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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Neue Bücher

Harry Vosberg, Hans Michael Elias Obentraut. Roman. Verlag von Eugen
Salzer. Hellbraun. 191". Preis brosch. ti M., geb. 8 M.

Aus uns überkommenen, kargen Angaben über die Persönlichkeit des Hans
Michael Obentraut, der zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts am Oberrhein
unter dein Namen "Der deutsche Michel" bei den Völkerschaften, die damals
deutsches Land verwüsteten, gekannt und gefürchtet war, hat Vosberg den Brenn¬
punkt eines historischen Romans mit allegorischen Unterton gewonnen. Die
Kriegswirren jener Zeit finden ihre Bewertung als Kindheitsphase des deutschen
Volkes, das unter dem Zwang unabänderlicher Gegebenheiten in fortschreitender
Entwicklung sich selbst gleich bleibt und sein Schicksal schmiedet -- umlagerten
doch schon vor dreihundert Jahren dieselben Feinde wie heute Deutschlands
Grenzen, selbst der Handelsneid Englands war damals bereits lebendig und die
Zerfahrenheit unserer politischen Zustände, die Machtlosigkeit des Reichs Gewinn
und Zielpunkt unserer Gegner --, Hans Michael Obentraut aber, der deutsche
Michel, der Gott und Satan gleichermaßen im Leibe trägt, erscheint in der Ver¬
quickung von wetterhartem Draufgängertum mit romantischer Treue und Heimat-
liebe als das in hellen, frischen Farben leuchtende Sinnbild der trotz aller Sonder¬
heiten gemeinsamen Art deutschen Wesens. Und diesem deutschen Michel entringt
sich nach sturmbewegten, erfahrungsreicher Jahren der Angstschrei: Die deutsche
Art! Sie frißt uns und unserer Kinder Zukunft! Im Kampf gegen Tilly zu
Tode getroffen, steht ihm vor Augen, daß die inneren Feindschaften uns zugrunde
richten und er weiß nur einen Rat: sie einzustellen -- er, der protestantische
Pfälzer, der gegen das Reich gekämpft hat und der doch letzten Endes mit ganzer
Seele am Reiche hing. "Einigkeit! Wie könnten wir dastehen bei Einigkeit in
der Welt!" So klingt die Klage über die Jahrhunderte, und ihr entgegen dringt
das Licht, das sich vom gegenwärtigen Geschehen über Vergangenes breitet.
Vosbergs Schilderung ist übersponnen vom Hauch der Gegenwärtigkeit. Bild auf
Bild des großen Krieges rückt uns kraft der Gleichartigkeit des Erlebens in
greifbare Nähe. In der epischen Dynamik liegt Vosbergs Stärke. Nicht daß
seiner Dichternatur der lyrische Einschlag fehlt, im Gegenteil, er weiß sehr gut
auch jene Töne anzuschlagen, die nur im Bannkreis des subjektiven dem Mutter¬
boden jeder wahren Lyrik, geboren werden. Aber dies ist zartes Gerank um den
festen Stamm seines durchaus aufs Objektive gestellten Wollens -- der Dar¬
stellung einer Massenbewegung, die das Schicksal des deutschen Michel trägt. In
der Zeichnung des Helden hätte freilich die Wucht des Symbols einer Völks¬
individualität mit Hilfe einer eindringenden psychologischen Analyse stärker zum
Ausdruck kommen sollen. Immerhin überragt die geistige Erfassung der Gestalt
des Michael Obentrcmt die der anderen Personen, die um ihn gruppiert sind.
Diese sind im Umriß, wenn auch durchaus nicht in Farblosigkeit geschaffen.
"

Vosberg ist den Lesern der "Grenzboten kein Fremder. Schon 1911
brachte diese Zeitschrift sein Drama "Till Eulenspiegel" und seine Ballade "Astrid".
Wer damals am jungen Dichter Gefallen fand, wird seinen Vorstoß auf einem
neuen Gebiet mit Freude begrüßen. Mit reicher Begabung zur künstlerischen
Gestaltung verbindet sich bei ihm die Fähigkeit und der Wille zu gründlichen
Studien auf kulturgeschichtlichem Gebiet. So wirkt er mit der Überzeugungskraft
in. A, der Wahrhaftigkeit.




Alle" Manuskripte" ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt wero-rü dünn.




Nachdruck sämtlicher Ailfsiitze mir mit in-sdrilcklichcr Erlaubnis lief Berlins gestattet.
Verciutwsrtlich: der Herausgeber Georg Clstnow in Berlin-Lichterfclde West. -- Manuskriptsendungen um
> Bricke werden erbeten unter der Adresse:
A-l die "chriftleitimg der Grenzboten in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer SS".
Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <i"8, des Verlags und der Schriftleitung: Ami Li^-vn, > Kio,
Verlag: Verlag der Gr-nzb-den G, in> b> H, in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer S5>".
Druck: .Der N-ichSbot"" W, in. ", H. in Berlin SW 11. Dessen-r Sirach- !!"/"7.
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Harry Vosberg, Hans Michael Elias Obentraut. Roman. Verlag von Eugen
Salzer. Hellbraun. 191». Preis brosch. ti M., geb. 8 M.

Aus uns überkommenen, kargen Angaben über die Persönlichkeit des Hans
Michael Obentraut, der zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts am Oberrhein
unter dein Namen „Der deutsche Michel" bei den Völkerschaften, die damals
deutsches Land verwüsteten, gekannt und gefürchtet war, hat Vosberg den Brenn¬
punkt eines historischen Romans mit allegorischen Unterton gewonnen. Die
Kriegswirren jener Zeit finden ihre Bewertung als Kindheitsphase des deutschen
Volkes, das unter dem Zwang unabänderlicher Gegebenheiten in fortschreitender
Entwicklung sich selbst gleich bleibt und sein Schicksal schmiedet — umlagerten
doch schon vor dreihundert Jahren dieselben Feinde wie heute Deutschlands
Grenzen, selbst der Handelsneid Englands war damals bereits lebendig und die
Zerfahrenheit unserer politischen Zustände, die Machtlosigkeit des Reichs Gewinn
und Zielpunkt unserer Gegner —, Hans Michael Obentraut aber, der deutsche
Michel, der Gott und Satan gleichermaßen im Leibe trägt, erscheint in der Ver¬
quickung von wetterhartem Draufgängertum mit romantischer Treue und Heimat-
liebe als das in hellen, frischen Farben leuchtende Sinnbild der trotz aller Sonder¬
heiten gemeinsamen Art deutschen Wesens. Und diesem deutschen Michel entringt
sich nach sturmbewegten, erfahrungsreicher Jahren der Angstschrei: Die deutsche
Art! Sie frißt uns und unserer Kinder Zukunft! Im Kampf gegen Tilly zu
Tode getroffen, steht ihm vor Augen, daß die inneren Feindschaften uns zugrunde
richten und er weiß nur einen Rat: sie einzustellen — er, der protestantische
Pfälzer, der gegen das Reich gekämpft hat und der doch letzten Endes mit ganzer
Seele am Reiche hing. „Einigkeit! Wie könnten wir dastehen bei Einigkeit in
der Welt!" So klingt die Klage über die Jahrhunderte, und ihr entgegen dringt
das Licht, das sich vom gegenwärtigen Geschehen über Vergangenes breitet.
Vosbergs Schilderung ist übersponnen vom Hauch der Gegenwärtigkeit. Bild auf
Bild des großen Krieges rückt uns kraft der Gleichartigkeit des Erlebens in
greifbare Nähe. In der epischen Dynamik liegt Vosbergs Stärke. Nicht daß
seiner Dichternatur der lyrische Einschlag fehlt, im Gegenteil, er weiß sehr gut
auch jene Töne anzuschlagen, die nur im Bannkreis des subjektiven dem Mutter¬
boden jeder wahren Lyrik, geboren werden. Aber dies ist zartes Gerank um den
festen Stamm seines durchaus aufs Objektive gestellten Wollens — der Dar¬
stellung einer Massenbewegung, die das Schicksal des deutschen Michel trägt. In
der Zeichnung des Helden hätte freilich die Wucht des Symbols einer Völks¬
individualität mit Hilfe einer eindringenden psychologischen Analyse stärker zum
Ausdruck kommen sollen. Immerhin überragt die geistige Erfassung der Gestalt
des Michael Obentrcmt die der anderen Personen, die um ihn gruppiert sind.
Diese sind im Umriß, wenn auch durchaus nicht in Farblosigkeit geschaffen.
"

Vosberg ist den Lesern der „Grenzboten kein Fremder. Schon 1911
brachte diese Zeitschrift sein Drama „Till Eulenspiegel" und seine Ballade „Astrid".
Wer damals am jungen Dichter Gefallen fand, wird seinen Vorstoß auf einem
neuen Gebiet mit Freude begrüßen. Mit reicher Begabung zur künstlerischen
Gestaltung verbindet sich bei ihm die Fähigkeit und der Wille zu gründlichen
Studien auf kulturgeschichtlichem Gebiet. So wirkt er mit der Überzeugungskraft
in. A, der Wahrhaftigkeit.




Alle» Manuskripte« ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt wero-rü dünn.




Nachdruck sämtlicher Ailfsiitze mir mit in-sdrilcklichcr Erlaubnis lief Berlins gestattet.
Verciutwsrtlich: der Herausgeber Georg Clstnow in Berlin-Lichterfclde West. — Manuskriptsendungen um
> Bricke werden erbeten unter der Adresse:
A-l die «chriftleitimg der Grenzboten in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer SS».
Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <i»8, des Verlags und der Schriftleitung: Ami Li^-vn, > Kio,
Verlag: Verlag der Gr-nzb-den G, in> b> H, in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer S5>».
Druck: .Der N-ichSbot«" W, in. », H. in Berlin SW 11. Dessen-r Sirach- !!«/»7.
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[0132] Neue Lücher Neue Bücher Harry Vosberg, Hans Michael Elias Obentraut. Roman. Verlag von Eugen Salzer. Hellbraun. 191». Preis brosch. ti M., geb. 8 M. Aus uns überkommenen, kargen Angaben über die Persönlichkeit des Hans Michael Obentraut, der zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts am Oberrhein unter dein Namen „Der deutsche Michel" bei den Völkerschaften, die damals deutsches Land verwüsteten, gekannt und gefürchtet war, hat Vosberg den Brenn¬ punkt eines historischen Romans mit allegorischen Unterton gewonnen. Die Kriegswirren jener Zeit finden ihre Bewertung als Kindheitsphase des deutschen Volkes, das unter dem Zwang unabänderlicher Gegebenheiten in fortschreitender Entwicklung sich selbst gleich bleibt und sein Schicksal schmiedet — umlagerten doch schon vor dreihundert Jahren dieselben Feinde wie heute Deutschlands Grenzen, selbst der Handelsneid Englands war damals bereits lebendig und die Zerfahrenheit unserer politischen Zustände, die Machtlosigkeit des Reichs Gewinn und Zielpunkt unserer Gegner —, Hans Michael Obentraut aber, der deutsche Michel, der Gott und Satan gleichermaßen im Leibe trägt, erscheint in der Ver¬ quickung von wetterhartem Draufgängertum mit romantischer Treue und Heimat- liebe als das in hellen, frischen Farben leuchtende Sinnbild der trotz aller Sonder¬ heiten gemeinsamen Art deutschen Wesens. Und diesem deutschen Michel entringt sich nach sturmbewegten, erfahrungsreicher Jahren der Angstschrei: Die deutsche Art! Sie frißt uns und unserer Kinder Zukunft! Im Kampf gegen Tilly zu Tode getroffen, steht ihm vor Augen, daß die inneren Feindschaften uns zugrunde richten und er weiß nur einen Rat: sie einzustellen — er, der protestantische Pfälzer, der gegen das Reich gekämpft hat und der doch letzten Endes mit ganzer Seele am Reiche hing. „Einigkeit! Wie könnten wir dastehen bei Einigkeit in der Welt!" So klingt die Klage über die Jahrhunderte, und ihr entgegen dringt das Licht, das sich vom gegenwärtigen Geschehen über Vergangenes breitet. Vosbergs Schilderung ist übersponnen vom Hauch der Gegenwärtigkeit. Bild auf Bild des großen Krieges rückt uns kraft der Gleichartigkeit des Erlebens in greifbare Nähe. In der epischen Dynamik liegt Vosbergs Stärke. Nicht daß seiner Dichternatur der lyrische Einschlag fehlt, im Gegenteil, er weiß sehr gut auch jene Töne anzuschlagen, die nur im Bannkreis des subjektiven dem Mutter¬ boden jeder wahren Lyrik, geboren werden. Aber dies ist zartes Gerank um den festen Stamm seines durchaus aufs Objektive gestellten Wollens — der Dar¬ stellung einer Massenbewegung, die das Schicksal des deutschen Michel trägt. In der Zeichnung des Helden hätte freilich die Wucht des Symbols einer Völks¬ individualität mit Hilfe einer eindringenden psychologischen Analyse stärker zum Ausdruck kommen sollen. Immerhin überragt die geistige Erfassung der Gestalt des Michael Obentrcmt die der anderen Personen, die um ihn gruppiert sind. Diese sind im Umriß, wenn auch durchaus nicht in Farblosigkeit geschaffen. " Vosberg ist den Lesern der „Grenzboten kein Fremder. Schon 1911 brachte diese Zeitschrift sein Drama „Till Eulenspiegel" und seine Ballade „Astrid". Wer damals am jungen Dichter Gefallen fand, wird seinen Vorstoß auf einem neuen Gebiet mit Freude begrüßen. Mit reicher Begabung zur künstlerischen Gestaltung verbindet sich bei ihm die Fähigkeit und der Wille zu gründlichen Studien auf kulturgeschichtlichem Gebiet. So wirkt er mit der Überzeugungskraft in. A, der Wahrhaftigkeit. Alle» Manuskripte« ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt wero-rü dünn. Nachdruck sämtlicher Ailfsiitze mir mit in-sdrilcklichcr Erlaubnis lief Berlins gestattet. Verciutwsrtlich: der Herausgeber Georg Clstnow in Berlin-Lichterfclde West. — Manuskriptsendungen um > Bricke werden erbeten unter der Adresse: A-l die «chriftleitimg der Grenzboten in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer SS». Fernsprecher des Herausgebers: Amt Lichterfelde <i»8, des Verlags und der Schriftleitung: Ami Li^-vn, > Kio, Verlag: Verlag der Gr-nzb-den G, in> b> H, in Berlin SW 11, Tempelhofer Ufer S5>». Druck: .Der N-ichSbot«" W, in. », H. in Berlin SW 11. Dessen-r Sirach- !!«/»7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/132>, abgerufen am 29.04.2024.