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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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wichtigsten Leitsätze aus seinen markantesten Reden beigefügt sind, hat einen
Umfang von 254 Seiten. Wer es aufmerksam liest, wird aus dem Zusammen¬
hange der einzelnen Abschnitte und aus ihrem Ineinandergreifen noch einen viel
erschreckenderen Begriff von dem Erdrückenden dieser Friedensbestimmungen
bekommen, als es uns die Zeitungsberichte gegeben haben.

Als Trost aber möchte ich diesen Friedensbedingungen der Entente ein
Wort Mommsens entgegensetzen, welches er an die Niederlage der Römer in den
kaudinischen Pässen und an den kaudinischen Frieden anknüpft:

"Kein großes Volk gibt, was es besitzt, anders hin als unter dem Drucke
der äußersten Notwendigkeit; alle Abtretungsverträge sind Anerkenntnisse einer
solchen, nicht sittliche Verpflichtungen. Wenn jede Nation mit Recht ihre Ehre
darein setzt, schimpfliche Verträge mit Waffen zu zerreißen, wie kann ihr dann
die Ehre gebieten, ein einem Vertrage gleich dem kaudinischen, zu dem ein
unglücklicher Feldherr moralisch genötigt worden ist, geduldig festzuhalten, wenn
die frische Schande brennt und die Kraft ungebrochen dasteht?"


Gberlandesgerichtsrat Dr. Sontag
Friedrich Kluge, Von Luther bis Lessing. Aufsätze 'und Vorträge zur
Geschichte unserer Schriftsprache. Fünfte durchgesehene Auflage. Verlag von
Quelle u. Meyer in Leipzig. 1918. Preis geh. 7 M., geb. 8 M.

Wenn das vorliegende Buch vor beinahe einem Menschenalter zum ersten
Mal niedergeschrieben wurde und nunmehr in fünfter Auflage erscheint, so ist
damit das starke Verlangen weiter Volkskreise nach einer vertieften Betrachtung
der deutschen Muttersprache erwiesen, denn was Kluge hier bietet ist jedem
Gebildeten zugänglich. Kluge schildert den Kampf der Kirchensprache gegen die
Volkssprache im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, bis Luther durch den
Bruch mit der Kirche die Herrschaft des Lateins überwandt und der Muttersprache
für ihre fernere Entwicklung den Boden bereitete. Hand in Hand mit der Ver¬
breitung der neuen Lehre geht die deutschsprachliche Bewegung. Jakob Grimms
Kennzeichnung unserer Schriftsprache als "protestantischer Dialekt" begründet
Kluge mit umfassenden Beweisen. Mit Luther beginnt unsere neue Sprach¬
geschichte. Unsere jetzige Schriftsprache ist im wesentlichen die Sprache des
Reformators. Er hat auch den sprachlichen Ausdruck unablässig und mit feinem
Verständnis gepflegt, wofür Kluge zahlreiche Beispiele anführt. Es ist zweckmäßig,
gerade jetzt, da man die durch das Leben der Kirche bedingten kulturellen
Zusammenhänge zu übersehen bereit ist, an diese Dinge zu erinnern.

Die Schwierigkeiten, die unsere Schriftsprache durch die mundartliche Zerrissen¬
heit Deutschlands zu überwinden hatte, schildert Kluge ebenfalls in fesselnder
Keise, wobei sowohl der Freund, als auch der Jünger der Sprachforschung zu
seinem Rechte kommt. Wenn unsere Schriftsprache an Luther anknüpft, so ist sie
doch erst mit unserer klassischen Literatur auch für Obirdeutschland und die
katholischen Kreise zur Richtschnur und zum Gesetz geworden. Die Befreiung des
deutschen Volkes von der Herrschaft der Fremdsprachen, sowohl des Lateinischen
als auch des Französischen, wird erst durch die deutsche Dichtung im Zeitalter
Goethes erreicht. Es ist daher mit. Freude zu begrüßen, daß Kluge die neue
Auflage mit zwei prächtigen Aufsätzen abschließt, die Goethe und Schiller
in ihrem Verhältnis zur deutschen Sprache behandeln. Hierdurch erhält das
Buch die letzte Weihe. sein Titel ist wegen dieser Nachträge nicht geändert
worden und es ist somit seinen alten Freunden ohne weiteres kenntlich. Den¬
jenigen, die es noch nicht zur Hand nahmen, sei gesagt, daß die warme Begeisterung
für den Gegenstand und seine meisterhafte Beherrschung der Darstellung eine
wunderbare Frische und Anschaulichkeit verleihen, so daß der Leser neben eines
M. R. großen Gewinnes eines hohen Genusses sicher ist.


Jakob Wassermann. Christian Wahnschaffe. Roman. S. Fischer Verlag. Berlin.

Als Savonarola im Dom zu Florenz seine gewissenaufgeißelnden Predigten
hielt, trieb es die munteren Weltleute und fröhlich-leichtsinnigen Künstler seiner


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wichtigsten Leitsätze aus seinen markantesten Reden beigefügt sind, hat einen
Umfang von 254 Seiten. Wer es aufmerksam liest, wird aus dem Zusammen¬
hange der einzelnen Abschnitte und aus ihrem Ineinandergreifen noch einen viel
erschreckenderen Begriff von dem Erdrückenden dieser Friedensbestimmungen
bekommen, als es uns die Zeitungsberichte gegeben haben.

Als Trost aber möchte ich diesen Friedensbedingungen der Entente ein
Wort Mommsens entgegensetzen, welches er an die Niederlage der Römer in den
kaudinischen Pässen und an den kaudinischen Frieden anknüpft:

„Kein großes Volk gibt, was es besitzt, anders hin als unter dem Drucke
der äußersten Notwendigkeit; alle Abtretungsverträge sind Anerkenntnisse einer
solchen, nicht sittliche Verpflichtungen. Wenn jede Nation mit Recht ihre Ehre
darein setzt, schimpfliche Verträge mit Waffen zu zerreißen, wie kann ihr dann
die Ehre gebieten, ein einem Vertrage gleich dem kaudinischen, zu dem ein
unglücklicher Feldherr moralisch genötigt worden ist, geduldig festzuhalten, wenn
die frische Schande brennt und die Kraft ungebrochen dasteht?"


Gberlandesgerichtsrat Dr. Sontag
Friedrich Kluge, Von Luther bis Lessing. Aufsätze 'und Vorträge zur
Geschichte unserer Schriftsprache. Fünfte durchgesehene Auflage. Verlag von
Quelle u. Meyer in Leipzig. 1918. Preis geh. 7 M., geb. 8 M.

Wenn das vorliegende Buch vor beinahe einem Menschenalter zum ersten
Mal niedergeschrieben wurde und nunmehr in fünfter Auflage erscheint, so ist
damit das starke Verlangen weiter Volkskreise nach einer vertieften Betrachtung
der deutschen Muttersprache erwiesen, denn was Kluge hier bietet ist jedem
Gebildeten zugänglich. Kluge schildert den Kampf der Kirchensprache gegen die
Volkssprache im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, bis Luther durch den
Bruch mit der Kirche die Herrschaft des Lateins überwandt und der Muttersprache
für ihre fernere Entwicklung den Boden bereitete. Hand in Hand mit der Ver¬
breitung der neuen Lehre geht die deutschsprachliche Bewegung. Jakob Grimms
Kennzeichnung unserer Schriftsprache als „protestantischer Dialekt" begründet
Kluge mit umfassenden Beweisen. Mit Luther beginnt unsere neue Sprach¬
geschichte. Unsere jetzige Schriftsprache ist im wesentlichen die Sprache des
Reformators. Er hat auch den sprachlichen Ausdruck unablässig und mit feinem
Verständnis gepflegt, wofür Kluge zahlreiche Beispiele anführt. Es ist zweckmäßig,
gerade jetzt, da man die durch das Leben der Kirche bedingten kulturellen
Zusammenhänge zu übersehen bereit ist, an diese Dinge zu erinnern.

Die Schwierigkeiten, die unsere Schriftsprache durch die mundartliche Zerrissen¬
heit Deutschlands zu überwinden hatte, schildert Kluge ebenfalls in fesselnder
Keise, wobei sowohl der Freund, als auch der Jünger der Sprachforschung zu
seinem Rechte kommt. Wenn unsere Schriftsprache an Luther anknüpft, so ist sie
doch erst mit unserer klassischen Literatur auch für Obirdeutschland und die
katholischen Kreise zur Richtschnur und zum Gesetz geworden. Die Befreiung des
deutschen Volkes von der Herrschaft der Fremdsprachen, sowohl des Lateinischen
als auch des Französischen, wird erst durch die deutsche Dichtung im Zeitalter
Goethes erreicht. Es ist daher mit. Freude zu begrüßen, daß Kluge die neue
Auflage mit zwei prächtigen Aufsätzen abschließt, die Goethe und Schiller
in ihrem Verhältnis zur deutschen Sprache behandeln. Hierdurch erhält das
Buch die letzte Weihe. sein Titel ist wegen dieser Nachträge nicht geändert
worden und es ist somit seinen alten Freunden ohne weiteres kenntlich. Den¬
jenigen, die es noch nicht zur Hand nahmen, sei gesagt, daß die warme Begeisterung
für den Gegenstand und seine meisterhafte Beherrschung der Darstellung eine
wunderbare Frische und Anschaulichkeit verleihen, so daß der Leser neben eines
M. R. großen Gewinnes eines hohen Genusses sicher ist.


Jakob Wassermann. Christian Wahnschaffe. Roman. S. Fischer Verlag. Berlin.

Als Savonarola im Dom zu Florenz seine gewissenaufgeißelnden Predigten
hielt, trieb es die munteren Weltleute und fröhlich-leichtsinnigen Künstler seiner


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[0311] Neue Bücher wichtigsten Leitsätze aus seinen markantesten Reden beigefügt sind, hat einen Umfang von 254 Seiten. Wer es aufmerksam liest, wird aus dem Zusammen¬ hange der einzelnen Abschnitte und aus ihrem Ineinandergreifen noch einen viel erschreckenderen Begriff von dem Erdrückenden dieser Friedensbestimmungen bekommen, als es uns die Zeitungsberichte gegeben haben. Als Trost aber möchte ich diesen Friedensbedingungen der Entente ein Wort Mommsens entgegensetzen, welches er an die Niederlage der Römer in den kaudinischen Pässen und an den kaudinischen Frieden anknüpft: „Kein großes Volk gibt, was es besitzt, anders hin als unter dem Drucke der äußersten Notwendigkeit; alle Abtretungsverträge sind Anerkenntnisse einer solchen, nicht sittliche Verpflichtungen. Wenn jede Nation mit Recht ihre Ehre darein setzt, schimpfliche Verträge mit Waffen zu zerreißen, wie kann ihr dann die Ehre gebieten, ein einem Vertrage gleich dem kaudinischen, zu dem ein unglücklicher Feldherr moralisch genötigt worden ist, geduldig festzuhalten, wenn die frische Schande brennt und die Kraft ungebrochen dasteht?" Gberlandesgerichtsrat Dr. Sontag Friedrich Kluge, Von Luther bis Lessing. Aufsätze 'und Vorträge zur Geschichte unserer Schriftsprache. Fünfte durchgesehene Auflage. Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig. 1918. Preis geh. 7 M., geb. 8 M. Wenn das vorliegende Buch vor beinahe einem Menschenalter zum ersten Mal niedergeschrieben wurde und nunmehr in fünfter Auflage erscheint, so ist damit das starke Verlangen weiter Volkskreise nach einer vertieften Betrachtung der deutschen Muttersprache erwiesen, denn was Kluge hier bietet ist jedem Gebildeten zugänglich. Kluge schildert den Kampf der Kirchensprache gegen die Volkssprache im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, bis Luther durch den Bruch mit der Kirche die Herrschaft des Lateins überwandt und der Muttersprache für ihre fernere Entwicklung den Boden bereitete. Hand in Hand mit der Ver¬ breitung der neuen Lehre geht die deutschsprachliche Bewegung. Jakob Grimms Kennzeichnung unserer Schriftsprache als „protestantischer Dialekt" begründet Kluge mit umfassenden Beweisen. Mit Luther beginnt unsere neue Sprach¬ geschichte. Unsere jetzige Schriftsprache ist im wesentlichen die Sprache des Reformators. Er hat auch den sprachlichen Ausdruck unablässig und mit feinem Verständnis gepflegt, wofür Kluge zahlreiche Beispiele anführt. Es ist zweckmäßig, gerade jetzt, da man die durch das Leben der Kirche bedingten kulturellen Zusammenhänge zu übersehen bereit ist, an diese Dinge zu erinnern. Die Schwierigkeiten, die unsere Schriftsprache durch die mundartliche Zerrissen¬ heit Deutschlands zu überwinden hatte, schildert Kluge ebenfalls in fesselnder Keise, wobei sowohl der Freund, als auch der Jünger der Sprachforschung zu seinem Rechte kommt. Wenn unsere Schriftsprache an Luther anknüpft, so ist sie doch erst mit unserer klassischen Literatur auch für Obirdeutschland und die katholischen Kreise zur Richtschnur und zum Gesetz geworden. Die Befreiung des deutschen Volkes von der Herrschaft der Fremdsprachen, sowohl des Lateinischen als auch des Französischen, wird erst durch die deutsche Dichtung im Zeitalter Goethes erreicht. Es ist daher mit. Freude zu begrüßen, daß Kluge die neue Auflage mit zwei prächtigen Aufsätzen abschließt, die Goethe und Schiller in ihrem Verhältnis zur deutschen Sprache behandeln. Hierdurch erhält das Buch die letzte Weihe. sein Titel ist wegen dieser Nachträge nicht geändert worden und es ist somit seinen alten Freunden ohne weiteres kenntlich. Den¬ jenigen, die es noch nicht zur Hand nahmen, sei gesagt, daß die warme Begeisterung für den Gegenstand und seine meisterhafte Beherrschung der Darstellung eine wunderbare Frische und Anschaulichkeit verleihen, so daß der Leser neben eines M. R. großen Gewinnes eines hohen Genusses sicher ist. Jakob Wassermann. Christian Wahnschaffe. Roman. S. Fischer Verlag. Berlin. Als Savonarola im Dom zu Florenz seine gewissenaufgeißelnden Predigten hielt, trieb es die munteren Weltleute und fröhlich-leichtsinnigen Künstler seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/311>, abgerufen am 29.04.2024.