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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Demokratischer Parlamentarismus und Rätesystem

Demokratischer Parlamentarismus und Rätesystem
Carl Georg Bruns von

WWWjährend von radikaler sozialistischer Seite offen die Ersetzung der
^parlamentarischen Demokratie durch eine Näteverfafsung erstrebt
wird, glaubt der größere Teil der Sozialisten eine Art Rätever--
fassung mit dem demokratischen Parlamentarismus vereinbaren zu
können. In letzter Zeit haben sich die Ansichten dieser zweiten
I Gruppe zu näheren Vorschlägen verdichtet, etwa in dem Aufsatz
von Kaliski im sechsten und siebenten Heft der sozialistischen Monatshefte in
einigen Aufsätzen von MehrheitSsozialisten in der Wochenschrift "Der Arbeiterrat"
und zuletzt in dem vom Rätekongreß angenommenen Antrag Cohen-Reuß.

Der vorherrschende Gedanke bei diesen Vorschlägen ist, daß neben das durch
das allgemeine gleiche Wahlrecht auf Grund von territorialen Wahlen zustande
gekommene Parlament eine auf Grund von Berufswahlen gebildete Kammer der
Berufsräte tritt. Der naheliegende Vergleich mit den bisher bekannten Zwei¬
kammersystem ist bei näherer Betrachtung nur ein äußerlicher. Bei den bisherigen
Zweikammersystemen war die erste Kammer, soweit sie auf berufsständischer Grund¬
lage aufgebaut war, ein Ausdruck der Auffassung, daß jeder Beruf seine bestimmte
Bedeutung für den Aufbau des Gesamtstaates und der Gesamtvolkswirtschaft
hatte, wobei diese Bedeutung nicht bestimmt war durch die Anzahl der einem
Beruf angehörigen Verufsgenossen. So sah z. B. ein Entwurf für die Zusammen¬
setzung der preußischen ersten Kammer, der in den Monaten vor der Revolution
den preußischen gesetzgebenden Körperschaften vorlag, eine Vertretung der Arbeiter¬
schaft vor, die in keiner Weise die starke, zahlenmäßige Überlegenheit der Arbeiter¬
schaft zum Ausdruck brachte. Die Kammer der Berufsräte, wie sie aber jetzt voll
sozialdemokraiischer Seite geplant wird, würde sich auf dem Grundsatz aufbauen,
daß jeder Beruf die der Zahl seiner Berufsgenossen entsprechende Anzahl von
Vertretern in die Kammer der Berufsräte entsenden würde. Teilweise wird sogar
nicht an eine Kammer der Berufsräte, sondern lediglich an eine in einen Zentral¬
kongreß zusammengefaßte Vertretung der eigentlichen Arbeiterräte gedacht, so daß
sich ein auf Grund des allgemeinen Wahlrechts gebildetes Parlament und ein
reines Arbeiicrparlament gegenüberstehen würden. Muß nun auch ein solches
reines Arbeiterparlament schärfsten Widerspruch hervorrufen, so darf man doch
nicht verkennen, daß der praktische Unterschied gegenüber einer Kammer der
Berufsräte, in der alle Berufe nach der Zahl ihrer Verufsgenossen vertreten sind,
nicht allzugroß ist. Denn abgesehen von der starken zahlenmäßigen Überlegenheit
der Arbeiterbevölkerung, fehlt allen anderen Berufen die starke Geschlossenheit der
Aroeiterberufe, Hier sind vielmehr die einzelnen Berufe so mannigfaltig differenziert,
daß vielfach, sollen einzelne Berufe nicht überhaupt unberücksichtigt "bleiben, eine
Zusammenfassung zu Berufsgruppen für die Wahlen zur Kammer der Berufsräto
erforderlich sein wird. Diese starke Differenziertheit der Nichtarbeiterberufe schwächt
nun zunächst bereits die Stoßkraft dieser Berufsgruppen bei der Wahl selbst.
Während die Arbeitergruppen stets in der Lage sein werden, Vertreter verschiedener
Richtungen i" das Parlament zu entsenden, und dadurch alle Berufsgenossen an
der Wahl zu interessieren, wird bei den kleineren Verufsgruppen die Aussichts¬
losigkeit, Kandidaten von stark nuanciertem Standpunkt durchzuringen, die
Beteiligung einmal an der Wahl und auch an den Vorbereitungen zur Wahl
beeinträchtigen, und es wird ferner durch die Notwendigkeit, Kompromisse inner¬
halb der für die Wahl zusammengeschlossenen Gruppen zu schließen, vielfach
verhindert werden, daß stark ausgeprägte Persönlichkeiten in die Kammer der
Berufsräte hineinkommen. Es wird also die Qualität der Vertreter der Nicht¬
arbeiterberufe hinter der Qualität der Arbeitervertreter zurückbleiben.

Das gleiche wird aber in noch stärkerem Maße beim praktischen Arbeiten
in der Berufskammer zum Ausdruck kommen. Während die Arbeitervertreter


Demokratischer Parlamentarismus und Rätesystem

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Carl Georg Bruns von

WWWjährend von radikaler sozialistischer Seite offen die Ersetzung der
^parlamentarischen Demokratie durch eine Näteverfafsung erstrebt
wird, glaubt der größere Teil der Sozialisten eine Art Rätever--
fassung mit dem demokratischen Parlamentarismus vereinbaren zu
können. In letzter Zeit haben sich die Ansichten dieser zweiten
I Gruppe zu näheren Vorschlägen verdichtet, etwa in dem Aufsatz
von Kaliski im sechsten und siebenten Heft der sozialistischen Monatshefte in
einigen Aufsätzen von MehrheitSsozialisten in der Wochenschrift „Der Arbeiterrat"
und zuletzt in dem vom Rätekongreß angenommenen Antrag Cohen-Reuß.

Der vorherrschende Gedanke bei diesen Vorschlägen ist, daß neben das durch
das allgemeine gleiche Wahlrecht auf Grund von territorialen Wahlen zustande
gekommene Parlament eine auf Grund von Berufswahlen gebildete Kammer der
Berufsräte tritt. Der naheliegende Vergleich mit den bisher bekannten Zwei¬
kammersystem ist bei näherer Betrachtung nur ein äußerlicher. Bei den bisherigen
Zweikammersystemen war die erste Kammer, soweit sie auf berufsständischer Grund¬
lage aufgebaut war, ein Ausdruck der Auffassung, daß jeder Beruf seine bestimmte
Bedeutung für den Aufbau des Gesamtstaates und der Gesamtvolkswirtschaft
hatte, wobei diese Bedeutung nicht bestimmt war durch die Anzahl der einem
Beruf angehörigen Verufsgenossen. So sah z. B. ein Entwurf für die Zusammen¬
setzung der preußischen ersten Kammer, der in den Monaten vor der Revolution
den preußischen gesetzgebenden Körperschaften vorlag, eine Vertretung der Arbeiter¬
schaft vor, die in keiner Weise die starke, zahlenmäßige Überlegenheit der Arbeiter¬
schaft zum Ausdruck brachte. Die Kammer der Berufsräte, wie sie aber jetzt voll
sozialdemokraiischer Seite geplant wird, würde sich auf dem Grundsatz aufbauen,
daß jeder Beruf die der Zahl seiner Berufsgenossen entsprechende Anzahl von
Vertretern in die Kammer der Berufsräte entsenden würde. Teilweise wird sogar
nicht an eine Kammer der Berufsräte, sondern lediglich an eine in einen Zentral¬
kongreß zusammengefaßte Vertretung der eigentlichen Arbeiterräte gedacht, so daß
sich ein auf Grund des allgemeinen Wahlrechts gebildetes Parlament und ein
reines Arbeiicrparlament gegenüberstehen würden. Muß nun auch ein solches
reines Arbeiterparlament schärfsten Widerspruch hervorrufen, so darf man doch
nicht verkennen, daß der praktische Unterschied gegenüber einer Kammer der
Berufsräte, in der alle Berufe nach der Zahl ihrer Verufsgenossen vertreten sind,
nicht allzugroß ist. Denn abgesehen von der starken zahlenmäßigen Überlegenheit
der Arbeiterbevölkerung, fehlt allen anderen Berufen die starke Geschlossenheit der
Aroeiterberufe, Hier sind vielmehr die einzelnen Berufe so mannigfaltig differenziert,
daß vielfach, sollen einzelne Berufe nicht überhaupt unberücksichtigt "bleiben, eine
Zusammenfassung zu Berufsgruppen für die Wahlen zur Kammer der Berufsräto
erforderlich sein wird. Diese starke Differenziertheit der Nichtarbeiterberufe schwächt
nun zunächst bereits die Stoßkraft dieser Berufsgruppen bei der Wahl selbst.
Während die Arbeitergruppen stets in der Lage sein werden, Vertreter verschiedener
Richtungen i» das Parlament zu entsenden, und dadurch alle Berufsgenossen an
der Wahl zu interessieren, wird bei den kleineren Verufsgruppen die Aussichts¬
losigkeit, Kandidaten von stark nuanciertem Standpunkt durchzuringen, die
Beteiligung einmal an der Wahl und auch an den Vorbereitungen zur Wahl
beeinträchtigen, und es wird ferner durch die Notwendigkeit, Kompromisse inner¬
halb der für die Wahl zusammengeschlossenen Gruppen zu schließen, vielfach
verhindert werden, daß stark ausgeprägte Persönlichkeiten in die Kammer der
Berufsräte hineinkommen. Es wird also die Qualität der Vertreter der Nicht¬
arbeiterberufe hinter der Qualität der Arbeitervertreter zurückbleiben.

Das gleiche wird aber in noch stärkerem Maße beim praktischen Arbeiten
in der Berufskammer zum Ausdruck kommen. Während die Arbeitervertreter


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[0113] Demokratischer Parlamentarismus und Rätesystem Demokratischer Parlamentarismus und Rätesystem Carl Georg Bruns von WWWjährend von radikaler sozialistischer Seite offen die Ersetzung der ^parlamentarischen Demokratie durch eine Näteverfafsung erstrebt wird, glaubt der größere Teil der Sozialisten eine Art Rätever-- fassung mit dem demokratischen Parlamentarismus vereinbaren zu können. In letzter Zeit haben sich die Ansichten dieser zweiten I Gruppe zu näheren Vorschlägen verdichtet, etwa in dem Aufsatz von Kaliski im sechsten und siebenten Heft der sozialistischen Monatshefte in einigen Aufsätzen von MehrheitSsozialisten in der Wochenschrift „Der Arbeiterrat" und zuletzt in dem vom Rätekongreß angenommenen Antrag Cohen-Reuß. Der vorherrschende Gedanke bei diesen Vorschlägen ist, daß neben das durch das allgemeine gleiche Wahlrecht auf Grund von territorialen Wahlen zustande gekommene Parlament eine auf Grund von Berufswahlen gebildete Kammer der Berufsräte tritt. Der naheliegende Vergleich mit den bisher bekannten Zwei¬ kammersystem ist bei näherer Betrachtung nur ein äußerlicher. Bei den bisherigen Zweikammersystemen war die erste Kammer, soweit sie auf berufsständischer Grund¬ lage aufgebaut war, ein Ausdruck der Auffassung, daß jeder Beruf seine bestimmte Bedeutung für den Aufbau des Gesamtstaates und der Gesamtvolkswirtschaft hatte, wobei diese Bedeutung nicht bestimmt war durch die Anzahl der einem Beruf angehörigen Verufsgenossen. So sah z. B. ein Entwurf für die Zusammen¬ setzung der preußischen ersten Kammer, der in den Monaten vor der Revolution den preußischen gesetzgebenden Körperschaften vorlag, eine Vertretung der Arbeiter¬ schaft vor, die in keiner Weise die starke, zahlenmäßige Überlegenheit der Arbeiter¬ schaft zum Ausdruck brachte. Die Kammer der Berufsräte, wie sie aber jetzt voll sozialdemokraiischer Seite geplant wird, würde sich auf dem Grundsatz aufbauen, daß jeder Beruf die der Zahl seiner Berufsgenossen entsprechende Anzahl von Vertretern in die Kammer der Berufsräte entsenden würde. Teilweise wird sogar nicht an eine Kammer der Berufsräte, sondern lediglich an eine in einen Zentral¬ kongreß zusammengefaßte Vertretung der eigentlichen Arbeiterräte gedacht, so daß sich ein auf Grund des allgemeinen Wahlrechts gebildetes Parlament und ein reines Arbeiicrparlament gegenüberstehen würden. Muß nun auch ein solches reines Arbeiterparlament schärfsten Widerspruch hervorrufen, so darf man doch nicht verkennen, daß der praktische Unterschied gegenüber einer Kammer der Berufsräte, in der alle Berufe nach der Zahl ihrer Verufsgenossen vertreten sind, nicht allzugroß ist. Denn abgesehen von der starken zahlenmäßigen Überlegenheit der Arbeiterbevölkerung, fehlt allen anderen Berufen die starke Geschlossenheit der Aroeiterberufe, Hier sind vielmehr die einzelnen Berufe so mannigfaltig differenziert, daß vielfach, sollen einzelne Berufe nicht überhaupt unberücksichtigt "bleiben, eine Zusammenfassung zu Berufsgruppen für die Wahlen zur Kammer der Berufsräto erforderlich sein wird. Diese starke Differenziertheit der Nichtarbeiterberufe schwächt nun zunächst bereits die Stoßkraft dieser Berufsgruppen bei der Wahl selbst. Während die Arbeitergruppen stets in der Lage sein werden, Vertreter verschiedener Richtungen i» das Parlament zu entsenden, und dadurch alle Berufsgenossen an der Wahl zu interessieren, wird bei den kleineren Verufsgruppen die Aussichts¬ losigkeit, Kandidaten von stark nuanciertem Standpunkt durchzuringen, die Beteiligung einmal an der Wahl und auch an den Vorbereitungen zur Wahl beeinträchtigen, und es wird ferner durch die Notwendigkeit, Kompromisse inner¬ halb der für die Wahl zusammengeschlossenen Gruppen zu schließen, vielfach verhindert werden, daß stark ausgeprägte Persönlichkeiten in die Kammer der Berufsräte hineinkommen. Es wird also die Qualität der Vertreter der Nicht¬ arbeiterberufe hinter der Qualität der Arbeitervertreter zurückbleiben. Das gleiche wird aber in noch stärkerem Maße beim praktischen Arbeiten in der Berufskammer zum Ausdruck kommen. Während die Arbeitervertreter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/113>, abgerufen am 29.04.2024.