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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

und Industrie sind ausnahmslos Deutsche, ebenso die Arbeiterführer und die
Leiter der Gewerkschaften.

Deutschland kann Oberschlesien nicht entbehren. Polen dagegen hatOberschlefien
nicht nötig. Das wichtigste Produkt Oberschlesiens ist die Kohle. Die Kohlenförderung
Oberschlesiens betrug im letzten Jahre 43V2 Millionen Tonnen, d h. rund LZ Pro¬
zent der gesamten deutschen Steinkohlenförderung von 190 Millionen Tonnen. Die
Abtretung Oberschlesiens ein Polen würde nicht nur den industriellenNiedergangOber¬
schlesiens, sondern sehr schwere Nachteile wirtschaftlicher Art für Deutschland mit
sich bringen. Die oberschlesische Steinkohle hat bis jetzt die gesamte Industrie Ost¬
deutschlands, soweit sie nicht von der Ostsee aus mit Kohlen aus England oder Rhein¬
land Westfalen beliefert wurde, versorgt, ebenso Teile Süddeutschlands und Böhmen
und zwar außer der Industrie die Gasanstalten und Haushaltungen. (Insgesamt sind
über 26 Millionen Menschen mit oberschlesischen Steinkohlen versorgt worden).
Fällt Oberschlesien an Polen, so ist diese Voraussetzung aufs äußerste gefährdet.

Der polnische Steinkohlenbedarf betrug im Frieden zuletzt etwa IO/2 Millionen
Tonnen, während die polnische Kohlenförderung aus dem nicht Oberschlesien an¬
grenzenden Polnischen Kohlenwerk 6,8 Millionen Tonnen betrug. Von dem Fehl¬
betrag wurden IV? Millionen Tonnen aus Oberschlesien, der Nest aus den Gruben
aus dem jetzigen Tschccho-Slowakien eingeführt. Die Versorgung der Polen mit
Kohlen, abgesehen von gewissen Spezialkohlen, würde sich aus den eigenen Kohlen¬
feldern ohne weiteres bewirken lassen, insbesondere wenn Polen seine Gruben,
die zum Teil noch nicht raiionell ausgebaut sind, genügend ausnützt. Dazu kommt,
daß Polen durch die Erwerbung Galiziens einen weiteren reichen Zuwachs an
Bodenschätzen erhält. Insbesondere trifft dies für die neuerdings in Westgalizien
festgestellten .Kohlenvorkommen zu.

Die Abtretung Oberschlesiens an Polen liegt nickt im Interesse der ober"
schlesischen Bevölkerung. Die Lebensverhältnisse sind namentlich auf dem Gebiete
des Gesundheitswesens und der sozialen Fürsorge in Oberschlesien unvergleichlich
bisher als im benachbarten Polen, wo die Gesetzgebung zum Schutz verarbeitenden
Bevölkerung erst schwache Anfänge zeigt.

Die Abtretung Oberschlesiens an Polen ist auch nicht im Interesse der
übrigen Staaten Europas und der Welt, denn sie schafft zweifellos neue Elemente
voll Zwist und Gegnerschaft. Die Fortnahme Oberschlesiens würde Deutschland
eine niemals heilende Wunde schlagen und die Wiedergewinnung des verlorenen
Landes würde von der ersten Stunde des Verlustes an der glühende Wunsch eines
j^den Deutschen sein. Das würde den Frieden Europas und der Welt schwer
gefährden. Es liegt im eigensten Interesse der alliierten und assoziierten Mächte,
Oberschlesien bei Deutschland zu belassen, denn Verpflichtungen aus dem Weltkrieg
kann Deutschland höchstens mit, niemals aber ohne Oberschlesien erfüllen. Schon
ein>L diesem Grunde vermag Deruschland in eine Abtretung Oberschlesiens nicht
zu willigen.


V. Posen.

Auch die Provinz Posnr kann in ihrer Gesamtheit nicht als ein von einer
unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohntes Gebiet angesehen werden. Weite
Teile der Provinz Posen wurden seit mehreren hundert Jahren von einer über¬
wiegend deutschen Bevölkerung bewohnt; außerhalb dieser Gebiete gibt es Enklaven
gleicher Art. Soweit aber die Provinz unbestreitbar polnischen Charakter trügt,
wird das DnUsche Reich seinen aus der Annahme der Wilsonschen Grundsätze sich
ergebenden Verpflichtungen nachkommen und in die Abtretung dieser Gebiete
willigen. Die Vorschläge der Gegner über die Grenzführung gehen, wie jederzeit
dargelegt werden kann, nicht von dem Gesichtspunkt der Nationalität, sondern von
dem der strategischen Vorbereitung eines Angriffs auf deutsche Gebiete aus. Solche
Rücksichten können aber keine Rolle spielen, wenn die zukünftigen Beziehungen
Deutschlands und Polens unter die Regeln des Völkerbundes fallen sollen.


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und Industrie sind ausnahmslos Deutsche, ebenso die Arbeiterführer und die
Leiter der Gewerkschaften.

Deutschland kann Oberschlesien nicht entbehren. Polen dagegen hatOberschlefien
nicht nötig. Das wichtigste Produkt Oberschlesiens ist die Kohle. Die Kohlenförderung
Oberschlesiens betrug im letzten Jahre 43V2 Millionen Tonnen, d h. rund LZ Pro¬
zent der gesamten deutschen Steinkohlenförderung von 190 Millionen Tonnen. Die
Abtretung Oberschlesiens ein Polen würde nicht nur den industriellenNiedergangOber¬
schlesiens, sondern sehr schwere Nachteile wirtschaftlicher Art für Deutschland mit
sich bringen. Die oberschlesische Steinkohle hat bis jetzt die gesamte Industrie Ost¬
deutschlands, soweit sie nicht von der Ostsee aus mit Kohlen aus England oder Rhein¬
land Westfalen beliefert wurde, versorgt, ebenso Teile Süddeutschlands und Böhmen
und zwar außer der Industrie die Gasanstalten und Haushaltungen. (Insgesamt sind
über 26 Millionen Menschen mit oberschlesischen Steinkohlen versorgt worden).
Fällt Oberschlesien an Polen, so ist diese Voraussetzung aufs äußerste gefährdet.

Der polnische Steinkohlenbedarf betrug im Frieden zuletzt etwa IO/2 Millionen
Tonnen, während die polnische Kohlenförderung aus dem nicht Oberschlesien an¬
grenzenden Polnischen Kohlenwerk 6,8 Millionen Tonnen betrug. Von dem Fehl¬
betrag wurden IV? Millionen Tonnen aus Oberschlesien, der Nest aus den Gruben
aus dem jetzigen Tschccho-Slowakien eingeführt. Die Versorgung der Polen mit
Kohlen, abgesehen von gewissen Spezialkohlen, würde sich aus den eigenen Kohlen¬
feldern ohne weiteres bewirken lassen, insbesondere wenn Polen seine Gruben,
die zum Teil noch nicht raiionell ausgebaut sind, genügend ausnützt. Dazu kommt,
daß Polen durch die Erwerbung Galiziens einen weiteren reichen Zuwachs an
Bodenschätzen erhält. Insbesondere trifft dies für die neuerdings in Westgalizien
festgestellten .Kohlenvorkommen zu.

Die Abtretung Oberschlesiens an Polen liegt nickt im Interesse der ober»
schlesischen Bevölkerung. Die Lebensverhältnisse sind namentlich auf dem Gebiete
des Gesundheitswesens und der sozialen Fürsorge in Oberschlesien unvergleichlich
bisher als im benachbarten Polen, wo die Gesetzgebung zum Schutz verarbeitenden
Bevölkerung erst schwache Anfänge zeigt.

Die Abtretung Oberschlesiens an Polen ist auch nicht im Interesse der
übrigen Staaten Europas und der Welt, denn sie schafft zweifellos neue Elemente
voll Zwist und Gegnerschaft. Die Fortnahme Oberschlesiens würde Deutschland
eine niemals heilende Wunde schlagen und die Wiedergewinnung des verlorenen
Landes würde von der ersten Stunde des Verlustes an der glühende Wunsch eines
j^den Deutschen sein. Das würde den Frieden Europas und der Welt schwer
gefährden. Es liegt im eigensten Interesse der alliierten und assoziierten Mächte,
Oberschlesien bei Deutschland zu belassen, denn Verpflichtungen aus dem Weltkrieg
kann Deutschland höchstens mit, niemals aber ohne Oberschlesien erfüllen. Schon
ein>L diesem Grunde vermag Deruschland in eine Abtretung Oberschlesiens nicht
zu willigen.


V. Posen.

Auch die Provinz Posnr kann in ihrer Gesamtheit nicht als ein von einer
unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohntes Gebiet angesehen werden. Weite
Teile der Provinz Posen wurden seit mehreren hundert Jahren von einer über¬
wiegend deutschen Bevölkerung bewohnt; außerhalb dieser Gebiete gibt es Enklaven
gleicher Art. Soweit aber die Provinz unbestreitbar polnischen Charakter trügt,
wird das DnUsche Reich seinen aus der Annahme der Wilsonschen Grundsätze sich
ergebenden Verpflichtungen nachkommen und in die Abtretung dieser Gebiete
willigen. Die Vorschläge der Gegner über die Grenzführung gehen, wie jederzeit
dargelegt werden kann, nicht von dem Gesichtspunkt der Nationalität, sondern von
dem der strategischen Vorbereitung eines Angriffs auf deutsche Gebiete aus. Solche
Rücksichten können aber keine Rolle spielen, wenn die zukünftigen Beziehungen
Deutschlands und Polens unter die Regeln des Völkerbundes fallen sollen.


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[0274] Materialien zur ostdeutschen Frage und Industrie sind ausnahmslos Deutsche, ebenso die Arbeiterführer und die Leiter der Gewerkschaften. Deutschland kann Oberschlesien nicht entbehren. Polen dagegen hatOberschlefien nicht nötig. Das wichtigste Produkt Oberschlesiens ist die Kohle. Die Kohlenförderung Oberschlesiens betrug im letzten Jahre 43V2 Millionen Tonnen, d h. rund LZ Pro¬ zent der gesamten deutschen Steinkohlenförderung von 190 Millionen Tonnen. Die Abtretung Oberschlesiens ein Polen würde nicht nur den industriellenNiedergangOber¬ schlesiens, sondern sehr schwere Nachteile wirtschaftlicher Art für Deutschland mit sich bringen. Die oberschlesische Steinkohle hat bis jetzt die gesamte Industrie Ost¬ deutschlands, soweit sie nicht von der Ostsee aus mit Kohlen aus England oder Rhein¬ land Westfalen beliefert wurde, versorgt, ebenso Teile Süddeutschlands und Böhmen und zwar außer der Industrie die Gasanstalten und Haushaltungen. (Insgesamt sind über 26 Millionen Menschen mit oberschlesischen Steinkohlen versorgt worden). Fällt Oberschlesien an Polen, so ist diese Voraussetzung aufs äußerste gefährdet. Der polnische Steinkohlenbedarf betrug im Frieden zuletzt etwa IO/2 Millionen Tonnen, während die polnische Kohlenförderung aus dem nicht Oberschlesien an¬ grenzenden Polnischen Kohlenwerk 6,8 Millionen Tonnen betrug. Von dem Fehl¬ betrag wurden IV? Millionen Tonnen aus Oberschlesien, der Nest aus den Gruben aus dem jetzigen Tschccho-Slowakien eingeführt. Die Versorgung der Polen mit Kohlen, abgesehen von gewissen Spezialkohlen, würde sich aus den eigenen Kohlen¬ feldern ohne weiteres bewirken lassen, insbesondere wenn Polen seine Gruben, die zum Teil noch nicht raiionell ausgebaut sind, genügend ausnützt. Dazu kommt, daß Polen durch die Erwerbung Galiziens einen weiteren reichen Zuwachs an Bodenschätzen erhält. Insbesondere trifft dies für die neuerdings in Westgalizien festgestellten .Kohlenvorkommen zu. Die Abtretung Oberschlesiens an Polen liegt nickt im Interesse der ober» schlesischen Bevölkerung. Die Lebensverhältnisse sind namentlich auf dem Gebiete des Gesundheitswesens und der sozialen Fürsorge in Oberschlesien unvergleichlich bisher als im benachbarten Polen, wo die Gesetzgebung zum Schutz verarbeitenden Bevölkerung erst schwache Anfänge zeigt. Die Abtretung Oberschlesiens an Polen ist auch nicht im Interesse der übrigen Staaten Europas und der Welt, denn sie schafft zweifellos neue Elemente voll Zwist und Gegnerschaft. Die Fortnahme Oberschlesiens würde Deutschland eine niemals heilende Wunde schlagen und die Wiedergewinnung des verlorenen Landes würde von der ersten Stunde des Verlustes an der glühende Wunsch eines j^den Deutschen sein. Das würde den Frieden Europas und der Welt schwer gefährden. Es liegt im eigensten Interesse der alliierten und assoziierten Mächte, Oberschlesien bei Deutschland zu belassen, denn Verpflichtungen aus dem Weltkrieg kann Deutschland höchstens mit, niemals aber ohne Oberschlesien erfüllen. Schon ein>L diesem Grunde vermag Deruschland in eine Abtretung Oberschlesiens nicht zu willigen. V. Posen. Auch die Provinz Posnr kann in ihrer Gesamtheit nicht als ein von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohntes Gebiet angesehen werden. Weite Teile der Provinz Posen wurden seit mehreren hundert Jahren von einer über¬ wiegend deutschen Bevölkerung bewohnt; außerhalb dieser Gebiete gibt es Enklaven gleicher Art. Soweit aber die Provinz unbestreitbar polnischen Charakter trügt, wird das DnUsche Reich seinen aus der Annahme der Wilsonschen Grundsätze sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen und in die Abtretung dieser Gebiete willigen. Die Vorschläge der Gegner über die Grenzführung gehen, wie jederzeit dargelegt werden kann, nicht von dem Gesichtspunkt der Nationalität, sondern von dem der strategischen Vorbereitung eines Angriffs auf deutsche Gebiete aus. Solche Rücksichten können aber keine Rolle spielen, wenn die zukünftigen Beziehungen Deutschlands und Polens unter die Regeln des Völkerbundes fallen sollen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/274>, abgerufen am 29.04.2024.