug¬
nissen unserer Feldgrauen "deutsche Verbrechen" zu beweisen suchte, hat Max
Kuttner als glatte Fälscherarbeit nachgewiesen (Deutsche Verbrechen? Bielefeld und
Leipzig. Velhagen u. Klasing 1915. 50 Pf.). Als aber Herr Bedicr mit seinem
Verfahren Nachahmer fand, die seine alten Legenden immer wieder auftischten,
hat man auf deutscher Seite allzu lange geschwiegen und die buchtechnisch ebenso
vorzüglichen wie inhaltlich anfechtbaren Produkte französischer Propaganda auf
dem heimischen und neutralen Boden einwurzeln lassen. Jetzt endlich nach vier
Kriegsjahren nehmen die beiden oben genannten Veröffentlichungen Kubus die
Kuttnersche Tradition wieder auf. Hoffentlich kommt ihr Eingreifen nicht zu spät.
Nach Inhalt und Form erfüllen sie alle Forderungen, die man an den recht
diffiziler Begriff einer Propagandaschrift stellen muß, nahezu restlos -- ist doch
der Verfasser auf dem Gebiete kein Neuling; wir machen bei dieser Gelegenheit
auf daS seiner Feder entstammende Bändchen: Französische Kulturträger im
Dienste der Völkerverhetzung. Diederichs, 1917, aufmerksam. Das in unserer
Kriegsbeute bereitliegende reiche Material ist von ihm in größter Vollständigkeit
herangezogen und durchgearbeitet worden. Was das besagen will, kann nur der
voll ermessen, dem der Charakter dieser oft flüchtig und unleserlich geschriebenen,
von WitternngS- und Kriegseinflüssen arg geschädigten "Quellen" bekannt ist.
In der Einleitung zum ersten Teile unterstreicht Kühn den Widerspruch, in dem
sich diejenigen französischen Gefangenen bewegen, die zwar alle möglichen Klagen
über ihre Schicksale aufzeichnen, gleichzeitig aver anerkennende Bemerkungen nicht
unterdrücken können. Die hierdurch schon geweckten Zweifel des Lesers, so meint
der Verfasser, verstärken sich angesichts der Überlegung, daß die Berichte dieser
nach Frankreich zurückgekehrten Kriegsgefangenen mannigfachen entstellenden Ein¬
flüssen unterlegen haben, bis sie im Druck erschienen. Eben deswegen werde das
Verlangen nach unverfälschten Zeugnissen um so stärker. Solche haben wir aber
in den vorliegenden rein privaten, mit keinerlei Nebenabsicht niedergesehriebenen
Notizen vor uns, die man ihren Verfassern aus bestimmten zwingenden Gründen
meist gegen Ende des ersten Kriegsjahres abgenommen hat.
"

Die "Stimmen aus der deutschen Gefangenschaft beziehen sich auf die
Aufnahme hinter der Front, den Transport, die Behandlung in den deutschen
Lazaretten, das Leben in den Offiziers- und Mannschaftslagern. Die Quellen¬
stellen sind sorgfältig exzerpiert und mit deutscher Übersetzung versehen. Für die
Echtheit bürgt neben sprachlichen Kriterien die photographische Wiedergabe aus¬
gewählter Stücke im Anhang. Wer diese untrüglichen Urteile aus Feindesmund
über die Deutschen liest, wie sie die in ihre Hand gefallenen verwundeten Franzosen
verbinden und ihre oft knappen Nationen mit ihnen teilen oder später aus dem
Transport die ihnen zugedachten Erfrischungen des Noten Kreuzes an die Ge¬
fangenen weitergeben; wer die spontane Anerkennung sieht, die hier den deutschen
Ärzten, Schwestern und dem gesamten Pflegepersonal -- oft unter wenig schmeichel¬
haftem Vergleich mit französischen Zuständen --, der Verpflegung und Sauberkeit
w Lazarett und Gefangenenlager gezollt wird, dein muß es bei einer Spur von
Gerechtigkeitsgefühl so gehen, wie jenem bei Dammartin gefangenen Offizier, der
unter dein Eindruck einer ritterlichen Handlung erklärt, ste habe "cerwinement


Neue Bücher

Joachim Kühn,

„Aus französischen Kriegstagebüchern". I. Stimmen
aus der deutschen Gefangenschaft. II. Der „Polin" im eigenen Urteil. Mit
je Ill Faksimilebeilagen. Berlin 1918. Ernst S. Mittler u. Sohn.

Wenn es gestattet ist Kleines mit Großem zu vergleichen, so möchte man
an die ingrimmige Wut erinnern, mit der der Frontsoldat feindliches Artillerie¬
feuer aushält, das die eigenen Batterien aus irgend welchen Gründen nicht
wirksam bekämpfen. Eine ähnliche Empfindung hatte wenigstens, wer die glänzend
inszenierte Propaganda der Franzosen mit Hilfe der von ihnen erbeuteten Kriegs¬
tagebücher deutscher Offiziere und Mannschaften kannte und die rechte Antwort
von unserer Seite vermissen mußte, obwohl uns gegen die Verleumdung die
besten Waffen zur Verfügung standen. Zwar die Schmähschrift des Professors
am LollöM cis Kranes, Joseph Bsdier, der aus handschriftlichen Zeug¬
nissen unserer Feldgrauen „deutsche Verbrechen" zu beweisen suchte, hat Max
Kuttner als glatte Fälscherarbeit nachgewiesen (Deutsche Verbrechen? Bielefeld und
Leipzig. Velhagen u. Klasing 1915. 50 Pf.). Als aber Herr Bedicr mit seinem
Verfahren Nachahmer fand, die seine alten Legenden immer wieder auftischten,
hat man auf deutscher Seite allzu lange geschwiegen und die buchtechnisch ebenso
vorzüglichen wie inhaltlich anfechtbaren Produkte französischer Propaganda auf
dem heimischen und neutralen Boden einwurzeln lassen. Jetzt endlich nach vier
Kriegsjahren nehmen die beiden oben genannten Veröffentlichungen Kubus die
Kuttnersche Tradition wieder auf. Hoffentlich kommt ihr Eingreifen nicht zu spät.
Nach Inhalt und Form erfüllen sie alle Forderungen, die man an den recht
diffiziler Begriff einer Propagandaschrift stellen muß, nahezu restlos — ist doch
der Verfasser auf dem Gebiete kein Neuling; wir machen bei dieser Gelegenheit
auf daS seiner Feder entstammende Bändchen: Französische Kulturträger im
Dienste der Völkerverhetzung. Diederichs, 1917, aufmerksam. Das in unserer
Kriegsbeute bereitliegende reiche Material ist von ihm in größter Vollständigkeit
herangezogen und durchgearbeitet worden. Was das besagen will, kann nur der
voll ermessen, dem der Charakter dieser oft flüchtig und unleserlich geschriebenen,
von WitternngS- und Kriegseinflüssen arg geschädigten „Quellen" bekannt ist.
In der Einleitung zum ersten Teile unterstreicht Kühn den Widerspruch, in dem
sich diejenigen französischen Gefangenen bewegen, die zwar alle möglichen Klagen
über ihre Schicksale aufzeichnen, gleichzeitig aver anerkennende Bemerkungen nicht
unterdrücken können. Die hierdurch schon geweckten Zweifel des Lesers, so meint
der Verfasser, verstärken sich angesichts der Überlegung, daß die Berichte dieser
nach Frankreich zurückgekehrten Kriegsgefangenen mannigfachen entstellenden Ein¬
flüssen unterlegen haben, bis sie im Druck erschienen. Eben deswegen werde das
Verlangen nach unverfälschten Zeugnissen um so stärker. Solche haben wir aber
in den vorliegenden rein privaten, mit keinerlei Nebenabsicht niedergesehriebenen
Notizen vor uns, die man ihren Verfassern aus bestimmten zwingenden Gründen
meist gegen Ende des ersten Kriegsjahres abgenommen hat.
"

Die „Stimmen aus der deutschen Gefangenschaft beziehen sich auf die
Aufnahme hinter der Front, den Transport, die Behandlung in den deutschen
Lazaretten, das Leben in den Offiziers- und Mannschaftslagern. Die Quellen¬
stellen sind sorgfältig exzerpiert und mit deutscher Übersetzung versehen. Für die
Echtheit bürgt neben sprachlichen Kriterien die photographische Wiedergabe aus¬
gewählter Stücke im Anhang. Wer diese untrüglichen Urteile aus Feindesmund
über die Deutschen liest, wie sie die in ihre Hand gefallenen verwundeten Franzosen
verbinden und ihre oft knappen Nationen mit ihnen teilen oder später aus dem
Transport die ihnen zugedachten Erfrischungen des Noten Kreuzes an die Ge¬
fangenen weitergeben; wer die spontane Anerkennung sieht, die hier den deutschen
Ärzten, Schwestern und dem gesamten Pflegepersonal — oft unter wenig schmeichel¬
haftem Vergleich mit französischen Zuständen —, der Verpflegung und Sauberkeit
w Lazarett und Gefangenenlager gezollt wird, dein muß es bei einer Spur von
Gerechtigkeitsgefühl so gehen, wie jenem bei Dammartin gefangenen Offizier, der
unter dein Eindruck einer ritterlichen Handlung erklärt, ste habe „cerwinement


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[0315] Neue Bücher Joachim Kühn, „Aus französischen Kriegstagebüchern". I. Stimmen aus der deutschen Gefangenschaft. II. Der „Polin" im eigenen Urteil. Mit je Ill Faksimilebeilagen. Berlin 1918. Ernst S. Mittler u. Sohn. Wenn es gestattet ist Kleines mit Großem zu vergleichen, so möchte man an die ingrimmige Wut erinnern, mit der der Frontsoldat feindliches Artillerie¬ feuer aushält, das die eigenen Batterien aus irgend welchen Gründen nicht wirksam bekämpfen. Eine ähnliche Empfindung hatte wenigstens, wer die glänzend inszenierte Propaganda der Franzosen mit Hilfe der von ihnen erbeuteten Kriegs¬ tagebücher deutscher Offiziere und Mannschaften kannte und die rechte Antwort von unserer Seite vermissen mußte, obwohl uns gegen die Verleumdung die besten Waffen zur Verfügung standen. Zwar die Schmähschrift des Professors am LollöM cis Kranes, Joseph Bsdier, der aus handschriftlichen Zeug¬ nissen unserer Feldgrauen „deutsche Verbrechen" zu beweisen suchte, hat Max Kuttner als glatte Fälscherarbeit nachgewiesen (Deutsche Verbrechen? Bielefeld und Leipzig. Velhagen u. Klasing 1915. 50 Pf.). Als aber Herr Bedicr mit seinem Verfahren Nachahmer fand, die seine alten Legenden immer wieder auftischten, hat man auf deutscher Seite allzu lange geschwiegen und die buchtechnisch ebenso vorzüglichen wie inhaltlich anfechtbaren Produkte französischer Propaganda auf dem heimischen und neutralen Boden einwurzeln lassen. Jetzt endlich nach vier Kriegsjahren nehmen die beiden oben genannten Veröffentlichungen Kubus die Kuttnersche Tradition wieder auf. Hoffentlich kommt ihr Eingreifen nicht zu spät. Nach Inhalt und Form erfüllen sie alle Forderungen, die man an den recht diffiziler Begriff einer Propagandaschrift stellen muß, nahezu restlos — ist doch der Verfasser auf dem Gebiete kein Neuling; wir machen bei dieser Gelegenheit auf daS seiner Feder entstammende Bändchen: Französische Kulturträger im Dienste der Völkerverhetzung. Diederichs, 1917, aufmerksam. Das in unserer Kriegsbeute bereitliegende reiche Material ist von ihm in größter Vollständigkeit herangezogen und durchgearbeitet worden. Was das besagen will, kann nur der voll ermessen, dem der Charakter dieser oft flüchtig und unleserlich geschriebenen, von WitternngS- und Kriegseinflüssen arg geschädigten „Quellen" bekannt ist. In der Einleitung zum ersten Teile unterstreicht Kühn den Widerspruch, in dem sich diejenigen französischen Gefangenen bewegen, die zwar alle möglichen Klagen über ihre Schicksale aufzeichnen, gleichzeitig aver anerkennende Bemerkungen nicht unterdrücken können. Die hierdurch schon geweckten Zweifel des Lesers, so meint der Verfasser, verstärken sich angesichts der Überlegung, daß die Berichte dieser nach Frankreich zurückgekehrten Kriegsgefangenen mannigfachen entstellenden Ein¬ flüssen unterlegen haben, bis sie im Druck erschienen. Eben deswegen werde das Verlangen nach unverfälschten Zeugnissen um so stärker. Solche haben wir aber in den vorliegenden rein privaten, mit keinerlei Nebenabsicht niedergesehriebenen Notizen vor uns, die man ihren Verfassern aus bestimmten zwingenden Gründen meist gegen Ende des ersten Kriegsjahres abgenommen hat. " Die „Stimmen aus der deutschen Gefangenschaft beziehen sich auf die Aufnahme hinter der Front, den Transport, die Behandlung in den deutschen Lazaretten, das Leben in den Offiziers- und Mannschaftslagern. Die Quellen¬ stellen sind sorgfältig exzerpiert und mit deutscher Übersetzung versehen. Für die Echtheit bürgt neben sprachlichen Kriterien die photographische Wiedergabe aus¬ gewählter Stücke im Anhang. Wer diese untrüglichen Urteile aus Feindesmund über die Deutschen liest, wie sie die in ihre Hand gefallenen verwundeten Franzosen verbinden und ihre oft knappen Nationen mit ihnen teilen oder später aus dem Transport die ihnen zugedachten Erfrischungen des Noten Kreuzes an die Ge¬ fangenen weitergeben; wer die spontane Anerkennung sieht, die hier den deutschen Ärzten, Schwestern und dem gesamten Pflegepersonal — oft unter wenig schmeichel¬ haftem Vergleich mit französischen Zuständen —, der Verpflegung und Sauberkeit w Lazarett und Gefangenenlager gezollt wird, dein muß es bei einer Spur von Gerechtigkeitsgefühl so gehen, wie jenem bei Dammartin gefangenen Offizier, der unter dein Eindruck einer ritterlichen Handlung erklärt, ste habe „cerwinement

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/315>, abgerufen am 04.05.2024.